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Ausgabe Karlsruhe - Sommersemester 2009 - campushunter.de

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72 I Nandine Mey<strong>de</strong>n / Etikettetrainerin an <strong>de</strong>r MBS<br />

im allgemeinen Verständnis die erste Begegnung ist. Diese Re<strong>de</strong>nsarten<br />

gibt es nicht nur auf Deutsch, son<strong>de</strong>rn auch in an<strong>de</strong>ren Sprachen: „You<br />

never get a second chance to make a first impression“ sagt man auf<br />

Englisch. „Une <strong>de</strong>uxième chance <strong>de</strong> faire bonne impression!“ sagen die<br />

Franzosen.<br />

Es ist erschütternd, wie wenig sich Deutsche auf die kulturellen<br />

Unterschie<strong>de</strong>, die bereits beim ersten Eindruck wichtig sein können, bei<br />

Geschäften o<strong>de</strong>r Bewerbungen im Ausland vorbereiten. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />

Urlaub fährt, studiert Stadtpläne, macht sich eine Liste von Sehenswürdigkeiten,<br />

liest Reiseführer und Artikel. Je<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r einem sportlichen<br />

Wettkampf entgegensieht, analysiert Stärken und Schwächen <strong>de</strong>s Gegners,<br />

schaut sich Aufzeichnungen von früheren Spielen an und recher-<br />

You never get a second chance<br />

to make a first impression“<br />

sagt man auf Englisch.<br />

chiert in Artikeln so viel wie möglich über seinen Gegner. Sollte eine Geschäftsanbahnung<br />

o<strong>de</strong>r die Stellensuche nicht ein wichtigeres Projekt<br />

als ein Urlaub sein und mehr Mühe dafür verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n? Bei Geschäften<br />

im Ausland bezieht sich diese Mühe jedoch nur auf die wirtschaftlichen<br />

Aktivitäten – dabei sollte sich doch schon herumgesprochen<br />

haben, dass Geschäfte mit Menschen gemacht wer<strong>de</strong>n. Ebenso naiv ist<br />

auch die I<strong>de</strong>e vieler Geschäftsreisen<strong>de</strong>r ins Ausland „die wer<strong>de</strong>n mir<br />

schon sagen, wenn ich was falsch mache“. Mal ehrlich, sagen Sie Ihren<br />

Gesprächspartnern immer Bescheid, wenn diese in ein Fettnäpfchen treten?<br />

Sicher nicht! Umso mehr ist ein höfliches Schweigen Ihrer Gesprächspartner<br />

die Reaktion auf Ihre Fehler in Län<strong>de</strong>rn, in <strong>de</strong>nen die Etikette<br />

weitaus komplexer als bei uns ist. Selbst wenn Sie nachfragen<br />

wer<strong>de</strong>n Sie vor allem in <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s asiatischen Raums zu hören<br />

bekommen: „Oh nein, das ist alles nicht schlimm. Alles ist in Ordnung“ –<br />

auch wenn es ganz schlimm war. Denn sonst wür<strong>de</strong>n alle Beteiligten<br />

noch mehr Gesicht verlieren, es war schon schrecklich genug, was Sie<br />

gera<strong>de</strong> für einen Fehler gemacht haben, noch schrecklicher, dass Sie gefragt<br />

haben, aber dann auch noch darüber sprechen … Vergessen Sie<br />

nicht: Der erste Moment eines Kontaktes birgt viele Chance und ebenso<br />

viele Stolpersteine, er kann entschei<strong>de</strong>nd darüber sein, wie es dann weiter<br />

geht.<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen haben schon vor langem gezeigt,<br />

dass für <strong>de</strong>n ersten Eindruck nur rund sieben Sekun<strong>de</strong>n benötigt<br />

wer<strong>de</strong>n und dass dabei <strong>de</strong>r optische Eindruck mit 55% am entschei<strong>de</strong>nsten<br />

ist.<br />

Folgen<strong>de</strong> Faktoren spielen dabei eine Rolle:<br />

Was Ihr Gesprächspartner visuell (bewusst und unbewusst) wahrnimmt:<br />

● Kleidung: Stil, Zustand, Farben, Qualität, Passform<br />

● Kleidung: Passend zur Branche und Position?<br />

● Körper: Größe, Statur, Figur, Muskeltonus<br />

● Frisur: Gepflegtheit, Stil, gefärbt o<strong>de</strong>r grau<br />

● Make-up, Bart, Rasur, Brille<br />

● Accessoires, Schmuck<br />

● Mimik, Gestik, Haltung, Gang<br />

● Blick und Blickkontakt<br />

● Hän<strong>de</strong>druck<br />

Was ein angemessener Abstand ist, wird je nach<br />

kultureller Herkunft unterschiedlich <strong>de</strong>finiert.<br />

Was Sie mit Ihrer Stimme, die zu 38% gewichtet wird vermitteln:<br />

● Stimme: Höhe, Tempo, Lautstärke<br />

● Satzmelodie<br />

● Dialekt, Akzent<br />

● Deutlichkeit<br />

● Sprechpausen<br />

● Verlegenheitsgeräusche wie „äh“<br />

So bleiben für die Worte nur noch 7% übrig:<br />

● Wortwahl<br />

● Art <strong>de</strong>s Grußes<br />

● Selbstvorstellung<br />

Neueste Veröffentlichungen weisen zu<strong>de</strong>m darauf hin, dass ein<br />

Mensch nur 150 Millisekun<strong>de</strong>n braucht, um festzustellen, ob <strong>de</strong>r An<strong>de</strong>re<br />

schön ist o<strong>de</strong>r nicht, 250 Millisekun<strong>de</strong>n dauert es, bis eine Entscheidung<br />

darüber gefallen ist, ob wir <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>rn sympathisch fin<strong>de</strong>n. Wenn wir<br />

uns darüber im Klaren sind, dass das Auge pro Sekun<strong>de</strong> 10 Millionen Bit<br />

ans Gehirn weiterleitet, unser Bewusstsein jedoch nur 10 bis 20 Bit pro<br />

Sekun<strong>de</strong> verarbeiten kann, so wird <strong>de</strong>utlich, wie sehr dieser Prozess im<br />

Unterbewusstsein stattfin<strong>de</strong>t.<br />

Politisch korrekt ist das nicht, klug ist es auch nicht immer. Schließlich<br />

wer<strong>de</strong>n hier Entscheidungen aufgrund von Kriterien gefällt, die mitunter<br />

nichts mit <strong>de</strong>r fachlichen o<strong>de</strong>r menschlichen Kompetenz <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren<br />

zu tun haben. Es hilft aber nichts, sich darüber zu ärgern,<br />

Menschen funktionieren so, auch Sie und ich, ob wir wollen o<strong>de</strong>r nicht.<br />

Es ist wichtig zu verstehen, dass wir viel dafür tun können, wie wir wahrgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn wir diese Faktoren <strong>de</strong>s ersten Eindrucks nicht<br />

nur kennen und verstehen, son<strong>de</strong>rn uns auch darüber im Klaren sind,<br />

welcher Tonfall und welche Lautstärke, welche Kleidung und welche Körpersprache<br />

in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Kulturen als unangemessen o<strong>de</strong>r sogar<br />

anmaßend gelten. Der Kern <strong>de</strong>s ganzen Vorstellungsgesprächs liegt immer<br />

in <strong>de</strong>n ersten Sekun<strong>de</strong>n: Ist jemand positiv bemerkt wor<strong>de</strong>n, so wer<strong>de</strong>n<br />

die ersten Fehler und Unsicherheiten eher entschuldigt „kann ja mal<br />

vorkommen...“ Ist jedoch <strong>de</strong>r Erste Eindruck nicht gut verlaufen, so<br />

kommt es beim weiteren Gespräch oft zu Gedanken wie „habe ich mir<br />

doch gleich gedacht...“ Der Wissenschaft ist dieser Mechanismus als Primacy-Effekt<br />

bekannt: Die ersten Informationen dominieren alle weiteren.<br />

<strong>campushunter</strong> ® .<strong>de</strong> <strong>Sommersemester</strong> <strong>2009</strong>

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