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TERROR UND TERRORISMUS –

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istoteles, Nikomachische Ethik, 1109b-1110b). Dieser Aspekt kommt beim Terrorismus<br />

besonders zum Tragen, da dieser nicht davor zurückschreckt, das Leben und leibliche<br />

Wohlergehen unschuldiger Menschen, die mit den Gründen und Ursachen der gegen sie<br />

ausgeübten Gewalt zumeist überhaupt nichts zu tun haben, aufs Spiel zu setzen bzw. bewusst<br />

zu gefährden.<br />

In höchster Abstraktion definiert, ist unter Gewalt das verletzende Eindringen in die<br />

Sphäre der Lebensentfaltung eines Individuums oder von Individuen zu verstehen, weshalb<br />

leicht erklärlich wird, dass sich die Frage von Recht und Unrecht aus der Sicht des<br />

Opfers bestimmt, welches eine einschränkende, schädigende Einwirkung auf seinen Organismus<br />

und dessen freie Selbstentfaltung erfährt (Micewski 1998, S. 104ff).<br />

Dieser direkte Gewaltbegriff schließt also eine eindeutige Beziehung zwischen einem<br />

Täter und einem Opfer ein. Der Täter fügt seinem Opfer direkten Schaden zu, der primär<br />

in der physischen Beeinträchtigung der Integrität von dessen Organismus besteht.<br />

Die physische Gewalt kommt mit besonderer Ausprägung in den Erscheinungsformen<br />

des bewaffneten Konfliktes, also im Kriege, zum Ausdruck. Ihm am nächsten kommt wohl<br />

die Gewaltkriminalität, allerdings ist terroristische Gewalt <strong>–</strong> nicht allein wegen des Selbstverständnisses<br />

von Terroristen, sich im ‚Krieg’ zu befinden <strong>–</strong> sondern vielmehr wegen des<br />

Ausmaßes der Zerstörung, eher der kriegerischen Gewalt zuzuordnen. Ob daher Terrorismus<br />

bloß <strong>–</strong> wie es viele tun <strong>–</strong> als eine Form von Kriminalität betrachtet oder als kriegsähnliche<br />

Form von Gewalt angesehen wird, ist für diesen Teil der Analyse als unerheblich<br />

anzusehen.<br />

Normativ ausgedrückt tritt Unrecht dann ein, wenn die Lebensentfaltung eines Individuums<br />

durch ein anderes beeinträchtigt wird, ohne dass dafür eine äußere Notwendigkeit<br />

<strong>–</strong> also ein moralisch vertretbarer Grund <strong>–</strong> vorhanden ist.<br />

In einem möglichen, ethisch-moralischen Handlungsrahmen, in dem Gewalt ins Spiel<br />

kommt, sind ja vernunftgemäß nur Handlungen denkbar, in den physische Gewalt entweder<br />

gepaart mit (moralischem) Unrecht<br />

auf der Seite (moralischen) Rechts oder<br />

als Sanktions-(Straf-)gewalt in Verbindung mit (positivem) staatlichem bzw. internationalem<br />

Recht<br />

auftritt.<br />

Lassen wir den letztgenannten Punkt außer acht, der für den Terroristen wegen seiner<br />

außerhalb des Rechts angelegten und sittlich begründeten Handelns ohnehin nicht in Frage<br />

kommt, so bleibt nur zu prüfen, ob terroristische Gewaltanwendung moralisch legitim<br />

bzw. unter welchen Bedingungen und Kriterien sie allenfalls moralische Recht und Rechtmäßigkeit<br />

für sich beanspruchen kann.<br />

IV.2. Gewalt und (politische) Gerechtigkeit<br />

Um es nochmals zu verdeutlichen: Unrecht tritt dann ein, wenn die Lebensentfaltung eines<br />

Individuums oder einer Gruppe von Individuen durch ein anderes bzw. andere ohne<br />

moralisch vertretbare Notwendigkeit beeinträchtigt wird. Die Grenze an der Recht in Unrecht<br />

übergeht markiert genau jene Schnittstelle, an der sich normativ die Position der<br />

„Gerechtigkeit“ manifestiert. Aus der Sicht rein rationaler Deduktion wird daher der Begriff<br />

der (individuellen, sozialen, politischen, innerstaatlichen, zwischenstaatlichen, ...) Gerechtigkeit<br />

zum normativen Kardinalaspekt der Ethik, zum „unumgänglichen Kriterium für jeden<br />

Anspruch, der dem Gedanken der Moralität entsprechen will“ (Micewski 1998, S. 103).<br />

Die Kategorie der Gerechtigkeit verkörpert damit auch den einzigen Parameter, der sowohl<br />

mit den Rechten des Subjekts, der Vorrangstellung des Individuums und dessen<br />

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