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kinderleicht 1/2009 - Bergmoser + Höller Verlag AG

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von<br />

Lioba Schlee-Tullius<br />

Haben Sie Musik<br />

in der Stimme?<br />

„Das älteste, echteste und schönste Organ der Musik, das Organ,<br />

dem unsere Musik allein ihr Dasein verdankt, ist die Stimme!“<br />

(Richard Wagner – Komponist)<br />

„Deine Stimme ist Musik in meinen Ohren!“, so schwärmt man von<br />

einer angenehmen, volltönenden Stimme, die mit viel Gefühl verbundene<br />

Worte ans Ohr trägt. „Du klingst so missgestimmt!“, meint man,<br />

wenn jemand mit rauer, monotoner Stimme spricht. „Hier ist ja eine<br />

super Stimmung!“, stellt man fest, wenn rundherum gelacht und gesungen<br />

wird. Was ist nun das Geheimnis der Stimme?<br />

Rein physikalisch ist die Stimme das<br />

Ergebnis von Schwingungen der<br />

Stimmlippen im Kehlkopf, die pro<br />

Sekunde 100–1000 Mal stattfinden. Der<br />

Kehlkopf bildet das Ende der Luftröhre,<br />

durch die der Atem aus der Lunge zu den<br />

Stimmlippen gelangt. Wir sprechen und<br />

singen auf der Ausatmungsluft, indem<br />

wir den Luftstrom durch Rachen, Mund<br />

und Nase fließen lassen und dazu artikulieren.<br />

Der Ton, der durch die Schwingungen<br />

der Stimmlippen entsteht, bekommt<br />

seine Klangfarbe in der Hauptsache durch<br />

die Formung des Rachen- und Mundraumes.<br />

Dies spielt besonders beim künstlerischen<br />

Singen eine wesentliche Rolle.<br />

Der „Ton, der die Musik macht“ entsteht<br />

jedoch durch weit mehr, als nur durch<br />

physikalische Vorgänge. Die individuelle<br />

Art, wie jemand spricht, ist ein Zeichen<br />

seiner Herkunft und Entwicklung zur<br />

Person. Seine Gedanken, seine Gefühle<br />

drücken sich in Worten, Tonfall und Artikulation<br />

aus und werden so zur einzigartigen<br />

Stimme, die ihn „durchtönt“ (personare<br />

– durchtönen). Durch die geniale<br />

Verbindung von geistigem, körperlichen<br />

und seelischem im stimmlichen Ausdruck<br />

nehmen wir den Menschen wahr. Schon<br />

ein Wort, z.B. die Nennung des Namens<br />

am Telefon, eröffnet uns einen Einblick in<br />

die momentane Stimmung des Gesprächspartners.<br />

Die Stimme ist damit immer individueller<br />

Ausdruck der ganzen Person.<br />

Das Phänomen Stimme begegnet und begleitet<br />

uns ein Leben lang.<br />

Schon im sechsten Schwangerschaftsmonat<br />

nimmt der Mensch die Eigenart der<br />

mütterlichen Stimme wahr, den Klang<br />

und Rhythmus der Sprache, seiner späteren<br />

Muttersprache. Auch die Stimmen der<br />

Umgebung sind ihm vertraut und führen<br />

zu Wohlbefinden oder starker Erregung.<br />

Noch ist der Klang dem der Stimme unter<br />

Wasser in der Badewanne ähnlich, die hohen<br />

Frequenzen sind kaum wahrnehmbar.<br />

Singt die Mutter, so bleibt auch das früh<br />

im Gedächtnis des Kindes und Melodien<br />

werden nach der Geburt wiedererkannt.<br />

Es ist also schon während der Schwangerschaft<br />

wichtig und für die Entwicklung<br />

des Kindes förderlich, wenn die Mutter<br />

singt und beruhigend spricht, um mit ihrem<br />

Ungeborenen in „Einklang“ zu kommen.<br />

Nach der Geburt probiert der neue Erdenbürger<br />

mit dem ersten Schrei (weltweit<br />

dem Kammerton „a“ mit 440 Schwingungen<br />

pro Sekunde) seine eigene Stimme<br />

aus und teilt der Welt mit „Ich bin da,<br />

von nun an werdet ihr mich hören!“<br />

In den nächsten Wochen und Monaten<br />

entsteht ein intensiver Austausch an<br />

Gefühlen zwischen dem Kind und seinen<br />

Bezugspersonen über den Klang der<br />

Stimmen, die Sprechmelodie und dem<br />

Rhythmus des Gesagten. Das Lallen des<br />

jungen Säuglings zeigt bereits typische<br />

Betonungsmuster der Muttersprache, die<br />

Musik in der Sprache.<br />

Zunehmend werden Singsang und ritualisierte,<br />

kleine Melodien interessant, die<br />

das Kind mit dem Erlebnis der Bewegung<br />

z.B. beim Wickeln oder mit dem Füttern<br />

verbindet und wiedererkennt. Dabei<br />

kommt es nicht auf „gekonntes“ Singen<br />

oder besondere Texte an, sondern auf<br />

den spontanen, augenblicklichen Stimmungsausdruck,<br />

so wie er gerade einfach<br />

entsteht.<br />

Die Stimme wird mehr und mehr zum<br />

Instrument der Verständigung, der Übermittlung<br />

von Gefühltem, der Lust und<br />

<strong>kinderleicht</strong> 1/09<br />

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