TERROR UND TERRORISMUS –
TERROR UND TERRORISMUS –
TERROR UND TERRORISMUS –
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Ziel zu gelangen, das er sich gesteckt hat. Ob das Spitzbuben oder Dummköpfe,<br />
ob es Wichtigtuer oder Ehrgeizlinge sind, das ist gleich. Sie haben eben Unglück<br />
gehabt. Warum stellen sie sich ihm in den Weg? Robespierre wusste das<br />
alles, und das ist einer der Gründe, warum ich ihn bewundere, warum ich in ihm<br />
das Genie sehe, das wirklich neue, schöpferische Ideen besaß“ (Schreiner<br />
1972, S. 109).<br />
Was kann diese Bewunderung Robespierres zugleich anderes bedeuten, als das Bekenntnis<br />
zu einem totalitären Regime, unter dessen Herrschaft die Menschenrechte und<br />
mit ihnen das Recht auf Leben de facto aufgehört haben zu existieren?<br />
Der Terror als quasi defensive oder abwehrende Gewalt bereits etablierter Systeme hat<br />
also oftmals die Wurzeln in einer ihm vorausgegangenen „offensiven“ respektive revolutionären<br />
Gewalt. Am Ende steht der „Terror der Revolution“, eine Gewalt, die <strong>–</strong> um mit Leo<br />
Trotzkij zu sprechen <strong>–</strong> „alle Gegensätze der Entwicklung auf die Alternative bringt: Leben<br />
oder Tod“ (Vossenkuhl 1992, S. 95).<br />
Vor dem Hintergrund dieser Darstellung ist es daher verständlich, wenn in vielen Fällen<br />
die Begriffe Terror und Terrorismus zu Recht synonym verwendet werden.<br />
I.1.2. Terror im Zeichen der Oktoberrevolution<br />
In Russland hatte die Oktoberrevolution von 1917 zur Etablierung einer bolschewistischen<br />
Diktatur geführt, die sich bei der Verteidigung ihrer Machtposition des staatlichen<br />
Terrors bediente, um politisch und religiös Andersdenkende zu unterdrücken - wobei nicht<br />
zuletzt ein langjähriger Bürgerkrieg die Entwicklung zum Totalitarismus vorantrieb. Zu Beginn<br />
der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts hatte Wladimir I. Lenin die „kommunistische Sittlichkeit“<br />
mit Worten umrissen, die bereits den (Un-)Geist des Terrors und des Terrorismus<br />
kommender Jahrzehnte charakterisieren sollten. Er stellte unmissverständlich klar dass<br />
die kommunistische Sittlichkeit von den Interessen des proletarischen Klassenkampfes<br />
abgeleitet und diesem daher völlig unterzuordnen ist. (Schreiner 1972, S. 27).<br />
Wie schon bei Robespierre wird die Ethik einem politischen Ziel untergeordnet, in diesem<br />
Fall dem proletarischen Klassenkampf, wie sie im weiteren Verlauf der Geschichte<br />
diesem oder einem ähnlich gearteten „Ideal“ geopfert werden wird.<br />
Josef W. Stalin betonte in seiner Auseinandersetzung mit den Grundlagen des Leninismus<br />
(1924) den gewalttätigen Charakter der „Diktatur des Proletariats“, der allerdings<br />
durch den anvisierten gesellschaftspolitischen Zweck gerechtfertigt ist:<br />
„Der Staat ist eine Maschine in den Händen der herrschenden Klasse zur Unterdrückung<br />
des Widerstandes ihrer Klassengegner. In dieser Hinsicht unterscheidet<br />
sich die Diktatur des Proletariats im Grunde genommen durch nichts<br />
von der Diktatur jeder anderen Klasse, denn der proletarische Staat ist eine<br />
Maschine zur Niederhaltung der Bourgeoisie. Aber es gibt einen wesentlichen<br />
Unterschied. Er besteht darin, dass alle Klassenstaaten, die bisher existierten,<br />
eine Diktatur der ausbeutenden Minderheit über die ausgebeutete Mehrheit waren,<br />
während die Diktatur des Proletariats die Diktatur der ausgebeuteten<br />
Mehrheit über die ausbeutende Minderheit ist“ (Schreiner 1972, S. 97).<br />
De facto stellte Stalins Gewaltpolitik - gemäß den Worten eines seiner Biographen - im<br />
Grunde nichts weiter als eine „Verschwörung zur Ergreifung der totalen Macht durch terroristisches<br />
Handeln“ dar (Hoffman 1999, S. 29).<br />
I.1.3. Der Terror faschistischer Regime<br />
Eine ähnliche Entwicklung, wenn auch unter anderen ideologischen Vorzeichen, vollzog<br />
sich in Mitteleuropa.<br />
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