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Magazin #14<br />

2008<br />

Bremer Rhederverein<br />

Energie-Chef Dr. Werner Brinker<br />

<strong>Club</strong>-Test: Mercedes GLK<br />

Heidegger in <strong>Bremen</strong><br />

Segeln im Eismeer<br />

Kaffeeprobe<br />

ABC-Interview: Dr. Frauke von der Haar


5387_Umschl_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>- 09.01.2009 9:11 Uhr Seite 2<br />

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 1<br />

1 <strong>Club</strong>-Kommentar<br />

Krise als Chance<br />

Das Jahr 2009 wird in die Geschichtsbücher eingehen. Deutschland<br />

steht der stärkste Rückgang der Wirtschaftsleistungen seit<br />

dem zweiten Weltkrieg bevor. Wie ein Brandbeschleuniger hat<br />

die internationale Finanzmarktkrise weltweit gewirkt und Strukturprobleme<br />

sichtbar gemacht, die Politiker, Banker und Unternehmer<br />

rund um den Globus eilfertig verdrängt haben. Kehren<br />

wir vor der eigenen Tür. Auch wir Deutschen haben über die Verhältnisse<br />

gelebt. Unsere Automobilbranche ist nur ein Beleg<br />

dafür. Wir produzieren <strong>zu</strong> viel und dann noch die falschen Fahrzeuge.<br />

„Geiz ist geil“ und Kredite werden auf dem Silbertablett<br />

offeriert. Fehlende Nachfrage wurde durch Dumpingpreise bei<br />

den Leasing- und Finanzierungsbedingungen ausgehebelt. <strong>Der</strong><br />

Trend <strong>zu</strong> ressourcenschonenden Antriebstechnologien ist im<br />

Industrieland Deutschland verschlafen worden. Nur unter dem<br />

Druck der weltweiten Absatzkrise tüfteln deutsche Ingenieure<br />

jetzt mit Hochdruck an neuen Generationen leistungsfähiger<br />

Batterien und verbraucharmen Motoren. Mercedes hat den Elektroantrieb<br />

als Zukunftsaufgabe entdeckt. So machen Krisen den<br />

Unternehmen Beine. Und darin liegt die Chance der Rezession,<br />

die uns in diesem Jahr mit voller Wucht treffen wird, dass sich<br />

die Industrienation Deutschland neu sortiert. Mit neuen Produkten<br />

und neuen Produktionsformen. Mit Arbeitsplätzen, die die<br />

Rentabilität der Unternehmen dauerhaft stärken. Mit Standorten,<br />

die Unternehmen positive Bedingungen für unternehmerisches<br />

Handeln bieten. Verlässlich und belastbar auch in<br />

schwierigen Zeiten. Mit Gewerkschaften, die bereit sind, auf die<br />

Herausforderungen der Globalisierung pragmatisch und ohne<br />

ideologische Scheuklappen Antworten <strong>zu</strong> finden. Die Herausforderungen<br />

für die Sozialpartner sind gigantisch. 2009 wird ein<br />

Jahr der schrumpfenden Wirtschaftsleistung in Folge weltweit<br />

einbrechender Nachfrage, steigender Arbeitslosigkeit und wachsender<br />

Staatsdefizite nicht nur in Deutschland, sondern auch im<br />

Rest der industrialisierten Welt. Die Schwellenländer, lange Zeit<br />

als Felsen in der Brandung betrachtet, werden ebenfalls leiden.<br />

Das Wachstum in Staaten wie Indien, China und Russland wird<br />

einbrechen, auch dort wird die Arbeitslosigkeit steigen. Eine<br />

solche globale Rezession ist neu. In der Globalisierung der Krise<br />

liegen Unwägbarkeiten, aber auch Chancen. Zurückliegende<br />

Rezessionen waren regional begrenzt. Mal ging es schlechter in<br />

Europa, dann in Amerika. An die Asienkrise 1997 erinnert sich<br />

kaum noch einer. Jetzt droht nach der weltweiten Rezession<br />

eine weltweite Deflation. In dieser Situation ist die Große Koalition<br />

eine Chance, schwierige, gelegentlich schmerzhafte Entscheidungen<br />

<strong>zu</strong> fällen. Klientelpolitik hilft hier nicht weiter.<br />

Die Bundesregierung muss den Mut haben, auch unbequeme,<br />

strukturorientierte Entscheidungen <strong>zu</strong> fällen. Konjunkturpakete<br />

nach dem Gießkannenprinzip sind rausgeschmissenes Geld. Wer<br />

immer nur auf die knapp 50 % der Wähler schielt, die Bezieher<br />

staatlicher Transferleistungen sind oder wer aus Symbolgründen<br />

reflexhaft immer nur an die Portemonnaies der Leistungsträger<br />

in der Gesellschaft will, der ist, so hat es Winston Churchill einmal<br />

gesagt, nur ein Politiker und kein Staatsmann. <strong>Der</strong> Politiker<br />

denkt nur an die nächsten Wahlen, der Staatsmann denkt an die<br />

nächste Generation. Und was hat das mit <strong>Bremen</strong> <strong>zu</strong> tun? Die<br />

Wirtschaftskrise wird an unserem Bundesland nicht vorbeigehen.<br />

Ganz im Gegenteil. <strong>Bremen</strong> hat eine Exportquote von 51 %.<br />

<strong>Der</strong> Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe ist schon jetzt<br />

um 40 % gesunken. In der Stahl- und Automobilindustrie drohen<br />

Kurzarbeit. Die Rot-Grüne Koalition steht vor großen Herausforderungen.<br />

Das von Bürgermeister Kaisen einst praktizierte<br />

Bündnis von Arbeitern und Kaufleuten könnte die Blaupause für<br />

<strong>zu</strong>künftiges Handeln sein.<br />

Dr. Rüdiger Hoffmann


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 2<br />

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 3<br />

Themen<br />

<strong>Club</strong>-Kommentar 1<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Herr der Mittel 4<br />

Kaffeeprobe 8<br />

Die Kaffeestube 12<br />

Burgundreise 16<br />

Newton-Ausstellung 12<br />

Veranstaltungen 14<br />

Wirtschaft<br />

Energie-Chef 26<br />

Bremer Rhederverein 30<br />

Eine Rahe-Erfolgsgeschichte 76<br />

Wissenschaft<br />

Stadt der Wissenschaft 34<br />

Geschichte<br />

Segeln im Eismeer 38<br />

Schiffe von der Unterweser 44<br />

<strong>Bremen</strong><br />

ABC-Interview 48<br />

Heidegger in <strong>Bremen</strong> 56<br />

Kultur<br />

Lack-Künstler 50<br />

Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />

Tod in <strong>Bremen</strong> 60<br />

Literatur<br />

Gerald Sammet rezensiert 66<br />

<strong>Club</strong> Spezial<br />

Autotest Mercedes GLK 70<br />

Impressum 80<br />

3<br />

<strong>Inhalt</strong>


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 4<br />

4<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Staatsminister Bernd Neumann<br />

Herr der Mittel


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 5<br />

Gerald Sammet<br />

Als er sich ins Gästebuch eintragen soll und dafür ein paar<br />

Instruktionen erhält, kommentiert er das launig: „Hab ich<br />

tatsächlich schon mal gemacht.“ Es ist die Art von trockenem,<br />

manchmal kaum spürbarem Humor, die einige in Bernd Neumannns<br />

Umgebung durchaus auch schon das Fürchten gelehrt<br />

haben soll. Das Selbstverständliche ist selbstverständlich.<br />

Eigentlich verträgt es keinen Kommentar, und wenn doch, dann<br />

einen wie diesen. Man kommt eben, in seiner Position, an Gästebüchern<br />

und anderen Ritualen nicht immer vorbei. Also tief und<br />

vernehmbar durchatmen in so einem Fall. Das verfehlt seine Wirkung<br />

nicht und schafft beides: Abstand und Nähe.<br />

Solche Balancen, die Kunst, die Balance <strong>zu</strong> wahren, ohne all<strong>zu</strong><br />

leichtfüßig <strong>zu</strong> wirken, sind ihm in Fleisch und Blut übergegangen.<br />

Wer ihn kennt, weiß natürlich, dass er sich die Fähigkeit,<br />

so auf dem Seil <strong>zu</strong> tanzen, hart erarbeiten musste. Er hatte ja,<br />

bevor ihm das Amt des Staatsministers für Kultur angetragen<br />

wurde, schon Gelegenheit gehabt, auf ein paar Bühnen mehr die<br />

für ihn gerade angesagte Rolle seines Lebens <strong>zu</strong> spielen. Als,<br />

durchaus mit Kalkül, <strong>zu</strong> polemischen Ausfällen neigenden Vordenker<br />

der Jungen Union erinnert man sich an ihn. Als Lehr- und<br />

Zuchtmeister seiner Partei, der er volle 29 Jahre als Landesvorsitzender<br />

diente. Als einen, für den der Schulterschluss mit dem<br />

CDU-Ehrenvorsitzenden und Altbundeskanzler Helmut Kohl <strong>zu</strong><br />

jeder Zeit eine Selbstverständlichkeit war. Damit, dass er davon<br />

unbeschadet den Sprung in Angela Merkels Kanzleramt schaffte,<br />

hat selbst im engeren Kreis seiner politischen Freunde nicht<br />

jeder gerechnet. Dabei ist doch, wenn er davon erzählt, alles so<br />

einfach gewesen. Man habe, erzählt er, <strong>zu</strong>sammengesessen und<br />

sich die Frage nach einem Verantwortlichen für die kulturellen<br />

Angelegenheiten des Bundes gestellt. Und dann? Nicht einmal<br />

eine Kunstpause braucht er, um wieder<strong>zu</strong>geben, was dann passierte:<br />

„ . . . und da kam ich auf mich selber.“<br />

Keine Rede, erklärt er den Anwesenden bei seinem Auftritt am<br />

3. November im <strong>Club</strong>, wolle er halten. „Schöne Reden“, erfährt<br />

5<br />

man wenig später von ihm, „bereichern manchmal eine Versammlung.“<br />

Manchmal, da liegt das Problem. Manchmal bewirken<br />

sie im besseren Fall <strong>zu</strong> wenig und im schlechteren nichts.<br />

Er will berichten an diesem Tag. Von seinen Vorhaben und Zielen,<br />

seiner Arbeitsweise, seinen Methoden und Verbindungen.<br />

Bei der Nüchternheit, die da aus ihm spricht, bleibt es dann<br />

allerdings nicht. Die Sache, für die er steht, trägt ihn, so paradox<br />

sich das anhören mag, <strong>zu</strong>letzt davon. Keine Rede zwar, ganz<br />

wie versprochen, aber dafür liefert er eine wirklich hinreißende<br />

Performance, bei der aber doch alles sorgfältig austariert ist,<br />

Spontaneität und Kontrolle, Geistesblitze, wo man sie einsetzen<br />

sollte, und da<strong>zu</strong> Einblicke in die Mühen, die einen der Versuch<br />

kosten kann, welche <strong>zu</strong> kriegen.<br />

„Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien“, so<br />

lautet die Dienstbezeichnung, die er offiziell führt. Sein Dienstsitz<br />

ist das Bundeskanzleramt. Einen Feldvorteil nennt er das.<br />

Einer, das klingt dann schon an, den andere im Kabinett Merkel<br />

nicht haben. Eine Position, von der aus sich manches bewegen<br />

lässt. Was ihm nicht liegt: „Bilder auswählen oder mit Herrn<br />

Grass darüber diskutieren, was die Aufgabe des Schriftstellers in<br />

unserer Zeit ist.“ Was ihm liegt: Rahmenbedingungen schaffen,<br />

Mittel auftreiben, sich im komplizierten Gegeneinander von<br />

Bund und Ländern bei der Zuständigkeit für die Kultur wie ein<br />

Fisch im Wasser bewegen. Rahmenbedingungen? Man muss sich,<br />

daran führt kein Weg vorbei, dann auch um die Not leidende<br />

Künstlersozialkasse kümmern und ums Urheberecht. Schöngeistern<br />

– und jeder seiner drei Vorgänger ist das auf seine Weise<br />

gewesen – gelingt das nicht immer. Ein geistiges Fundament<br />

braucht man trotzdem: „Geschichte, Tradition, Sprache, Werte“,<br />

so ist das bei Bernd Neumann beschaffen.<br />

Ein Politprofi, so hat man ihn anfangs eher beäugt als wahr<strong>zu</strong>nehmen<br />

verstanden. Die Häme, die ihm entgegenschlug, aus<br />

den Feuilletons vornehmlich, ist längst verflogen. „Profi“, sagt<br />

Neumann, „ist das Gegenteil von Amateur.“ Das haben am Ende


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:01 Uhr Seite 6<br />

6<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Staatsminister Bernd Neumann<br />

auch die größten Skeptiker anerkennen müssen. Selbst Edelfedern<br />

räumen mittlerweile ein, dass er seinen Job mehr als<br />

ordentlich macht. Dickes Lob auch aus Kreisen, in denen häufig<br />

geglaubt wird, die Nase sei <strong>zu</strong>m Rümpfen da und nicht <strong>zu</strong>m Wittern<br />

von Chancen. Dafür, dass die nicht verloren gehen, haben<br />

sie ihn. Immer schon kulturaffin, sagt er mit vernehmlichem<br />

Stolz, sei er gewesen. Wenn er dann berichtet, aus seinem<br />

Tagesgeschäft, zeigt sich, dass ihm so viel, wie sich daraus herleiten<br />

ließe, am Rampenlicht gar nicht liegt. Ein Arbeiter im<br />

Weinberg des Herrn, der nur <strong>zu</strong> gut weiß, dass er denen, für die<br />

er wirkt, auch ein Quantum jener branchenüblichen Eitelkeit<br />

schuldet, die natürlich auch seine eigene ist.<br />

Einer, der, das bleibt nach<strong>zu</strong>tragen, wirklich und für jedermann<br />

erkennnbar Freude hat an dem, was er da tut. Und Erfolg. Um<br />

84 % hat man ihm den Haushalt aufgestockt. Er muss dann<br />

sehen, was er davon hat und wohin er es schiebt. Da geht es,<br />

wieder einmal um den Gleichgewichtssinn, den man fürs Bewältigen<br />

solcher Aufgaben braucht. Kultur und Glamour, das gehört<br />

<strong>zu</strong>sammen, aber wer Glanzlichter aufstecken will, muss sich auch<br />

auskennen mit den Mühlen und den Müllern der Bürokratie. Für<br />

Neumann, das weiß man am Ende, ist es der Job und die Erfüllung<br />

seines Lebens. Seines politischen vor allem, versteht sich,<br />

denn ein „political animal“, wie man im Englischen sagt, wird er<br />

verlässlich auch auf dem Tanzboden der Kulturszene bleiben.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:01 Uhr Seite 7<br />

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:03 Uhr Seite 8<br />

8<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Kraft Foods <strong>zu</strong> Gast im <strong>Club</strong><br />

Kaffee-Probe


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:03 Uhr Seite 9<br />

Annemarie Struß-von Poellnitz<br />

Einführung in die Welt des Kaffees<br />

Hirten aus Abessinien, aus der Region Kaffa, sollen die belebende<br />

Wirkung der Kaffeebohne entdeckt haben. Sie beobachteten,<br />

dass ihre Ziegen nach dem Genuss der Früchte eines kleinen Baumes<br />

immer besonders lebhaft herumsprangen. Die ersten Selbstversuche<br />

mit den roten Beeren dürften bei den Hirten eher<br />

Bauchgrimmen verursacht haben. Aber herbeigerufene Mönche<br />

des nahen Klosters experimentierten ein bisschen herum und<br />

fanden heraus, dass die Bohnen in diesen Beeren, geröstet, zerstoßen<br />

und mit Wasser aufgebrüht, ein köstliches, anregendes<br />

Getränk ergaben.<br />

„Das ist natürlich nur eine Legende“, schmunzelte Rudi Madel,<br />

der die Mitglieder des <strong>Club</strong>s <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> im November in die Welt<br />

des Kaffees einführte. Aber Madel, der die Kaffeewerke von Kraft<br />

Foods in Deutschland und Österreich leitet, weiß auch: „Jedes<br />

gute Produkt braucht eine Legende.“ Das gilt auch für Jacobs<br />

Kaffee, eine der wichtigsten Marken im Kraft-Konzern. Die „Krönung“<br />

ist dank Frau Sommer wohl die bekannteste deutsche Kaffeemarke.<br />

<strong>Der</strong> Weg von den Ziegenhirten in Abessinien bis <strong>zu</strong> uns nach<br />

Deutschland war weit und unterlag wechselnden Moden und<br />

Gewohnheiten. Bevor der Kaffee auf unseren Frühstückstischen<br />

Ein<strong>zu</strong>g hielt, ernährten sich die Menschen hier im Norden vor<br />

allem von Bier und Mehlsuppe. Kaffee und Tee gelten deshalb<br />

auch als Getränke der Aufklärung, denn sie sorgten für einen klaren<br />

Kopf. <strong>Bremen</strong> gehörte <strong>zu</strong>r Avantgarde: 1673 wurde im Schütting<br />

eine der ersten deutschen Kaffeestuben eröffnet. Eine entsprechende<br />

Urkunde hängt heute in den Räumen des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>Bremen</strong>, in der 1989 stilvoll renovierten Kaffeestube im historischen<br />

Gewölbe des Schüttings.<br />

Kaffee ist das beliebteste Getränkt der Deutschen, führt Madel<br />

aus. Pro Kopf und Jahr trinken wir 147 Liter, durchschnittlich<br />

zwei Tassen pro Tag. Kraft Foods produziert in Deutschland<br />

73.189.842 Tassen im Jahr, für das Inland und für den Export.<br />

Die Bremer Kaffeeröster erreichen damit bei uns einen Marktanteil<br />

von gut 19 Prozent, vor Tchibo (14,8 Prozent) und Melitta<br />

9<br />

(9,9 Prozent). Im Weltmaßstab ist Kraft nach Nestle die Nummer<br />

zwei. Im Zuge der Wellness- und Gesundheitswelle war der<br />

braune Trank ein bisschen in Verruf geraten. Aber die medizinische<br />

Forschung ist anscheinend gerade dabei, den Koffeingenuss<br />

<strong>zu</strong> rehabilitieren.<br />

Eine dehydrierende Wirkung wird dem Kaffee nun nicht mehr<br />

unterstellt, das Glas Wasser <strong>zu</strong>m Espresso muss also nicht sein,<br />

meint Madel. Es gebe sogar Hinweise auf schützende Einflüsse<br />

bei Parkinson und Alzheimer sowie vorbeugende Effekte bei<br />

Altersdiabetes. Kaffee sei <strong>zu</strong>dem reich an natürlichen Pflanzenstoffen,<br />

stärke den Zellschutz und baue freie Radikale ab. Einer<br />

schönen Tasse Kaffee stehe also aus medizinischer Sicht nichts<br />

im Wege – alles eine Frage des richtigen Maßes.<br />

Die Welt des Kaffees hat sich in den letzten Jahrzehnten stark<br />

verändert. In 75 Ländern wird Rohkaffee angebaut, circa 25 Millionen<br />

Menschen verdienen mit dem braunen Gold ihren Lebensunterhalt.<br />

In den letzten zehn Jahren ist die Weltproduktion<br />

drastisch gestiegen, von 98 Millionen auf 122 Millionen Sack.<br />

Kaffee ist nach Rohöl das zweitwichtigste Handelsgut und<br />

unterliegt ähnlich spekulativen Preisschwankungen, was Anbau<br />

und Handel <strong>zu</strong> einem risikoreichen Geschäft macht. Noch liegen<br />

die größten Anbauflächen der Welt in Brasilien, aber Vietnam<br />

hat rasant aufgeholt und liegt jetzt schon vor Kolumbien auf<br />

Platz zwei der größten Kaffeeproduzenten.<br />

Aber Kaffee ist nicht gleich Kaffee, erklärt Rudi Madel. An den<br />

beiden weltgrößten Kaffeebörsen in New York und London wird<br />

grob nach zwei Sorten unterschieden: Arabica und Robusta. <strong>Der</strong><br />

Coffea Arabica wird im Hochland auf 600 bis 1800 Metern Höhe<br />

angebaut, vor allem in Kolumbien, Brasilien und Kenia. Er<br />

wächst relativ langsam und zeichnet sich durch sein volles, würziges<br />

Aroma und eine feine Säure aus. Sein Koffeingehalt ist mit<br />

ein bis zwei Prozent nur halb so stark wie bei der zweiten Sorte,<br />

dem Coffea Canephora, besser bekannt als Robusta. Dieser Kaffee<br />

wächst in tieferen Lagen unterhalb 600 Metern Höhe, vor


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:03 Uhr Seite 10<br />

10<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Kraft Foods <strong>zu</strong> Gast im <strong>Club</strong><br />

Rudi Madel<br />

allem in Vietnam, Indonesien und an der Elfenbeinküste. Er<br />

wächst schneller, reift aber langsamer als Arabica. Sein<br />

Geschmack ist eher kräftig und erdig.<br />

Viele Kaffeemarken mischen beide Sorten, in unterschiedlichen<br />

Anteilen. So mögen es die Deutschen eher milder, die Österreicher<br />

und Italiener kräftiger. Seit einigen Jahren wächst aber<br />

auch das Interesse an sortenreinen Kaffees.<br />

Damit die Kunden von Jacobs Kaffee sich immer auf ihren<br />

gewohnten Geschmack verlassen können, probiert Kaffeeverkoster<br />

Thorben Haas bis <strong>zu</strong> 200 Tassen am Tag. Natürlich kann auch<br />

er nicht soviel Kaffee trinken. <strong>Der</strong> gelernte Kaufmann, der laut<br />

Madel ein Naturtalent mit ausgesprochen sensiblen Geschmackssensoren<br />

ist, lässt sich jeweils nur einen Schluck auf der Zunge<br />

zergehen und spuckt ihn dann wieder aus. Meist reicht das<br />

schon, um auch kleinste Abweichungen <strong>zu</strong> erkennen. Wenn sich<br />

einzelne Provenienzen etwa durch Witterungsbedingungen verändern,<br />

lässt sich das durch Variationen im Mischungsverhältnis<br />

ausgleichen.<br />

Wie wir unseren Kaffee trinken, verrät viel über unsere Lebensgewohnheiten.<br />

Deshalb ist Genuss immer auch ein Stück Kulturgeschichte.<br />

In der Nachkriegszeit wurde Kaffee mit der Handmühle<br />

gemahlen, frisch in der Kanne gebrüht und durch ein Sieb<br />

in die Tasse gegossen. Gekauft wurde beim Kolonialwarenhändler<br />

um die Ecke. Irgendwann Anfang der 1970er Jahre verbreiteten<br />

sich auch in Deutschland Supermärkte und Discounter. Es<br />

gab fertig gemahlenen Kaffee, aber Feinschmecker kauften<br />

immer noch „ganze Bohne“, die sie gleich in elektrischen<br />

Maschinen im Laden mahlen konnten. Aufgegossen wurde jetzt<br />

mit Papierfilter. Mit dem ersten vakuumverpackten Kaffee kamen<br />

auch haushaltsgerechte Kaffeemaschinen auf den Markt. In<br />

unserer immer schnelllebigeren Zeit musste man nun nicht mehr<br />

neben dem Filter stehen und nachgießen. <strong>Der</strong> Kaffee machte<br />

sich von ganz alleine.<br />

Noch schneller geht es heute mit Kaffee-Pads, portioniert für die<br />

einzelne Tasse. Neben den gebräuchlichen Maschinen für Kaffee-<br />

Pads hat Kraft Foods mit Tassimo ein System entwickelt, das auf<br />

Knopfdruck ganz nach Wunsch Kaffee, Tee oder Kakao aus einem<br />

Gerät zaubert – gänzlich ohne Geschmacksbeeinträchtigung,<br />

versichert Rudi Madel. Hier sieht er die größten Zuwächse für die<br />

Zukunft. Immer mehr Single-Haushalte und die Möglichkeit,<br />

auch im Büro mal schnell eine Tasse zwischendurch <strong>zu</strong> genießen,<br />

lassen dieses Segment besonders stark wachsen. Für Pulverkaffee,<br />

der <strong>zu</strong>m Beispiel in Großbritannien sehr beliebt ist, lassen<br />

sich die Deutschen nur bedingt begeistern, obwohl laut Madel<br />

der Geschmack durchaus konkurrenzfähig ist.<br />

Neben der Vorliebe für die schnelle Tasse zwischendurch etabliert<br />

sich ein zweiter Trend: Kaffee wird bewusst genossen,<br />

gerade<strong>zu</strong> zelebriert. Inspiriert durch italienische Reisen leistet<br />

man sich teure Hightech-Vollautomaten. Die ganze Bohne kehrt<br />

<strong>zu</strong>rück, möglichst hochwertig und sortenrein, frisch gemahlen<br />

und <strong>zu</strong> Espresso oder Capuccino verarbeitet und auf Wunsch mit<br />

weißem Milchschaum gekrönt.<br />

Zur veränderten Kaffeekultur gehört auch der wachsende Anteil<br />

von nachhaltig produziertem Kaffee im Jacobs-Sortiment. Kraft<br />

Foods ist neben Chiquita der größte Unterstützer der Rainforrest<br />

Alliance, einer in den USA gegründeten Vereinigung, die nachhaltig<br />

angebauten Kaffee zertifiziert. Jacobs Milia etwa besteht<br />

<strong>zu</strong> 100 Prozent aus zertifiziertem Kaffee, ebenso wie der gesamte<br />

Kaffee, den Kraft an MacDonalds liefert.<br />

Das komplette Kaffeesortiment von Kraft Foods, inklusive Kaffee<br />

Hag, konnten die Gäste anschließend verkosten und dabei<br />

testen, ob sie einen Arabica von einem Robusta und einen frisch<br />

gebrühten von einem löslichen Kaffee unterscheiden können.<br />

Werkleiter Rudi Madel und Kaffeeverkoster Thorben Haas standen<br />

bereit, um noch offene Fragen, etwa nach Lagerung des Kaffees<br />

oder der richtigen Kaffeemaschine, <strong>zu</strong> klären. <strong>Der</strong> fachliche Rat:<br />

Kaffee gehört nicht in den Kühlschrank, sollte aber gut verschlossen<br />

werden, damit das Aroma nicht <strong>zu</strong> schnell verduftet.<br />

Diffiziler ist die Sache mit der Kaffeemaschine: Selbst teure<br />

Geräte liefern nicht immer die gewünschte Qualität. Unbedingt<br />

vor dem Kauf testen, raten die Experten.<br />

Kraft Foods beschäftigt in Deutschland an acht Standorten insgesamt<br />

3500 Mitarbeiter. In <strong>Bremen</strong> sitzen in der Verwaltungszentrale<br />

für den deutschsprachigen Raum in der Langemarckstraße<br />

850 Beschäftigte, in der Entkoffeinierungsanlage im<br />

Holzhafen sind 60 und im Werk für Röst- und Löskaffee in Hemelingen<br />

rund 400 Mitarbeiter beschäftigt.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:04 Uhr Seite 11<br />

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:07 Uhr Seite 12<br />

12<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Behutsame Renovierung<br />

Die Kaffeestube


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:07 Uhr Seite 13<br />

Melanie Köhler<br />

Nachweise für die Existenz einer Kaffeestube im Hause Schütting<br />

gehen auf das Jahr 1697 <strong>zu</strong>rück, besondere Erwähnung findet sie<br />

im Jahre 1727 in den Reiseberichten des durch seine Briefe als<br />

'The German Spy' bekannt gewordenen Engländers Thomas Lediard.<br />

Er berichtet in seinen Briefen vom Hause Schütting als<br />

einem gastfreundlichen Haus, von fröhlichen Trinkgelagen und<br />

ähnlich vergnüglichen Veranstaltungen.<br />

Den Berichten <strong>zu</strong>folge war die damalige Kaffeestube auch damals<br />

mit einem großen, ovalen Tisch ausgestattet, auf dem ein riesiger<br />

Kaffeetopf mit drei Zapfhähnen platziert war, um die sich<br />

Tassen, Zucker und Milch gruppierten. Vor und nach Besprechungen<br />

oder Konventen kamen die Kaufleute <strong>zu</strong>sammen und bedienten<br />

sich selbst einer Tasse des edlen Getränkes.<br />

Die heutige Kaffeestube wurde im Jahre 1988/89 aus Anlass des<br />

Baujubiläums des Hauses Schütting auf Initiative der Handelskammer<br />

in Kooperation mit den berühmten Unternehmen der<br />

Bremer Kaffeewirtschaft – Eduscho, Jacobs Suchard, Haag GF<br />

und Melitta – im damaligen Lesezimmer neu eingerichtet und<br />

schon kurz darauf, nämlich 1990, um das Podest und die historische<br />

Kaffeemühle ergänzt.<br />

Die Kaffeestube wird gerne als räumliche Herzkammer des <strong>Club</strong><br />

<strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> bezeichnet. Sie ist auch heute noch unterschiedlichen<br />

Geselligkeiten gewidmet und dient sowohl als Speise-, aber<br />

auch als Besprechungs- und Empfangsraum für Veranstaltungen.<br />

Bis <strong>zu</strong>m Jahre 1988 befand sich in den Räumen der Kaffeestube<br />

das Lesezimmer. <strong>Der</strong> direkte Eingang vom Markt durch dieses<br />

Zimmer wurde 1981 geschlossen, bis <strong>zu</strong>r Renovierung im Jahre<br />

2001 und der Öffnung <strong>zu</strong>r <strong>Club</strong>gastronomie gab es nur den Eingang<br />

in die <strong>Club</strong>räume über die Rückseite des Hauses Schütting.<br />

Viele prominente Gäste konnte der <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> hier schon<br />

begrüßen, von Peter Scholl-Latour, Constantin Freiherr Heereman-<br />

13<br />

von Zuydtwyck, Roland Berger, Bundesaußenminister Hans-Dietrich<br />

Genscher, Porsche-Chef Dr. Wendelin Wiedeking, Dr. Mathias<br />

Döpfner, Axel-Springer Verlag, Dr. Carl Hagenbeck, Christian<br />

Modersohn, A.W, Graf von Faber-Castell oder Prof. Bert Rürup<br />

u.v.m., oder sie haben sich den Tafelfreuden hingegeben, so manches<br />

Mal wäre darüber fast der folgende Vortrag vergessen worden.<br />

Nachdem im Jahre 2001 die Räume des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>, mit<br />

Ausnahme der Kaffeestube, basierend auf dem von rahe+rahe<br />

design erarbeiteten Konzept neu gestaltet worden sind, galt es<br />

im Jubiläumsjahr 2008 auch die historische Kaffeestube einer<br />

Auffrischung <strong>zu</strong> unterziehen.<br />

Die im Jahr des 225-jährigen <strong>Club</strong>jubiläums erfolgte behutsame<br />

Erneuerung erforderte <strong>zu</strong>nächst Abdichtungsarbeiten und einen<br />

frischen Anstrich. Es folgten die Renovierung der Treppe und<br />

ihres Läufers, das Verlegen eines neuen Teppichs im Bereich des<br />

Podestes und ein Austausch der Beleuchtung für besseres Licht.<br />

Die neuen Bilderleuchten bringen besonders das große Bild der<br />

Kaiserlichen Flotte seit langer Zeit wieder <strong>zu</strong>m Strahlen.Diese<br />

Reminiszenz an „gute alte Zeiten“ macht sich auch besonders<br />

gut am maritimen Standort <strong>Bremen</strong>.<br />

Die vorhandene, beleuchtete Vitrine wurde erweitert und präsentiert<br />

auf neu gefertigten, weißen Kuben allerlei antike Kaffee-Accessoires<br />

– historische Kaffeemühlen sowie Utensilien aus<br />

der Kaffeewirtschaft. Die über den Treppenlauf <strong>zu</strong> erreichende<br />

kleine Kammer, die lange Zeit lediglich als Abstellraum diente,<br />

ist nach Freilegung und durch die Installation neuer Leuchten<br />

<strong>zu</strong> einer kleinen gemütlichen Leseecke umgestaltet worden.<br />

Zu guter letzt wurden eine kleine und eine große Anrichte<br />

gemäß unseren Konzeptzeichnungen durch eine Tischlerei angefertigt,<br />

die sich hinsichtlich Material und Farbe an die vorhandenen<br />

Einbaumöbel anpassen. Das alles, damit auch in Zukunft<br />

die Kaffeestube ihrem Rang als repräsentatives Zentrum des<br />

<strong>Club</strong>-Lebens gerecht werden kann.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:08 Uhr Seite 14<br />

14<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Behutsame Renovierung


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:08 Uhr Seite 15<br />

<br />

<br />

Dr. Günter Gerhardt, Nicola Sautter, Hans Pleschinski, Gabriele Gabriel, Klaus-Peter Wolf, und Peter Lohmann gehören<br />

<strong>zu</strong> dem hochkarätigen Dozententeam unserer Reihe „Campus am Meer“ mit Vorlesungen und Seminaren aus den<br />

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15


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:19 Uhr Seite 16<br />

16<br />

<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Reisebericht<br />

Burgundreise<br />

Fotos: Karl-Heinz Steigmann


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:19 Uhr Seite 17<br />

Inkunabel moderner Kirchenarchitektur: Die Wallfahrtskirche<br />

Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp von Le Corbusier<br />

Die Charollais-Rinder geben das qualitätvollste Fleisch<br />

Weinprobe in der Schlossallee von Ancy-le-Franc<br />

Reiseleiter Uwe Bölts beim Picknickeinkauf<br />

Frankreichs Käsevielfalt <strong>zu</strong>m Picknick<br />

Unsere Burgund-Reise führte uns bis an die Loire


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 18<br />

Das bunte Dach des Hôtel Dieu ist das bekannteste Architekturwahrzeichen<br />

Burgunds<br />

In Frankreich nicht nur Gegenstand des täglichen Bedarfs, sondern<br />

Lebensmittel mit Kultcharakter: Knackig frisches Baguette<br />

<strong>Der</strong> Wallfahrtsort Paray-le-Monial. Die Pfarrkirche Sacre-Coeur wird<br />

als kleine „Taschenausgabe“ der gewaltigen, aber zerstörten<br />

Klosterkirche von Cluny bezeichnet<br />

Ragout von Schnecken und Waldpilzen im Poisson d’Or in Mâcon<br />

Wie vor 900 Jahren, immer noch eines der erhebendsten<br />

Architekturbilder der Romanik: Die Abteikirche von Vézélay<br />

Picknick vor Château Ancy-le-Franc


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 19<br />

Auch ein Picknick will mit Verstand genossen werden:<br />

Erwartungsvolle Stille bei den Erläuterungen <strong>zu</strong> den Spezialitäten<br />

Das Château von Pierreclos. Heute Weindomaine, diente die Burg<br />

einst <strong>zu</strong>m Schutz des Klosters Cluny<br />

Morgenstimmung an der Sâone, direkt vor unserem Hotel Eine der bei uns weitgehend unbekannten burgundischen<br />

Käsespezialitäten: der Soumaintrain<br />

Gebratene frische Feigen an Milchreiseis im ‚Le Jardin des Remparts’<br />

in Beaune<br />

Meister Gislebertus schuf um 1125 eine der bekanntesten, aber<br />

<strong>zu</strong>gleich rätselhaftesten Verkörperungen der Eva. Das Relief ermahnte<br />

einst die Pilger, die das Lazarus-Grab in der Kathedrale von Autun<br />

besuchten


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 20<br />

Eine der elegantesten Kathedralen Frankreichs: St. Etienne<br />

in Auxerre<br />

Weinverkostung beim altehrwürdigen Handelshaus für<br />

Burgunderweine Bouchard Père & Fils in Beaune<br />

Auf der Terrasse von Château Pierreclos<br />

Feriendorf im romantisch verschlafenen Dorf Brancion<br />

König der Burgundischen Käse: <strong>Der</strong> Epoisses<br />

Romanische Kirchen <strong>zu</strong>m Klingen brachte der Chor der <strong>Club</strong>mitglieder


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 21<br />

<strong>Der</strong> Vierungsturm der Kirche von Semur-en-Brionais<br />

Nur an wenigen Orten zeigt sich der Übergang von der Gotik <strong>zu</strong>r<br />

Renaissance so fließend wie in der Klosterkirche von Brou.<br />

Margarete von Österreich, Tochter Kaiser Maximilians I., errichtete<br />

hier einen kathedralen Schrein für Ihren Gatten und sich selbst.<br />

Portal <strong>zu</strong>r Wallfahrtskirche in Ronchamps. 1955 von Le Corbusier<br />

selbst emailiert.<br />

Ein Traum aus Schokolade vom Maitre Chocolatier im Chalet Bleu<br />

in Autun<br />

Tägliche Leerung?<br />

Gruppenbild mit dem Hôtel Dieu als Hintergrund. Vor uns noch<br />

der Besuch des berühmten Weltgerichtsaltares von Rogier van<br />

der Weyden


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:25 Uhr Seite 22<br />

22 <strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Newton-Ausstellung<br />

Helmut Newton und die Frauen<br />

Führung durch die Ausstellung<br />

Weserburg-Museum für Moderne Kunst<br />

23. Oktober 2008<br />

Einführung: Carsten Ahrens, Dr. Claudia Nottbusch


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:26 Uhr Seite 23<br />

23


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:28 Uhr Seite 24<br />

24 <strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />

Veranstaltungen<br />

Dr. Ulrich Freiesleben<br />

Diamantenhändler, Designer und Philosoph<br />

Neue Schliffe für alte Steine<br />

17. September 2008<br />

Einführung: Jan Freysoldt<br />

Prof. Dr. Gerlinde Gild<br />

Chinaexpertin, Universität Göttingen<br />

Politik und Gesellschaft in China<br />

nach den Olympischen Spielen<br />

29. Oktober 2008<br />

Einführung: Dr. Rüdiger Hoffmann<br />

Dr. Claas Dieter Knoop<br />

Deutscher Botschafter in Äthiopien<br />

Äthiopien und <strong>Bremen</strong> –<br />

eine Beziehung mit Geschichte<br />

3. September 2008<br />

Einführung: Dr. Matthias Fonger


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:28 Uhr Seite 25<br />

Dr. Marek Prawda<br />

Botschafter der Republik Polen<br />

in der Bundesrepublik Deutschland<br />

Noch ist Polen nicht verstanden,<br />

Eindrücke eines Botschafters<br />

15. Oktober 2008<br />

Einführung: Dr. Rüdiger Hoffmann<br />

Generalprobe „Die Zauberflöte“<br />

Theater <strong>Bremen</strong><br />

28. November 2008<br />

Einführung in das Werk: Claudia Leutemann<br />

25<br />

Heiteres und Besinnliches <strong>zu</strong>m Jahresende<br />

Prof. Dr. h.c. Alexander Baillie<br />

und sein Cello-Ensemble im Dialog<br />

mit dem Schauspieler Siegfried Maschek<br />

10. Dezember 2008<br />

Einführung: Dr. Rüdiger Hoffmann


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 26<br />

26<br />

Wirtschaft<br />

Dr. Werner Brinker<br />

Energie-Chef


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 27<br />

Claus Spitzer-Ewersmann<br />

So wie bislang, so wird es nicht weitergehen, da ist sich Dr. Werner<br />

Brinker sicher. Die Energieversorgung unserer Zukunft, sie<br />

wird anders aussehen. Aussehen müssen. Wie genau, darüber<br />

macht sich der Chef des norddeutschen Versorgers EWE seit langem<br />

Gedanken.<br />

Als Jason Gardner fünf Minuten vor Spielschluss einmal mehr<br />

einen Wurf aus großer Entfernung traumhaft sicher durch die<br />

Reuse flutschen lässt, hält es die Zuschauer nicht mehr auf den<br />

Sitzen. Es gibt Standing Ovations für den kleinen Amerikaner,<br />

der Oldenburgs Basketballteam mit seinem strategischen<br />

Geschick und seiner Treffsicherheit auf den zweiten Platz der<br />

Bundesliga geführt hat. Mitten unter den begeisterten Fans<br />

springt auch ein Mann auf und stimmt in den Klatschmarsch mit<br />

ein, von dem man solch öffentlich gezeigten Enthusiasmus sonst<br />

eher selten gewohnt ist: Werner Brinker, seit 1998 Vorsitzender<br />

des Vorstands des norddeutschen Energieversorgers EWE AG und<br />

einer der mächtigsten Wirtschaftsführer im Nordwesten.<br />

Chefsache und Herzensangelegenheit<br />

Wenn Gardner, Paulding, Perkovic und Co. in Oldenburg auf<br />

Punktejagd gehen, dann ist Brinker regelmäßig dabei. Als gesichert<br />

darf gelten, dass es diese Profitruppe ohne ihn und das<br />

Engagement seines Unternehmens gar nicht geben würde. 2001<br />

war es, als aus der Basketballmannschaft des Oldenburger<br />

Turnerbundes die „EWE Baskets Oldenburg“ wurden – und der<br />

Chef es sich nicht nehmen ließ, den Namenswechsel auf einer<br />

Pressekonferenz gleich selbst <strong>zu</strong> begründen. Für EWE, so erklärte<br />

er seinerzeit, bedeute die direkte Verknüpfung des Firmennamens<br />

mit einem professionellen Team aus dem Trendsport Basketball<br />

einen <strong>zu</strong>sätzlichen Imagegewinn in dem für Energiedienstleister<br />

stetig härter gewordenen Wettbewerbsumfeld.<br />

Alles Berechnung also? Marketing as usual? Dass die Förderung<br />

von Spitzensport einem Unternehmen gut <strong>zu</strong> Gesicht steht, ist<br />

schließlich eine Binsenweisheit. Wer den im Emsland geborenen<br />

27<br />

Brinker in der 2005 erbauten und den Namen „EWE-Arena“ tragenden<br />

Halle erlebt, mag indes nicht so recht an eiskaltes Kalkül<br />

glauben. Zudem ist EWE nicht nur bei den Baskets engagiert.<br />

Im Gegenteil. Auch die Handballspielerinnen des Bundesligisten<br />

VfL Oldenburg können darauf zählen. Vor drei Jahren hatte der<br />

zweifache Familienvater ihnen versprochen: „Werden Sie Spitze<br />

in Deutschland. Unsere Unterstüt<strong>zu</strong>ng ist Ihnen gewiss beim<br />

Durchschreiten des Weges nach oben.“<br />

Basketball und Handball am Stammsitz in Oldenburg, Fußball in<br />

<strong>Bremen</strong>. Seit 2003 ist Brinker Mitglied des Aufsichtsrats bei<br />

Werder. Den Grünweißen fühlt sich der promovierte Bauingenieur<br />

schon länger verbunden – und sieht durchaus Möglichkeiten,<br />

gemeinsam <strong>zu</strong>kunftsweisende Projekte um<strong>zu</strong>setzen. So soll<br />

nach den im vergangenen April vorgestellten Plänen für das<br />

neue Weserstadion auf dessen Dach eine aus rund 200.000<br />

Solarzellen bestehende Photovoltaikanlage installiert werden.<br />

Die Module sollen, so die Berechnungen, jährlich über 700.000<br />

Kilowattstunden Strom produzieren. Eine ähnliche, allerdings<br />

weit kleinere Anlage findet sich auch auf der Sportarena in<br />

Oldenburg. Sie wurde vom Deutschen Architekturzentrum sogar<br />

als Gewinner im bundesweiten Wettbewerb „PV im Bau – Photovoltaik<br />

im Gebäudeentwurf“ ausgezeichnet.<br />

Energiemanager des Jahres<br />

Regionale Verankerung einerseits, Innovation und Forschung<br />

andererseits – das ist das Spannungsfeld, aus dem EWE seit langem<br />

Kraft schöpft. Beispiel Windenergie. 1989 ließ das Unternehmen<br />

im ostfriesischen Pilsum Deutschlands damals größten<br />

Windpark errichten. So viel Weitblick macht sich bezahlt. Heute<br />

sind die Oldenburger maßgeblich an zwei der ambitioniertesten<br />

Offshore-Planungen in der Nordsee beteiligt, „Alpha Ventus“<br />

und „Riffgat“. Werner Brinker liegen die beiden Projekte persönlich<br />

am Herzen. Er habe sich nämlich, so unterstreicht er,<br />

bereits in den späten Siebziger Jahren mit Fragen des Klimaschutzes<br />

beschäftigt und begonnen, Konzepte für die Nut<strong>zu</strong>ng


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 28<br />

28<br />

Wirtschaft<br />

Dr. Werner Brinker<br />

regenerativer Energien <strong>zu</strong> entwickeln. Damals stand das Thema<br />

allerdings noch nicht auf der Agenda.<br />

Aber Vorsicht: Als verkannter Visionär will sich der 2006 <strong>zu</strong>m<br />

„Energiemanager des Jahres“ gewählte EWE-Chef nun aber keinesfalls<br />

verstanden wissen. Er weiß durchaus, wie man Ideen<br />

umsetzt. „Für den nachhaltigen Unternehmenserfolg brauchen<br />

Manager einen ausgewogenen Mix an operativen Führungsqualitäten<br />

und weitreichenden Visionen hinsichtlich der Entwicklung<br />

ihrer jeweiligen Industrie. Das hat der diesjährige Preisträger<br />

deutlich bewiesen“, lobte Dr. Matthias Cord, Vice President<br />

und Anteilseigner von A. T. Kearney, in seiner Laudatio. Und Helmut<br />

Sendner, Chefredakteur und Verleger der Zeitung „Energie &<br />

Management“, begründete die Entscheidung der Jury damit, dass<br />

Brinker „den Unternehmenswert der EWE AG durch strategische<br />

Partnerschaften wesentlich gesteigert und das Unternehmen <strong>zu</strong><br />

einem der Top-Arbeitgeber der Region aufgebaut“ habe. „Mit<br />

Innovationskraft treibt er den Ausbau der eigenen Energieerzeugung<br />

voran, setzt auf den Einsatz regenerativer Energieträger<br />

und trägt somit <strong>zu</strong> einer <strong>zu</strong>kunftsfähigen Energieversorgung von<br />

morgen bei.“<br />

Noch ein Beispiel für die Beharrlichkeit, mit der Brinker einmal<br />

definierte Ziele verfolgt: Um auf dem hart umkämpften Gasmarkt<br />

<strong>zu</strong> bestehen, setzt EWE ganz auf den Faktor Versorgungssicherheit.<br />

Zurzeit betreibt das Unternehmen drei Erdgasspeicher mit<br />

einem Arbeitsgasvolumen von 1,3 Milliarden Kubikmetern. Und<br />

damit nicht genug: Zwei dieser Speicher werden gerade vergrößert,<br />

der Bau weiterer Anlagen steht bevor. „Damit“, so Brinker,<br />

„helfen wir, dass in Deutschland Erdgasvorräte aufgebaut<br />

werden können, die schnell und unmittelbar verfügbar sind und<br />

langfristig <strong>zu</strong>r Versorgungssicherheit beitragen.“<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und Politik<br />

Die Zukunft der Energieversorgung hat auch auf Oldenburgs Themenplan<br />

als „Stadt der Wissenschaft 2009“ einen Platz weit<br />

oben inne. Kein Zufall, denn EWE und Brinker persönlich hatten<br />

sich sehr für den Titelgewinn der Huntestadt eingesetzt und<br />

eigene Ideen eingebracht. Gemeinsam mit Oberbürgermeister<br />

Gerd Schwandner und dem ehemaligen Universitätspräsidenten<br />

Uwe Schneidewind stellte er die Bewerbung dem Stifterverband<br />

für die Deutsche Wissenschaft vor und richtete den Fokus dabei<br />

in erster Linie auf die Möglichkeiten intelligenten Energiemanagements.<br />

<strong>Der</strong> Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft<br />

(VDEW) ist sich längst im Klaren darüber, dass der Branche Veränderungen<br />

bevorstehen und dass diese „den Schulterschluss<br />

von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik“ erfordern. Dabei seien<br />

insbesondere die Firmen in der Pflicht: „Ohne engagierte Wirt-


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 29<br />

schaftsunternehmen sind zentrale Problemstellungen in der Forschung<br />

und Entwicklung nicht <strong>zu</strong> bewältigen.“<br />

Das von EWE, dem Land Niedersachsen und der Universität<br />

Oldenburg initiierte EWE Forschungszentrum für Energietechnologie<br />

„Next Energy“ stellt für Brinker, der auch ehrenamtlicher<br />

Vorsitzender des Hochschulrates der Universität ist, das Paradebeispiel<br />

einer solchen Kooperation dar. Hier sollen ab August<br />

2009 bis <strong>zu</strong> 50 Wissenschaftler an neuen Wegen der effizienten<br />

Energienut<strong>zu</strong>ng arbeiten. „Wir suchen Lösungen, um eine klimafreundliche<br />

und <strong>zu</strong>kunftsweisende Energieversorgung <strong>zu</strong><br />

gewährleisten“, erklärte der 56-Jährige anlässlich des Richtfests<br />

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29<br />

im November und fuhr fort: „Energie ist ein knappes, kostbares<br />

Gut geworden. Vor dem Hintergrund des steigenden Energiehungers<br />

in der Welt und des drohenden Klimawandels ist rasches<br />

Handeln nötig. Nur mit umfangreicher Forschung kann eine<br />

umweltverträgliche Energieversorgung langfristig gemeistert<br />

werden.“<br />

Dass dafür Geduld erforderlich sein dürfte, weiß Brinker aus<br />

Erfahrung. „Schon 1980 hatte ich einen Plan ausgearbeitet, wo<br />

an der Küste in Zukunft Windmühlen aufgestellt werden sollten“,<br />

erinnert er sich schmunzelnd. Manchmal brauchen Visionen eben<br />

etwas länger, um Wirklichkeit <strong>zu</strong> werden.<br />

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 30<br />

30<br />

Wirtschaft<br />

Schifffahrt<br />

Bremer Rhederverein


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 31<br />

Robert Völkl<br />

<strong>Bremen</strong> lebt maßgeblich vom Handel – seit Jahrhunderten. Als<br />

Stadt am Wasser ist <strong>Bremen</strong> die geborene Handelsmetropole. Mit<br />

dem Handel und dem überregionalen Austausch von Gütern ist<br />

<strong>Bremen</strong> auch als Ort des Seegüterumschlags und des Seeverkehrs<br />

über Jahrhunderte gewachsen. Schifffahrt ist eine Keimzelle der<br />

bremischen Seehafenverkehrswirtschaft. <strong>Der</strong> Schifffahrtsstandort<br />

<strong>Bremen</strong> hat sich bis heute erhalten können - mehr noch: In<br />

den vergangenen 15 Jahren konnte er seine Bedeutung im internationalen<br />

Seeverkehr kräftig ausbauen.<br />

Schon im Jahr 1884 hatten sich die Reedereien aus der Region<br />

<strong>zu</strong> einem „Verein der Rheder des Unterwesergebiets“ <strong>zu</strong>sammengeschlossen.<br />

Auch heute vertritt der „Bremer Rhederverein“ die<br />

Interessen des Reedereistandortes. <strong>Der</strong> Bremer Rhederverein gilt<br />

als kompetenter Ansprechpartner für die Politik, die Verwaltung<br />

und die Wirtschaft in <strong>Bremen</strong>.<br />

Mit den Ereignissen des vorherigen Jahrhunderts haben die Reeder<br />

des Unterwesergebiets eine wechselhafte Geschichte durchleben<br />

müssen. Mit dem ersten und mit dem zweiten Weltkrieg<br />

haben sie jeweils fast ihre gesamte Flotte verloren. Mit ihren<br />

Fachkenntnissen, ihren vielfältigen Verbindungen <strong>zu</strong> Geschäftspartnern<br />

in aller Welt, ihrem Mut und Einsatz ist es den Reedern<br />

zweimal gelungen, die Flotten wieder auf<strong>zu</strong>bauen.<br />

Zum einhundertjährigen Jubiläum des Rhedervereins 1984 gab<br />

es ebenfalls eine schwierige Zeit <strong>zu</strong> überstehen. Nach der Fusion<br />

des Norddeutschen Lloyd aus <strong>Bremen</strong> mit der HAPAG aus<br />

Hamburg 1970 und der Aufgabe der großen Schwergutreederei<br />

DDG Hansa 1980 waren die Schifffahrtsmärkte Mitte der 1980er<br />

Jahre aus dem Gleichgewicht geraten. Seit den 90er Jahren<br />

jedoch nimmt der Schifffahrtsstandort <strong>Bremen</strong> eine äußerst<br />

positive Entwicklung.<br />

<strong>Der</strong> Bremer Rhederverein hat die Entwicklung der Reedereien und<br />

des Reedereistandortes über die Jahrzehnte stets begleitet. <strong>Der</strong><br />

31<br />

breiten Öffentlichkeit jedoch war seine Existenz weitgehend<br />

verborgen geblieben. Auch, dass <strong>Bremen</strong> nach wie vor zweitgrößter<br />

Schifffahrtsstandort Deutschlands ist, war bis vor kurzem<br />

nur Insidern bekannt.<br />

Seit knapp zwei Jahren hat der Bremer Rhederverein einen<br />

anderen Kurs eingeschlagen und ist deutlich präsenter geworden.<br />

Thorsten Mackenthun, seit Sommer 2007 Vorsitzer, erläutert:<br />

„Die Bremerinnen und Bremer sollen wissen, dass Schifffahrt<br />

und Reedereien in <strong>Bremen</strong> auch heute eine wichtige Rolle<br />

spielen. Da<strong>zu</strong> war es notwendig, offensiver den Dialog mit der<br />

Öffentlichkeit und der Politik <strong>zu</strong> suchen.“ Ziel sei es, kontinuierlich<br />

an der Verbesserung der Standortfaktoren <strong>zu</strong> arbeiten.<br />

So hat sich der Bremer Rhederverein ein neues Erscheinungsbild<br />

mit einem modernen Schriftbild und einer Bildmarke gegeben,<br />

die dem dreimastigen Rahsegler am Giebel des Hauses Schütting<br />

entliehen wurde. Im Haus Schütting wurde der Bremer Rhederverein<br />

vor fast 125 Jahren gegründet; dort war auch viele Jahre<br />

die Geschäftsstelle des Verbandes angesiedelt.<br />

Zu einem modernen Erscheinungsbild gehört auch ein Internetauftritt.<br />

Auf der Website www.rhederverein.de findet der<br />

Leser viel Wissenswertes über den Rhederverein selbst, dessen<br />

Mitgliedsreedereien und die verschiedenen Ausbildungsberufe,<br />

die die Schifffahrt jungen Leuten bietet.<br />

Gerade die Nachwuchsgewinnung und die Ausbildung in der<br />

Schifffahrt haben für den Rhederverein einen besonders hohen<br />

Stellenwert. Über Jahrzehnte gab es aus unterschiedlichsten<br />

Gründen <strong>zu</strong> wenig Nachwuchsförderung. Sie wurde in der<br />

gesamten deutschen Schifffahrt vernachlässigt. Jetzt, nach<br />

einem beispiellosen Wachstum der deutschen Flotten in den<br />

vergangenen sechs Jahren, gibt es <strong>zu</strong> wenig qualifiziertes Bordpersonal.<br />

Zudem scheiden viele ältere Seeleute in den nächsten<br />

Jahren aus.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 32<br />

32<br />

Wirtschaft<br />

Schifffahrt<br />

In einer gemeinsamen Anstrengung von Bremer Reedern, dem<br />

Verband Deutscher Reeder, dem Land <strong>Bremen</strong> und der Hochschule<br />

<strong>Bremen</strong> ist es gelungen, die Zahl der Erstsemesterplätze für<br />

den Studiengang Nautik von 67 auf 107 <strong>zu</strong> erhöhen. Die Reeder<br />

im Bremer Rhederverein tragen <strong>zu</strong> diesem Erfolg mit einer Stiftungsprofessur<br />

über fünf Jahre bei. Erst jüngst wurde eine zweite<br />

Schiffssimulationsanlage an der Hochschule eingeweiht, mit<br />

der die qualitativ hochwertige Ausbildung auch für die höhere<br />

Zahl der Studenten gewährleistet wird.<br />

Um junge Leute für die Berufe in der Schifffahrt <strong>zu</strong> interessieren,<br />

engagiert sich der Bremer Rhederverein <strong>zu</strong>sammen mit dem Verband<br />

Deutscher Reeder auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag,<br />

der vom 20. bis 24. Mai 2009 in <strong>Bremen</strong> abgehalten<br />

wird. Gemeinsam werden sie als „Exklusiver Partner für die Cap<br />

San Diego des 32. Deutschen Evangelischen Kirchentages“ die<br />

Verholung des Museumsschiffes in den Europahafen ermöglichen.<br />

Dass die Bedeutung des Schifffahrtsstandortes <strong>Bremen</strong> mittlerweile<br />

auch von der Politik anerkannt wird, zeigt ein jüngst vorgelegtes<br />

Konzept des Senators für Wirtschaft und Häfen <strong>zu</strong>r Förderung<br />

der Seeschifffahrt und des Reedereistandortes <strong>Bremen</strong>,<br />

das von der Bremischen Bürgerschaft in seiner Novembersit<strong>zu</strong>ng<br />

angenommen wurde. Schon in der Koalitionsvereinbarung aus<br />

dem Jahre 2007 wird gefordert, dass <strong>Bremen</strong> sein Profil als<br />

bedeutender Schifffahrts- und Reedereistandort weiter schärfen<br />

müsse.<br />

Genau darin sieht der Bremer Rhederverein seine Hauptaufgabe.<br />

Regelmäßige Gespräche mit dem Senator für Wirtschaft und<br />

Häfen, auch mit der Senatorin für Finanzen und der Senatorin<br />

für Bildung und Wissenschaft sowie mit den Partnern in der bremischen<br />

Seehafenverkehrswirtschaft zeigen Erfolge. So hat das<br />

Amtsgericht die Zuständigkeiten und Abläufe beim Bremer<br />

Schiffsregister im engen Dialog mit dem Rhederverein neu<br />

geordnet. Mit flexiblen Bürozeiten und engagierten Mitarbeitern<br />

gelingt es dem Schiffsregister heute, trotz der administrativ aufwändigen<br />

Vorbereitungen Registrierungen punktgenau für die<br />

örtlichen Reedereien <strong>zu</strong> gewährleisten.<br />

<strong>Der</strong> Kontakt- und Imagepflege dient auch der „Bremer Rhederabend“,<br />

<strong>zu</strong> dem der Rhederverein seit wenigen Jahren alljährlich<br />

Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft<br />

einlädt. Thorsten Mackenthun möchte mit diesen Abenden<br />

den Blick noch stärker auf die Schifffahrt lenken. „Wir<br />

möchten das Fenster <strong>zu</strong>r Schifffahrt noch weiter öffnen und das<br />

Know-how unserer Industrie für den maritimen Standort <strong>Bremen</strong><br />

sinnvoll einsetzen.“


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 33<br />

Die deutsche Schifffahrt und damit auch die Reedereien in <strong>Bremen</strong><br />

profitieren von der erfolgreichen deutschen Schifffahrtspolitik<br />

der vergangenen zehn Jahre. Im Rahmen des sogenannten<br />

Maritimen Bündnisses zwischen der Bundesregierung, den Reedereien,<br />

den Gewerkschaften und den Bundesländern haben die<br />

Reeder <strong>zu</strong>gesagt, bis Ende dieses Jahres 500 Schiffe in der internationalen<br />

Fahrt unter deutscher Flagge <strong>zu</strong> betreiben. Damit<br />

müsste etwa jedes sechste Schiff der von den deutschen Reedern<br />

kontrollierten Schiffe unter deutscher Flagge fahren. Aufgrund<br />

der Beset<strong>zu</strong>ng mit deutschen und europäischen Seeleuten ist die<br />

deutsche Flagge in der Regel 200.000 bis 450.000 Euro per anno<br />

teurer als das Führen eines Schiffes unter ausländischer Flagge.<br />

Für kleine Reedereien mit weniger als sechs Schiffen sind diese<br />

Mehrkosten in einem internationalen Wettbewerbsumfeld allerdings<br />

häufig nicht tragbar. Daher haben sich acht Bremer Reedereien<br />

mit 19 Schiffen in einem Pool <strong>zu</strong>sammengeschlossen.<br />

Drei dieser Schiffe konnten <strong>zu</strong>rückgeflaggt werden. Die Mehrkosten,<br />

die für diese drei Schiffe entstehen, werden gleichmäßig<br />

unter allen 19 Schiffen aufgeteilt. Initiiert wurde der Pool vom<br />

Bremer Rhederverein und ist einmalig in Deutschland. Vorsitzer<br />

Thorsten Mackenthun weist auf das solidarische Prinzip hin, das<br />

diesem Pool <strong>zu</strong>grunde liegt und erklärt: „Damit kann die deutsche<br />

Flagge weiter gestärkt werden, ohne dass die einzelnen Reedereien<br />

und deren Schiffe ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“<br />

33<br />

Neben diesen drei Schiffen aus dem Pool haben einzelne Bremer<br />

Reedereien in diesem Jahr 25 weitere Schiffe unter deutsche<br />

Flagge gebracht. Damit unterstützen die Bremer Reedereien die<br />

Zusage der deutschen Reederschaft überproportional.<br />

Die Aufgaben, die sich der Bremer Rhederverein stellt, sind vielfältig<br />

und ehrgeizig. Mackenthun betont: „Die fünf Vorstandsmitglieder<br />

beraten, treffen und tragen ihre Entscheidungen<br />

gemeinsam. Sie verstehen sich als Team, das im Sinne der Bremer<br />

Reeder und des Reedereistandortes handelt.“ Die Umset<strong>zu</strong>ng<br />

der beschlossenen Maßnahmen erfolgt weitgehend durch eine<br />

eigene Geschäftsstelle, die der Bremer Rhederverein im World<br />

Trade Center unterhält.<br />

Im nächsten Jahr wird der Bremer Rhederverein 125 Jahre alt.<br />

Dieses Ereignis begeht der Rhederverein mit einem festlichen<br />

Empfang am 2. März im Haus Schütting, seinem Gründungsort.<br />

Neben Bürgermeister Böhrnsen haben Bundesverkehrsminister<br />

Wolfgang Tiefensee sowie der Vorsitzende des Verbands Deutscher<br />

Reeder, Herr Michael Behrendt, ihren Besuch angekündigt<br />

und unterstreichen damit die Bedeutung, die <strong>Bremen</strong> als Reedereistandort<br />

über seine Grenzen hinaus hat.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 34<br />

34<br />

Wissenschaft<br />

Oldenburg<br />

Stadt der Wissenschaften


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 35<br />

Claus Spitzer-Ewersmann<br />

Nachhaltige Schubkraft für die Entwicklung der Stadt erhofft sich<br />

Oldenburg, das 2009 offiziell den Titel „Stadt der Wissenschaft“<br />

führen darf. <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven haben 2005 bereits vorgemacht,<br />

was sich mit der Auszeichnung bewerkstelligen lässt.<br />

„Da haben Sie ein echtes Geschenk in der Hand, machen Sie<br />

etwas daraus“ – mit diesen Worten beendete Dr. Klaus Sondergeld<br />

im Sommer in Oldenburg einen Vortrag vor örtlichen Unternehmern<br />

und Politikern. <strong>Bremen</strong>s Marketingchef war vom Oberbürgermeister<br />

der Nachbarstadt, dem auch an der Weser nicht<br />

ganz unbekannten Prof. Dr. Gerd Schwandner, eingeladen worden,<br />

um von dessen Erinnerungen an das Jahr 2005 <strong>zu</strong> hören.<br />

<strong>Bremen</strong> war damals gemeinsam mit Bremerhaven <strong>zu</strong> Deutschlands<br />

„Stadt der Wissenschaft“ gekürt worden. 2009 trägt Oldenburg<br />

den prestigeträchtigen Titel.<br />

Und die Huntestädter wollen einen guten Job machen. Als<br />

Underdog waren sie ins Rennen gegangen, als strahlende Sieger<br />

verließen sie Ende Februar die finale Präsentation im thüringischen<br />

Jena. Die Entscheidung des Stifterverbands für die Deutsche<br />

Wissenschaft, Oldenburg aus<strong>zu</strong>wählen, überraschte vielfach.<br />

Immerhin hatte sich die niedersächsische Universitätsstadt<br />

gegen so hochkarätige Konkurrenz wie Konstanz und Lübeck<br />

durchgesetzt. Rostock, Kaiserslautern und Heidelberg waren mit<br />

ihren Bewerbungen bereits im Vorfeld gescheitert – was besonders<br />

in Heidelberg <strong>zu</strong> Verwunderung geführt hatte.<br />

Oldenburgs Bewerbung kam unkonventioneller, vielleicht auch<br />

frecher und mutiger daher als die der Konkurrenten. Und sie war<br />

vom ersten Wort an geprägt vom Willen, ernsthaft um den Sieg<br />

<strong>zu</strong> streiten, die Sache aber insgesamt auch nicht <strong>zu</strong> verbissen<br />

<strong>zu</strong> sehen. Statt einen renommierten Wissenschaftler zitierte<br />

Schwandner in seiner Einführung den amerikanischen Regisseur<br />

und Schauspieler Woody Allen: „Ich denke viel an die Zukunft,<br />

35<br />

weil das der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens <strong>zu</strong>bringen<br />

werde.“ Damit war die Richtung vorgegeben. Oldenburg präsentierte<br />

sich den Juroren mit der Idee der „Übermorgenstadt“,<br />

also einem kommunalen Gebilde, das imstande ist, die Herausforderungen<br />

der Zukunft <strong>zu</strong> meistern. Dieser Gedanke dient als<br />

Triebfeder, um Utopien <strong>zu</strong> denken, Visionen weiter<strong>zu</strong>entwickeln<br />

und den Dialog zwischen Bürgern und Wissenschaftlern über die<br />

Frage an<strong>zu</strong>stoßen, wie man einmal leben möchte – und unterstreicht<br />

Schwandners Ambitionen, seiner Stadt neue Impulse <strong>zu</strong><br />

verleihen:<br />

„Charme und Tradition sind hohe Werte, aber wir wollen, dass<br />

unsere gemütliche Großstadt künftig noch mehr Urbanität ausstrahlt.“<br />

<strong>Der</strong> Status als „Stadt der Wissenschaft 2009“ soll dabei<br />

einen ersten Meilenstein darstellen. Stifterverbandspräsident<br />

Arend Oetker lobte das Vorhaben und den Einsatz der Oldenburger<br />

Vertreter am Ende überschwänglich: „Wie ein Löwe hat diese<br />

Stadt gekämpft!“<br />

Fragt man die Verantwortlichen in <strong>Bremen</strong>, was 2005 der Stadt<br />

gebracht hat, fallen die Antworten weitgehend positiv aus. „Wir<br />

haben das Jahr in besonderer Weise genutzt, die Highlights der<br />

bremischen Wissenschaftsszene in Ausstellungen, in Zeitungsbeilagen<br />

und vielen weiteren Veranstaltungen einem breiten<br />

Publikum bekannt <strong>zu</strong> machen“, erinnert sich Bürgermeister Jens<br />

Böhrnsen.<br />

Vor allem die Bremer selbst konnten ihre Stadt von einer häufig<br />

noch unbekannten Seite kennen lernen. Die Universität öffnete<br />

ihre Tore weit für den ganz jungen, den jugendlichen und den<br />

jung gebliebenen wissenschaftlichen Nachwuchs. Statt sturem<br />

Büffeln stand erlebnisorientiertes Forschen auf dem Lehrplan.<br />

Zudem erwies es sich als cleverer Schach<strong>zu</strong>g, 16 randvoll mit<br />

Wissenschaft gefüllte Container in den Stadtteilen auf<strong>zu</strong>stellen<br />

und die Bewohner so mit Themen <strong>zu</strong> konfrontieren, mit denen<br />

sie sich sonst nicht beschäftigen.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:41 Uhr Seite 36<br />

36<br />

Wissenschaft<br />

Oldenburg<br />

Auch die vom Stifterverband mit der Titelvergabe verbundene<br />

Hoffnung, aktiv die Schaffung von Netzwerken voran<strong>zu</strong>treiben –<br />

insbesondere zwischen Wissenschaft und Wirtschaft –, erfüllte<br />

sich in <strong>Bremen</strong>. Wohlweislich war bereits in der Bewerbungsschrift<br />

darauf verwiesen worden, dass beide Bereiche an der<br />

Weser bereits lange Zeit voneinander profitierten – eine florierende<br />

Wissenschaftsszene zählt im 21. Jahrhundert <strong>zu</strong> den wichtigsten<br />

Wirtschaftsfaktoren. Alles in allem, so Böhrnsen, habe<br />

die Auszeichnung „einen gehörigen Schwung gegeben und uns<br />

in unserem Ziel bestärkt, bis 2010 in die Spitzengruppe der<br />

deutschen Technologieregionen auf<strong>zu</strong>steigen“.<br />

Die Bilanz von Prof. Dr. Gerold Wefer, treibende Kraft hinter <strong>Bremen</strong>s<br />

Bewerbung und später Koordinator des Wissenschaftsjahres,<br />

fällt gleichfalls positiv aus. „Alle wollten dabei sein, über<br />

100 Einrichtungen aus <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven haben sich<br />

beteiligt“, erinnert er sich. Und die insgesamt 700 Veranstaltungen<br />

zeigten Wirkung: <strong>Bremen</strong> war als „Stadt der Wissenschaft“<br />

fest in seiner Bevölkerung verankert – was die Chancen deutlich<br />

erhöhte, 2005 durch den Titel, später aber auch durch eigene<br />

Kraft eine „Stadt der Wissenschaft“ <strong>zu</strong> sein.<br />

Sichtbarer Ausdruck dieses Bestrebens ist das zentral in der Bremer<br />

Innenstadt gelegene „Haus der Wissenschaft“. Es ist Schaltstelle<br />

und Schaufenster der Wissenschaft <strong>zu</strong>gleich. Wefer: „Wenn<br />

man irgend etwas über die Wissenschaft in <strong>Bremen</strong> wissen will,<br />

dann kann man es hier erfahren.“<br />

Nachhaltigkeit ist für Oldenburgs Organisatoren um Dr. Rainer<br />

Lisowski ein entscheidendes Stichwort. „Unser Konzept ist sehr<br />

bewusst langfristig angelegt“, sagt der Projektleiter, „und will<br />

den Elan von 2009 auch in der Folgezeit fortleben lassen.“ Ziel<br />

ist es, das Profil der Stadt <strong>zu</strong> schärfen, ihr im Standortwettbewerb<br />

neue Perspektiven <strong>zu</strong> eröffnen, ohne die alten Werte <strong>zu</strong><br />

verleugnen.<br />

Wie schnell das gehen kann, zeigt das Beispiel der 1973 gegründeten<br />

Carl von Ossietzky Universität. Schmunzelnd erinnert<br />

deren kürzlich aus dem Amt geschiedener Präsident Prof. Dr. Uwe<br />

Schneidewind an die Zeit vor 40 Jahren: „Damals war hier überall<br />

noch eine wilde Moorlandschaft.“ Und auch heute noch zeigt<br />

sich Oldenburg am uni-nahen Drögen-Hasen-Weg von seiner<br />

grünsten Seite – und setzt nur wenige Fußminuten entfernt doch<br />

ganz auf das Prinzip Zukunft. Links und rechts der idyllischen<br />

Alle studieren inzwischen mehr als zehntausend Studentinnen<br />

und Studenten.<br />

Dass da oben im Norden etwas passiert, wird immer stärker auch<br />

überregional wahrgenommen. In den Wochen vor der Entscheidung<br />

von Jena hatte es kräftigen Rückenwind für Oldenburg


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:41 Uhr Seite 37<br />

gegeben. Die Max-Planck-Gesellschaft teilte mit, zwei Forschernachwuchsgruppen<br />

für die Meeresforschung an der Universität<br />

<strong>zu</strong> etablieren. Die Fraunhofer-Gesellschaft kündigte die Einrichtung<br />

einer Projektgruppe <strong>zu</strong>r Verstärkung der Hörforschung an.<br />

Ferner begann im Januar der Bau eines EWE-An-Instituts, in dem<br />

interdisziplinär neue umweltverträgliche Technologien für die<br />

Energiegewinnung entwickelt werden sollen. „Wir haben eine<br />

junge Uni, eine lebendige Wissenschaftsszene. Wir sind eine<br />

Stadt voll kreativer und kluger Köpfe – und wollen es auch bleiben“,<br />

betonte Oberbürgermeister Schwandner. Orientierung<br />

erhoffen er, Lisowski und das ganze Team sich vom amerikanischen<br />

Ökonomen Richard Florida, der jenen Gesellschaften die<br />

Zukunftsfähigkeit attestiert, in denen sich Talente, Toleranz und<br />

Technologie gleichermaßen entfalten können.<br />

Selbstbewusst sprechen die Oldenburger von „einem der aufregendsten<br />

und spannendsten Jahre unserer jüngeren Geschichte“.<br />

Thematisch bieten sie schon in den ersten Monaten einen Parforceritt<br />

durch die Disziplinen. Da geht es um nachhaltige Ökonomie<br />

ebenso wie um den demografischen Wandel, um Klimaschutz,<br />

Bildung und soziale Balance. „Es wird eine Infobox <strong>zu</strong>m<br />

<strong>zu</strong>künftigen Wohnen geben, es wird um das Zusammenleben der<br />

Kulturen ebenso gehen wie um die Grenzen unseres heutigen<br />

Wissens und die Perspektiven, sie <strong>zu</strong> überwinden“, unterstreicht<br />

Projektleiter Lisowski. Veranstaltungen für Kinder spielen eine<br />

37<br />

zentrale Rolle. Die Generation von übermorgen kann in Laboren<br />

und auf der längsten Experimentiermeile der Republik den<br />

Geheimnissen aus Physik und Chemie auf die Spur kommen und<br />

ihre Ergebnisse öffentlich vorstellen.<br />

Auch die Suche nach den Wurzeln von Wissenschaft steht auf der<br />

Agenda. Und Oberbürgermeister Schwandner selbst verspricht<br />

bei aller Ernsthaftigkeit darauf <strong>zu</strong> achten, dass auch der ironische<br />

Seitenblick nicht <strong>zu</strong> kurz kommt: Sein Lieblingsprojekt ist<br />

die „Wissenschaftsgeisterbahn“, eine – Stichwort Toleranz –<br />

humorvolle Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit Irrtümern und Irrwegen der<br />

Forschung. Vielleicht gelingt es den Oldenburgern gerade mit<br />

diesem ehrgeizigen Projekt sogar, <strong>Bremen</strong>s Chefvermarkter Klaus<br />

Sondergeld <strong>zu</strong> widerlegen. <strong>Der</strong> hatte sich in seinem Fazit zwar<br />

begeistert über all die positiven Impulse gezeigt, die <strong>Bremen</strong> als<br />

Stadt der Wissenschaft 2005 erhalten habe, <strong>zu</strong>gleich aber darauf<br />

verwiesen, dass das überregionale Interesse sich in Grenzen<br />

halte: „Ein Touristen-Magnet ist das Etikett Stadt der Wissenschaft<br />

leider nicht.“<br />

Das erste von drei Programmheften <strong>zu</strong>r „Stadt der Wissenschaft<br />

2009“ erscheint am 7. Januar. Informationen über die Veranstaltungen<br />

und über das Konzept der Übermorgenstadt erhalten Sie<br />

auch im Internet unter der Adresse www.uebermorgenstadt.de.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 38<br />

38<br />

Geschichte<br />

Segeln im Eismeer<br />

81° 4,5’ Nord


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 39<br />

Friedrich Wilhelm Bracht<br />

Er war <strong>zu</strong> allererst Kartograph, ihn reizte es, neue Küsten <strong>zu</strong> entdecken,<br />

diese auf Karten <strong>zu</strong> übertragen und ihnen möglichst<br />

noch deutsche Namen <strong>zu</strong> geben: <strong>Der</strong> Geograph und Publizist<br />

August Petermann, der von 1822 bis 1878 lebte. Zunächst hatte<br />

er sich mit Afrikaforschung befasst, um sich danach den Polargebieten<br />

<strong>zu</strong><strong>zu</strong>wenden. Dabei hatte er weder Expeditionserfahrung<br />

noch Kenntnisse in der Seefahrt und da<strong>zu</strong> auch wenig<br />

Neigung. Am liebsten hätte er den Nordpol an seinem Schreibtisch<br />

in Gotha erobert.<br />

Aber er gewann Fachleute als Berater. So Arthur Breusing, den<br />

Direktor der Seefahrtsschule in <strong>Bremen</strong>, der ihm geeignete<br />

Seeleute benennen und ihn organisatorisch beraten konnte.<br />

Unterstüt<strong>zu</strong>ng erfuhr er ferner von Wilhelm von Freeden (1822 –<br />

1894), dem Gründer der Norddeutschen Seewarte.<br />

Petermann vermutete, ja, war überzeugt, dass jenseits des Treibund<br />

Packeisgürtels offenes Meer sei. Man brauche nur dicht entlang<br />

der Ostküste von Grönland nach Norden <strong>zu</strong> segeln. Dort sei,<br />

so behauptete er, offenes Wasser (was teilweise gelegentlich<br />

auch stimmt), und man könne somit – da er davon ausging,<br />

Grönland reiche am Pol entlang bis in die Nähe der Bering-<br />

Straße – diesen unschwer erreichen. Östlich von Spitzbergen<br />

gelange man dann durch eine von ihm vermutete weitere Lücke<br />

oder einen verdünnten Packeisgürtel wieder auf den offenen<br />

Atlantik <strong>zu</strong>rück.<br />

Auf einer „Geographischen Versammlung“ im Juni 1865 warb<br />

Petermann erstmals für seine Polarpläne. Mehrere Anläufe scheiterten<br />

in der Folgezeit vor allem wegen der offenen Finanzierungsfrage,<br />

obwohl der preußische König und spätere deutsche<br />

Kaiser Wilhelm I. sich selbst für eine solche Expedition einsetzte.<br />

Da erhielt Petermann Ende 1867 gewissermaßen „aus heiterem<br />

Himmel“ eine Spende von 500 Talern, die ihn, wie sich<br />

zeigen sollte, <strong>zu</strong>recht da<strong>zu</strong> bewog, nun werbend an die Öffentlichkeit<br />

<strong>zu</strong> treten, begann sich diese doch nicht <strong>zu</strong>letzt aus den<br />

damals erwachenden nationalen Gefühlen für das Projekt <strong>zu</strong><br />

interessieren.<br />

39<br />

Als Kapitän und Leiter der Expedition gewann er Carl Koldewey,<br />

und als dessen Stellvertreter Richard Hildebrandt. Noch bevor<br />

das nötige Geld vorhanden war, erwarb man in Bergen eine fast<br />

neue „Nordische Jagt“, die nach Eisverstärkung und notwendiger<br />

Ausrüstung am 24. Mai 1868 unter dem Kommando von Koldewey<br />

mit 11 Mann von Bergen aus Kurs Nord nahm. In einem<br />

Brief hatte Petermann an Koldewey geschrieben: (Zitat)<br />

„Erstreckt sich Grönland nördlicher als 81° N. Br., dann mögen<br />

Sie auch das Land von diesem Breitengrad an nach mir taufen,<br />

aus deutsch-nationalen Gründen, weil man mich im Auslande<br />

wegen dieser Annahme öffentlich lächerlich <strong>zu</strong> machen gesucht<br />

hat.“<br />

In seinen Instruktionen an den Kapitän ging die Phantasie noch<br />

weiter mit ihm durch: (Zitat) „Erstreckt sich die Ostküste so<br />

weit nach Norden . . . so wird auch hier mit verhältnismäßiger<br />

Leichtigkeit 10 bis 20 Breitengrade vorgedrungen werden können,<br />

und das bringt uns in die Nähe des Poles oder darüber hinaus.<br />

Findet ein solcher Fall statt, so wäre es dem Befehlshaber<br />

anheim gestellt, . . . ob die Fahrt noch weiter der Bering-Straße<br />

fort<strong>zu</strong>setzen und vielleicht das von den Amerikanern im vorigen<br />

Jahr entdeckte Land nördlich der Bering-Straße <strong>zu</strong> erreichen<br />

wäre.“<br />

Koldewey war da sehr viel vorsichtiger. Sein Ziel war <strong>zu</strong>nächst<br />

die „Sabine Insel“ in einer Höhe von 75° N. vor der grönländischen<br />

Ostküste. Nach flotter Reise – der Segler machte zeitweise<br />

mehr als 10 Knoten Fahrt – stieß man bei 74° 45’ N, 7° W<br />

auf die Eisgrenze. Eine Querung des vereisten Ostgrönlandstroms<br />

scheiterte, und ehe man sich versah, war das Schiff vom<br />

Eis bald ganz eingeschlossen, was zwar Gelegenheit bot,<br />

Beschädigungen an seinem Rumpf <strong>zu</strong> reparieren, aber auch <strong>zu</strong>r<br />

Folge hatte, dass es, vom Strom nach Süden versetzt, erst bei<br />

73° N wieder frei kam. Koldewey entschloss sich daraufhin, Kurs<br />

Nordost <strong>zu</strong> segeln und erreichte nach knapp acht Tagen Spitzbergen.<br />

Aber auch dort machte das Eis einen Strich durch die<br />

Rechnung. So misslang der Versuch, südlich der Inseln <strong>zu</strong>nächst


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 40<br />

40<br />

Geschichte<br />

Segeln im Eismeer<br />

Ostrichtung ein<strong>zu</strong>schlagen und anschließend nach Norden <strong>zu</strong><br />

steuern. Man drehte bei und gelangte endlich in den Belsund im<br />

Südwesten von Spitzbergen, wo man Frischwasser und Ballast<br />

laden sowie einen Jagdausflug unternehmen konnte.<br />

Danach nahm der Segler wieder Kurs nach Norden auf, erreichte<br />

80°30’ N, 6° 35’ E, wo man dem Walfänger „Jan Meyen“ begegnete.<br />

<strong>Der</strong>en Kapitän beurteilte die Nordroute östlich von Grönland<br />

günstig, so dass Koldewey <strong>zu</strong>nächst nach Süden <strong>zu</strong>rücksegelte,<br />

um dann in Sichtweite der Grönländischen Küste wieder<br />

auf Nordkurs <strong>zu</strong> gehen. Aber dann kam – inzwischen hatte der<br />

August begonnen – die große Enttäuschung: Das vermeintlich<br />

offene Wasser entpuppte sich als <strong>zu</strong>sammenhängende Eisdecke.<br />

(Zitat aus Koldeweys Tagebuch) „Unsere Hoffnung, die Küste <strong>zu</strong><br />

erreichen, war jetzt vollständig zerstört. In den letzten Tagen<br />

war es uns klar geworden, dass eine Möglichkeit da<strong>zu</strong> in diesem<br />

Jahr mit den Mitteln, die uns <strong>zu</strong>r Verfügung standen, nicht mehr<br />

vorhanden war . . . Ich musste mich daher, wenngleich mit dem<br />

größten Widerstreben, entschließen, der Küste den Rücken <strong>zu</strong><br />

kehren.“<br />

Trotz beschädigten Stevens, der die Fahrt bremste, nahm Koldewey<br />

Kurs auf den Norden Spitzbergens, umrundete am 18.<br />

August das Nordkap der Insel und sah weit und breit kein Eis<br />

mehr. In der Hoffnung, die Nordostinsel von Süden her östlich<br />

umfahren <strong>zu</strong> können, durchsegelte Koldewey die „Hinlopenstraße“<br />

in südlicher Richtung. Er konnte sie jedoch nicht verlassen,<br />

so dass er kehrt machte, den 80. Breitengrad überquerte<br />

und weiter nach Norden aufkreuzte, bis das Schiff am 15. September<br />

die nördlichste Position seiner Reise auf der Breite von<br />

81° 4,5’ N erreichte.<br />

Das Ziel, das sich der umsichtige Koldewey gesetzt hatte, war<br />

damit mehr als erreicht.<br />

Nach kurzem Aufenthalt in Bergen ging es in rascher Reise<br />

<strong>zu</strong>rück Richtung Weser, in deren Mündung das Schiff am 9. Oktober<br />

hineinsegelte.<br />

(Zitat) „<strong>zu</strong> unserer großen Freude kam uns . . . Herrn Rosenthals<br />

Schleppdampfer „DIANA“ entgegen, der uns ohne weiteres ins<br />

Schlepptau nahm und in wenigen Stunden nach Bremerhaven<br />

brachte, wo wir auf eine so großartige Weise empfangen wurden,<br />

wie wir es uns wahrlich niemals hätten träumen lassen.“<br />

Befasst man sich mit den Ergebnissen dieser – man kann sie<br />

durchaus so nennen – Forschungsreise, so ist <strong>zu</strong>nächst die navigatorische<br />

Leistung von Kapitän und Mannschaft heraus<strong>zu</strong>stellen.<br />

3.500 sm unter nicht selten schwierigen Witterungs- und<br />

Eisbedingungen und in z. T. unbekannten Seegebieten ohne<br />

ernsthafte Probleme <strong>zu</strong> segeln, zeugte von höchst umsichtiger<br />

Schiffsführung.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 41<br />

Da kein studierter Wissenschaftler an der Reise teilnahm, waren<br />

überdies die meteorologischen, hydrographischen, nautischen<br />

und „magnetischen“ Daten von Koldewey <strong>zu</strong> dokumentieren, was<br />

er so sorgfältig und umfassend tat, dass dem schon erwähnten<br />

Wilhelm von Freeden dieses Material ausreichte, um daraus wissenschaftlich<br />

wichtige Schlüsse <strong>zu</strong> ziehen, die er in einer 1869<br />

in Hamburg erschienenen Schrift über „Die wissenschaftlichen<br />

Ergebnisse der ersten deutschen Nordfahrt von 1868“ veröffentlichte.<br />

Darin befasste er sich u. a. mit den Strömungsverhältnissen<br />

besonders vor der grönländischen Küste, mit den Ergebnissen<br />

der regelmäßigen Lotungen und Tiefseetemperaturmessungen,<br />

mit sogenannten magnetischen Messungen <strong>zu</strong>r Bestimmung<br />

der Deklination, sowie mit der Oberflächentemperatur des Nordmeeres,<br />

die er für den Zeitraum Juli bis September in einer Isothermenkarte<br />

darstellte.<br />

Ferner kam er <strong>zu</strong> dem Schluss, es sei kein Beweis dafür gefunden<br />

worden, dass die See längs der grönländischen Küste für<br />

Fahrten nach Norden ein geeigneter Weg sei. Damit waren die<br />

Vorstellungen Petermanns widerlegt, was dieser nicht einsehen<br />

wollte und was sogar <strong>zu</strong>m Bruch mit Koldewey führte, obwohl<br />

dieser z. B. Messergebnisse mitgebracht hatte, die Petermann in<br />

die Lage versetzten, eine Neukartierung von Ostspitzbergen und<br />

der Westküste von Nord-Ost-Land <strong>zu</strong> zeichnen.<br />

41<br />

Nicht unerwähnt bleiben darf der Reisebericht von Koldewey, der<br />

sein hohes wissenschaftliches Format deutlich macht.<br />

Alles in allem ist fest<strong>zu</strong>halten, dass diese erste deutsche Nordpolarexpedition<br />

von 1868, also vor nunmehr 140 Jahren, die<br />

Tradition der deutschen Forschungsschifffahrt begründete.<br />

Szenenwechsel: Mai 2005! Mitten im Berliner Regierungsviertel<br />

hat ein Segelschiff – jene inzwischen über 140 Jahre alte<br />

Nordische Jagt – auf der Spree festgemacht. Während es dort<br />

schwimmt, kommen über 10.000 wissbegierige Berliner an Bord,<br />

allen voran Bundespräsident Horst Köhler.<br />

Die Idee für diese originelle Werbung hatten das Deutsche Schiffahrtsmuseum<br />

und das Alfred-Wegener-Institut, beide in Bremerhaven.<br />

Und den Anlass bot die Auszeichnung <strong>Bremen</strong>s einschließlich<br />

der Schwesterstadt als „City of Science 2005“, in<br />

deren Programm beide Institutionen als renommierte wissenschaftliche<br />

Forschungseinrichtungen des Bundeslandes fest eingebunden<br />

waren. Welch günstiges Schicksal bewahrte den<br />

Segler über diese, für ein aus Holz gebautes Schiff kaum glaubhafte<br />

Zeitspanne bis in die Gegenwart?<br />

Zurück <strong>zu</strong> 1869. Damals stachen die bei der Tecklenborg-Werft<br />

erbaute „Germania“ und die Schonerbrigg „Hansa“, wieder unter<br />

dem Kommando von Koldewey, <strong>zu</strong>r zweiten Polarfahrt in See, die<br />

zwar wichtige wissenschaftliche Ergebnisse erbrachte, bei der


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 42<br />

42<br />

Geschichte<br />

Segeln im Eismeer<br />

die „Hansa“ jedoch verloren ging. Beide Schiffe waren größer als<br />

der kleine Einmaster, der 1871 wieder nach Norwegen verkauft<br />

wurde.<br />

Dort ging er durch zahlreiche Hände, und wurde als Fischereiboot<br />

und Robbenfänger eingesetzt. 1917 erhielt er erstmals<br />

einen Motor, ein aufgesetztes Ruderhaus und einen Schornstein.<br />

Danach fuhr er als Küstenfrachter. Ende 1970 schließlich erwarb<br />

ihn der Osloer Kaufmann und Schiffsliebhaber Egil Björn-Hansen,<br />

um ihn als Museumsschiff rück<strong>zu</strong>bauen und auf der Insel<br />

Stord vor der Westküste Norwegens, nicht weit von seinem<br />

ursprünglichen Bauort Skanevik, aus<strong>zu</strong>stellen.<br />

Anlässlich einer Veranstaltung <strong>zu</strong>m hundertjährigen Jubiläum<br />

der zweiten NordpolarExpedition im Bremerhavener Morgenstern-Museum<br />

erfuhr der damalige Leiter des Hauses, der manchem<br />

noch bekannte Gert Schlechtriem, 1969, dass der Segler<br />

noch existierte. Es gelang ihm, das Schiff von Björn-Hansen <strong>zu</strong><br />

chartern und <strong>zu</strong>r Olympiade 1972 nach Kiel schleppen <strong>zu</strong> lassen,<br />

wo es, provisorisch restauriert, das Glanzstück der Ausstellung<br />

„Mensch und Meer“ wurde.<br />

Anschließend ließ Schlechtriem – inzwischen Direktor des im<br />

Aufbau befindlichen Deutschen Schiffahrtsmuseums – nicht<br />

mehr locker. Nach sorgfältigen Untersuchungen und Recherchen<br />

konnte das DSM im Januar 1973 den Kaufvertrag auf einer Basis<br />

von 120.000 DM abschließen. Danach wurde das Schiff grundlegend<br />

saniert, denn es war von Anfang an beabsichtigt, es als<br />

aktives Museumsschiff und damit als Werbe- und Sympathieträger<br />

für das Museum in Nord- und Ostsee ein<strong>zu</strong>setzen.<br />

Nochmals Szenenwechsel: Heute, gut 30 Jahre später: Noch<br />

immer kreuzt diese Nordische Jagt als lebende Zeitzeugin der<br />

Geschichte der Segelschifffahrt und der deutschen Polarforschung<br />

auf den Meeren unter der Flagge des DSM, technisch<br />

angepasst an heutige Sicherheitsstandards, aber ansonsten dem<br />

Bau- und Ausrüstungsstand von vor 140 Jahren weitgehend entsprechend.<br />

Und damit ist es spätestens an der Zeit, den bisher verschwiegenen<br />

Namen des Schiffes preis<strong>zu</strong>geben, den es 1868 trug und<br />

seit Übernahme durch das Museum wieder trägt: Es ist die „Grönland“<br />

– wie anders sollte sie auch heißen?!<br />

Die Entscheidung der damaligen Museumsdirektion, den Segler<br />

aktiv <strong>zu</strong> betreiben, statt ihn wie die übrigen Schiffe nur an die<br />

Kaje <strong>zu</strong> legen, war u. a. von der Überlegung getragen, dass nicht<br />

nur ein solch betagtes Schiff, sondern mit seinem Betrieb auch<br />

das notwendige seglerische Know-how der Besat<strong>zu</strong>ng im<br />

Umgang mit ihm bewahrt werden sollte. Apropos Besat<strong>zu</strong>ng:<br />

<strong>Der</strong> Spiritus Rector war der damalige Leiter des Hansestadt Bremischen<br />

Amtes Hans Loske. Er stellte eine gewissermaßen handverlesene<br />

Crew <strong>zu</strong>sammen, die beileibe nicht nur aus Seebären<br />

bestand, sondern auch Vertreter ganz anderer Berufe aufwies,<br />

welche jedoch sämtlich die Leidenschaft für das Segeln und die<br />

See vereinte. Bei dieser im Laufe der Jahre zwar wechselnden,<br />

aber ausschließlich ehrenamtlichen Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Ver-<br />

antwortung für den Schiffsbetrieb ist es bis heute geblieben.<br />

Nun müssen Antiquitäten dieser Art, besonders, wenn sie noch<br />

Dienst tun, sorgfältig gepflegt werden, <strong>zu</strong>mal stets die Sicherheitsfrage<br />

eine entscheidende Rolle spielt. Und das ist teuer! So<br />

hat allein der Förderverein, den das DSM gottlob besitzt, <strong>zu</strong>r<br />

Finanzierung einer dringlich gewordenen Grundsanierung in den<br />

letzten Jahren 65.000 Euro bereitgestellt.<br />

Jetzt ist die Grönland wieder topfit, wovon man sich bei einem<br />

Besuch in Bremerhaven überzeugen kann. Sie liegt, um schneller<br />

in die Weser <strong>zu</strong> gelangen, seit einiger Zeit nicht mehr im<br />

Museumshafen, sondern vor dem Auswandererhaus. Aber im<br />

Sommer sucht man sie dort oft vergeblich, denn dann ist sie<br />

<strong>zu</strong>meist unterwegs – irgendwo zwischen Bremerhaven und Bergen,<br />

Kiel und Stockholm.<br />

In einer nach der letzten Sanierung 2005 vom DSM herausgegebenen<br />

Broschüre über das Schiff und seine berühmte Expedition,<br />

deren <strong>Inhalt</strong> diesem Ausflug in die Geschichte bremischer Seefahrt<br />

als Grundlage diente, stellten die Autoren fest:<br />

(Zitat) „Als Koldewey <strong>zu</strong> Beginn des Jahres 1868 die Nordische<br />

Jagt von dem Schiffbauer Tollef Tollefssen erwarb, hatte er<br />

eine selten glückliche Hand – anders wäre es nicht <strong>zu</strong> erklären,<br />

dass die Grönland fast anderthalb Jahrhunderte später nicht nur<br />

noch in Fahrt ist, sondern auch . . . einen solchen Zustand hat,<br />

dass das Schiff jederzeit erneut in polare Gewässer aufbrechen<br />

könnte“.<br />

81° 4,5’ Nord – Kein Segelschiff ohne <strong>zu</strong>sätzlichen Maschinenantrieb<br />

hatte nachweislich diese Breite im hohen Norden bis<br />

dahin je erreicht! Seefahrt ist Leidenschaft – die Grönland und<br />

ihre tüchtige Crew haben dies erfolgreich bewiesen – am 15.<br />

September 1868 vor 140 Jahren.<br />

Quelle: „81° 4,5’ Nord unter Segeln“, Herausgeber PD Dr. Ingo<br />

Heidbrink, Deutsches Schiffahrtsmuseum, Bremerhaven, Frühjahr<br />

2005


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 43<br />

Carolin Nytra, Deutsche Meisterin über 100 m Hürden – gefördert duch BLG LOGISTICS<br />

www.blg.de<br />

43


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 44<br />

44<br />

Geschichte<br />

Peter-Michael Pawlik<br />

Schiffe von der Unterweser


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 45<br />

Gerald Sammet<br />

<strong>Der</strong> Ort scheint wie geschaffen für eine der Geschichten, die er<br />

so gerne erzählt. Ein Raum voller Wind und Segel, Öl auf Leinwand<br />

in goldenen Rahmen, ein Bild neben dem andern, aber<br />

jedes viel lebendiger, als man nach dem ersten Hinsehen glaubt.<br />

Man findet kaum einen Platz im Museum „Schloss Schönebeck“<br />

an diesem letzten Freitagabend im April. Das liegt vor allem<br />

daran, dass dort eine Seefahrernation im Kleinen ihren Drehund<br />

Angelpunkt hat, eine durch und durch bremische Corona,<br />

mit sehr viel Eigensinn allerdings. Die Zeiten, in denen die Vorstadt<br />

Vegesack noch ein Ort war, in dem Matrosen, Schiffbauer,<br />

Kapitäne, Steuerleute, Ausrüster, Fischer und Fischverarbeiter<br />

den Lebensrhythmus bestimmten, sind zwar schon einige Jahrzehnte<br />

vorbei. Aber erstens leben von denen, die damals mitgemacht<br />

oder auch nur <strong>zu</strong>geschaut haben oder am Rand des<br />

Geschehens ihr Auskommen fanden, noch ziemlich viele, und<br />

zweitens kommt man im Nordwesten von <strong>Bremen</strong>, weil es den<br />

alten Hafen, die Kapitäns- und Steuermannshäuser und ein, zwei<br />

wirklich bemerkenswerte Schiffe aus früheren Zeiten immer noch<br />

gibt, von der Vergangenheit einfach nicht los. Ein paar mittlerweile<br />

wieder recht gut ins Geschäft gekommene Werften tragen<br />

das Ihre da<strong>zu</strong> bei, dass die Traditionslinie nicht einfach reißt.<br />

Die Behauptung, <strong>Bremen</strong> habe eine maritime Vergangenheit,<br />

aber keine Zukunft auf diesem Gebiet, stimmt ohnehin nicht.<br />

Hier wurde sie schon immer belächelt. Vieles mag anders geworden<br />

sein. Vieles, das ist eine der Grundregeln, wenn man Schifffahrt<br />

betreibt, geht sowieso anders aus als man denkt. Pessimisten<br />

sollten Briefmarken sammeln, gern auch mit maritimen Motiven,<br />

aber sich tunlichst nicht unter Seeleute mischen. Die ticken<br />

nun mal anders, und sie sind gesellige Leute. Man merkt es an<br />

diesem Abend. Wegen Peter-Michael Pawlik sind so ziemlich alle<br />

gekommen, die in der Vegesacker Vorstadt noch eine Ahnung<br />

davon haben, was es heißt, Schiffe unter vollen Segeln in See<br />

stechen <strong>zu</strong> lassen.<br />

Peter-Michael Pawlik ist ihr Haushistoriker, wenn man so will.<br />

Einer, der wirklich jedes Schiff kennt, das jemals an der Unter-<br />

45<br />

weser gebaut wurde, und all die Namen der Werftbesitzer, Reeder,<br />

Kapitäne, Steuerleute und Besat<strong>zu</strong>ngsmitglieder natürlich<br />

auch. Selbst nach den Hunden an Bord darf man ihn fragen. Er<br />

hat sie, sollte ihre Anwesenheit in irgendeiner Form bezeugt<br />

worden sein, alle parat. So, wie der die Reiserouten kennt, die<br />

Ladelisten, die Besonderheiten der Bauweise, einfach alles, bis<br />

ins geringste Detail. „Von der Weser in die Welt“ heißen zwei<br />

monumentale Bücher, die er bereits vorgelegt hat. Ein drittes<br />

erscheint noch in diesem Jahr. Es gibt immer noch Schätze <strong>zu</strong><br />

heben, von denen nur er weiß, wo sie stecken. Wobei, weil der<br />

Zugang <strong>zu</strong> den Archiven allen offen steht, jeder diesen von ihm<br />

begangenen Weg einschlagen könnte. Nur er freilich zeigt das<br />

Interesse und die Neugierde, die man für solche Vorhaben<br />

braucht.<br />

In die Wiege gelegt war ihm so ein Leben unter längst entschwundenen<br />

Segeln nicht. Pawlik ist von Haus aus Jurist, war<br />

als Richter an einem Bremer Amtsgericht tätig, in Blumenthal,<br />

wo man, wenn alles getan ist, nur ein paar Schritte hat bis <strong>zu</strong>m<br />

Grab von Kapitän Dallmann, und schon steckt man mitten drin<br />

in einer der Geschichten, die ihn so sehr faszinieren. Eduard<br />

Dallmann, geboren 1830 in Blumenthal, gestorben 1896 dortselbst,<br />

was sehr ungewöhnlich ist für einen Seemann in diesen<br />

Jahren, führte das erste Dampfsegelschiff, die „Grönland“, in<br />

antarktische Gewässer, erkundete Sibiriens nördliche Küste,<br />

erforschte Neu-Guinea und die „deutsche Südsee“, ein Kolonialreich<br />

mit eingeschriebenem Verfallsdatum. Ein Nautiker ohne<br />

Fehl und Tadel: Nicht ein Schiff und nicht einen Mann seiner<br />

Besat<strong>zu</strong>ng hat Dallmann in seiner Zeit als aktiver Fahrensmann<br />

verloren. Klar, das Peter-Michael Pawlik aus einem solchen<br />

Leben ein Buch machen musste.<br />

Wie am Schnürchen kann Pawlik solche Geschichten erzählen.<br />

Gibt man <strong>zu</strong> erkennen, dass man einiges von ihnen schon weiß,<br />

zeigt er sich nachsichtig, wenn sich dabei kleine, aber gewichtige<br />

Fehler einschleichen. Er korrigiert sie höflich, aber entschieden.<br />

Rechthaberei liegt ihm nicht, Genauigkeit schon. Er


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:46 Uhr Seite 46<br />

46<br />

Geschichte<br />

Peter-Michael Pawlik<br />

ist einer, bei dem man damit rechnen muss, dass, wenn man Tristan<br />

da Cunha erwähnt, er erst die Person des portugiesischen<br />

Seefahrers auftreten lässt, dem die Insel ihren ursprünglichen,<br />

ihr von ihm selbst verliehenen Namen „Isla Tristão da Cunha“<br />

verdankt, um dann darauf hin<strong>zu</strong>weisen, dass die eigentliche<br />

Siedlung auf Tristan da Cunha den Namen Edinburgh trägt,<br />

genauer genommen „Edinburgh of the Seven Seas“, dass wir es<br />

eigentlich mit einem Archipel <strong>zu</strong> tun haben, <strong>zu</strong> dem außerdem<br />

die Inselchen Gough, Inaccessible Island, Nightingale Island,<br />

Middle Island und Stoltenhoff Island gehören, und so geht das<br />

immer munter weiter bei ihm, so, als läse man, während man mit<br />

ihm <strong>zu</strong> reden glaubt, in einer Enzyklopädie.<br />

Heute, im Museum Schloss Schönebeck, steht die Geschichte der<br />

Bremer Bark „Libelle“ auf dem Plan. Im Zentrum eine Havarie,<br />

aber so schnell geht das jetzt nicht. Erst will erzählt sein, wie<br />

die „Libelle“ entsteht, in Neu-Rönnebeck am damals hannöverschen<br />

rechten Weserufer. <strong>Der</strong> Stapellauf ist am 12. September<br />

1864 angesetzt, auf der Werft von Claus Diercks. Gebaut wurde<br />

das Schiff für Schmidt & Furken, Kaufleute und Gelegenheitsreeder<br />

in <strong>Bremen</strong>. <strong>Der</strong> <strong>zu</strong>künftige Kapitän, Gerhard Köper aus<br />

Vegesack, ist natürlich anwesend. Gegen 11 Uhr, bei Stauwasser,<br />

werden die Halteseile der voll aufgetakelten „Libelle“ gekappt.<br />

Ach ja, noch etwas gab es da ja: Wind morgens 8 Uhr aus Südwest,<br />

Temperatur 52° Fahrenheit = 8,89° Reaumur, nachmittags<br />

3 Uhr Südwest, 61° Fahrenheit = 12,89° Reaumur, abends<br />

11 Uhr Südwest, 48° Fahrenheit = 7,11° Reaumur, Witterung im<br />

Ganzen abwechselnd Regen. Wenn Pawlik sich äußert, meint<br />

man, in ein Logbuch <strong>zu</strong> schauen, ohne dass deswegen Langeweile<br />

aufkäme. Seine Erzählweise ist spannend vor allem wegen<br />

der akribisch verzeichneten Fakten. Doku-Fiction, bei der man<br />

straff organisiert durchs Geschehen geführt wird.<br />

Im Fall der „Libelle“, die am Abend des 5. März auf der Reise von<br />

San Francisco nach Hong Kong auf den Riffen vor Wake Island im<br />

Nordpazifik havariert, ist neben Pawliks unermüdlicher Recherchetätigkeit<br />

ein Zufallsfund Auslöser der Geschichte. Bernd<br />

Drechsler, ein Urenkel des Obersteuermanns der „Libelle“, Rudolf<br />

Kausch, war über seinen Vater an Kauschs handschriftliche Aufzeichnungen<br />

geraten. Deswegen agieren an diesem Abend im<br />

Schloss Schönebeck zwei Spürnasen im Duett. <strong>Der</strong> Dritte im<br />

Bunde, Thomas Begerow, ist verhindert, wird aber von seinen<br />

Mitstreitern gebührend vertreten. Die Sache verläuft zeitweise<br />

fast familiär, bleibt aber geordnet. Ein paar Besonderheiten<br />

liefern das Salz für die Suppe. So war die <strong>zu</strong> der Zeit weltberühmte<br />

Operndiva Anna Bishop Passagier auf der Libelle, samt Entourage,<br />

versteht sich, eine Geschichte für sich. Außerdem<br />

befand sich ein erklecklicher Silberschatz auf dem Schiff. Reißerisch<br />

wird die Darstellung der Vortragenden deswegen nie. Man<br />

muss Peter-Michael Pawlik nur die Frage stellen, wie es überhaupt<br />

möglich sein konnte, beim Segeln auf dem annähernd<br />

20. Breitengrad ein winziges, von Korallenriffen gesäumtes Kraterloch<br />

wie Wake Island derart präzise <strong>zu</strong> treffen, trotz <strong>zu</strong> der<br />

Zeit schon recht passabler Karten. Eben nicht, hört man dann<br />

von ihm, Wake Island sei vielmehr eine Art nautischer Wanderpreis<br />

gewesen, ein Ort in immer noch undefinierter Lage, wie<br />

200 Jahre <strong>zu</strong>vor noch so gut wie alle pazifischen Inseln. Man<br />

erfährt sogleich, als Zugabe gewissermaßen, dass es sich nicht<br />

etwa um eine Insel handelt, sondern um drei. Àlvara de Mendaña<br />

de Neira hat sie 1568 entdeckt. 1899 die Annexion durch die<br />

USA, 1835 der Bau eines Landesplatzes für zivile Flugboote als<br />

Zwischenstopp auf dem Weg von den Vereinigten Staaten nach<br />

Asien. Im Zweiten Weltkrieg US-Militärbasis und Schauplatz<br />

einer Schlacht zwischen Japan und den USA, im Kalten Krieg<br />

erneut als Stützpunkt von der US Air Force genutzt, und einiges<br />

mehr.<br />

Peter-Michael Pawlik vermag nicht nur Quellen <strong>zu</strong> erschließen,<br />

an denen andere achtlos vorbeischauen. Er versteht sich vor<br />

allem darauf, als Quelle <strong>zu</strong> agieren, ein klare Konturen zeichnen-


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:46 Uhr Seite 47<br />

der, unaufgeregter Erzähler, der sich außerdem aufs Zuhören versteht.<br />

Es könnte ihm dabei ja, so wie im Fall der „Libelle“ durch<br />

Bernd Drechsler, ein Ereignis <strong>zu</strong>getragen werden, von dem er<br />

tatsächlich noch nichts weiß. An Zeit, es zwischen zwei Buchdeckeln<br />

<strong>zu</strong> spannen, fehlt es ihm, seit er sich im Ruhestand<br />

befindet, nicht. Möglicherweise hat seine geistige Beweglichkeit<br />

auch etwas damit <strong>zu</strong> tun, dass es sich bei ihm nicht um einen<br />

dieser <strong>zu</strong> übertriebener Sesshaftigkeit neigenden Kiezbremer<br />

handelt. Wer über Jahre zwischen Blumenthal als Arbeits- und<br />

dem Bremer Südosten als Wohnsitz pendeln musste, weiß, dass<br />

die Lage des Horizonts selbst über diese vergleichsweise kurze<br />

Distanz immer vom eigenen Standort abhängt. Erfahrung, wortwörtlich<br />

<strong>zu</strong> nehmen und daher genau das Richtige, um als Seefahrtshistoriker<br />

Weser und Welt im Auge <strong>zu</strong> behalten.<br />

<br />

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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 48<br />

48 <strong>Bremen</strong><br />

Dr. Frauke von der Haar<br />

ABC Interview


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 49<br />

ABC <strong>Club</strong> Interview<br />

Dr. Frauke von der Haar<br />

Direktorin des Focke-Museums<br />

Anderssein erfordert Toleranz vom Anderen und Mut<br />

von einem selbst. Es gehört <strong>zu</strong>m Leben wie<br />

der Gleichklang, deshalb sollte es nie nur<br />

eines von beidem geben.<br />

Bibel gibt eine Wertorientierung vor, die mich<br />

geprägt hat und heute noch bestimmt.<br />

Chefin hört sich gut an, ist aber verbunden mit<br />

einem hohen Maß an Verantwortung für die<br />

Mitarbeiter und einer Vorbildfunktion.<br />

Dummheit begegnet man häufiger, weshalb es notwendig<br />

ist <strong>zu</strong> lernen, mit Dummheit um<strong>zu</strong>gehen.<br />

Eitelkeit kann in geringen Dosen eine Antriebsfeder<br />

sein.<br />

Fernweh steht für ein gewisses Maß an Offenheit für<br />

Neues und Fremdes, für Veränderungswillen<br />

und Mut. Fernweh hat in meinem Leben<br />

genauso einen Platz wie Heimatverbundenheit.<br />

Genuss ist die Fähigkeit, mich an kleinen Dingen<br />

und Momenten <strong>zu</strong> erfreuen wie einem<br />

flüchtigen Lächeln, einer schönen Musik<br />

oder einem schönen Glas Wein.<br />

Hochachtung habe ich vor Menschen, die schwere Schicksale<br />

erlitten haben und sich dennoch<br />

immer wieder den Herausforderungen des<br />

Lebens stellen, ohne ihren Lebensmut <strong>zu</strong><br />

verlieren.<br />

Ignoranz behindert und verhindert viel und kostet<br />

darüber hinaus meist nicht nur Geduld,<br />

sondern oftmals auch viel Geld.<br />

Kitsch kann für den, der es mag, etwas Schönes sein.<br />

Luxus war eine sehr erfolgreiche Ausstellung im<br />

Focke-Museum. Im Gegensatz <strong>zu</strong> den antiken<br />

Vorlieben, ist für mich ein Milchkaffee<br />

mit Tageszeitung das Größte.<br />

49<br />

Manieren sind im Kommen. Nicht nur als Ausstellung<br />

im kommenden Jahr im Focke-Museum,<br />

sondern auch im gesellschaftlichen Leben<br />

ein viel diskutiertes Thema.<br />

Nostalgie verbinde ich mit unbeschwerten Kindertagen,<br />

mit Menschen, die nicht mehr um<br />

mich sind, mit Gerüchen und Bildern vergangener<br />

Zeiten, die mich geprägt haben<br />

und die ich in meiner Erinnerung wach halten<br />

möchte.<br />

Ordnung ist das halbe, aber eben auch nur das<br />

halbe Leben.<br />

Pech gehört <strong>zu</strong>m Leben wie das Glück.<br />

Qualität ist nachhaltig und eine Wertebasis, auf der<br />

sich Erfolge begründen lassen.<br />

Routine ist ein Arbeitsmittel, das Abläufe erleichtert.<br />

Sie sollte aber nicht Hauptbestandteil<br />

meiner Arbeit sein, da sonst das Wichtigste,<br />

die Kreativität stirbt.<br />

Sinnlichkeit finde ich in Farben, in Formen, in Worten<br />

und Gerüchen, in Berührung und in Nähe.<br />

Talent sollte man fördern, wann immer man es<br />

erkennen kann.<br />

Understatement ist eine sympathische Lebensphilosophie.<br />

Von der Haar ist ein Name, der sich aus der plattdeutschen<br />

Ortsbezeichnung „von der Höhe“<br />

oder „von der Heide“ ableitet. Weil mir der<br />

Name meines Vaters viel bedeutet, habe<br />

ich ihn nie aufgegeben.<br />

Witz ist ein Lebenselixier in allen Lebenslagen,<br />

beruflich wie privat.<br />

Zukunft ist die Triebfeder des Wandels. Ohne Vergangenheit<br />

ist die Zukunft jedoch kaum <strong>zu</strong><br />

definieren.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 50<br />

50<br />

Kultur<br />

Japanische Schwarzlacktechnik<br />

Lack-Künstler


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 51<br />

Nina Svensson<br />

Eigentlich ist er ein ungeduldiger Mensch. Das sagt Manfred<br />

Schmid jedenfalls über sich selbst. Doch es fällt schwer, das <strong>zu</strong><br />

glauben. Manfred Schmid ist Künstler, einer der wenigen in Europa,<br />

die die japanische Schwarzlacktechnik beherrschen. Eine<br />

Technik, die vor allem eins erfordert: Geduld. Dutzende von<br />

hauchdünnen Lackschichten müssen mit dem Pinsel aufgetragen,<br />

geschliffen und poliert werden, damit der Lack so glatt und<br />

glänzend wird, damit er diese besondere Tiefe bekommt. Jede<br />

Schale, jede Dose ist ein Unikat, an dem Schmid gut und gern<br />

ein Jahr gearbeitet hat. Ein Jahr? Das ist ohnehin schon lang<br />

und für einen ungeduldigen Menschen erst recht. Manfred<br />

Schmid hat jedoch die Besonderheiten der japanischen Schwarzlackkunst<br />

kennen und lieben gelernt, seine Ungeduld lässt er<br />

draußen vor der Tür seines Ateliers.<br />

Sein Atelier hat Schmid im Hafenkopfgebäude am Überseetor,<br />

direkt neben dem Hafenhochhaus. Holzfußboden, in der Mitte<br />

ein großer Holztisch, schwarze Lackspuren auf der Tischplatte,<br />

daneben ein Laptop. Im Regal an der Wand stehen die Schalen.<br />

Es sind Rohlinge aus Holz, noch gänzlich unbearbeitete Schalen<br />

aus Ahorn, Ulme, Birke oder Kirschbaum. Andere sind grau, sie<br />

wurden gespachtelt und warten nun auf den Lack. Wieder andere<br />

sind schwarz, aber matt. Oder schwarz und glänzend. Aber<br />

noch lange nicht fertig. Wann sie fertig sind, bestimmt Manfred<br />

Schmid. Dann, wenn der Schwarzlack so schwarz, glatt und glänzend<br />

ist, wenn er die richtige Tiefe hat. Es kann Tage, Wochen<br />

oder sogar Monate dauern, bis eine Lackschicht soweit getrocknet<br />

ist, dass sie geschliffen und wieder überlackiert werden<br />

kann. Dafür braucht Schmid Geduld. „Geduld, Konzentration und<br />

Beherrschung sind die drei Dinge, auf die es in der japanischen<br />

Schwarzlackkunst ankommt“, erzählt der Künstler. „Jeder Schritt<br />

muss gut sein, dann ist auch das Ergebnis gut. Darum kann man<br />

nicht schnell arbeiten, jeder Schritt braucht seine Zeit.“ Oder<br />

anders ausgedrückt: „<strong>Der</strong> Weg ist das Ziel.“<br />

Eine perfekte Technik, die perfektes Material braucht. Die Rohlinge<br />

aus unterschiedlichen Baumarten werden von Gisela Müller<br />

51<br />

in der Schweiz gedrechselt. Und auch sie braucht Geduld. Das<br />

Holz muss Jahre trocknen, bevor sie sich an die Drechselarbeit<br />

machen kann. Das grob vorgedrechselte Holz braucht dann wieder<br />

eine Ruhepause, bis es weiter bearbeitet werden kann, sonst<br />

würde es sich verziehen oder Risse bekommen. Und danach erst<br />

geht Manfred Schmid an die Arbeit. Die Formen der Schalen<br />

bestimmt er. Ganz bewusst wählt er europäische Formen und<br />

keine japanischen. „Ich wende eine japanische Technik an, aber<br />

ich bin Europäer und arbeite darum mit anderen Formen, um<br />

meinen eigenen Stil <strong>zu</strong> entwickeln.“ Für ihn ist das Zusammenspiel<br />

der schlichten Formen und des glänzenden Schwarzlacks<br />

eine ideale Kombination. „Beide ergeben eine perfekte Harmonie,<br />

Form und Lack bekommen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit.“<br />

Darum arbeitet er so gut wie nie mit rotem Lack, „rot<br />

schiebt sich immer in den Vordergrund.“<br />

Lack und Pinsel kommen aus Japan. Dort wird „urushi“, der Saft<br />

des heimischen Lackbaums, gewonnen und veredelt. Die Japaner<br />

geben die Rezepturen dafür von einer Generation an die<br />

nächste weiter, ohne sie wäre das Baumharz kaum <strong>zu</strong> gebrauchen.<br />

Ein Baum gibt etwa 200 ml Lacksaft ab, das entspricht in<br />

etwa einer Tube. Danach stirbt der Baum, es wächst an der Stelle<br />

wieder ein neuer Sprössling, der frühestens nach 15 Jahren<br />

Saft geben kann. Das gewonnene Baumharz wird unter anderem<br />

mit Ölen aufbereitet und lagert bis <strong>zu</strong> sieben Jahre, bis es für<br />

die Lackkunst <strong>zu</strong> verwenden ist. Auch die Pinsel, die Manfred<br />

Schmid benutzt, sind keine Massenexemplare aus dem Bastelladen.<br />

Sie werden ebenfalls in Japan gefertigt, die meisten haben<br />

Borsten aus Menschenhaar. Ein Pinsel kostet dementsprechend<br />

rund 500 Euro.<br />

Die Lackkunst ist in Japan schon fast so etwas wie eine Religion,<br />

sie wird auch als die Silberschmiede Japans bezeichnet. Und<br />

hier schließt sich ein Kreis in der Bremer Überseestadt: Manfred<br />

Schmid plant eine Kooperation mit der Koch & Bergfeld Silbermanufaktur,<br />

die vor kurzem in den Schuppen 2 gezogen ist.<br />

Geschäftsführer Florian Blume und Manfred Schmid wollen vor-


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 52<br />

52<br />

<strong>Club</strong> Spezial<br />

Ein Arbeitsbericht


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 53<br />

53


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 54<br />

54<br />

Kultur<br />

Japanische Schwarzlacktechnik<br />

aussichtlich noch in diesem Jahr mit einer exklusiven Serie<br />

beginnen: „Zwillingspaare“ aus japanischer Schwarzlackkunst<br />

und Silber. Eine Form und zwei ganz verschiedene, aber sehr<br />

hochwertige Materialien. So könnte es eine Silberdose mit<br />

schwarzem Lackdeckel und daneben eine Lackdose mit Silberdeckel<br />

geben. „Das ist sehr spannend“, sagt Schmid. „ Wir denken<br />

da an eine Spezial-Edition von drei Stücken pro Jahr.“<br />

Insgesamt können jährlich maximal 30 bis 35 Stücke hergestellt<br />

werden. Schmid ist der einzige Künstler in Europa, der die japanische<br />

Schwarzlacktechnik professionell betreibt und davon<br />

auch sehr gut leben kann. „Die ersten Jahre waren sehr schwierig,<br />

da musste ich mir erstmal einen Namen machen“, erzählt<br />

Schmid. Den Namen hat er heute – sogar das spanische Kronprinzenpaar<br />

besitzt ein Werk von ihm. <strong>Der</strong> Großteil seiner Kunden<br />

kommt aus Deutschland und den Nachbarländern, der Preis<br />

für eine Schale oder Dose liegt je nach Größe etwa zwischen<br />

2.500 und 22.000 Euro. „Manche Kunden finden die Lackkunst<br />

einfach schön und können sie sich leisten, aber ich habe auch<br />

Kunden, die extra dafür sparen“, sagt Schmid.<br />

Ist eine Schale fertig, wird sie sorgfältig in einem Seidenbeutel<br />

und anschließend in einer extra für sie angefertigten Holzkiste<br />

verpackt. Die Holzkiste ist eine japanische Tradition, die Schmid<br />

bewusst aufgegriffen hat: „Die Japaner zeigen nicht immer alles,<br />

was sie haben. Sie stellen Kunstwerke für eine gewisse Zeit auf<br />

und nehmen sie dann wieder für ein paar Wochen weg. Darum<br />

gibt es die Holzkiste“, erklärt der Lackkünstler, der sich schon<br />

früh für Japan und seine Traditionen interessierte. „Ich wollte<br />

immer eine japanische Technik erlernen, aber habe immer eher<br />

an Karate, Aikido oder Bogenschießen gedacht.“ 1997 hat sich<br />

der gebürtige Bremer erstmals an der japanischen Lacktechnik<br />

versucht, zwei Jahre später bekommt er ein Stipendium der Carl<br />

Duisberg Gesellschaft für japanische Lacktechnik an der escola<br />

Massana in Barcelona. Er bleibt sechs Jahre in Barcelona und<br />

kommt 2004 <strong>zu</strong>rück nach <strong>Bremen</strong>. Drei Jahre lang hatte er sein<br />

Atelier in der Böttcherstraße, doch 2007 zog es ihn in die pulsierende<br />

Überseestadt. Für seine Arbeiten wurde Schmid unter<br />

anderem mit dem Bayerischen Staatspreis 2007 sowie dem<br />

Justus Brinckmann Preis 2008 ausgezeichnet.<br />

Und wird schwarzer Lack nicht irgendwann langweilig? Nein.<br />

Zum einen kann Schmid seiner Kreativität bei einer weiteren<br />

Technik freien Lauf lassen: Weg von der kreisrunden Form und<br />

hin <strong>zu</strong> einer eher bildhauerischen Arbeit bringt ihn „kanshitsu“,<br />

ebenfalls eine japanische Technik, bei der Jute und andere Textilgewebe<br />

mit Rohlack verklebt werden. Diese Technik hat man<br />

früher in Japan für die Rüstungen der Samurai verwendet und sie<br />

so extrem widerstandsfähig gemacht. Zum anderen: „Schwarz ist<br />

nicht gleich schwarz“, sagt Schmid. „Je länger ich mit dem Lack<br />

arbeite, desto mehr Facetten entdecke ich. Man lernt, feiner <strong>zu</strong><br />

gucken.“<br />

Apropos gucken: Wenn er von seinem Arbeitsplatz aus dem Fenster<br />

guckt, blickt er in Richtung Schuppen 1. Dort will er 2009<br />

einziehen, das Hafenkopfgebäude ist nur eine Übergangslösung.<br />

Schmid möchte mitten hinein in <strong>Bremen</strong>s boomende Überseestadt,<br />

er freut sich auf ein neues Atelier mit einem großen<br />

Showroom. Doch darauf muss er noch ein paar Monate warten.<br />

Das dürfte jedoch kein Problem sein. Geduld gehört schließlich<br />

<strong>zu</strong> seinen Stärken.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 55<br />

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55


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 56<br />

56<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Nachkriegsgeschichte<br />

Heidegger in <strong>Bremen</strong>


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 57<br />

Stephan Cartier<br />

Briefe sind eine intime Angelegenheit, ein Gespräch auf Papier<br />

unter vier Augen - und damit eine grandiose Verlockung für alle<br />

neugierigen Naturen. Sind Schreiber und Empfänger berühmter<br />

als der durchschnittliche Postnutzer, dann ist der Indiskretion<br />

<strong>zu</strong>m Glück meist Tür und Briefumschlag geöffnet. Denn irgendwann<br />

wird aus jeder privaten Korrespondenz großer Geister eine<br />

öffentliche Angelegenheit. So wie bei dem Philosophen Martin<br />

Heidegger und Ernst Jünger, dem Schriftsteller, Käfersammler<br />

und nationalkonservativen Denker. Vor kurzem wurden ihre Briefe,<br />

die im Deutsche Literaturarchiv Marbach lagern, erstmals<br />

ediert (Ernst Jünger, Martin Heidegger: Briefwechsel, Klett-Cotta<br />

2008, 318 Seiten). Neben Erhellendem <strong>zu</strong>m Verhältnis der gleichermaßen<br />

schwerwiegenden wie schwierigen Intellektuellen im<br />

geistigen Klima Nachkriegsdeutschlands bietet die Sammlung<br />

gerade dem Leser aus <strong>Bremen</strong> Momente, um auf<strong>zu</strong>merken und<br />

nach<strong>zu</strong>fragen.<br />

Am 6. Januar 1950 schreibt Ernst Jünger an den von ihm verehrten<br />

Heidegger: „Von Herrn Barth, einem meiner Leser, erhielt ich<br />

einen ausführlichen Brief über Ihren Bremer Besuch. Ich weiß<br />

nicht, ob die Diskussion in ihren Einzelheiten von ihm genau<br />

geschildert worden ist.“<br />

Auch wir können dies leider nicht wissen, weil der Anhang des<br />

Briefes von Heinrich Barth an Ernst Jünger im Marbacher Literaturarchiv<br />

nicht mehr auffindbar ist. Die unscheinbare Briefstelle<br />

erinnert aber daran, dass <strong>Bremen</strong> der Verkündigungsort einer<br />

entscheidenden Wende im Denken des ebenso umstrittenen wie<br />

unbestritten bedeutenden Philosophen Heidegger war.<br />

Bei jenem „Bremer Besuch“, von dem Ernst Jünger später schreiben<br />

wird, hielt Martin Heidegger im Kaminsaal des Bremer Rathauses<br />

einen Vortrag. Es war der 1. Dezember 1949, und der<br />

Titel des Abends fiel unbescheiden allumfassend aus: „Einblick<br />

in das, was ist“. Eingeladen hatte der „<strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>“; am<br />

nächsten Tag sollten noch zwei weitere Vorträge Heideggers fol-<br />

57<br />

gen. Geboten wurde harte philosophische Kost. Wichtiger vielleicht<br />

noch als die inhaltlichen Anstrengungen, <strong>zu</strong> einer neuen<br />

Philosophie <strong>zu</strong> kommen, war für Heidegger der öffentliche Auftritt<br />

an sich. Denn der Meisterdenker lebte seit dem Kriegsende<br />

in einer intellektuellen Isolation. Durch seine unrühmlichen<br />

Annäherungen an den Nationalsozialismus galten die Person<br />

Heidegger und sein Denken als belastet.<br />

Während seiner kurzzeitigen Verpflichtung als Rektor der Freiburger<br />

Universität 1933/34 hatte er dem Führerprinzip in einigen<br />

von Geist und guten Worten verlassenen Ansprachen gehuldigt.<br />

Zeitweise sah er im antibürgerlichen Gerede der nationalsozialistischen<br />

Propaganda die Rettung Deutschlands vor der<br />

von ihm verabscheuten Moderne. Dass er hierin irrte, erkannte<br />

Heidegger zwar recht schnell und zog sich von aller demonstrativen<br />

Verbrüderung mit den Nazis <strong>zu</strong>rück. Dennoch blieb – gerade<br />

bei denen, die auf ihn als einen der führenden Denker<br />

Deutschlands gesetzt hatten – die Enttäuschung über sein<br />

moralisches Versagen und die Unfähigkeit, sich <strong>zu</strong> rechtfertigen,<br />

nach dem Ende der Diktatur <strong>zu</strong>rück. Vorlesungsverbot und die<br />

Androhung, seine Pension <strong>zu</strong> verlieren, waren für Martin Heidegger<br />

die Folge nach 1945.<br />

In dieser Situation kam die Bremer Einladung für ihn wie gerufen.<br />

In <strong>Bremen</strong> schien man ihm die Liaison mit dem NS-Staat<br />

als Irrtum nach<strong>zu</strong>sehen – so wie in dieser Phase auch Opfer des<br />

Regimes wie Karl Jaspers und Hannah Ahrend wieder den Kontakt<br />

<strong>zu</strong> ihm suchten. Im Jahr 1948 war auch die erste Veröffentlichung<br />

Heideggers nach dem Krieg erschienen, die später viel<br />

zitierten „Holzwege“. Nun sollte mit dem Bremer Vortrag der<br />

erste öffentliche Auftritt in einem offiziellen Rahmen folgen.<br />

In <strong>Bremen</strong> hatte Heidegger bereits seit den späten 20er Jahren<br />

eine treue Gemeinde. Heinrich Wiegand Petzet, der Sohn des<br />

Bremer Lloyd-Direktors Arnold Petzet, war eine der treibenden<br />

Kräfte dieser Sympathisanten, die Heidegger schon einmal 1930


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 58<br />

58<br />

<strong>Bremen</strong><br />

Nachkriegsgeschichte<br />

nach <strong>Bremen</strong> <strong>zu</strong> einem Vortrag im Realgymnasium gelockt hatten.<br />

<strong>Der</strong> aufsteigende Stern am Philosophen-Himmel hatte mit<br />

dem Buch „Sein und Zeit“ drei Jahre <strong>zu</strong>vor ein völlig neues Verständnis<br />

des Seins formuliert. Dieses definierte sich für Heidegger<br />

nicht mehr als feste Größe, die unabhängig von jeder Veränderung<br />

Bestand hatte. Er deutete das Sein als etwas, das sich<br />

gerade im Verlauf der Zeit, also im Wandel, <strong>zu</strong> erkennen gab. Für<br />

die Bewunderer und selbst für viele Kritiker Heideggers war dies<br />

ein wegweisender Bruch mit der abendländischen Philosophietradition.<br />

Auch an diesem Dezemberabend 1949 in <strong>Bremen</strong> forderte Heidegger<br />

alle Anwesenden – und mit ihnen die nichtanwesenden<br />

Adressaten in der Weite der philosophischen Welt – geistig heraus.<br />

Denn er schlug unerwartet eine neue Seite seines Denkens<br />

an: die Kritik der Technik in der modernen Welt. Heinrich Wiegand<br />

Petzet konstatierte dem Publikum im Kaminsaal, dass es<br />

trotz erkennbarer Anstrengung, „…der geistigen Anforderung<br />

Stand hielt und mit gesammelter Aufmerksamkeit <strong>zu</strong>hörte“. Bürgermeister<br />

Theodor Spitta und Senator Hermann Apelt, die <strong>zu</strong>m<br />

Auditorium gehörten, wussten eben, was sie der Bremer Ehre<br />

schuldig waren.<br />

Die drei Vorträge markieren das, was später als Heideggers<br />

„Kehre“ bezeichnet wurde. Hier sprach nicht mehr der reine Ver-<br />

Heinrich Barth<br />

ächter der modernen Gesellschaft. Technik barg für ihn zwar nach<br />

wie vor metaphysische und auch reale Gefahren, weil sie den<br />

Menschen die eigentliche Natur des Seins vergessen ließ. Aber<br />

er entdeckte auch positive Seiten, vor allem rief er da<strong>zu</strong> auf, sich<br />

den Herausforderungen der modernen Technik <strong>zu</strong> stellen.<br />

Darüber, wie die Zuhörer in <strong>Bremen</strong> reagierten, gibt es <strong>zu</strong>m einen<br />

den Bericht Heinrich Wiegand Petzets. Ähnlich ausführlich wie<br />

dieser muss sich auch jener Heinrich Barth über das Ereignis<br />

geäußert haben, der im eingangs erwähnten Brief Ernst Jüngers<br />

an Martin Heidegger genannt wird. <strong>Der</strong> in mancher Hinsicht nicht<br />

besonders gelungene Anmerkungsteil des „Briefwechsels“ zwischen<br />

Ernst Jünger und Martin Heidegger vermerkt <strong>zu</strong> Barth nur:<br />

„Jurist. Lebensdaten nicht ermittelt“. Das ist enttäuschend wenig<br />

angesichts der Tatsache, dass Barth immerhin Vorsitzender des<br />

CDU-Landesverbandes war, dann Bevollmächtigter <strong>Bremen</strong>s beim<br />

Bund, zwischen 1960 und 1963 persönlicher Referent des Bundeskanzlers,<br />

also Konrad Adenauers, sowie anschließend bis 1969<br />

als Staatssekretär im Bundesfamilienministerium diente.<br />

Als Heidegger seinen Vortrag in <strong>Bremen</strong> hielt, hatte sich der 35jährige<br />

Barth jedoch gerade erst als Notar niedergelassen. Dass<br />

er an diesem Abend genau „aufgepasst“ und Ernst Jünger über<br />

Einzelheiten des Treffens unterrichtet hatte, beweist eine Einlassung<br />

Jüngers gegenüber seinem Briefpartner Heidegger: „Es fiel<br />

mir darin auf, dass Sie von „meiner“ neuen Theologie gesprochen<br />

haben – das ist indessen ein Anspruch, der von mir nicht<br />

erhoben wird.“ Jünger schien die Sorge <strong>zu</strong> haben, dass der<br />

ansonsten von ihm so geschätzte Martin Heidegger in <strong>Bremen</strong><br />

auch über sein Werk gesprochen haben musste – und dabei nicht<br />

ganz auf der Höhe der Interpretation gewesen war. Er wolle<br />

keine neue Theologie, beteuert Jünger, „was mich beunruhigt,<br />

das ist vielmehr der offensichtliche Mangel an theologischer<br />

Durchdringung, dessen Behebung ich von den Philosophen<br />

erhoffe…“, belehrt er Heidegger sanft.<br />

Jünger nahm Heidegger die eigenmächtige Deutung seiner Ideen<br />

aber nicht übel. Dafür war die geistige Verbindung zwischen beiden<br />

Männern <strong>zu</strong> eng, wie die Korrespondenz zeigt. Beide fühlten<br />

sich als intellektuelle Opfer einer neuen Gesellschaft, die ihnen<br />

ihre nationalkonservative Haltung vorhielt. Jüngers Publikationsverbot<br />

wurde erst 1949 aufgehoben.<br />

Heidegger gewann bis <strong>zu</strong> seinem Tod im Jahr 1976 nie seine<br />

frühere unbelastete Strahlkraft als geistige Institution wieder,<br />

<strong>zu</strong>mindest nicht im bundesrepublikanischen Diskurs. In anderen<br />

Ländern wie Frankreich oder auch Japan kam es indes in den<br />

60er und 70er Jahren <strong>zu</strong> einer Heidegger-Renaissance. Auch in<br />

<strong>Bremen</strong> blieb ihm eine Anhängerschaft, <strong>zu</strong> der unter anderem<br />

der „<strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>“ gehörte, der ihn bis 1956 noch fünfmal <strong>zu</strong><br />

Vorträgen einlud. <strong>Der</strong> Briefwechsel mit Ernst Jünger verzeichnet


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 59<br />

denn auch einen dieser zweiten Besuche mit einem Eintrag vom<br />

23. April 1951: „Für die Tage in <strong>Bremen</strong> wünsche ich Ihnen Erholung<br />

und alles Gute“, schrieb Jünger.<br />

Entspannung fand Heidegger neben seiner Vortragstätigkeit bei<br />

diesem weiteren Gastspiel an der Weser in der Tat. Unter anderem<br />

besuchte er das Grab der von ihm bewunderten Paula Modersohn-Becker<br />

in Worpswede und traf sich mit Clara Rilke-Westhoff,<br />

ihrer einstigen besten Freundin. Eine Verwandte erinnerte<br />

sich später: „Jedenfalls war der Martin Heidegger höchst begeistert.<br />

Und dann wurde er von <strong>Bremen</strong> abgeholt und <strong>zu</strong> dem Herren,<br />

der ihn abholte, hat er dann gesagt, nachdem er im Auto<br />

saß: „Das ist eine Frau, die hätte ich auch sofort geheiratet.“<br />

Im Haus des Senators Ludwig Helmken hielt Heidegger Anfang<br />

der 60er Jahre sogar Seminare ab, so dass man durchaus von<br />

einem Bremer Heidegger-Kreis sprechen kann. <strong>Der</strong> letzte Besuch<br />

Martin Heideggers in <strong>Bremen</strong> war jedoch nicht der Arbeit gewidmet.<br />

Als Gast beim Schaffermahl ist er auf einem Zeitungsfoto<br />

59<br />

<strong>zu</strong> sehen. Und der Bericht notiert mit Unbekümmertheit, dass<br />

sich am Quertisch A „ein Professor aus Freiburg, der von seinen<br />

Nebenmännern fast um Kopfeslänge überragt wird, temperamentvoll<br />

redend <strong>zu</strong> seinem Gegenüber“ beugt.<br />

Augenscheinlich gefiel es dem Heidegger, der sich sonst als Einsiedler<br />

des Denkens in seiner Schwarzwaldhütte bei Todtnauberg<br />

inszenierte, gut unter den stadtstaatlichen Hanseaten. Glaubhaft<br />

überliefert ist sein Ausspruch während eines Abendessens<br />

im Haus von Hildegard Roselius während des Aufenthaltes 1930.<br />

„Unter euch Reedern, Kaufleuten, Rechtsanwälten, Ärzten, da<br />

geht es stets einzig um die Sache – und sei es schließlich auch<br />

die aller einfachste. Da fühl’ ich mich eben am wohlsten.“<br />

Das könnte als süffisantes Lob für bewiesene Einfalt verstanden<br />

werden. Von einem Philosophen, der in „den Sachen selbst“<br />

stets den höchsten Grad der Erkenntnis sah, darf es indes als<br />

ungeheucheltes Lob durchgehen.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 60<br />

60<br />

Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />

Yves Bertho, Zwangsarbeiter aus Frankreich<br />

Tod in <strong>Bremen</strong>


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 61<br />

Johannes C. Schmid<br />

<strong>Der</strong> Student der Rechte, Yves Bertho, wurde 1943 von den Deutschen,<br />

die Frankreich besetzt hielten, als Fremdarbeiter ins Reich<br />

zwangsverpflichtet. Zugeteilt wurde er einem Arbeitskommando<br />

bei der Focke Wulf Werft in <strong>Bremen</strong>. Diese Zeit, die für Bertho in<br />

seiner Sozialisation prägend war, hat er später in einem autobiografischen<br />

Roman verarbeitet. Beim international bekannten Pariser<br />

Verlag Gallinard verlegt, ausgezeichnet mit dem Prix Eve<br />

Delacroix sowie Prix Roland Dorgelès, schildert der Roman eindrucksvoll<br />

<strong>Bremen</strong> und seine Menschen unter der Geißel des Krieges.<br />

Ins Deutsche wurde das Werk leider nie übersetzt. Bertho<br />

besuchte <strong>Bremen</strong> nochmals in den siebziger Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts.<br />

Bei Köln überquerte der Zug ächzend gegen Abend den Rhein.<br />

Bertho blickt auf den träge dahinfließenden Fluss, an dessen<br />

Ufer wuchtig das Massiv des Kölners Dom emporragte. In dem<br />

verrauchten Abteil, das er mit 5 weiteren Insassen teilte, herrschte<br />

wie im ganzen Zug atemberaubende Enge. <strong>Der</strong> Zug, ein<br />

Gefangenentransport zwangsverpflichteter französischer Fremdarbeiter<br />

aller Altersschichten, hatte Paris früh morgens in Richtung<br />

Deutschland verlassen. Quälend verlief die Fahrt, wieder<br />

und wieder kam es <strong>zu</strong> zermürbenden Wartezeiten, weil Truppentransporte<br />

Vorrang hatten oder weitere Gefangene <strong>zu</strong>stiegen.<br />

Man hörte bellende Kommandos. Gebrüll, Türklappen, bevor der<br />

Zug sich dann dröhnend und stampfend wieder in Bewegung<br />

setzte. Waren am Morgen noch die Abteile vom Stimmengewirr<br />

erfüllt, einige machten sogar Scherze, breitete sich jetzt gegen<br />

Abend beklemmende Stille aus. Man rauchte, starrte vor sich hin<br />

und dachte an das ungewisse Kommende.<br />

Nun bin ich also in dem Land der Bosch, dachte Bertho, wäre ich<br />

140 Jahre früher geboren, hätte ich vielleicht mit Napoleon den<br />

Rhein hier überschritten. Er lachte in sich hinein. Von draußen<br />

fiel nur noch spärlich Licht ins Abteil. Bertho betrachtete die<br />

Gesichter seiner Mitgefangenen, junge Männer wie er, aus ihrer<br />

gewohnten Umgebung gerissen, um in einem fremden Land<br />

61<br />

Frondienste <strong>zu</strong> leisten. War das Schicksal oder Vorsehung? Er<br />

hatte keine Antwort darauf. Jede Generation hat wohl das ihr<br />

<strong>zu</strong>gewiesene Maß an Leid <strong>zu</strong> ertragen.<br />

Quietschend kommt der Zug gegen Mitternacht in Dortmund<br />

<strong>zu</strong>m Stehen. Wieder Gebrüll, Türgeknalle, hektisches Getrampel<br />

auf den Gängen. Auch Bertho muss sich hastig von drei traurig<br />

blickenden gleichaltrigen Mitgefangenen, die von einem mürrischen<br />

Wachthabenden aufgerufen wurden, verabschieden. Für<br />

ihn ging es also noch weiter, weiter aber wohin.<br />

Er drückt seinen Körper fest in den Sitz, so als könne dieser<br />

Sicherheit bieten. Sicherheit vor der ungewissen Zukunft, die<br />

ihn erwartet. Lange lauscht er den monotonen Geräuschen des<br />

Zuges, bis ein willkommener milder Schlaf ihn übermannt, alle<br />

Sorgen und Ängste <strong>zu</strong>deckend. Als er aus unruhigem Schlaf<br />

erwacht, dämmert es bereits. Ein leichter, den nahen Herbstanfang<br />

kündigender Nebel liegt auf den Wiesen. Bertho blickt auf<br />

die saftige norddeutsche Tiefebene, die sofort einen seltsamen<br />

Reiz auf ihn ausübt. Er liebt diese Jahreszeit, wenn die Natur<br />

noch einmal verschwenderische Färbung annimmt, so als wolle<br />

sie sich vor dem unvermeidlichen großen Sterben noch einmal<br />

schmücken. Weit entfernt in einem Bauerngehöft flammt ein<br />

Licht auf, hier begann bereits das Tageswerk. Kühe und Pferde<br />

sind noch auf den Weiden, liegen gedrängt beisammen oder<br />

machen sich über das morgenfrische Gras her. Ein Bild des Friedens,<br />

kaum nach<strong>zu</strong>vollziehen, dass Europa sich im Krieg befindet.<br />

Er gibt sich wieder seinen Gedanken hin. Sie überfahren<br />

eine schmale Brücke, unter der sich ein silbrig glänzender Fluss<br />

dahin schlängelt. Kurz darauf kommen die ersten Häuser, einige<br />

durch Bomben zerstört, in sein Blickfeld. Er presst sein Gesicht<br />

an das Zugfenster. Neugierig sieht er im Dunkeln Straßenzüge.<br />

Auf einigen Plätzen regt sich erstes Leben. Dann kommt der Zug<br />

langsam in den von einem riesigen stählernen Halbrund überdachten<br />

Bahnhof <strong>zu</strong>m Stehen. <strong>Bremen</strong> Endstation, endlich geht<br />

es Bertho durch den Kopf. Vor dem Bahnsteig nahmen alle Auf-


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 62<br />

62<br />

Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />

Yves Bertho, Zwangsarbeiter aus Frankreich<br />

stellung. Jeder hielt sein Bündel, Koffer oder Rucksack fest<br />

umklammert. Waren hierin doch die Habseligkeiten und Erinnerungen<br />

an die teure Heimat verstaut. Habseligkeiten, die für wer<br />

weiß wie lange Zeit die einzige Verbindung nach Hause waren.<br />

Bertho hatte seinen Namen schon zweimal rufen gehört. Er<br />

sprach sehr gut Deutsch, was ihm vieles erleichterte. Auf der<br />

Fahrt <strong>zu</strong>m Lager, sie saßen <strong>zu</strong> zwölft auf einem offenen Laster,<br />

erläuterte der Wachhabende gönnerhaft, während Bertho übersetzte,<br />

dass sie als Angehörige eines von den Deutschen als rassisch<br />

anerkannten Volkes gewisse Freizügigkeiten hätten. So<br />

brauchten sie keine Plaketten <strong>zu</strong> tragen und nach Dienstschluss<br />

genossen sie freien Ausgang. Sie konnten also Cafés besuchen<br />

oder sich mit Kameraden treffen. „Außerdem steht den Herren<br />

ein Bordell im Stadtteil Sebaldsbrück <strong>zu</strong>r Verfügung. Aber das<br />

werdet ihr ja kennen lernen.“ Er grinst zynisch. Dann wird seine<br />

Stimme militärisch. „Aber ihr müsst wissen, der Führer des deutschen<br />

Volkes erwartet volle Bereitschaft von jedem von euch.“<br />

Nach kurzer Visite im Lager, Ausgabe der Kennkarte, Empfangnahme<br />

der Arbeitskleidung, werden die Fremdarbeiter <strong>zu</strong><br />

den vorgesehenen Arbeitsstätten gebracht. Es war 10.00 Uhr als<br />

Bertho und zwei weitere Kameraden bei Focke Wulf <strong>zu</strong>m Einsatz<br />

abgeliefert wurden. <strong>Der</strong> Meister, Jan wurde er gerufen, war gerade<br />

in höchster Erregung. Er hatte soeben erfahren, dass die Italiener<br />

einen Waffenstillstand mit den Alliierten unterzeichnet<br />

hatten. Das ist Verrat, ereiferte er sich. Verrat am Führer und am<br />

Duce. Man sollte dieses elende Gesindel … Sein fleischiges<br />

Gesicht färbt sich dunkelrot. Sein Blick geht in die Runde, so<br />

als wolle er sich versichern, ob auch all seine Empörung und<br />

Loyalität <strong>zu</strong>m Staat würdigen. Er sieht auf das Papier, das der<br />

Wachhabende ihm mit den Namen der Neuankömmlinge überreicht<br />

hatte. So, so, Franzosen, einer spricht deutsch, alle kräftig<br />

gebaut. Er mustert sie eingehend und wendet sich dann an<br />

Bertho. „Es gibt viel <strong>zu</strong> tun, <strong>zu</strong>rzeit geht der Moskito, Nachtjäger<br />

in Serie. Das Flugzeug wird kriegsentscheidend sein. Stillstand<br />

können wir uns nicht leisten. Da hinten ist Alphonse, Franzose<br />

wie ihr, er wird euch in alles einweisen“. Er winkt einen etwa<br />

35jährigen gebräunten Mann heran.<br />

Die nächsten Wochen taucht Bertho tief in die Strukturen eines<br />

deutschen Rüstungsbetriebes ein. Das kriecherische Gehabe<br />

Untergebener, die wiederum Juden und polnische Gefangene<br />

demütigen, empörte ihn. Er sieht wie diese Ostarbeiter, Abend<br />

für Abend auf die Wagen getrieben wurden und <strong>zu</strong>m KZ Oberheide<br />

(Stuhr) gebracht wurden. (<strong>Bremen</strong> hatte derzeit etwa 150<br />

Lager).<br />

Bertho will das Elend nicht an sich herankommen lassen. Er verstand<br />

den Krieg der Bosch nicht, konnte überhaupt jemand diesen<br />

Krieg verstehen? Wann immer die Zeit es <strong>zu</strong>ließ, nach<br />

Arbeitsschluss oder tagsüber auf Botengängen, erforschte er die<br />

Stadt, in der er sich von Anfang an nicht fremd gefühlt hatte.<br />

Mit Erschrecken sah er, wie die Zerstörung schon gewütet hatte.<br />

Er sah die nutzlose Arbeit der Gefangenen-Räumkommandos in<br />

den Straßen, die, sobald sie etwas Ordnung geschaffen hatten,<br />

vor den Unheil verkündenden Sirenen in Keller und Ruinen flüchten<br />

mussten. Bunker waren nur den Aufsehern und den Ariern<br />

vorbehalten. In diesem Hexenkessel zwischen Wahnsinn und<br />

dem Versuch, eine bestimmte bürgerliche Fassade aufrecht <strong>zu</strong><br />

erhalten, hatte Bertho sich eingerichtet. Alles Geschehen<br />

betrachtete er aus einer gewissen Distanz. Er genoss sehr wohl<br />

den privilegierten Status. Meister Jan behandelte ihn mit Wohlwollen.<br />

Auch <strong>zu</strong> Alphonse, dem Franzosen, hatte er ein kameradschaftliches,<br />

fast freundschaftliches Verhältnis entwickelt.<br />

Alphonse wollte ihn in der kommenden Adventszeit mal mit <strong>zu</strong><br />

einer Feier nehmen. Er tat sehr geheimnisvoll.<br />

Es war November. Wieder einmal hatte Bertho lange staunend<br />

vor dem Rathaus gestanden, hatte die Liebfrauenkirche besucht<br />

und war in Richtung Bahnhof unterwegs. Aufmerksam nahm er<br />

das Geschehen um sich herum wahr. Kinder spielten in Ruinen,<br />

hübsche Flakhelferinnen in schmucken Uniformen gingen<br />

lachend <strong>zu</strong>m Dienst, so als wäre normaler Alltag. Aber Bertho<br />

wollte alleine sein. Im Hollersee spiegelte sich das Hotel, das<br />

gleich einem verwunschenen Schloss in die Parklandschaft eingefügt<br />

war. Glückliche Menschen, die darin <strong>zu</strong>hause sind.<br />

Plötzlich begann es kräftig <strong>zu</strong> schneien. Über Bäume, Büsche,<br />

Häuser und Straßen legte sich blitzartig eine weiße Decke. Diese<br />

Stadt, denkt Bertho, ist voller Schönheiten und voller Überraschungen.<br />

Er eilt <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong>m Café Central (Schüsselkorb), wo er<br />

oft den Abend mit Kameraden verbringt. Er hofft noch, Marie <strong>zu</strong><br />

treffen, eine französische Fremdarbeiterin, die in einer Seifenfabrik<br />

eingesetzt ist. Kurz nach seiner Ankunft in <strong>Bremen</strong> hatte er<br />

sie durch Alphonse kennen gelernt. Sie war Mitte dreißig, mit<br />

großen Augen und verlockenden Formen. Deutsch sprach sie<br />

ausgezeichnet und sie hatte viele Verbindungen <strong>zu</strong> Einheimischen.<br />

Sie schien gut <strong>zu</strong> Recht <strong>zu</strong> kommen. Selbst ein kleines<br />

Zimmer <strong>zu</strong>r Miete besaß sie.<br />

„Mon ami, nicht traurig sein über dein Los, über unser Los.<br />

Selbst im Misthaufen sind manchmal Perlen verborgen. Eine<br />

Tasse Bohnenkaffee im Luftschutzkeller, wenn draußen Bomben<br />

fallen, kann höchstes Glück sein. Ein Glas Cognac, ein feuchter<br />

Kuss . . .“ So redete sie, während in ihren Augen das Verlangen<br />

glühte. Sie schien fest entschlossen, diesem trostlosen Leben<br />

jede Lust ab<strong>zu</strong>trotzen. In ihrem kleinen ungeheizten Zimmer<br />

erlebte Bertho die körperliche Lust der Liebe. Das von den<br />

Behörden genehmigte Bordell in Sebaldsbrück, über das seine<br />

Kameraden jeden Morgen deftige Zoten machten, hatte er bisher<br />

standhaft gemieden. Marie wurde seine mütterliche Freundin in


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 63<br />

diesen dunklen Tagen. Sie sprachen über die Stadt, den Krieg<br />

und ihre Heimat. In der Liebe war sie ihm, dem Unerfahrenen,<br />

der Weg, aber nicht das Ziel. Das ahnte er instinktiv.<br />

Bertho starrte in die flackernde Kerze, die den luxuriösen Salon<br />

in ein geheimnisvolles Licht tauchte. Im Kamin knisterte ein<br />

Feuer und warf bizarre Schatten an die Wand. Vor ihm auf dem<br />

Tisch stand eine Karaffe mit erlesenem Wein, wie er es als Franzose<br />

wohl <strong>zu</strong> beurteilen wusste. Alphonse, der ihn in diese Wunderwelt<br />

zwischen Tod und Trümmern eingeführt hatte, saß lässig<br />

auf der Chaiselongue, ein großes Cognacglas schwenkend.<br />

Bertho gegenüber saß Inge, die Frau des Hauses. Ein Bild von<br />

herber Schönheit. Sie mochte Ende dreißig sein, voll erblüht in<br />

berückender Weiblichkeit. So empfand es jedenfalls Bertho. Sie<br />

war die Frau irgendeines Parteibonzens, der in den Osten versetzt<br />

war, so hatte Alphonse ihm erzählt. Frauen wie sie<br />

genießen selbst im Krieg alle Vorzüge und Privilegien. Alphonse<br />

tat sehr geheimnisvoll, wenn er von ihr erzählte. Woher kannten<br />

sie sich, rätselte Bertho. Hatten sie ein Verhältnis? Erledigte er<br />

63<br />

für sie irgendwelche Dienste? Alphonse hielt sich bedeckt und<br />

wich in Belanglosigkeiten aus. Amüsiert betrachtete Inge ihr<br />

Gegenüber, der unbeholfen das Glas füllte. Instinktiv erkannte<br />

sie in Bertho den noch nicht Gereiften, aber auch den intellektuell<br />

Überlegenen. Kommen Sie bald wieder, lächelte sie beim<br />

Abschied, und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Kommen Sie,<br />

wann immer Sie mögen, junger Freund. Alphonse küsste sie<br />

flüchtig auf den Mund, dann steckte sie jedem noch ein<br />

Päckchen mit Kaffee, Tabak und belegten Broten <strong>zu</strong>.<br />

Nach den schweren Luftangriffen vom November wird am 10.<br />

Dezember, einen Tag nach ihrem Besuch im Parkviertel, die<br />

Ansgarikirche getroffen. Die Innenstadt wird immer mehr <strong>zu</strong>m<br />

Trümmerfeld. Tiefe Traurigkeit erfasst Bertho über den Verfall der<br />

Bauwerke und Wohnhäuser. Ihn dauern die Menschen, die unter<br />

dem Bombenhagel leiden.<br />

Zweimal besucht Bertho mit seinem Freund Alphonse dessen<br />

geheimnisvolle Bekannte, ohne dass ihm klar wurde, in welcher


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 64<br />

64<br />

Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />

Yves Bertho, Zwangsarbeiter aus Frankreich<br />

Beziehung sie <strong>zu</strong>einander standen. Jedes Mal ärgerte er sich<br />

über sein linkisches Verhalten. Dann suchte er sie auch alleine<br />

auf. Sie plauderten, aßen, lachten und jedes Mal, wenn er sie<br />

verließ, verfluchte er seine Schüchternheit. Ihr Wesen, ihr Aussehen,<br />

alles an ihr hatte seine jugendliche Phantasie entflammt.<br />

Hin und wieder traf er sich mit Marie, um sein Verlangen <strong>zu</strong> stillen,<br />

aber nachts träumte er von einem leidenschaftlichen aufgewühlten<br />

Sein an der Seite dieser Frau. Er träumte von Gluten und<br />

Ekstasen, wie er sie in Büchern von Flaubert und Zola verschlungen<br />

hatte. War das Liebe, was er für diese kühle Nazideutsche<br />

empfang, die fast doppelt so alt war wie er? Mit niemandem<br />

wagte er darüber <strong>zu</strong> sprechen. Die Päckchen, die sie ihm bei<br />

jedem Besuch gab, schob er bei Focke Wulf jüdischen Zwangsarbeiterinnen<br />

aus dem KZ Obernheide <strong>zu</strong>. Große, dunkle Augen<br />

dankten es ihm. Das war nicht ungefährlich, und warum er es<br />

tat wusste er selber nicht. Hatte er Mitleid, wollte er sein Gewissen<br />

beruhigen, war es Scham, dass er bei einer Deutschen, einer<br />

Feindin, verkehrte? Er wollte sich keine Rechenschaft ablegen.<br />

Er arbeitete hart und während der Arbeit fieberte er den Besuchen<br />

bei Inge entgegen. Nachts lag er wach, sich in Sehnsucht<br />

verzehrend. Was passierte hier zwischen Bomben und Tod, zwischen<br />

Schutt und Grauen, mit ihm, dem gerade 21-Jährigen.<br />

Zartes Grün kündete das Frühjahr an. Es kam der Sommer, überall<br />

hörte man flüstern, dass die Front immer näher käme, die<br />

Befreiung sei nah. An einem heißen Augustabend trieb ihn das<br />

Verlangen wieder ins Parkviertel. Inge trug ein leichtes Sommerkleid.<br />

Sie schenkte ihm Wein ein. Es schmerzt ihn, sie so <strong>zu</strong><br />

betrachten, ohne sie <strong>zu</strong> berühren. Wenn Sie auch im Laufe der<br />

Zeit vertrauter geworden waren, blieb doch eine unüberbrückbare<br />

Distanz. Das Geheul der Sirenen ließ sie aufschrecken. Sie<br />

warteten auf Entwarnung, aber die kam nicht. Bomberwelle auf<br />

Bomberwelle dröhnte heran und warf tödliche Fracht ab. Bertho<br />

sah aus dem Fenster. <strong>Der</strong> Bremer Westen, der Hafen, der ganze<br />

Stadtteil, den er auf langen Spaziergängen erkundet hatte, war<br />

ein einziges Flammenmeer. Blutrot färbte sich der Himmel. Seltsam,<br />

ihm fielen die Worte seiner bibelfesten Großmutter ein, die<br />

Abend für Abend in dem großen Buch las. „Und ich sah ein<br />

fahles Ross und der Name des Reiters war Tod und die Hölle<br />

folgte ihm nach.“ Bertho fröstelte, kalt lief es ihm den Rücken<br />

herunter, das hier war der Tod, das war die Hölle.<br />

Inge hatte sich an ihn gedrängt, sie musste Ähnliches spüren<br />

wie er. Er fühlte wie sich ihr Busen an ihn schmiegte, beugte<br />

sich über ihr schwarzes Haar, sog ihren Duft ein, küsste ihre<br />

Augen, ihren Hals. Ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmte<br />

ihn. Dann fand er ihren Mund. Ein nicht endender Kuss. Während<br />

das Inferno über <strong>Bremen</strong> tobte, erschauerten zwei Körper.<br />

Nach dieser Nacht sah Bertho Inge nie wieder. Alphonse meinte,<br />

sie sei nach Berlin <strong>zu</strong> ihrem Mann gereist. Auch der Hausmeister<br />

wusste nichts Genaueres. <strong>Der</strong> Krieg setzte bis <strong>zu</strong>m Ende noch<br />

sein monotones Zerstörungswerk fort. Seitdem sind Monate vergangen.<br />

Monate, in denen der ganze Schrecken dieses Völkerringens<br />

immer offenbarer wurde. <strong>Der</strong> Jubel über die Kapitulation<br />

der Deutschen, der die Städte von London bis New York erfüllt<br />

hatte, war verklungen. Lähmendes Entsetzen hatte die Welt<br />

erfasst, doch bald machte sich wieder Gleichgültigkeit breit.<br />

Bertho denkt oft an diese Zeit und diese Stadt, die er nicht<br />

kannte, die ihm aber <strong>zu</strong>m Schicksal wurde. Er denkt an die<br />

düsteren Straßen, die hastenden Menschen auf der Suche nach<br />

etwas Glück im tristen Kriegsalltag. Er denkt an die geschundenen<br />

Menschen und er denkt an Inge, die ihn ihm ein unbekanntes<br />

Verlangen weckte und stillte. Und er sinnt über das Spiel des<br />

Schicksals nach, dass er den Höhepunkt der Lust in dem Moment<br />

erfuhr, als Tausende von Menschen im Bombenhagel ums Leben<br />

kamen.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 09.01.2009 16:03 Uhr Seite 65<br />

DER CLUB ZU BREMEN<br />

<br />

225 JAHRE<br />

<br />

Erscheint im Februar 2009<br />

<br />

Die bislang umfassendste Gesamtdarstellung der 225 jährigen<br />

Geschichte des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>.<br />

400 Seiten mit über 500 Abbildungen.<br />

Im Buchhandel erhältlich.<br />

Für Mitglieder des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> als<br />

Jubiläumsgeschenk.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 66<br />

66<br />

Literatur<br />

Wodka und Messer<br />

Gerald Sammet rezensiert


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 67<br />

Gerald Sammet<br />

<strong>Der</strong> See: Wer schon das eine oder andere der Bücher von Artur<br />

Becker gelesen hat, kennt bereits ein paar seiner Facetten. Er ist<br />

der Urgrund seines Schriftstellerlebens. Einen ganzen Roman,<br />

seinen ersten, hat er ihm gewidmet. Überall stößt man auf ihn.<br />

Ein Spiegel, ein Auge, ein Fleck in den Masuren. Von dort kommt<br />

Becker. In Bartoszyce wurde er 1968 geboren. 1985 kam er nach<br />

Deutschland. Heute lebt er in Verden an der Aller, weit weg von<br />

seinem Dadajsee und doch in nächster Nähe <strong>zu</strong> ihm. „Wodka und<br />

Messer“, sein neuestes Buch, lässt ihn schon im Titel anklingen:<br />

„Lied vom Ertrinken“.<br />

Es führt, darum geht es in diesem Roman, kein Weg <strong>zu</strong>rück.<br />

Irgendwie dann aber doch. Wobei dieses Irgendwie sich keinem<br />

Irgendwoher verdankt. Becker lenkt einen an Orte, die präzise<br />

benannt werden. Städte und Städtchen und Streifen von Land,<br />

die sich wie ein Kettchen um diesen See gelegt haben. Es wimmelt<br />

dort nicht unbedingt von Menschen, aber es gibt genug von<br />

ihnen für mehr als die eine Geschichte, um die es geht.<br />

Die Geschichte von Jakub <strong>Der</strong>nicki, Koseform Kuba, und seiner<br />

verlorenen Liebe. Ihr Name war Marta. Im Dadajsee ist sie<br />

ertrunken. Als Kuba <strong>Der</strong>nicki <strong>zu</strong>m See und <strong>zu</strong> seinen Menschen<br />

<strong>zu</strong>rückkehrt, kehrt, in Gestalt der schönen Hoteldirektorin Justyna,<br />

auch Marta <strong>zu</strong>rück.<br />

Die Geschichte, die Becker erzählt, ist eine vom Auswandern aus<br />

dem eigenen Leben. „Die Emigration“, lässt er seinen Heimkehrer<br />

wider besseres Wissen erzählen, „ist eine Fünfstufenrakete.<br />

Eins – man flieht; zwei – man gewöhnt sich; drei – man vergisst;<br />

vier – man erinnert sich; und fünf – man will <strong>zu</strong>rückkehren, aber<br />

es geht nicht mehr.“ Von dieser Unmöglichkeit, zwei Mal in den<br />

selben See steigen <strong>zu</strong> können, handelt das Buch.<br />

<strong>Der</strong> Dadajsee, lernt man aus ihm, verfügt über zwei Augen.<br />

Eines, wird erzählt, „sei vollkommen weiß, und dadurch sähe er<br />

mit dem anderen, dem gesunden, nicht die ganze Wahrheit über<br />

67<br />

die Menschen, die an seine Ufer kämen oder in seiner Nähe lebten.<br />

Er sähe sie als Krüppel, als Missgebildete, jedem Körper<br />

fehle ein Glied, ein Bein, eine Hand, manchmal gar der Kopf,<br />

oder die Gesichter seien aufs Ungeheuerste verstümmelt.“<br />

Den meisten Menschen, die Becker auftreten lässt, ist genau das<br />

<strong>zu</strong>gestoßen, oder es wird ihnen noch <strong>zu</strong>stoßen, an den Ufern<br />

des Sees, auf dem See und tief in seinem Innern. Die Seelen seiner<br />

Figuren sind allesamt versehrt und verbrannt, und ihre Körper<br />

die Spiegel davon.<br />

„Wodka und Messer“ ist ein Roman voller Magie, weil die Wirklichkeit<br />

den Handelnden nur diesen Ausweg erlaubt. Die verlorene<br />

Liebe Marta: Offiziere der polnischen Staatssicherheit jagten<br />

sie einst über den gefrorenen See in den Tod. Die in ihrer<br />

Gestalt wieder erstandene Juystina: Geliebte des Bürgermeisters<br />

der Stadt Biskupiec ist sie gewesen, der – aufklären lässt sich<br />

das nicht mehr – einer der Häscher von damals gewesen sein<br />

könnte.<br />

<strong>Der</strong>nicki trägt ein sprechendes Messer bei sich, das ihn <strong>zu</strong> allerlei<br />

nicht leicht <strong>zu</strong> verwirklichenden Bluttaten auffordert. Seinem<br />

Auftrag, den Bürgermeister <strong>zu</strong> töten, muss er am Ende nicht<br />

nachkommen. <strong>Der</strong> verbrennt mit seinem Boot, einem Statussymbol,<br />

auf dem See. Die neue Zeit ist nicht weniger gewalttätig als<br />

die alte. Die tot geglaubte Geschichte, so viel Marx darf noch<br />

sein, lastet wie ein Albtraum auf den Häuptern der Lebenden.<br />

Becker versteht sich aufs Gleichgewicht, auf ein Erzählen, bei<br />

dem die literarische Technik, der magisch-realistische Ton, den<br />

er anschlägt, nie <strong>zu</strong>m Selbstzweck missrät. Er setzt auf Gefühle,<br />

lässt sie strömen, arbeitet mit Leitmotiven wie den Sun-<br />

Bear-Konzerten von Keith Jarrett oder der Lyrik des von ihm<br />

verehrten Nobelpreisträgers Czesl´aw Mil´osz, öffnet neue Horizonte<br />

durch sie. Mit sicherer Hand steuert er seine masurischen<br />

Helden und Versager durch ein Leben, in dem es von Fall-


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 68<br />

68<br />

<strong>Club</strong> Spezial<br />

Wodka und Messer<br />

stricken, schlammigen Wegen, Unwägbarkeiten jedweder Art und<br />

verlorenen Gewissheiten nur so wimmelt. Polen von überall her<br />

besehen: der Warschauer Aufstand, die bleiernen Jahre unter<br />

Wl´adisl´aw Gomul´ka, das Kriegsrecht des seine Augen verbergenden<br />

Generals Jaruzelski, die Bürgerrechtler von Danzig, das Kommen<br />

und Gehen in diesem entlegenen Winkel der Erde. Die Toten<br />

mischen sich in die Angelegenheiten der Lebenden ein, und<br />

manchmal stellt sich heraus, dass sie tatsächlich Untote sind.<br />

Begraben wurde ein anderer, eine Leiche dafür auf<strong>zu</strong>treiben war<br />

kein Problem. „Die Hölle“, zitiert Becker in einem dem Roman<br />

nachgetragenen Glossar Simone Weil, „ist ein Nichts, das sich<br />

anmaßt und die Täuschung hervorruft, ein Sein <strong>zu</strong> sein.“<br />

Beckers Roman lebt, weil er ihn mit solchen Schwindel erregenden<br />

Sätzen grundiert, aber nicht übermalt. Seine Personen<br />

haben sich zwar in derlei Schwebe<strong>zu</strong>ständen verfangen, sind<br />

aber in allem Übrigen handfester Natur und einer Flasche Wodka<br />

nicht abgeneigt, wenn die sich unwirkliche Wirklichkeit mal wieder<br />

<strong>zu</strong> weit auf das Terrain ihrer Lebensgrundlagen vorgewagt<br />

hat. „Wodka und Messer“ ist, wie all die anderen Bücher von<br />

Becker, vor allem ein Liebesversuch. Aufs Gelingen sollte man<br />

nicht wetten. Wo Gefühlshorizonte ins Spiel gebracht werden,<br />

schaut am Ende keiner in die sinkende Sonne. Die Explosion, mit<br />

der Becker den Bürgermeister von Biskupiec untergehen lässt,<br />

ist real. Ein Happy End für die von ihm angezettelte Doppelgänger-Liebesgeschichte<br />

braucht er danach nicht mehr.<br />

Artur Becker, Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken. Weissbooks:<br />

Frankfurt am Main 2008. 22,– Euro


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 69<br />

ENTDECKT<br />

DAS <strong>NEU</strong>E BREMEN<br />

VERÄNDERTE STADT– VERÄNDERTE BILDER<br />

EIN GESCHENKBUCH FÜR<br />

FREUNDE, KUNDEN UND GÄSTE<br />

EUR 29,50<br />

In <strong>Bremen</strong> hat sich vieles in den letzten zwölf Jahren gewandelt: neue Gebäude sind entstanden, alte<br />

wurden umgebaut, erweitert und einer neuen Nut<strong>zu</strong>ng übergeben. So sind beispielsweise für die<br />

Freizeitgestaltung von Bremern und Nicht-Bremern neue attrakitve Anziehungspunkte entstanden,<br />

wie die Promenade an der Schlachte und »das Universum«. Im vorliegenenden Band dokumentieren<br />

renommierte Bremer Fotografen (Toma Babovic, Frank Pusch, Michael Jungbluth) diese Entwicklung.<br />

Mit Texten von Claus Spitzer-Ewersmann und einem Vorwort von Henning Scherf.<br />

Beste Zeiten Verlagsgesellschaft mbH Oskar-Schulze-Straße 12 28832 Achim<br />

Tel. 0421-168 45 45 Fax 0421-20 53 94 95 www.beste-zeiten.de


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 70<br />

70<br />

Wirtschaft<br />

<strong>Club</strong>-Test<br />

Autotest Mercedes GLK<br />

Fotos: Frank Pusch


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 71<br />

Rüdiger Hoffmann<br />

„Wilde Marketing-Rangelei“ könne sich der neue GLK von Mercedes<br />

sparen, schrieb „Auto Motor und Sport“, das automobile<br />

Leitorgan der Deutschen. Die Marktlücke für den „umgänglichen<br />

Charakter“ mit der „kantigen Optik“ sei so groß, dass viel Spielraum<br />

herrsche zwischen den drei deutschen Konkurrenten im<br />

Medium-Geländewagen Segment, dem „Asphalt-Junkie BMW X3,<br />

dem Spätstarter VW Tiguan und dem bereits drängelnden Audi<br />

Q5“. Die Rede ist von einem Marktsegment, das sich angesichts<br />

wachsender Kritik an den mächtigen SUV`s wie BMW X5, Mercedes<br />

ML, Audi Q7, Range Rover oder Hummer unvermutet aufgetan<br />

hatte.<br />

Und da steht er auf seiner vierradangetriebenen kantigen Karosserie.<br />

<strong>Der</strong> in Blech gegossene Versuch, das Thema Geländewagen<br />

wieder gesellschaftsfähig <strong>zu</strong> machen, ohne die Reize der geländegängigen<br />

Hochsitze <strong>zu</strong> opfern.<br />

„Gelungen“, das war die übereinstimmende Meinung unserer beiden<br />

Geländewagen-erfahrener Testpaare an einem düsteren<br />

Nachmittag auf der Mercedes Geländestrecke im Dezember. Heike<br />

und Joachim Linnemann bewegen im Alltag den Urvater gepflegter<br />

Geländegängigkeit, einen Mercedes G. Brigitta und Patrick<br />

Wendisch lieben es deutlich rauer. Ein Land Rover gehört seit 12<br />

Jahren <strong>zu</strong>m Fuhrpark der Familie. Mit ihm bewältigt Brigitta<br />

Wendisch den Alltag mit drei Jungs und deren hochentwickelten<br />

Mobilitäts-Bedürfnissen für Schule, Sport und Freizeit. Dass<br />

Vater Patrick gerne seinen Motorrad-Hänger auf den Haken<br />

nimmt, um seine betagte Moto-Guzzi Le Mans <strong>zu</strong> transportieren,<br />

macht die Sinnhaftigkeit des Themas Geländewagen in der Familie<br />

Wendisch evident.<br />

Erich Gebhard, Chef der Mercedes Niederlassung, hatte die Idee,<br />

den <strong>Club</strong>-Test einmal nicht von einer Einzelperson, sondern von<br />

Geländewagen-erfahrenen Paaren machen <strong>zu</strong> lassen. Joachim<br />

Linnemann, Projektentwickler, Investor und Immobilienfachmann,<br />

ihm verdankt <strong>Bremen</strong> entscheidende Impulse für eine<br />

71<br />

moderne Entwicklung der Überseestadt, brachte seinen ersten<br />

Eindruck auf den Punkt: „Schönes Auto, nicht <strong>zu</strong> groß, etwas<br />

kantig, moderne Anmutung, nicht so spießig wie die M-Klasse<br />

und nicht so groß wie der GL. Heike, seine Frau, ergänzt lakonisch:<br />

„Das ist ein schickes Kraftpaket.“<br />

„Erstaunlich klein“, findet Brigitta Wendisch und Patrick, ihr<br />

Mann, immerhin als studierter Wirtschaftsingenieur fast vom<br />

Fach: „Breit, stabil und nicht umwerfbar.“ Das wollen wir jetzt<br />

wissen. Als erstes wartet die Steilstrecke auf dem künstlichen<br />

Berg inmitten des Automobilwerks der Daimler AG an der


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 72<br />

72<br />

Wirtschaft<br />

<strong>Club</strong>-Test<br />

Sebaldsbrücker Heerstraße in <strong>Bremen</strong> auf uns. Erich Gebhard<br />

wollte den Geländewagen-Kunden seines Unternehmens eine<br />

Gelegenheit bieten, das Fahrzeug, das diese im Kundencenter<br />

eigenhändig abholen, gleich um die Ecke unter Anleitung erfahrener<br />

Instrukteure ohne wenn und aber in allen denkbaren<br />

Geländesituationen ausprobieren <strong>zu</strong> können.<br />

Und so entstand ein Geländeparcours, der den Fahrzeugen alles<br />

abfordert, was Natur und Mensch einem vierradgetriebenen<br />

Geländewagen so entgegen stellen können. Patrick Wendisch,<br />

geschäftsführender Gesellschafter des renommierten Bremer Versicherungsunternehmens<br />

Lampe & Schwartze, will auf den künstlich<br />

aufgeschütteten Berg.<br />

Nach einer Fahrt mit dem Instrukteur sitzt er selbst am Steuer.<br />

„Die Logik sagt einem, da muss man hoch kommen, ansonsten<br />

hätten die das ja nicht so steil gebaut, aber wenn es dann 7 %<br />

Steigung hoch und sogar 80 % Steigung runter geht, dann<br />

rutscht das Herz doch kurz in die Hose.“ Ohne Folgen. Patrick<br />

Wendisch gibt beherzt, aber nicht ohne Gefühl, Gas und der Diesel-getriebene<br />

Gelände-Beau krallt seine Reifenprofile in den<br />

steilen Asphalt.<br />

Mehr als den Himmel sieht der Fahrer nicht. Oben angekommen,<br />

Fuß vom Gas, sachte abbremsen, der GLK kippt auf seine vier<br />

Räder, Fahrer und Beifahrer schauen geradeaus in die Weite. Die<br />

80 % Steilstrecke unter ihnen können sie nicht sehen. „Das ist<br />

wie in der wilden Maus auf dem Freimarkt“, meint Wendisch.<br />

Jetzt sind persönlicher Mut und Zuversicht ins Material gefragt.<br />

Leicht Gas geben, der Wagen kippt nach vorne, plötzlich hat man


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 73<br />

73


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 74<br />

74<br />

Wirtschaft<br />

<strong>Club</strong>-Test<br />

das Gefühl, einen Kopfstand <strong>zu</strong> machen, es geht praktisch senkrecht<br />

nach unten. Die allgemeine Lebenserfahrung signalisiert,<br />

das geht nur im freien Fall. <strong>Der</strong> Instrukteur sagt, langsam von<br />

der Bremse gehen. Ja, dann rutschen wir eben im freien Fall.<br />

Dass man hier heil runter kommen muss, sagt der Verstand, das<br />

Gefühl wehrt sich. <strong>Der</strong> Instrukteur setzt sich durch. Wer will<br />

schon ein Weichei sein und das vor Freunden und der eigenen<br />

Frau? Langsam setzt sich der GLK in der Falllinie in Bewegung<br />

und in der Tat, es bleibt eine, vom Bremsfuß kontrollierte<br />

Abwärtsbewegung bis die Waagrechte wieder erreicht ist.<br />

Brigitta Wendisch ist richtig nervös geworden, ihr ging das nicht<br />

zügig genug. Fahrerwechsel. Und jetzt zeigt sie ihrem Mann, wie<br />

man dieses Abenteuer auch beherzter angehen kann. Irgendwann<br />

nach der vierten oder fünften Bergfahrt hat der Instrukteur<br />

gesagt, „jetzt sind die anderen auch einmal dran.“ Am<br />

meisten hat der Mutter dreier Jungs die Automatik imponiert,<br />

die bei Bedarf die Bergabfahrt so regelt, dass man den Fuß ganz<br />

von der Bremse nehmen kann. „Mehr Vertrauen in Technik geht<br />

eigentlich nicht“.<br />

Heike und Joachim Linnemann sind gerade eine steile Treppe<br />

mit rund 10 Stufen hochgefahren, um anschließend Kurs auf ein<br />

Holzplanken-Hindernis <strong>zu</strong> nehmen, das dem Geländewagen eine<br />

seitliche Neigung von rund 45 % abverlangt.<br />

„Das ist wie auf der Achterbahn, da kippt man in den Kurven<br />

wegen Geschwindigkeit und Fliehkraft nicht um. Aber in dieser<br />

wahnsinnigen Schräglage langsam fahren oder sogar stehen<br />

bleiben und nicht umkippen, das ist eine völlig neue Erfahrung“,<br />

staunt Joachim Linnemann, der beim Verlassen des Holzplanken-Hindernisses<br />

gar nicht mitbekommen hat, dass sein Geländeathlet<br />

mit dem Stern auf dem Kühler zeitweilig nur auf den<br />

zwei diagonal gegenüber liegenden Rädern steht. Dem geordneten<br />

Vortrieb tut dies keinen Abbruch. Unsere beiden Test-Ehepaare<br />

sind tief beeindruckt von ihren Fahrkünsten und dem, was<br />

diese Geländewagen so alles können.<br />

Und sie können viel diese SUV´s, viel mehr, als ihnen im Alltag<br />

vermutlich jemals abverlangt wird. Aber auch darin scheint, wie<br />

im richtigen Leben, neben überlegener Sitzposition und gutem<br />

Überblick, ein verkaufsfördernder Reiz <strong>zu</strong> liegen.<br />

Einstieg und Übersicht im GLK profitierten von den nahe<strong>zu</strong> senkrechten<br />

Seitenpfosten. Die für Geländewagen relativ niedrige<br />

Gürtellinie machte den Blick <strong>zu</strong>r Seite und über die Schulter<br />

gerade<strong>zu</strong> komfortabel. Die Inneneinrichtung gefällt unseren<br />

Testern. Dass sich der GLK auf der Straße sehr komfortabel bewegen<br />

lässt, davon gehen Sie aus. „Geschmeidige Federung, angenehmes<br />

Geräuschniveau und gute Sitze“ hat Auto Motor und<br />

Sport dem GLK attestiert. Die sauber dosierbaren Bremsen verzögerten<br />

ebenso kräftig wie standfest bei stabilem Geradeauslauf<br />

und sicherem Kurvenverhalten. Wie gesagt, das alles kann man<br />

einem Fahrzeug der Preisklasse über 40.000 Euro aus dem Hause<br />

Daimler unterstellen.<br />

Was unseren Testern indes auf dem Geländekurs im Werk der<br />

Daimler AG in <strong>Bremen</strong> ungeachtet ihrer jahrelangen eigenen<br />

Geländewagenerfahrung so überrascht hat, war das Leistungsspektrum,<br />

das moderne Vertreter dieser Automobilgattung<br />

anbieten können.<br />

„Da steht so ein Bursche vor der Tür und man ahnt gar nicht,<br />

was der alles kann“, meint Heike Linnemann. Patrick Wendisch<br />

bedauert:“ Schade, dass es solche Hindernisse beim täglichen<br />

Autofahren nicht gibt.“ Dass solche Fahrzeuge in <strong>Bremen</strong> gebaut<br />

werden, ist nicht selbstverständlich.<br />

In einem Mercedes internen Wettbewerb hatte sich das Werk<br />

<strong>Bremen</strong> gegen andere Standorte durchgesetzt. „Das ist die für<br />

uns Bremer eigentlich die schönste Nachricht in dieser GLK-<br />

Story. Dass <strong>Bremen</strong> als Standort mit seinen Bremer Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern in der bundesweiten Konkurrenz so<br />

erfolgreich sein kann“. Damit soll Patrick Wendisch als engagierter<br />

Vizepräses der Handelskammer das Schlusswort haben.


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75


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 76<br />

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Wirtschaft<br />

Integriertes Design<br />

Eine Rahe-Erfolgsgeschichte


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 77<br />

Ausgezeichnete Innovationen<br />

Gleich doppelten Grund <strong>zu</strong>r Freude für das i/i/d Institut für Integriertes<br />

Design an der Hochschule für Künste <strong>Bremen</strong> am<br />

17.Oktober 2008:<br />

Das von Prof. Detlef Rahe gegründete und geleitete Institut für<br />

Forschung und Entwicklung im Integrierten Design wurde zeitgleich<br />

<strong>zu</strong>m 10-jährigen Bestehen im bundesweit ausgetragenen<br />

Innovationswettbewerb der Bundesregierung und der Deutschen<br />

Bank „365 Orte im Land der Ideen“ als besonders kreative Stätte<br />

ausgezeichnet.<br />

Motto der Veranstaltung: '10 years future – night of innovation'.<br />

Für den offiziellen Festakt reichte das Auditorium der Hochschule<br />

für Künste <strong>Bremen</strong> gerade so aus. Rund 300 Gäste aus Politik,<br />

Wirtschaft, Handel, Finanzwesen, Wissenschaft und Forschung<br />

kamen dann in den Speicher XI in die Bremer Überseestadt <strong>zu</strong><br />

einem Fest der besonderen Art. Ein illustres Zusammentreffen<br />

von Kreativen und Kaufleuten, von Kunst und Kommerz, von Bremern<br />

und Nicht-Bremern.<br />

Nach der Laudatio auf die Leistungen des Instituts in der vergangenen<br />

Dekade überreichte Werner Neumann, Direktor der<br />

Deutschen Bank <strong>Bremen</strong>, den Pokal und die von Bundespräsident<br />

Horst Köhler unterzeichnete Urkunde. Durch die enge Verzahnung<br />

von Theorie und Praxis habe das Institut den Nährboden<br />

geschaffen, auf dem neue Ideen gedeihen könnten. Mit Innovationskraft<br />

und Gestaltungswillen sei hier ein Kapitel Erfolgsgeschichte<br />

für unsere wirtschaftliche Zukunft geschrieben worden.<br />

„Wir sind sehr stolz über die Wertschät<strong>zu</strong>ng, die uns und unserer<br />

Arbeit in <strong>Bremen</strong> und weit darüber hinaus entgegengebracht<br />

wird. Besonders schön ist, dass die Auszeichnung exakt <strong>zu</strong>sammen<br />

fällt mit unserem 10-jährigen Jubiläum“, entgegnete Prof.<br />

Detlef Rahe.<br />

Im Oktober 1998 war das i/i/d im Rahmen der Berufung von<br />

Detlef Rahe (Rahe hatte <strong>zu</strong>vor schon einige Jahre als Professor<br />

77<br />

im berühmten Bauhaus an der Hochschule in Dessau gelehrt)<br />

auf die Professur 3-dimensionales Design an die Hochschule für<br />

Künste <strong>Bremen</strong> gegründet worden.<br />

In der Festansprache <strong>zu</strong>m Jubiläum beglückwünschte Ralf<br />

Nagel, Senator für Wirtschaft und Häfen, Prof. Rahe und seine<br />

Mitarbeiter und verwies auf die herausragende Position, die sich<br />

das i/i/d im Laufe der letzten 10 Jahre innerhalb der Kreativwirtschaft<br />

in <strong>Bremen</strong> erarbeitet habe. Er wünschte dem Team<br />

des Instituts, das aus Kreativen, Designern, Planern, Architekten<br />

und Gestaltern weiterer Disziplinen besteht, mindestens<br />

eine gute Idee am Tag und sagte die <strong>zu</strong>künftige Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />

seines Hauses <strong>zu</strong>.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 78<br />

78<br />

Wirtschaft<br />

Integriertes Design<br />

Darüber wiederum war Prof. Rahe sehr glücklich, allerdings stellte<br />

er auch gleich klar: öffentliche Förderung könne der Senator<br />

mit der Unterstüt<strong>zu</strong>ng wohl nicht gemeint haben, denn die flösse<br />

schon lange nicht mehr aus seinem Haus, denn das Institut<br />

finanziere sich seit vielen Jahren plangemäß komplett aus selbst<br />

eingeworbenen Aufträgen und Forschungsprojekten und ist<br />

schon lange nicht mehr auf öffentliche Förderung angewiesen.<br />

Und das solle auch so bleiben.<br />

In seiner Ansprache ließ Prof. Rahe die letzten 10 Jahre anhand<br />

von Zahlen Revue passieren: 133 Projekte sind für 99 Auftraggeber<br />

mit insgesamt über 125 projektbezogenen Mitarbeitern realisiert<br />

worden. „Ich finde, die Zahlen können sich sehen lassen“<br />

und fügte augenzwinkernd hin<strong>zu</strong>: „derzeit suchen wir den 100.<br />

Auftraggeber.“<br />

Er betonte, dass die erfolgreiche Entwicklung vor allem auf dem<br />

hohen Engagement und der fachlichen Kompetenz seiner Mitarbeiter<br />

beruhe, aber ohne den Willen der Bremer Politik und der<br />

Ressorts und ihrer Mitarbeiter, ohne den Mut des damaligen<br />

Rektors der Hochschule für Künste, Prof. Jürgen Waller, und ohne<br />

die Unterstüt<strong>zu</strong>ng vielzähliger Freunde und Kollegen und vor<br />

allem ohne das Vertrauen von Auftragebern nicht möglich gewesen<br />

wäre und freute sich, dass so viele der wichtigen Wegbegleiter<br />

der Einladung gefolgt sind.<br />

Integriertes Design sei immer noch eine vergleichsweise junge<br />

Disziplin, die <strong>zu</strong>dem oftmals bisherige Verfahrensweisen und<br />

Entwicklungsprozesse in Frage stelle. Das alles, um <strong>zu</strong> neuen,<br />

kreativen Lösungen für kunden- und damit marktgerechte Innovationen<br />

<strong>zu</strong> kommen. Design sei in diesem Sinne weit mehr als<br />

die dekorative Verschönerung, es ist integraler Bestandteil von<br />

Entwicklungsprozessen für neue Produkte, Dienstleistungen oder<br />

Verfahren.<br />

Die Liste der Projekte (siehe da<strong>zu</strong> auch www.iidbremen.de) ist<br />

lang. Da wurde im Auftrag von EADS eine interaktive Arbeitshilfe<br />

für Astronauten auf der ISS ebenso kreiert wie ein Konzept für<br />

Seehafenschlepper oder ein komplexes Interface <strong>zu</strong>r Erfassung<br />

von Daten und Koordinierung von Maßnahmen in Katastrophenfällen<br />

im Auftrag des Bundesamtes für Katastrophenschutz. Die<br />

Gestaltung der Kampagne <strong>zu</strong>r Einführung einer neuen Messe in<br />

<strong>Bremen</strong>, der SlowFisch, gehört ebenso <strong>zu</strong> den Aufgaben, wie<br />

die Konzeption und Gestaltung eines hochmodernen modularen<br />

Forschungszentrums für Bayer in Leverkusen.<br />

Nicht <strong>zu</strong>letzt durch die vor einigen Jahren im Institut entwickelte<br />

Methode id.pm (Integrated Design Planning and Management)<br />

und einer da<strong>zu</strong>gehörigen 'Toolbox' lassen sich komplexe<br />

kreative Prozesse planen und koordinieren. Das wiederum sei, so<br />

Melanie Köhler, die im Institut seit 5 Jahren das Kreativ- und<br />

Projektmanagement verantwortet, eine der Besonderheiten des<br />

Instituts, das damit in der Lage ist, die branchenüblichen<br />

Schwierigkeiten im gegenseitigen Verständnis von Auftraggebern<br />

und Kreativen <strong>zu</strong> überwinden. So genieße das Institut<br />

durch seine transparente Arbeitsweise und die Kenntnis realer<br />

Entwicklungsprozesse viel Vertrauen bei wirtschaftlich relevanten<br />

und technologisch anspruchsvollen Fragestellungen.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 79<br />

Das Institut für Integriertes Design an der Hochschule für<br />

Künste <strong>Bremen</strong> ist ein Transferzentrum der Steinbeis Gesellschaft<br />

für Technologietransfer. Das i/i/d entwirft und begleitet<br />

als interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungszentrum<br />

nutzerorientierte Innovationsprozesse. Die Auftraggeber unterschiedlichster<br />

Größe kommen aus allen Branchen. Das i/i/d<br />

unterstützt Unternehmen und Organisationen, zielgruppengerechte<br />

Produkte und Dienstleistungen <strong>zu</strong> entwickeln und ent-<br />

79<br />

sprechende Kommunikationsprozesse <strong>zu</strong> gestalten. Die Methode<br />

des Integrierten Designs (i/d) fördert das fachlich übergreifende<br />

Zusammenwirken verschiedener Disziplinen der kreativen<br />

Industrien (wie Kommunikationsgestaltung, Interface Design,<br />

Industriedesign, Produktgestaltung, kreative Strategien, Architektur,<br />

Interior Design, Animation, Foto, Film und Text) und<br />

verknüpft diese mit konkreten Entwicklungsprozessen.


<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:52 Uhr Seite 80<br />

80 Impressum<br />

Herausgeber und Chefredakteur<br />

Dr. Rüdiger Hoffmann<br />

Redaktionsassistentin<br />

Eva-Maria Kastilan<br />

Autoren<br />

Johannes C. Schmid, Gerald Sammet, Stephan<br />

Cartier, Claus Spitzer-Ewersmann, Robert Völkl,<br />

Nina Svensson, Rüdiger Hoffmann, Friedrich<br />

Wilhelm Bracht, Melanie Köhler, Uwe Bölts,<br />

Annemarie Struß-von Poellnitz, Frauke von<br />

Haaren<br />

Titelfoto<br />

Frank Pusch, Die Zauberflöte im Theater <strong>Bremen</strong><br />

Fotos<br />

Frank Pusch, Karl-Heinz Steigmann, Bremer<br />

Rhederverein, Daimler Chrysler, i/i/d <strong>Bremen</strong>,<br />

Landesvertretung <strong>Bremen</strong>, Bremer Tageszeitungen,<br />

EWE AG, Friedrich Wilhelm Bracht<br />

Gestaltungskonzept<br />

rahe+rahe design<br />

Verlags- und Anzeigenleitung<br />

Eva-Maria Kastilan<br />

Satz<br />

Reproteam GmbH, <strong>Bremen</strong><br />

Druck<br />

BerlinDruck GmbH + Co KG, Achim<br />

Be<strong>zu</strong>gspreis: 4,50 Euro<br />

Auflage: 5000 Exemplare<br />

nächste Ausgabe: Juli 2009<br />

<strong>Club</strong> Magazin<br />

Verlag und Redaktion:<br />

media projects<br />

public relations GmbH<br />

außer der schleifmühle 65<br />

28203 bremen<br />

tel. 0421 3648000<br />

fax. 0421 3648002<br />

media-projects@t-online.de<br />

www.media-projects-bremen.de<br />

Dieses Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich<br />

geschützt. Nachdruck, auch aus<strong>zu</strong>gsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.<br />

Bei Veröffentlichung wird nur presserechtlich Verantwortung übernommen.<br />

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Ausgabe 8/2008

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