TERROR UND TERRORISMUS –
TERROR UND TERRORISMUS –
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I.2.2. Terrorismus und Guerilla<br />
Es sei in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass auch die „modernen“ Kriege<br />
immer stärker „terroristische“ Züge annehmen, was unter anderem mit den sich überlagernden<br />
Phänomenen von „Terrorismus“ und „Guerilla“ zu tun hat. Auch wenn die Grenzziehung<br />
zwischen den Begriffen verschwommen ist, müssen sie dennoch für eine genauere<br />
Analyse unterschieden werden.<br />
Der Name Guerilla bezeichnet einerseits den Kampf irregulärer Verbände gegen eine<br />
feindliche Armee, andererseits bezeichnet er diese Verbände selbst. Als politisches Phänomen<br />
wurzelt er im spanischen Widerstand gegen die Napoleonischen Truppen 1808-<br />
1814. Im 20. Jahrhundert wurde der Begriff Guerilla zunächst vor allem in Zusammenhang<br />
mit dem Kampf der afrikanischen und asiatischen Völker gegen die europäischen Kolonialmächte<br />
verwendet, aber auch in Verbindung mit dem Kampf politischer Gruppen, die<br />
vorwiegend sozialrevolutionäre Ziele verfolgten. Da es sich zum damaligen Zeitpunkt, namentlich<br />
für die lateinamerikanischen „Guerilleros“ (zum Beispiel die „Tupamaros“), immer<br />
schwieriger erwies, ihre ländlichen Basen gegen das überlegene Militär zu halten, kam es<br />
zu einer teilweisen Verlagerung der Guerilla in die Städte, zur sogenannten „Stadtguerilla“.<br />
Die Grenzen zwischen „Terrorismus“ und „Guerilla“ 4 zeigen sich unscharf. So lässt sich<br />
sowohl bei terroristischen Gruppen, die nationalistische Ziele verfolgen, als auch bei revolutionären<br />
Terroristen ein fließender Übergang zur Guerilla feststellen. 5<br />
I.2.3. Terrorismus und Publizität<br />
Um überhaupt in die Lage zu kommen, ihre politischen Ziele<br />
oder Ideologien einer breiten Öffentlichkeit nahe zu bringen, benötigen die Aktivisten terroristischer<br />
Vereinigungen einen entsprechenden Bekanntheitsgrad. Um der Publizität willen<br />
scheuen die Terroristen daher keine Opfer und Mühen, da sie sich darüber im Klaren sind,<br />
dass ihre terroristischen Absichten von ihnen abhängig sind.<br />
Somit treten auch sämtliche (moralische oder politische) Beweggründe, die einen terroristischen<br />
Gewaltakt rechtfertigen sollen, hinter den wirkungsheischenden, publizistischästhet-ischen<br />
zurück. Man könnte auch sagen, dass sich unbeschadet der Folgen, Kosten<br />
und Opfer das Schauspiel um seiner selbst und seiner Schauwirkung willen rechtfertigt.<br />
Und es sind vor allem „Abscheu und Entrüstung“, die <strong>–</strong> noch besser als (offene oder heimliche)<br />
Bewunderung <strong>–</strong> dafür sorgen „dass sich die Kunde von terroristischen Taten und<br />
Gefahren möglichst rasch und weit verbreitet“ (Hacker 1973, S. 26).<br />
Daraus wird zugleich ein interessanter Unterschied zum Staatsterror erklärlich, der in<br />
der Regel kaum die Aufmerksamkeit der breiten (internationalen) Öffentlichkeit auf sich<br />
lenken will, vielmehr alles daran setzt, Menschenrechtsverletzungen zu vertuschen. 6<br />
4 Der Begriff „Guerilla (spanisch, „kleiner Krieg“) umreißt den Kampf irregulärer Verbände gegen eine feindliche<br />
Armee bzw. Besatzungsmacht oder gegen die eigene Regierung; in weiterer Bedeutung auch solche Verbände<br />
selbst (Bertelsmann Lexikon: Bertelsmann Electronic Publishing, 1999).<br />
5 Die Irisch Republikanische Armee (IRA) z. B. betrachtet ihren Kampf gegen England als „Guerilla“. Bezeichnend<br />
der Titel eines Handbuches für IRA-Freiwillige: „Handbook for Volunteers of The Irish Republican Army: Notes<br />
on Guerilla Warfare“, worin die wesentlichen Elemente des Kleinkrieges zusammengefasst werden.<br />
6 Durch die Verweigerung von Terrorregimes, eigenes Staatshandeln publik zu machen, belegen sie auf mittelbare<br />
Weise sehr eindrucksvoll die Unmoralität dessen, was sie tun. Wie Kant bereits im Anhang zu seinem „Zum ewigen<br />
Frieden“ eindrucksvoll dargetan hatte, bleibt, wenn man von aller Materie des öffentlichen Rechts (nach den<br />
verschiedenen empirisch-gegebenen Verhältnissen der Menschen im Staat oder auch der Staaten untereinander)<br />
absieht, nur „noch die Form der Publizität übrig, deren Möglichkeit ein jeder Rechtsanspruch in sich enthält, weil<br />
ohne jene es keine Gerechtigkeit (die nur als öffentlich kundbar gedacht werden kann), mithin auch kein Recht,<br />
das nur von ihr erteilt wird, geben würde“ (I. Kant, Zum ewigen Frieden, Anhang II. S. 49). Diese „Einhelligkeit<br />
der Politik mit der Moral nach dem transzendentalen Begriffe des öffentlichen Rechts“ ist also ein unweigerlicher<br />
Maßstab für den moralischen Wert sozialen oder politischen Handelns. Wie im Abschnitt über die moralphi-<br />
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