Warner Bros. Pictures Germany - Babylon Kino
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16 über die produktion | coco chanel ...<br />
Nachdem sie ihre Träume von einem Künstlerleben begraben hatte, ergab<br />
sich ihre glänzende Karriere, ohne dass sie sich großartig anstrengen<br />
musste. Ich fand es besonders spannend zu zeigen, wie Coco sich ihr eigenes<br />
Schicksal erschafft, wie sie den Lauf der Dinge beeinflusst. Bei ihr<br />
war nichts vorgefertigt. Sie verfolgt keinen bestimmten Karriereplan, um<br />
erfolgreich zu sein – sie erfindet alles neu. Sie besitzt weder die Ambitionen<br />
noch das nötige Werkzeug, um sich der Bourgeoisie anzupassen –<br />
diese Welt bleibt ihr im Grunde sogar verschlossen –, deshalb macht sie<br />
auf sich aufmerksam, macht sich begehrt, was natürlich ein Höchstmaß<br />
an Provokation ist. Sie will sich nicht den Regeln dieser Welt beugen,<br />
sondern die Welt ihrer Persönlichkeit anpassen. Sie mag das Risiko. Mir<br />
gefiel die Vorstellung, dass sie zu Beginn ihrer Reise in die Welt wie eine<br />
Illegale ist. Wenn sie in Royallieu eintrifft, verbietet ihr Balsan, das Schlafzimmer<br />
zu verlassen. Sie formte ihr emblematisches Image, indem sie<br />
ihre Ursprünge im Dunkeln ließ. Die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend<br />
wurde von ihr immer wieder beschönigt.<br />
F: Zunächst wurde Coco Chanel ausgehalten, war das, was man als eine<br />
Mätresse bezeichnete ...<br />
A: Ja, das steht ein bisschen im Widerspruch zu dem Bild, das wir heute<br />
von Coco Chanel haben, dieser eleganten Frau, die stets nüchterne, schicke<br />
Kostüme trug und ihr Luxus-Imperium auf ihrer Unabhängigkeit aufbaute,<br />
eine Frau, die im Übrigen nie geheiratet hat. Tatsächlich erschuf<br />
sich die junge Coco, indem sie sich von Männern aushalten ließ, die sie<br />
geschickt für ihre Zwecke zu benutzen wusste. Sie war tatsächlich eine<br />
Kurtisane. Während der Jahre auf Schloss Royallieu betörte Chanel Frauen<br />
und Männer gleichermaßen mit ihrem Charme, arbeitete an ihrer Persönlichkeit<br />
und härtete ihr Naturell. Die Halbweltdamen, die ihr auf<br />
Royallieu begegneten, trugen Spitzenkleider. Um nicht als eine von ihnen<br />
zu gelten, entwarf sie für sich Kleider, die so schlicht waren, dass sie die<br />
Schicklichkeit geradezu überbetonten. Von nun an wird sie sich stets wie<br />
eine vernünftige junge Frau kleiden und dazu diese einfachen Strohhüte<br />
tragen, die sie selbst herstellte und um die sich ihre Freundinnen rissen.<br />
Sie bäumte sich auf, wenn sie Dinge entwarf. „Wenn mir etwas nicht gefiel,<br />
sorgte ich dafür, dass es außer Mode kam“, sagte Chanel einmal.<br />
F: Mit ihren Entwürfen propagierte Chanel nie das Image der idealen Frau,<br />
wie es die meisten Modeschöpfer tun. Sie schuf ihren legendären Stil, indem<br />
sie ihre Besonderheiten, ihr Anderssein, betonte ...<br />
... der beginn einer leidenschaft | über die produktion 17<br />
A: Sie war anders. Aber Chanel machte daraus einen Trumpf von unschätzbarem<br />
Wert, auch wenn sie anfänglich bestimmt darunter litt. Wie sie sich<br />
verändert, das haben Audrey und ich gemeinsam entwickelt. Zu Beginn<br />
sehen wir das kleine, ungehobelte Bauernmädchen mit seiner Bienenkorb-<br />
Frisur, dann erlebt man, wie sehr ihr Stil mit dem der anderen Frauen<br />
kontrastiert, bis er schließlich, im letzten Teil des Films, zur Inkarnation<br />
französischer Eleganz wird. Ich fand es spannend, diese Evolution ohne<br />
großartige Erklärungen zu zeigen. Nach und nach wurde sie zur personifizierten<br />
Eleganz, und was die Menschen schließlich sahen, war Chanel.<br />
F: Ihr Film erzählt auch eine schöne, eine tragische Liebesgeschichte.<br />
A: Wir zeigen, wie sie zwei Männern begegnet, die ihr Leben grundlegend<br />
beeinflussen werden: Balsan, dem reichen, exzentrischen Gentleman-<br />
Farmer, den Benoît Poelvoorde spielt, und diesem jungen Engländer namens<br />
Arthur Capel, der ,Boy‘ genannt wurde, die Liebe ihres Lebens,<br />
gespielt von Alessandro Nivola. Dieser Mann glaubt an sie, und das ist von<br />
größter Bedeutung, aber er stirbt auf tragische Weise. ,Als ich Capel verlor,<br />
verlor ich alles‘, sagte Chanel. Daraufhin stürzte sie sich in die Arbeit.<br />
Was ich überraschend und sehr interessant fand, war, dass alles, was<br />
Chanel erfand, seinen Ursprung in diesen Jahren hatte. Später passt sie<br />
ihre Entwürfe dem Zeitenwandel an, und sie entwickelt daraus ihren Stil,<br />
wird sozusagen Profi. Deshalb ist diese Periode ihres Lebens, die wir beschreiben,<br />
deutlich lebendiger und bewegender als alle anderen. Sie ist ein<br />
Mensch, der gleichzeitig extrem unbeirrt und dennoch sehr verletztlich ist.<br />
Chanels unglaubliche Vitalität fußt auf ihrem Leiden.<br />
F: Als ,Frau, die keine Tränen mehr hat‘ wurde sie beschrieben.<br />
A: Genau, und Chanel überwindet ihren Schmerz durch Arbeit. Ich finde<br />
es großartig, wie sie ihr Unglück bewältigt und wie sie ihr Leid in Kreativität<br />
umwandelt. Das machte es für mich so interessant, die ersten Phasen<br />
ihres Lebens zu beleuchten. Denn als sie berühmt wurde, blieb es natürlich<br />
nicht aus, dass sie an Routine gewann, schwierig wurde und sich selbst<br />
isolierte.<br />
F: Diese Frau besaß einen schneidenden Humor.<br />
A: Chanel ist sehr ironisch. Im Film sagt sie zu ihrer Schwester: ,Das<br />
einzig Interessante an der Liebe ist Sex. Zu dumm, dass man Männer