Inhalt NEU_Nr14_Dez08-- - Der Club zu Bremen
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Magazin #14<br />
2008<br />
Bremer Rhederverein<br />
Energie-Chef Dr. Werner Brinker<br />
<strong>Club</strong>-Test: Mercedes GLK<br />
Heidegger in <strong>Bremen</strong><br />
Segeln im Eismeer<br />
Kaffeeprobe<br />
ABC-Interview: Dr. Frauke von der Haar
5387_Umschl_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>- 09.01.2009 9:11 Uhr Seite 2<br />
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 1<br />
1 <strong>Club</strong>-Kommentar<br />
Krise als Chance<br />
Das Jahr 2009 wird in die Geschichtsbücher eingehen. Deutschland<br />
steht der stärkste Rückgang der Wirtschaftsleistungen seit<br />
dem zweiten Weltkrieg bevor. Wie ein Brandbeschleuniger hat<br />
die internationale Finanzmarktkrise weltweit gewirkt und Strukturprobleme<br />
sichtbar gemacht, die Politiker, Banker und Unternehmer<br />
rund um den Globus eilfertig verdrängt haben. Kehren<br />
wir vor der eigenen Tür. Auch wir Deutschen haben über die Verhältnisse<br />
gelebt. Unsere Automobilbranche ist nur ein Beleg<br />
dafür. Wir produzieren <strong>zu</strong> viel und dann noch die falschen Fahrzeuge.<br />
„Geiz ist geil“ und Kredite werden auf dem Silbertablett<br />
offeriert. Fehlende Nachfrage wurde durch Dumpingpreise bei<br />
den Leasing- und Finanzierungsbedingungen ausgehebelt. <strong>Der</strong><br />
Trend <strong>zu</strong> ressourcenschonenden Antriebstechnologien ist im<br />
Industrieland Deutschland verschlafen worden. Nur unter dem<br />
Druck der weltweiten Absatzkrise tüfteln deutsche Ingenieure<br />
jetzt mit Hochdruck an neuen Generationen leistungsfähiger<br />
Batterien und verbraucharmen Motoren. Mercedes hat den Elektroantrieb<br />
als Zukunftsaufgabe entdeckt. So machen Krisen den<br />
Unternehmen Beine. Und darin liegt die Chance der Rezession,<br />
die uns in diesem Jahr mit voller Wucht treffen wird, dass sich<br />
die Industrienation Deutschland neu sortiert. Mit neuen Produkten<br />
und neuen Produktionsformen. Mit Arbeitsplätzen, die die<br />
Rentabilität der Unternehmen dauerhaft stärken. Mit Standorten,<br />
die Unternehmen positive Bedingungen für unternehmerisches<br />
Handeln bieten. Verlässlich und belastbar auch in<br />
schwierigen Zeiten. Mit Gewerkschaften, die bereit sind, auf die<br />
Herausforderungen der Globalisierung pragmatisch und ohne<br />
ideologische Scheuklappen Antworten <strong>zu</strong> finden. Die Herausforderungen<br />
für die Sozialpartner sind gigantisch. 2009 wird ein<br />
Jahr der schrumpfenden Wirtschaftsleistung in Folge weltweit<br />
einbrechender Nachfrage, steigender Arbeitslosigkeit und wachsender<br />
Staatsdefizite nicht nur in Deutschland, sondern auch im<br />
Rest der industrialisierten Welt. Die Schwellenländer, lange Zeit<br />
als Felsen in der Brandung betrachtet, werden ebenfalls leiden.<br />
Das Wachstum in Staaten wie Indien, China und Russland wird<br />
einbrechen, auch dort wird die Arbeitslosigkeit steigen. Eine<br />
solche globale Rezession ist neu. In der Globalisierung der Krise<br />
liegen Unwägbarkeiten, aber auch Chancen. Zurückliegende<br />
Rezessionen waren regional begrenzt. Mal ging es schlechter in<br />
Europa, dann in Amerika. An die Asienkrise 1997 erinnert sich<br />
kaum noch einer. Jetzt droht nach der weltweiten Rezession<br />
eine weltweite Deflation. In dieser Situation ist die Große Koalition<br />
eine Chance, schwierige, gelegentlich schmerzhafte Entscheidungen<br />
<strong>zu</strong> fällen. Klientelpolitik hilft hier nicht weiter.<br />
Die Bundesregierung muss den Mut haben, auch unbequeme,<br />
strukturorientierte Entscheidungen <strong>zu</strong> fällen. Konjunkturpakete<br />
nach dem Gießkannenprinzip sind rausgeschmissenes Geld. Wer<br />
immer nur auf die knapp 50 % der Wähler schielt, die Bezieher<br />
staatlicher Transferleistungen sind oder wer aus Symbolgründen<br />
reflexhaft immer nur an die Portemonnaies der Leistungsträger<br />
in der Gesellschaft will, der ist, so hat es Winston Churchill einmal<br />
gesagt, nur ein Politiker und kein Staatsmann. <strong>Der</strong> Politiker<br />
denkt nur an die nächsten Wahlen, der Staatsmann denkt an die<br />
nächste Generation. Und was hat das mit <strong>Bremen</strong> <strong>zu</strong> tun? Die<br />
Wirtschaftskrise wird an unserem Bundesland nicht vorbeigehen.<br />
Ganz im Gegenteil. <strong>Bremen</strong> hat eine Exportquote von 51 %.<br />
<strong>Der</strong> Auftragseingang im verarbeitenden Gewerbe ist schon jetzt<br />
um 40 % gesunken. In der Stahl- und Automobilindustrie drohen<br />
Kurzarbeit. Die Rot-Grüne Koalition steht vor großen Herausforderungen.<br />
Das von Bürgermeister Kaisen einst praktizierte<br />
Bündnis von Arbeitern und Kaufleuten könnte die Blaupause für<br />
<strong>zu</strong>künftiges Handeln sein.<br />
Dr. Rüdiger Hoffmann
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 2<br />
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 3<br />
Themen<br />
<strong>Club</strong>-Kommentar 1<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Herr der Mittel 4<br />
Kaffeeprobe 8<br />
Die Kaffeestube 12<br />
Burgundreise 16<br />
Newton-Ausstellung 12<br />
Veranstaltungen 14<br />
Wirtschaft<br />
Energie-Chef 26<br />
Bremer Rhederverein 30<br />
Eine Rahe-Erfolgsgeschichte 76<br />
Wissenschaft<br />
Stadt der Wissenschaft 34<br />
Geschichte<br />
Segeln im Eismeer 38<br />
Schiffe von der Unterweser 44<br />
<strong>Bremen</strong><br />
ABC-Interview 48<br />
Heidegger in <strong>Bremen</strong> 56<br />
Kultur<br />
Lack-Künstler 50<br />
Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />
Tod in <strong>Bremen</strong> 60<br />
Literatur<br />
Gerald Sammet rezensiert 66<br />
<strong>Club</strong> Spezial<br />
Autotest Mercedes GLK 70<br />
Impressum 80<br />
3<br />
<strong>Inhalt</strong>
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 4<br />
4<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Staatsminister Bernd Neumann<br />
Herr der Mittel
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 14:51 Uhr Seite 5<br />
Gerald Sammet<br />
Als er sich ins Gästebuch eintragen soll und dafür ein paar<br />
Instruktionen erhält, kommentiert er das launig: „Hab ich<br />
tatsächlich schon mal gemacht.“ Es ist die Art von trockenem,<br />
manchmal kaum spürbarem Humor, die einige in Bernd Neumannns<br />
Umgebung durchaus auch schon das Fürchten gelehrt<br />
haben soll. Das Selbstverständliche ist selbstverständlich.<br />
Eigentlich verträgt es keinen Kommentar, und wenn doch, dann<br />
einen wie diesen. Man kommt eben, in seiner Position, an Gästebüchern<br />
und anderen Ritualen nicht immer vorbei. Also tief und<br />
vernehmbar durchatmen in so einem Fall. Das verfehlt seine Wirkung<br />
nicht und schafft beides: Abstand und Nähe.<br />
Solche Balancen, die Kunst, die Balance <strong>zu</strong> wahren, ohne all<strong>zu</strong><br />
leichtfüßig <strong>zu</strong> wirken, sind ihm in Fleisch und Blut übergegangen.<br />
Wer ihn kennt, weiß natürlich, dass er sich die Fähigkeit,<br />
so auf dem Seil <strong>zu</strong> tanzen, hart erarbeiten musste. Er hatte ja,<br />
bevor ihm das Amt des Staatsministers für Kultur angetragen<br />
wurde, schon Gelegenheit gehabt, auf ein paar Bühnen mehr die<br />
für ihn gerade angesagte Rolle seines Lebens <strong>zu</strong> spielen. Als,<br />
durchaus mit Kalkül, <strong>zu</strong> polemischen Ausfällen neigenden Vordenker<br />
der Jungen Union erinnert man sich an ihn. Als Lehr- und<br />
Zuchtmeister seiner Partei, der er volle 29 Jahre als Landesvorsitzender<br />
diente. Als einen, für den der Schulterschluss mit dem<br />
CDU-Ehrenvorsitzenden und Altbundeskanzler Helmut Kohl <strong>zu</strong><br />
jeder Zeit eine Selbstverständlichkeit war. Damit, dass er davon<br />
unbeschadet den Sprung in Angela Merkels Kanzleramt schaffte,<br />
hat selbst im engeren Kreis seiner politischen Freunde nicht<br />
jeder gerechnet. Dabei ist doch, wenn er davon erzählt, alles so<br />
einfach gewesen. Man habe, erzählt er, <strong>zu</strong>sammengesessen und<br />
sich die Frage nach einem Verantwortlichen für die kulturellen<br />
Angelegenheiten des Bundes gestellt. Und dann? Nicht einmal<br />
eine Kunstpause braucht er, um wieder<strong>zu</strong>geben, was dann passierte:<br />
„ . . . und da kam ich auf mich selber.“<br />
Keine Rede, erklärt er den Anwesenden bei seinem Auftritt am<br />
3. November im <strong>Club</strong>, wolle er halten. „Schöne Reden“, erfährt<br />
5<br />
man wenig später von ihm, „bereichern manchmal eine Versammlung.“<br />
Manchmal, da liegt das Problem. Manchmal bewirken<br />
sie im besseren Fall <strong>zu</strong> wenig und im schlechteren nichts.<br />
Er will berichten an diesem Tag. Von seinen Vorhaben und Zielen,<br />
seiner Arbeitsweise, seinen Methoden und Verbindungen.<br />
Bei der Nüchternheit, die da aus ihm spricht, bleibt es dann<br />
allerdings nicht. Die Sache, für die er steht, trägt ihn, so paradox<br />
sich das anhören mag, <strong>zu</strong>letzt davon. Keine Rede zwar, ganz<br />
wie versprochen, aber dafür liefert er eine wirklich hinreißende<br />
Performance, bei der aber doch alles sorgfältig austariert ist,<br />
Spontaneität und Kontrolle, Geistesblitze, wo man sie einsetzen<br />
sollte, und da<strong>zu</strong> Einblicke in die Mühen, die einen der Versuch<br />
kosten kann, welche <strong>zu</strong> kriegen.<br />
„Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien“, so<br />
lautet die Dienstbezeichnung, die er offiziell führt. Sein Dienstsitz<br />
ist das Bundeskanzleramt. Einen Feldvorteil nennt er das.<br />
Einer, das klingt dann schon an, den andere im Kabinett Merkel<br />
nicht haben. Eine Position, von der aus sich manches bewegen<br />
lässt. Was ihm nicht liegt: „Bilder auswählen oder mit Herrn<br />
Grass darüber diskutieren, was die Aufgabe des Schriftstellers in<br />
unserer Zeit ist.“ Was ihm liegt: Rahmenbedingungen schaffen,<br />
Mittel auftreiben, sich im komplizierten Gegeneinander von<br />
Bund und Ländern bei der Zuständigkeit für die Kultur wie ein<br />
Fisch im Wasser bewegen. Rahmenbedingungen? Man muss sich,<br />
daran führt kein Weg vorbei, dann auch um die Not leidende<br />
Künstlersozialkasse kümmern und ums Urheberecht. Schöngeistern<br />
– und jeder seiner drei Vorgänger ist das auf seine Weise<br />
gewesen – gelingt das nicht immer. Ein geistiges Fundament<br />
braucht man trotzdem: „Geschichte, Tradition, Sprache, Werte“,<br />
so ist das bei Bernd Neumann beschaffen.<br />
Ein Politprofi, so hat man ihn anfangs eher beäugt als wahr<strong>zu</strong>nehmen<br />
verstanden. Die Häme, die ihm entgegenschlug, aus<br />
den Feuilletons vornehmlich, ist längst verflogen. „Profi“, sagt<br />
Neumann, „ist das Gegenteil von Amateur.“ Das haben am Ende
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:01 Uhr Seite 6<br />
6<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Staatsminister Bernd Neumann<br />
auch die größten Skeptiker anerkennen müssen. Selbst Edelfedern<br />
räumen mittlerweile ein, dass er seinen Job mehr als<br />
ordentlich macht. Dickes Lob auch aus Kreisen, in denen häufig<br />
geglaubt wird, die Nase sei <strong>zu</strong>m Rümpfen da und nicht <strong>zu</strong>m Wittern<br />
von Chancen. Dafür, dass die nicht verloren gehen, haben<br />
sie ihn. Immer schon kulturaffin, sagt er mit vernehmlichem<br />
Stolz, sei er gewesen. Wenn er dann berichtet, aus seinem<br />
Tagesgeschäft, zeigt sich, dass ihm so viel, wie sich daraus herleiten<br />
ließe, am Rampenlicht gar nicht liegt. Ein Arbeiter im<br />
Weinberg des Herrn, der nur <strong>zu</strong> gut weiß, dass er denen, für die<br />
er wirkt, auch ein Quantum jener branchenüblichen Eitelkeit<br />
schuldet, die natürlich auch seine eigene ist.<br />
Einer, der, das bleibt nach<strong>zu</strong>tragen, wirklich und für jedermann<br />
erkennnbar Freude hat an dem, was er da tut. Und Erfolg. Um<br />
84 % hat man ihm den Haushalt aufgestockt. Er muss dann<br />
sehen, was er davon hat und wohin er es schiebt. Da geht es,<br />
wieder einmal um den Gleichgewichtssinn, den man fürs Bewältigen<br />
solcher Aufgaben braucht. Kultur und Glamour, das gehört<br />
<strong>zu</strong>sammen, aber wer Glanzlichter aufstecken will, muss sich auch<br />
auskennen mit den Mühlen und den Müllern der Bürokratie. Für<br />
Neumann, das weiß man am Ende, ist es der Job und die Erfüllung<br />
seines Lebens. Seines politischen vor allem, versteht sich,<br />
denn ein „political animal“, wie man im Englischen sagt, wird er<br />
verlässlich auch auf dem Tanzboden der Kulturszene bleiben.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:01 Uhr Seite 7<br />
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:03 Uhr Seite 8<br />
8<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Kraft Foods <strong>zu</strong> Gast im <strong>Club</strong><br />
Kaffee-Probe
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:03 Uhr Seite 9<br />
Annemarie Struß-von Poellnitz<br />
Einführung in die Welt des Kaffees<br />
Hirten aus Abessinien, aus der Region Kaffa, sollen die belebende<br />
Wirkung der Kaffeebohne entdeckt haben. Sie beobachteten,<br />
dass ihre Ziegen nach dem Genuss der Früchte eines kleinen Baumes<br />
immer besonders lebhaft herumsprangen. Die ersten Selbstversuche<br />
mit den roten Beeren dürften bei den Hirten eher<br />
Bauchgrimmen verursacht haben. Aber herbeigerufene Mönche<br />
des nahen Klosters experimentierten ein bisschen herum und<br />
fanden heraus, dass die Bohnen in diesen Beeren, geröstet, zerstoßen<br />
und mit Wasser aufgebrüht, ein köstliches, anregendes<br />
Getränk ergaben.<br />
„Das ist natürlich nur eine Legende“, schmunzelte Rudi Madel,<br />
der die Mitglieder des <strong>Club</strong>s <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> im November in die Welt<br />
des Kaffees einführte. Aber Madel, der die Kaffeewerke von Kraft<br />
Foods in Deutschland und Österreich leitet, weiß auch: „Jedes<br />
gute Produkt braucht eine Legende.“ Das gilt auch für Jacobs<br />
Kaffee, eine der wichtigsten Marken im Kraft-Konzern. Die „Krönung“<br />
ist dank Frau Sommer wohl die bekannteste deutsche Kaffeemarke.<br />
<strong>Der</strong> Weg von den Ziegenhirten in Abessinien bis <strong>zu</strong> uns nach<br />
Deutschland war weit und unterlag wechselnden Moden und<br />
Gewohnheiten. Bevor der Kaffee auf unseren Frühstückstischen<br />
Ein<strong>zu</strong>g hielt, ernährten sich die Menschen hier im Norden vor<br />
allem von Bier und Mehlsuppe. Kaffee und Tee gelten deshalb<br />
auch als Getränke der Aufklärung, denn sie sorgten für einen klaren<br />
Kopf. <strong>Bremen</strong> gehörte <strong>zu</strong>r Avantgarde: 1673 wurde im Schütting<br />
eine der ersten deutschen Kaffeestuben eröffnet. Eine entsprechende<br />
Urkunde hängt heute in den Räumen des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong><br />
<strong>Bremen</strong>, in der 1989 stilvoll renovierten Kaffeestube im historischen<br />
Gewölbe des Schüttings.<br />
Kaffee ist das beliebteste Getränkt der Deutschen, führt Madel<br />
aus. Pro Kopf und Jahr trinken wir 147 Liter, durchschnittlich<br />
zwei Tassen pro Tag. Kraft Foods produziert in Deutschland<br />
73.189.842 Tassen im Jahr, für das Inland und für den Export.<br />
Die Bremer Kaffeeröster erreichen damit bei uns einen Marktanteil<br />
von gut 19 Prozent, vor Tchibo (14,8 Prozent) und Melitta<br />
9<br />
(9,9 Prozent). Im Weltmaßstab ist Kraft nach Nestle die Nummer<br />
zwei. Im Zuge der Wellness- und Gesundheitswelle war der<br />
braune Trank ein bisschen in Verruf geraten. Aber die medizinische<br />
Forschung ist anscheinend gerade dabei, den Koffeingenuss<br />
<strong>zu</strong> rehabilitieren.<br />
Eine dehydrierende Wirkung wird dem Kaffee nun nicht mehr<br />
unterstellt, das Glas Wasser <strong>zu</strong>m Espresso muss also nicht sein,<br />
meint Madel. Es gebe sogar Hinweise auf schützende Einflüsse<br />
bei Parkinson und Alzheimer sowie vorbeugende Effekte bei<br />
Altersdiabetes. Kaffee sei <strong>zu</strong>dem reich an natürlichen Pflanzenstoffen,<br />
stärke den Zellschutz und baue freie Radikale ab. Einer<br />
schönen Tasse Kaffee stehe also aus medizinischer Sicht nichts<br />
im Wege – alles eine Frage des richtigen Maßes.<br />
Die Welt des Kaffees hat sich in den letzten Jahrzehnten stark<br />
verändert. In 75 Ländern wird Rohkaffee angebaut, circa 25 Millionen<br />
Menschen verdienen mit dem braunen Gold ihren Lebensunterhalt.<br />
In den letzten zehn Jahren ist die Weltproduktion<br />
drastisch gestiegen, von 98 Millionen auf 122 Millionen Sack.<br />
Kaffee ist nach Rohöl das zweitwichtigste Handelsgut und<br />
unterliegt ähnlich spekulativen Preisschwankungen, was Anbau<br />
und Handel <strong>zu</strong> einem risikoreichen Geschäft macht. Noch liegen<br />
die größten Anbauflächen der Welt in Brasilien, aber Vietnam<br />
hat rasant aufgeholt und liegt jetzt schon vor Kolumbien auf<br />
Platz zwei der größten Kaffeeproduzenten.<br />
Aber Kaffee ist nicht gleich Kaffee, erklärt Rudi Madel. An den<br />
beiden weltgrößten Kaffeebörsen in New York und London wird<br />
grob nach zwei Sorten unterschieden: Arabica und Robusta. <strong>Der</strong><br />
Coffea Arabica wird im Hochland auf 600 bis 1800 Metern Höhe<br />
angebaut, vor allem in Kolumbien, Brasilien und Kenia. Er<br />
wächst relativ langsam und zeichnet sich durch sein volles, würziges<br />
Aroma und eine feine Säure aus. Sein Koffeingehalt ist mit<br />
ein bis zwei Prozent nur halb so stark wie bei der zweiten Sorte,<br />
dem Coffea Canephora, besser bekannt als Robusta. Dieser Kaffee<br />
wächst in tieferen Lagen unterhalb 600 Metern Höhe, vor
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:03 Uhr Seite 10<br />
10<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Kraft Foods <strong>zu</strong> Gast im <strong>Club</strong><br />
Rudi Madel<br />
allem in Vietnam, Indonesien und an der Elfenbeinküste. Er<br />
wächst schneller, reift aber langsamer als Arabica. Sein<br />
Geschmack ist eher kräftig und erdig.<br />
Viele Kaffeemarken mischen beide Sorten, in unterschiedlichen<br />
Anteilen. So mögen es die Deutschen eher milder, die Österreicher<br />
und Italiener kräftiger. Seit einigen Jahren wächst aber<br />
auch das Interesse an sortenreinen Kaffees.<br />
Damit die Kunden von Jacobs Kaffee sich immer auf ihren<br />
gewohnten Geschmack verlassen können, probiert Kaffeeverkoster<br />
Thorben Haas bis <strong>zu</strong> 200 Tassen am Tag. Natürlich kann auch<br />
er nicht soviel Kaffee trinken. <strong>Der</strong> gelernte Kaufmann, der laut<br />
Madel ein Naturtalent mit ausgesprochen sensiblen Geschmackssensoren<br />
ist, lässt sich jeweils nur einen Schluck auf der Zunge<br />
zergehen und spuckt ihn dann wieder aus. Meist reicht das<br />
schon, um auch kleinste Abweichungen <strong>zu</strong> erkennen. Wenn sich<br />
einzelne Provenienzen etwa durch Witterungsbedingungen verändern,<br />
lässt sich das durch Variationen im Mischungsverhältnis<br />
ausgleichen.<br />
Wie wir unseren Kaffee trinken, verrät viel über unsere Lebensgewohnheiten.<br />
Deshalb ist Genuss immer auch ein Stück Kulturgeschichte.<br />
In der Nachkriegszeit wurde Kaffee mit der Handmühle<br />
gemahlen, frisch in der Kanne gebrüht und durch ein Sieb<br />
in die Tasse gegossen. Gekauft wurde beim Kolonialwarenhändler<br />
um die Ecke. Irgendwann Anfang der 1970er Jahre verbreiteten<br />
sich auch in Deutschland Supermärkte und Discounter. Es<br />
gab fertig gemahlenen Kaffee, aber Feinschmecker kauften<br />
immer noch „ganze Bohne“, die sie gleich in elektrischen<br />
Maschinen im Laden mahlen konnten. Aufgegossen wurde jetzt<br />
mit Papierfilter. Mit dem ersten vakuumverpackten Kaffee kamen<br />
auch haushaltsgerechte Kaffeemaschinen auf den Markt. In<br />
unserer immer schnelllebigeren Zeit musste man nun nicht mehr<br />
neben dem Filter stehen und nachgießen. <strong>Der</strong> Kaffee machte<br />
sich von ganz alleine.<br />
Noch schneller geht es heute mit Kaffee-Pads, portioniert für die<br />
einzelne Tasse. Neben den gebräuchlichen Maschinen für Kaffee-<br />
Pads hat Kraft Foods mit Tassimo ein System entwickelt, das auf<br />
Knopfdruck ganz nach Wunsch Kaffee, Tee oder Kakao aus einem<br />
Gerät zaubert – gänzlich ohne Geschmacksbeeinträchtigung,<br />
versichert Rudi Madel. Hier sieht er die größten Zuwächse für die<br />
Zukunft. Immer mehr Single-Haushalte und die Möglichkeit,<br />
auch im Büro mal schnell eine Tasse zwischendurch <strong>zu</strong> genießen,<br />
lassen dieses Segment besonders stark wachsen. Für Pulverkaffee,<br />
der <strong>zu</strong>m Beispiel in Großbritannien sehr beliebt ist, lassen<br />
sich die Deutschen nur bedingt begeistern, obwohl laut Madel<br />
der Geschmack durchaus konkurrenzfähig ist.<br />
Neben der Vorliebe für die schnelle Tasse zwischendurch etabliert<br />
sich ein zweiter Trend: Kaffee wird bewusst genossen,<br />
gerade<strong>zu</strong> zelebriert. Inspiriert durch italienische Reisen leistet<br />
man sich teure Hightech-Vollautomaten. Die ganze Bohne kehrt<br />
<strong>zu</strong>rück, möglichst hochwertig und sortenrein, frisch gemahlen<br />
und <strong>zu</strong> Espresso oder Capuccino verarbeitet und auf Wunsch mit<br />
weißem Milchschaum gekrönt.<br />
Zur veränderten Kaffeekultur gehört auch der wachsende Anteil<br />
von nachhaltig produziertem Kaffee im Jacobs-Sortiment. Kraft<br />
Foods ist neben Chiquita der größte Unterstützer der Rainforrest<br />
Alliance, einer in den USA gegründeten Vereinigung, die nachhaltig<br />
angebauten Kaffee zertifiziert. Jacobs Milia etwa besteht<br />
<strong>zu</strong> 100 Prozent aus zertifiziertem Kaffee, ebenso wie der gesamte<br />
Kaffee, den Kraft an MacDonalds liefert.<br />
Das komplette Kaffeesortiment von Kraft Foods, inklusive Kaffee<br />
Hag, konnten die Gäste anschließend verkosten und dabei<br />
testen, ob sie einen Arabica von einem Robusta und einen frisch<br />
gebrühten von einem löslichen Kaffee unterscheiden können.<br />
Werkleiter Rudi Madel und Kaffeeverkoster Thorben Haas standen<br />
bereit, um noch offene Fragen, etwa nach Lagerung des Kaffees<br />
oder der richtigen Kaffeemaschine, <strong>zu</strong> klären. <strong>Der</strong> fachliche Rat:<br />
Kaffee gehört nicht in den Kühlschrank, sollte aber gut verschlossen<br />
werden, damit das Aroma nicht <strong>zu</strong> schnell verduftet.<br />
Diffiziler ist die Sache mit der Kaffeemaschine: Selbst teure<br />
Geräte liefern nicht immer die gewünschte Qualität. Unbedingt<br />
vor dem Kauf testen, raten die Experten.<br />
Kraft Foods beschäftigt in Deutschland an acht Standorten insgesamt<br />
3500 Mitarbeiter. In <strong>Bremen</strong> sitzen in der Verwaltungszentrale<br />
für den deutschsprachigen Raum in der Langemarckstraße<br />
850 Beschäftigte, in der Entkoffeinierungsanlage im<br />
Holzhafen sind 60 und im Werk für Röst- und Löskaffee in Hemelingen<br />
rund 400 Mitarbeiter beschäftigt.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:04 Uhr Seite 11<br />
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:07 Uhr Seite 12<br />
12<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Behutsame Renovierung<br />
Die Kaffeestube
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:07 Uhr Seite 13<br />
Melanie Köhler<br />
Nachweise für die Existenz einer Kaffeestube im Hause Schütting<br />
gehen auf das Jahr 1697 <strong>zu</strong>rück, besondere Erwähnung findet sie<br />
im Jahre 1727 in den Reiseberichten des durch seine Briefe als<br />
'The German Spy' bekannt gewordenen Engländers Thomas Lediard.<br />
Er berichtet in seinen Briefen vom Hause Schütting als<br />
einem gastfreundlichen Haus, von fröhlichen Trinkgelagen und<br />
ähnlich vergnüglichen Veranstaltungen.<br />
Den Berichten <strong>zu</strong>folge war die damalige Kaffeestube auch damals<br />
mit einem großen, ovalen Tisch ausgestattet, auf dem ein riesiger<br />
Kaffeetopf mit drei Zapfhähnen platziert war, um die sich<br />
Tassen, Zucker und Milch gruppierten. Vor und nach Besprechungen<br />
oder Konventen kamen die Kaufleute <strong>zu</strong>sammen und bedienten<br />
sich selbst einer Tasse des edlen Getränkes.<br />
Die heutige Kaffeestube wurde im Jahre 1988/89 aus Anlass des<br />
Baujubiläums des Hauses Schütting auf Initiative der Handelskammer<br />
in Kooperation mit den berühmten Unternehmen der<br />
Bremer Kaffeewirtschaft – Eduscho, Jacobs Suchard, Haag GF<br />
und Melitta – im damaligen Lesezimmer neu eingerichtet und<br />
schon kurz darauf, nämlich 1990, um das Podest und die historische<br />
Kaffeemühle ergänzt.<br />
Die Kaffeestube wird gerne als räumliche Herzkammer des <strong>Club</strong><br />
<strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> bezeichnet. Sie ist auch heute noch unterschiedlichen<br />
Geselligkeiten gewidmet und dient sowohl als Speise-, aber<br />
auch als Besprechungs- und Empfangsraum für Veranstaltungen.<br />
Bis <strong>zu</strong>m Jahre 1988 befand sich in den Räumen der Kaffeestube<br />
das Lesezimmer. <strong>Der</strong> direkte Eingang vom Markt durch dieses<br />
Zimmer wurde 1981 geschlossen, bis <strong>zu</strong>r Renovierung im Jahre<br />
2001 und der Öffnung <strong>zu</strong>r <strong>Club</strong>gastronomie gab es nur den Eingang<br />
in die <strong>Club</strong>räume über die Rückseite des Hauses Schütting.<br />
Viele prominente Gäste konnte der <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> hier schon<br />
begrüßen, von Peter Scholl-Latour, Constantin Freiherr Heereman-<br />
13<br />
von Zuydtwyck, Roland Berger, Bundesaußenminister Hans-Dietrich<br />
Genscher, Porsche-Chef Dr. Wendelin Wiedeking, Dr. Mathias<br />
Döpfner, Axel-Springer Verlag, Dr. Carl Hagenbeck, Christian<br />
Modersohn, A.W, Graf von Faber-Castell oder Prof. Bert Rürup<br />
u.v.m., oder sie haben sich den Tafelfreuden hingegeben, so manches<br />
Mal wäre darüber fast der folgende Vortrag vergessen worden.<br />
Nachdem im Jahre 2001 die Räume des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>, mit<br />
Ausnahme der Kaffeestube, basierend auf dem von rahe+rahe<br />
design erarbeiteten Konzept neu gestaltet worden sind, galt es<br />
im Jubiläumsjahr 2008 auch die historische Kaffeestube einer<br />
Auffrischung <strong>zu</strong> unterziehen.<br />
Die im Jahr des 225-jährigen <strong>Club</strong>jubiläums erfolgte behutsame<br />
Erneuerung erforderte <strong>zu</strong>nächst Abdichtungsarbeiten und einen<br />
frischen Anstrich. Es folgten die Renovierung der Treppe und<br />
ihres Läufers, das Verlegen eines neuen Teppichs im Bereich des<br />
Podestes und ein Austausch der Beleuchtung für besseres Licht.<br />
Die neuen Bilderleuchten bringen besonders das große Bild der<br />
Kaiserlichen Flotte seit langer Zeit wieder <strong>zu</strong>m Strahlen.Diese<br />
Reminiszenz an „gute alte Zeiten“ macht sich auch besonders<br />
gut am maritimen Standort <strong>Bremen</strong>.<br />
Die vorhandene, beleuchtete Vitrine wurde erweitert und präsentiert<br />
auf neu gefertigten, weißen Kuben allerlei antike Kaffee-Accessoires<br />
– historische Kaffeemühlen sowie Utensilien aus<br />
der Kaffeewirtschaft. Die über den Treppenlauf <strong>zu</strong> erreichende<br />
kleine Kammer, die lange Zeit lediglich als Abstellraum diente,<br />
ist nach Freilegung und durch die Installation neuer Leuchten<br />
<strong>zu</strong> einer kleinen gemütlichen Leseecke umgestaltet worden.<br />
Zu guter letzt wurden eine kleine und eine große Anrichte<br />
gemäß unseren Konzeptzeichnungen durch eine Tischlerei angefertigt,<br />
die sich hinsichtlich Material und Farbe an die vorhandenen<br />
Einbaumöbel anpassen. Das alles, damit auch in Zukunft<br />
die Kaffeestube ihrem Rang als repräsentatives Zentrum des<br />
<strong>Club</strong>-Lebens gerecht werden kann.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:08 Uhr Seite 14<br />
14<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Behutsame Renovierung
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:08 Uhr Seite 15<br />
<br />
<br />
Dr. Günter Gerhardt, Nicola Sautter, Hans Pleschinski, Gabriele Gabriel, Klaus-Peter Wolf, und Peter Lohmann gehören<br />
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15
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:19 Uhr Seite 16<br />
16<br />
<strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Reisebericht<br />
Burgundreise<br />
Fotos: Karl-Heinz Steigmann
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:19 Uhr Seite 17<br />
Inkunabel moderner Kirchenarchitektur: Die Wallfahrtskirche<br />
Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp von Le Corbusier<br />
Die Charollais-Rinder geben das qualitätvollste Fleisch<br />
Weinprobe in der Schlossallee von Ancy-le-Franc<br />
Reiseleiter Uwe Bölts beim Picknickeinkauf<br />
Frankreichs Käsevielfalt <strong>zu</strong>m Picknick<br />
Unsere Burgund-Reise führte uns bis an die Loire
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 18<br />
Das bunte Dach des Hôtel Dieu ist das bekannteste Architekturwahrzeichen<br />
Burgunds<br />
In Frankreich nicht nur Gegenstand des täglichen Bedarfs, sondern<br />
Lebensmittel mit Kultcharakter: Knackig frisches Baguette<br />
<strong>Der</strong> Wallfahrtsort Paray-le-Monial. Die Pfarrkirche Sacre-Coeur wird<br />
als kleine „Taschenausgabe“ der gewaltigen, aber zerstörten<br />
Klosterkirche von Cluny bezeichnet<br />
Ragout von Schnecken und Waldpilzen im Poisson d’Or in Mâcon<br />
Wie vor 900 Jahren, immer noch eines der erhebendsten<br />
Architekturbilder der Romanik: Die Abteikirche von Vézélay<br />
Picknick vor Château Ancy-le-Franc
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 19<br />
Auch ein Picknick will mit Verstand genossen werden:<br />
Erwartungsvolle Stille bei den Erläuterungen <strong>zu</strong> den Spezialitäten<br />
Das Château von Pierreclos. Heute Weindomaine, diente die Burg<br />
einst <strong>zu</strong>m Schutz des Klosters Cluny<br />
Morgenstimmung an der Sâone, direkt vor unserem Hotel Eine der bei uns weitgehend unbekannten burgundischen<br />
Käsespezialitäten: der Soumaintrain<br />
Gebratene frische Feigen an Milchreiseis im ‚Le Jardin des Remparts’<br />
in Beaune<br />
Meister Gislebertus schuf um 1125 eine der bekanntesten, aber<br />
<strong>zu</strong>gleich rätselhaftesten Verkörperungen der Eva. Das Relief ermahnte<br />
einst die Pilger, die das Lazarus-Grab in der Kathedrale von Autun<br />
besuchten
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 20<br />
Eine der elegantesten Kathedralen Frankreichs: St. Etienne<br />
in Auxerre<br />
Weinverkostung beim altehrwürdigen Handelshaus für<br />
Burgunderweine Bouchard Père & Fils in Beaune<br />
Auf der Terrasse von Château Pierreclos<br />
Feriendorf im romantisch verschlafenen Dorf Brancion<br />
König der Burgundischen Käse: <strong>Der</strong> Epoisses<br />
Romanische Kirchen <strong>zu</strong>m Klingen brachte der Chor der <strong>Club</strong>mitglieder
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:20 Uhr Seite 21<br />
<strong>Der</strong> Vierungsturm der Kirche von Semur-en-Brionais<br />
Nur an wenigen Orten zeigt sich der Übergang von der Gotik <strong>zu</strong>r<br />
Renaissance so fließend wie in der Klosterkirche von Brou.<br />
Margarete von Österreich, Tochter Kaiser Maximilians I., errichtete<br />
hier einen kathedralen Schrein für Ihren Gatten und sich selbst.<br />
Portal <strong>zu</strong>r Wallfahrtskirche in Ronchamps. 1955 von Le Corbusier<br />
selbst emailiert.<br />
Ein Traum aus Schokolade vom Maitre Chocolatier im Chalet Bleu<br />
in Autun<br />
Tägliche Leerung?<br />
Gruppenbild mit dem Hôtel Dieu als Hintergrund. Vor uns noch<br />
der Besuch des berühmten Weltgerichtsaltares von Rogier van<br />
der Weyden
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:25 Uhr Seite 22<br />
22 <strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Newton-Ausstellung<br />
Helmut Newton und die Frauen<br />
Führung durch die Ausstellung<br />
Weserburg-Museum für Moderne Kunst<br />
23. Oktober 2008<br />
Einführung: Carsten Ahrens, Dr. Claudia Nottbusch
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:26 Uhr Seite 23<br />
23
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:28 Uhr Seite 24<br />
24 <strong>Der</strong> <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Veranstaltungen<br />
Dr. Ulrich Freiesleben<br />
Diamantenhändler, Designer und Philosoph<br />
Neue Schliffe für alte Steine<br />
17. September 2008<br />
Einführung: Jan Freysoldt<br />
Prof. Dr. Gerlinde Gild<br />
Chinaexpertin, Universität Göttingen<br />
Politik und Gesellschaft in China<br />
nach den Olympischen Spielen<br />
29. Oktober 2008<br />
Einführung: Dr. Rüdiger Hoffmann<br />
Dr. Claas Dieter Knoop<br />
Deutscher Botschafter in Äthiopien<br />
Äthiopien und <strong>Bremen</strong> –<br />
eine Beziehung mit Geschichte<br />
3. September 2008<br />
Einführung: Dr. Matthias Fonger
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:28 Uhr Seite 25<br />
Dr. Marek Prawda<br />
Botschafter der Republik Polen<br />
in der Bundesrepublik Deutschland<br />
Noch ist Polen nicht verstanden,<br />
Eindrücke eines Botschafters<br />
15. Oktober 2008<br />
Einführung: Dr. Rüdiger Hoffmann<br />
Generalprobe „Die Zauberflöte“<br />
Theater <strong>Bremen</strong><br />
28. November 2008<br />
Einführung in das Werk: Claudia Leutemann<br />
25<br />
Heiteres und Besinnliches <strong>zu</strong>m Jahresende<br />
Prof. Dr. h.c. Alexander Baillie<br />
und sein Cello-Ensemble im Dialog<br />
mit dem Schauspieler Siegfried Maschek<br />
10. Dezember 2008<br />
Einführung: Dr. Rüdiger Hoffmann
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 26<br />
26<br />
Wirtschaft<br />
Dr. Werner Brinker<br />
Energie-Chef
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 27<br />
Claus Spitzer-Ewersmann<br />
So wie bislang, so wird es nicht weitergehen, da ist sich Dr. Werner<br />
Brinker sicher. Die Energieversorgung unserer Zukunft, sie<br />
wird anders aussehen. Aussehen müssen. Wie genau, darüber<br />
macht sich der Chef des norddeutschen Versorgers EWE seit langem<br />
Gedanken.<br />
Als Jason Gardner fünf Minuten vor Spielschluss einmal mehr<br />
einen Wurf aus großer Entfernung traumhaft sicher durch die<br />
Reuse flutschen lässt, hält es die Zuschauer nicht mehr auf den<br />
Sitzen. Es gibt Standing Ovations für den kleinen Amerikaner,<br />
der Oldenburgs Basketballteam mit seinem strategischen<br />
Geschick und seiner Treffsicherheit auf den zweiten Platz der<br />
Bundesliga geführt hat. Mitten unter den begeisterten Fans<br />
springt auch ein Mann auf und stimmt in den Klatschmarsch mit<br />
ein, von dem man solch öffentlich gezeigten Enthusiasmus sonst<br />
eher selten gewohnt ist: Werner Brinker, seit 1998 Vorsitzender<br />
des Vorstands des norddeutschen Energieversorgers EWE AG und<br />
einer der mächtigsten Wirtschaftsführer im Nordwesten.<br />
Chefsache und Herzensangelegenheit<br />
Wenn Gardner, Paulding, Perkovic und Co. in Oldenburg auf<br />
Punktejagd gehen, dann ist Brinker regelmäßig dabei. Als gesichert<br />
darf gelten, dass es diese Profitruppe ohne ihn und das<br />
Engagement seines Unternehmens gar nicht geben würde. 2001<br />
war es, als aus der Basketballmannschaft des Oldenburger<br />
Turnerbundes die „EWE Baskets Oldenburg“ wurden – und der<br />
Chef es sich nicht nehmen ließ, den Namenswechsel auf einer<br />
Pressekonferenz gleich selbst <strong>zu</strong> begründen. Für EWE, so erklärte<br />
er seinerzeit, bedeute die direkte Verknüpfung des Firmennamens<br />
mit einem professionellen Team aus dem Trendsport Basketball<br />
einen <strong>zu</strong>sätzlichen Imagegewinn in dem für Energiedienstleister<br />
stetig härter gewordenen Wettbewerbsumfeld.<br />
Alles Berechnung also? Marketing as usual? Dass die Förderung<br />
von Spitzensport einem Unternehmen gut <strong>zu</strong> Gesicht steht, ist<br />
schließlich eine Binsenweisheit. Wer den im Emsland geborenen<br />
27<br />
Brinker in der 2005 erbauten und den Namen „EWE-Arena“ tragenden<br />
Halle erlebt, mag indes nicht so recht an eiskaltes Kalkül<br />
glauben. Zudem ist EWE nicht nur bei den Baskets engagiert.<br />
Im Gegenteil. Auch die Handballspielerinnen des Bundesligisten<br />
VfL Oldenburg können darauf zählen. Vor drei Jahren hatte der<br />
zweifache Familienvater ihnen versprochen: „Werden Sie Spitze<br />
in Deutschland. Unsere Unterstüt<strong>zu</strong>ng ist Ihnen gewiss beim<br />
Durchschreiten des Weges nach oben.“<br />
Basketball und Handball am Stammsitz in Oldenburg, Fußball in<br />
<strong>Bremen</strong>. Seit 2003 ist Brinker Mitglied des Aufsichtsrats bei<br />
Werder. Den Grünweißen fühlt sich der promovierte Bauingenieur<br />
schon länger verbunden – und sieht durchaus Möglichkeiten,<br />
gemeinsam <strong>zu</strong>kunftsweisende Projekte um<strong>zu</strong>setzen. So soll<br />
nach den im vergangenen April vorgestellten Plänen für das<br />
neue Weserstadion auf dessen Dach eine aus rund 200.000<br />
Solarzellen bestehende Photovoltaikanlage installiert werden.<br />
Die Module sollen, so die Berechnungen, jährlich über 700.000<br />
Kilowattstunden Strom produzieren. Eine ähnliche, allerdings<br />
weit kleinere Anlage findet sich auch auf der Sportarena in<br />
Oldenburg. Sie wurde vom Deutschen Architekturzentrum sogar<br />
als Gewinner im bundesweiten Wettbewerb „PV im Bau – Photovoltaik<br />
im Gebäudeentwurf“ ausgezeichnet.<br />
Energiemanager des Jahres<br />
Regionale Verankerung einerseits, Innovation und Forschung<br />
andererseits – das ist das Spannungsfeld, aus dem EWE seit langem<br />
Kraft schöpft. Beispiel Windenergie. 1989 ließ das Unternehmen<br />
im ostfriesischen Pilsum Deutschlands damals größten<br />
Windpark errichten. So viel Weitblick macht sich bezahlt. Heute<br />
sind die Oldenburger maßgeblich an zwei der ambitioniertesten<br />
Offshore-Planungen in der Nordsee beteiligt, „Alpha Ventus“<br />
und „Riffgat“. Werner Brinker liegen die beiden Projekte persönlich<br />
am Herzen. Er habe sich nämlich, so unterstreicht er,<br />
bereits in den späten Siebziger Jahren mit Fragen des Klimaschutzes<br />
beschäftigt und begonnen, Konzepte für die Nut<strong>zu</strong>ng
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 28<br />
28<br />
Wirtschaft<br />
Dr. Werner Brinker<br />
regenerativer Energien <strong>zu</strong> entwickeln. Damals stand das Thema<br />
allerdings noch nicht auf der Agenda.<br />
Aber Vorsicht: Als verkannter Visionär will sich der 2006 <strong>zu</strong>m<br />
„Energiemanager des Jahres“ gewählte EWE-Chef nun aber keinesfalls<br />
verstanden wissen. Er weiß durchaus, wie man Ideen<br />
umsetzt. „Für den nachhaltigen Unternehmenserfolg brauchen<br />
Manager einen ausgewogenen Mix an operativen Führungsqualitäten<br />
und weitreichenden Visionen hinsichtlich der Entwicklung<br />
ihrer jeweiligen Industrie. Das hat der diesjährige Preisträger<br />
deutlich bewiesen“, lobte Dr. Matthias Cord, Vice President<br />
und Anteilseigner von A. T. Kearney, in seiner Laudatio. Und Helmut<br />
Sendner, Chefredakteur und Verleger der Zeitung „Energie &<br />
Management“, begründete die Entscheidung der Jury damit, dass<br />
Brinker „den Unternehmenswert der EWE AG durch strategische<br />
Partnerschaften wesentlich gesteigert und das Unternehmen <strong>zu</strong><br />
einem der Top-Arbeitgeber der Region aufgebaut“ habe. „Mit<br />
Innovationskraft treibt er den Ausbau der eigenen Energieerzeugung<br />
voran, setzt auf den Einsatz regenerativer Energieträger<br />
und trägt somit <strong>zu</strong> einer <strong>zu</strong>kunftsfähigen Energieversorgung von<br />
morgen bei.“<br />
Noch ein Beispiel für die Beharrlichkeit, mit der Brinker einmal<br />
definierte Ziele verfolgt: Um auf dem hart umkämpften Gasmarkt<br />
<strong>zu</strong> bestehen, setzt EWE ganz auf den Faktor Versorgungssicherheit.<br />
Zurzeit betreibt das Unternehmen drei Erdgasspeicher mit<br />
einem Arbeitsgasvolumen von 1,3 Milliarden Kubikmetern. Und<br />
damit nicht genug: Zwei dieser Speicher werden gerade vergrößert,<br />
der Bau weiterer Anlagen steht bevor. „Damit“, so Brinker,<br />
„helfen wir, dass in Deutschland Erdgasvorräte aufgebaut<br />
werden können, die schnell und unmittelbar verfügbar sind und<br />
langfristig <strong>zu</strong>r Versorgungssicherheit beitragen.“<br />
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik<br />
Die Zukunft der Energieversorgung hat auch auf Oldenburgs Themenplan<br />
als „Stadt der Wissenschaft 2009“ einen Platz weit<br />
oben inne. Kein Zufall, denn EWE und Brinker persönlich hatten<br />
sich sehr für den Titelgewinn der Huntestadt eingesetzt und<br />
eigene Ideen eingebracht. Gemeinsam mit Oberbürgermeister<br />
Gerd Schwandner und dem ehemaligen Universitätspräsidenten<br />
Uwe Schneidewind stellte er die Bewerbung dem Stifterverband<br />
für die Deutsche Wissenschaft vor und richtete den Fokus dabei<br />
in erster Linie auf die Möglichkeiten intelligenten Energiemanagements.<br />
<strong>Der</strong> Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft<br />
(VDEW) ist sich längst im Klaren darüber, dass der Branche Veränderungen<br />
bevorstehen und dass diese „den Schulterschluss<br />
von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik“ erfordern. Dabei seien<br />
insbesondere die Firmen in der Pflicht: „Ohne engagierte Wirt-
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 29<br />
schaftsunternehmen sind zentrale Problemstellungen in der Forschung<br />
und Entwicklung nicht <strong>zu</strong> bewältigen.“<br />
Das von EWE, dem Land Niedersachsen und der Universität<br />
Oldenburg initiierte EWE Forschungszentrum für Energietechnologie<br />
„Next Energy“ stellt für Brinker, der auch ehrenamtlicher<br />
Vorsitzender des Hochschulrates der Universität ist, das Paradebeispiel<br />
einer solchen Kooperation dar. Hier sollen ab August<br />
2009 bis <strong>zu</strong> 50 Wissenschaftler an neuen Wegen der effizienten<br />
Energienut<strong>zu</strong>ng arbeiten. „Wir suchen Lösungen, um eine klimafreundliche<br />
und <strong>zu</strong>kunftsweisende Energieversorgung <strong>zu</strong><br />
gewährleisten“, erklärte der 56-Jährige anlässlich des Richtfests<br />
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im November und fuhr fort: „Energie ist ein knappes, kostbares<br />
Gut geworden. Vor dem Hintergrund des steigenden Energiehungers<br />
in der Welt und des drohenden Klimawandels ist rasches<br />
Handeln nötig. Nur mit umfangreicher Forschung kann eine<br />
umweltverträgliche Energieversorgung langfristig gemeistert<br />
werden.“<br />
Dass dafür Geduld erforderlich sein dürfte, weiß Brinker aus<br />
Erfahrung. „Schon 1980 hatte ich einen Plan ausgearbeitet, wo<br />
an der Küste in Zukunft Windmühlen aufgestellt werden sollten“,<br />
erinnert er sich schmunzelnd. Manchmal brauchen Visionen eben<br />
etwas länger, um Wirklichkeit <strong>zu</strong> werden.<br />
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 30<br />
30<br />
Wirtschaft<br />
Schifffahrt<br />
Bremer Rhederverein
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 31<br />
Robert Völkl<br />
<strong>Bremen</strong> lebt maßgeblich vom Handel – seit Jahrhunderten. Als<br />
Stadt am Wasser ist <strong>Bremen</strong> die geborene Handelsmetropole. Mit<br />
dem Handel und dem überregionalen Austausch von Gütern ist<br />
<strong>Bremen</strong> auch als Ort des Seegüterumschlags und des Seeverkehrs<br />
über Jahrhunderte gewachsen. Schifffahrt ist eine Keimzelle der<br />
bremischen Seehafenverkehrswirtschaft. <strong>Der</strong> Schifffahrtsstandort<br />
<strong>Bremen</strong> hat sich bis heute erhalten können - mehr noch: In<br />
den vergangenen 15 Jahren konnte er seine Bedeutung im internationalen<br />
Seeverkehr kräftig ausbauen.<br />
Schon im Jahr 1884 hatten sich die Reedereien aus der Region<br />
<strong>zu</strong> einem „Verein der Rheder des Unterwesergebiets“ <strong>zu</strong>sammengeschlossen.<br />
Auch heute vertritt der „Bremer Rhederverein“ die<br />
Interessen des Reedereistandortes. <strong>Der</strong> Bremer Rhederverein gilt<br />
als kompetenter Ansprechpartner für die Politik, die Verwaltung<br />
und die Wirtschaft in <strong>Bremen</strong>.<br />
Mit den Ereignissen des vorherigen Jahrhunderts haben die Reeder<br />
des Unterwesergebiets eine wechselhafte Geschichte durchleben<br />
müssen. Mit dem ersten und mit dem zweiten Weltkrieg<br />
haben sie jeweils fast ihre gesamte Flotte verloren. Mit ihren<br />
Fachkenntnissen, ihren vielfältigen Verbindungen <strong>zu</strong> Geschäftspartnern<br />
in aller Welt, ihrem Mut und Einsatz ist es den Reedern<br />
zweimal gelungen, die Flotten wieder auf<strong>zu</strong>bauen.<br />
Zum einhundertjährigen Jubiläum des Rhedervereins 1984 gab<br />
es ebenfalls eine schwierige Zeit <strong>zu</strong> überstehen. Nach der Fusion<br />
des Norddeutschen Lloyd aus <strong>Bremen</strong> mit der HAPAG aus<br />
Hamburg 1970 und der Aufgabe der großen Schwergutreederei<br />
DDG Hansa 1980 waren die Schifffahrtsmärkte Mitte der 1980er<br />
Jahre aus dem Gleichgewicht geraten. Seit den 90er Jahren<br />
jedoch nimmt der Schifffahrtsstandort <strong>Bremen</strong> eine äußerst<br />
positive Entwicklung.<br />
<strong>Der</strong> Bremer Rhederverein hat die Entwicklung der Reedereien und<br />
des Reedereistandortes über die Jahrzehnte stets begleitet. <strong>Der</strong><br />
31<br />
breiten Öffentlichkeit jedoch war seine Existenz weitgehend<br />
verborgen geblieben. Auch, dass <strong>Bremen</strong> nach wie vor zweitgrößter<br />
Schifffahrtsstandort Deutschlands ist, war bis vor kurzem<br />
nur Insidern bekannt.<br />
Seit knapp zwei Jahren hat der Bremer Rhederverein einen<br />
anderen Kurs eingeschlagen und ist deutlich präsenter geworden.<br />
Thorsten Mackenthun, seit Sommer 2007 Vorsitzer, erläutert:<br />
„Die Bremerinnen und Bremer sollen wissen, dass Schifffahrt<br />
und Reedereien in <strong>Bremen</strong> auch heute eine wichtige Rolle<br />
spielen. Da<strong>zu</strong> war es notwendig, offensiver den Dialog mit der<br />
Öffentlichkeit und der Politik <strong>zu</strong> suchen.“ Ziel sei es, kontinuierlich<br />
an der Verbesserung der Standortfaktoren <strong>zu</strong> arbeiten.<br />
So hat sich der Bremer Rhederverein ein neues Erscheinungsbild<br />
mit einem modernen Schriftbild und einer Bildmarke gegeben,<br />
die dem dreimastigen Rahsegler am Giebel des Hauses Schütting<br />
entliehen wurde. Im Haus Schütting wurde der Bremer Rhederverein<br />
vor fast 125 Jahren gegründet; dort war auch viele Jahre<br />
die Geschäftsstelle des Verbandes angesiedelt.<br />
Zu einem modernen Erscheinungsbild gehört auch ein Internetauftritt.<br />
Auf der Website www.rhederverein.de findet der<br />
Leser viel Wissenswertes über den Rhederverein selbst, dessen<br />
Mitgliedsreedereien und die verschiedenen Ausbildungsberufe,<br />
die die Schifffahrt jungen Leuten bietet.<br />
Gerade die Nachwuchsgewinnung und die Ausbildung in der<br />
Schifffahrt haben für den Rhederverein einen besonders hohen<br />
Stellenwert. Über Jahrzehnte gab es aus unterschiedlichsten<br />
Gründen <strong>zu</strong> wenig Nachwuchsförderung. Sie wurde in der<br />
gesamten deutschen Schifffahrt vernachlässigt. Jetzt, nach<br />
einem beispiellosen Wachstum der deutschen Flotten in den<br />
vergangenen sechs Jahren, gibt es <strong>zu</strong> wenig qualifiziertes Bordpersonal.<br />
Zudem scheiden viele ältere Seeleute in den nächsten<br />
Jahren aus.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 32<br />
32<br />
Wirtschaft<br />
Schifffahrt<br />
In einer gemeinsamen Anstrengung von Bremer Reedern, dem<br />
Verband Deutscher Reeder, dem Land <strong>Bremen</strong> und der Hochschule<br />
<strong>Bremen</strong> ist es gelungen, die Zahl der Erstsemesterplätze für<br />
den Studiengang Nautik von 67 auf 107 <strong>zu</strong> erhöhen. Die Reeder<br />
im Bremer Rhederverein tragen <strong>zu</strong> diesem Erfolg mit einer Stiftungsprofessur<br />
über fünf Jahre bei. Erst jüngst wurde eine zweite<br />
Schiffssimulationsanlage an der Hochschule eingeweiht, mit<br />
der die qualitativ hochwertige Ausbildung auch für die höhere<br />
Zahl der Studenten gewährleistet wird.<br />
Um junge Leute für die Berufe in der Schifffahrt <strong>zu</strong> interessieren,<br />
engagiert sich der Bremer Rhederverein <strong>zu</strong>sammen mit dem Verband<br />
Deutscher Reeder auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag,<br />
der vom 20. bis 24. Mai 2009 in <strong>Bremen</strong> abgehalten<br />
wird. Gemeinsam werden sie als „Exklusiver Partner für die Cap<br />
San Diego des 32. Deutschen Evangelischen Kirchentages“ die<br />
Verholung des Museumsschiffes in den Europahafen ermöglichen.<br />
Dass die Bedeutung des Schifffahrtsstandortes <strong>Bremen</strong> mittlerweile<br />
auch von der Politik anerkannt wird, zeigt ein jüngst vorgelegtes<br />
Konzept des Senators für Wirtschaft und Häfen <strong>zu</strong>r Förderung<br />
der Seeschifffahrt und des Reedereistandortes <strong>Bremen</strong>,<br />
das von der Bremischen Bürgerschaft in seiner Novembersit<strong>zu</strong>ng<br />
angenommen wurde. Schon in der Koalitionsvereinbarung aus<br />
dem Jahre 2007 wird gefordert, dass <strong>Bremen</strong> sein Profil als<br />
bedeutender Schifffahrts- und Reedereistandort weiter schärfen<br />
müsse.<br />
Genau darin sieht der Bremer Rhederverein seine Hauptaufgabe.<br />
Regelmäßige Gespräche mit dem Senator für Wirtschaft und<br />
Häfen, auch mit der Senatorin für Finanzen und der Senatorin<br />
für Bildung und Wissenschaft sowie mit den Partnern in der bremischen<br />
Seehafenverkehrswirtschaft zeigen Erfolge. So hat das<br />
Amtsgericht die Zuständigkeiten und Abläufe beim Bremer<br />
Schiffsregister im engen Dialog mit dem Rhederverein neu<br />
geordnet. Mit flexiblen Bürozeiten und engagierten Mitarbeitern<br />
gelingt es dem Schiffsregister heute, trotz der administrativ aufwändigen<br />
Vorbereitungen Registrierungen punktgenau für die<br />
örtlichen Reedereien <strong>zu</strong> gewährleisten.<br />
<strong>Der</strong> Kontakt- und Imagepflege dient auch der „Bremer Rhederabend“,<br />
<strong>zu</strong> dem der Rhederverein seit wenigen Jahren alljährlich<br />
Persönlichkeiten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft<br />
einlädt. Thorsten Mackenthun möchte mit diesen Abenden<br />
den Blick noch stärker auf die Schifffahrt lenken. „Wir<br />
möchten das Fenster <strong>zu</strong>r Schifffahrt noch weiter öffnen und das<br />
Know-how unserer Industrie für den maritimen Standort <strong>Bremen</strong><br />
sinnvoll einsetzen.“
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 33<br />
Die deutsche Schifffahrt und damit auch die Reedereien in <strong>Bremen</strong><br />
profitieren von der erfolgreichen deutschen Schifffahrtspolitik<br />
der vergangenen zehn Jahre. Im Rahmen des sogenannten<br />
Maritimen Bündnisses zwischen der Bundesregierung, den Reedereien,<br />
den Gewerkschaften und den Bundesländern haben die<br />
Reeder <strong>zu</strong>gesagt, bis Ende dieses Jahres 500 Schiffe in der internationalen<br />
Fahrt unter deutscher Flagge <strong>zu</strong> betreiben. Damit<br />
müsste etwa jedes sechste Schiff der von den deutschen Reedern<br />
kontrollierten Schiffe unter deutscher Flagge fahren. Aufgrund<br />
der Beset<strong>zu</strong>ng mit deutschen und europäischen Seeleuten ist die<br />
deutsche Flagge in der Regel 200.000 bis 450.000 Euro per anno<br />
teurer als das Führen eines Schiffes unter ausländischer Flagge.<br />
Für kleine Reedereien mit weniger als sechs Schiffen sind diese<br />
Mehrkosten in einem internationalen Wettbewerbsumfeld allerdings<br />
häufig nicht tragbar. Daher haben sich acht Bremer Reedereien<br />
mit 19 Schiffen in einem Pool <strong>zu</strong>sammengeschlossen.<br />
Drei dieser Schiffe konnten <strong>zu</strong>rückgeflaggt werden. Die Mehrkosten,<br />
die für diese drei Schiffe entstehen, werden gleichmäßig<br />
unter allen 19 Schiffen aufgeteilt. Initiiert wurde der Pool vom<br />
Bremer Rhederverein und ist einmalig in Deutschland. Vorsitzer<br />
Thorsten Mackenthun weist auf das solidarische Prinzip hin, das<br />
diesem Pool <strong>zu</strong>grunde liegt und erklärt: „Damit kann die deutsche<br />
Flagge weiter gestärkt werden, ohne dass die einzelnen Reedereien<br />
und deren Schiffe ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.“<br />
33<br />
Neben diesen drei Schiffen aus dem Pool haben einzelne Bremer<br />
Reedereien in diesem Jahr 25 weitere Schiffe unter deutsche<br />
Flagge gebracht. Damit unterstützen die Bremer Reedereien die<br />
Zusage der deutschen Reederschaft überproportional.<br />
Die Aufgaben, die sich der Bremer Rhederverein stellt, sind vielfältig<br />
und ehrgeizig. Mackenthun betont: „Die fünf Vorstandsmitglieder<br />
beraten, treffen und tragen ihre Entscheidungen<br />
gemeinsam. Sie verstehen sich als Team, das im Sinne der Bremer<br />
Reeder und des Reedereistandortes handelt.“ Die Umset<strong>zu</strong>ng<br />
der beschlossenen Maßnahmen erfolgt weitgehend durch eine<br />
eigene Geschäftsstelle, die der Bremer Rhederverein im World<br />
Trade Center unterhält.<br />
Im nächsten Jahr wird der Bremer Rhederverein 125 Jahre alt.<br />
Dieses Ereignis begeht der Rhederverein mit einem festlichen<br />
Empfang am 2. März im Haus Schütting, seinem Gründungsort.<br />
Neben Bürgermeister Böhrnsen haben Bundesverkehrsminister<br />
Wolfgang Tiefensee sowie der Vorsitzende des Verbands Deutscher<br />
Reeder, Herr Michael Behrendt, ihren Besuch angekündigt<br />
und unterstreichen damit die Bedeutung, die <strong>Bremen</strong> als Reedereistandort<br />
über seine Grenzen hinaus hat.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 34<br />
34<br />
Wissenschaft<br />
Oldenburg<br />
Stadt der Wissenschaften
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:40 Uhr Seite 35<br />
Claus Spitzer-Ewersmann<br />
Nachhaltige Schubkraft für die Entwicklung der Stadt erhofft sich<br />
Oldenburg, das 2009 offiziell den Titel „Stadt der Wissenschaft“<br />
führen darf. <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven haben 2005 bereits vorgemacht,<br />
was sich mit der Auszeichnung bewerkstelligen lässt.<br />
„Da haben Sie ein echtes Geschenk in der Hand, machen Sie<br />
etwas daraus“ – mit diesen Worten beendete Dr. Klaus Sondergeld<br />
im Sommer in Oldenburg einen Vortrag vor örtlichen Unternehmern<br />
und Politikern. <strong>Bremen</strong>s Marketingchef war vom Oberbürgermeister<br />
der Nachbarstadt, dem auch an der Weser nicht<br />
ganz unbekannten Prof. Dr. Gerd Schwandner, eingeladen worden,<br />
um von dessen Erinnerungen an das Jahr 2005 <strong>zu</strong> hören.<br />
<strong>Bremen</strong> war damals gemeinsam mit Bremerhaven <strong>zu</strong> Deutschlands<br />
„Stadt der Wissenschaft“ gekürt worden. 2009 trägt Oldenburg<br />
den prestigeträchtigen Titel.<br />
Und die Huntestädter wollen einen guten Job machen. Als<br />
Underdog waren sie ins Rennen gegangen, als strahlende Sieger<br />
verließen sie Ende Februar die finale Präsentation im thüringischen<br />
Jena. Die Entscheidung des Stifterverbands für die Deutsche<br />
Wissenschaft, Oldenburg aus<strong>zu</strong>wählen, überraschte vielfach.<br />
Immerhin hatte sich die niedersächsische Universitätsstadt<br />
gegen so hochkarätige Konkurrenz wie Konstanz und Lübeck<br />
durchgesetzt. Rostock, Kaiserslautern und Heidelberg waren mit<br />
ihren Bewerbungen bereits im Vorfeld gescheitert – was besonders<br />
in Heidelberg <strong>zu</strong> Verwunderung geführt hatte.<br />
Oldenburgs Bewerbung kam unkonventioneller, vielleicht auch<br />
frecher und mutiger daher als die der Konkurrenten. Und sie war<br />
vom ersten Wort an geprägt vom Willen, ernsthaft um den Sieg<br />
<strong>zu</strong> streiten, die Sache aber insgesamt auch nicht <strong>zu</strong> verbissen<br />
<strong>zu</strong> sehen. Statt einen renommierten Wissenschaftler zitierte<br />
Schwandner in seiner Einführung den amerikanischen Regisseur<br />
und Schauspieler Woody Allen: „Ich denke viel an die Zukunft,<br />
35<br />
weil das der Ort ist, wo ich den Rest meines Lebens <strong>zu</strong>bringen<br />
werde.“ Damit war die Richtung vorgegeben. Oldenburg präsentierte<br />
sich den Juroren mit der Idee der „Übermorgenstadt“,<br />
also einem kommunalen Gebilde, das imstande ist, die Herausforderungen<br />
der Zukunft <strong>zu</strong> meistern. Dieser Gedanke dient als<br />
Triebfeder, um Utopien <strong>zu</strong> denken, Visionen weiter<strong>zu</strong>entwickeln<br />
und den Dialog zwischen Bürgern und Wissenschaftlern über die<br />
Frage an<strong>zu</strong>stoßen, wie man einmal leben möchte – und unterstreicht<br />
Schwandners Ambitionen, seiner Stadt neue Impulse <strong>zu</strong><br />
verleihen:<br />
„Charme und Tradition sind hohe Werte, aber wir wollen, dass<br />
unsere gemütliche Großstadt künftig noch mehr Urbanität ausstrahlt.“<br />
<strong>Der</strong> Status als „Stadt der Wissenschaft 2009“ soll dabei<br />
einen ersten Meilenstein darstellen. Stifterverbandspräsident<br />
Arend Oetker lobte das Vorhaben und den Einsatz der Oldenburger<br />
Vertreter am Ende überschwänglich: „Wie ein Löwe hat diese<br />
Stadt gekämpft!“<br />
Fragt man die Verantwortlichen in <strong>Bremen</strong>, was 2005 der Stadt<br />
gebracht hat, fallen die Antworten weitgehend positiv aus. „Wir<br />
haben das Jahr in besonderer Weise genutzt, die Highlights der<br />
bremischen Wissenschaftsszene in Ausstellungen, in Zeitungsbeilagen<br />
und vielen weiteren Veranstaltungen einem breiten<br />
Publikum bekannt <strong>zu</strong> machen“, erinnert sich Bürgermeister Jens<br />
Böhrnsen.<br />
Vor allem die Bremer selbst konnten ihre Stadt von einer häufig<br />
noch unbekannten Seite kennen lernen. Die Universität öffnete<br />
ihre Tore weit für den ganz jungen, den jugendlichen und den<br />
jung gebliebenen wissenschaftlichen Nachwuchs. Statt sturem<br />
Büffeln stand erlebnisorientiertes Forschen auf dem Lehrplan.<br />
Zudem erwies es sich als cleverer Schach<strong>zu</strong>g, 16 randvoll mit<br />
Wissenschaft gefüllte Container in den Stadtteilen auf<strong>zu</strong>stellen<br />
und die Bewohner so mit Themen <strong>zu</strong> konfrontieren, mit denen<br />
sie sich sonst nicht beschäftigen.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:41 Uhr Seite 36<br />
36<br />
Wissenschaft<br />
Oldenburg<br />
Auch die vom Stifterverband mit der Titelvergabe verbundene<br />
Hoffnung, aktiv die Schaffung von Netzwerken voran<strong>zu</strong>treiben –<br />
insbesondere zwischen Wissenschaft und Wirtschaft –, erfüllte<br />
sich in <strong>Bremen</strong>. Wohlweislich war bereits in der Bewerbungsschrift<br />
darauf verwiesen worden, dass beide Bereiche an der<br />
Weser bereits lange Zeit voneinander profitierten – eine florierende<br />
Wissenschaftsszene zählt im 21. Jahrhundert <strong>zu</strong> den wichtigsten<br />
Wirtschaftsfaktoren. Alles in allem, so Böhrnsen, habe<br />
die Auszeichnung „einen gehörigen Schwung gegeben und uns<br />
in unserem Ziel bestärkt, bis 2010 in die Spitzengruppe der<br />
deutschen Technologieregionen auf<strong>zu</strong>steigen“.<br />
Die Bilanz von Prof. Dr. Gerold Wefer, treibende Kraft hinter <strong>Bremen</strong>s<br />
Bewerbung und später Koordinator des Wissenschaftsjahres,<br />
fällt gleichfalls positiv aus. „Alle wollten dabei sein, über<br />
100 Einrichtungen aus <strong>Bremen</strong> und Bremerhaven haben sich<br />
beteiligt“, erinnert er sich. Und die insgesamt 700 Veranstaltungen<br />
zeigten Wirkung: <strong>Bremen</strong> war als „Stadt der Wissenschaft“<br />
fest in seiner Bevölkerung verankert – was die Chancen deutlich<br />
erhöhte, 2005 durch den Titel, später aber auch durch eigene<br />
Kraft eine „Stadt der Wissenschaft“ <strong>zu</strong> sein.<br />
Sichtbarer Ausdruck dieses Bestrebens ist das zentral in der Bremer<br />
Innenstadt gelegene „Haus der Wissenschaft“. Es ist Schaltstelle<br />
und Schaufenster der Wissenschaft <strong>zu</strong>gleich. Wefer: „Wenn<br />
man irgend etwas über die Wissenschaft in <strong>Bremen</strong> wissen will,<br />
dann kann man es hier erfahren.“<br />
Nachhaltigkeit ist für Oldenburgs Organisatoren um Dr. Rainer<br />
Lisowski ein entscheidendes Stichwort. „Unser Konzept ist sehr<br />
bewusst langfristig angelegt“, sagt der Projektleiter, „und will<br />
den Elan von 2009 auch in der Folgezeit fortleben lassen.“ Ziel<br />
ist es, das Profil der Stadt <strong>zu</strong> schärfen, ihr im Standortwettbewerb<br />
neue Perspektiven <strong>zu</strong> eröffnen, ohne die alten Werte <strong>zu</strong><br />
verleugnen.<br />
Wie schnell das gehen kann, zeigt das Beispiel der 1973 gegründeten<br />
Carl von Ossietzky Universität. Schmunzelnd erinnert<br />
deren kürzlich aus dem Amt geschiedener Präsident Prof. Dr. Uwe<br />
Schneidewind an die Zeit vor 40 Jahren: „Damals war hier überall<br />
noch eine wilde Moorlandschaft.“ Und auch heute noch zeigt<br />
sich Oldenburg am uni-nahen Drögen-Hasen-Weg von seiner<br />
grünsten Seite – und setzt nur wenige Fußminuten entfernt doch<br />
ganz auf das Prinzip Zukunft. Links und rechts der idyllischen<br />
Alle studieren inzwischen mehr als zehntausend Studentinnen<br />
und Studenten.<br />
Dass da oben im Norden etwas passiert, wird immer stärker auch<br />
überregional wahrgenommen. In den Wochen vor der Entscheidung<br />
von Jena hatte es kräftigen Rückenwind für Oldenburg
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:41 Uhr Seite 37<br />
gegeben. Die Max-Planck-Gesellschaft teilte mit, zwei Forschernachwuchsgruppen<br />
für die Meeresforschung an der Universität<br />
<strong>zu</strong> etablieren. Die Fraunhofer-Gesellschaft kündigte die Einrichtung<br />
einer Projektgruppe <strong>zu</strong>r Verstärkung der Hörforschung an.<br />
Ferner begann im Januar der Bau eines EWE-An-Instituts, in dem<br />
interdisziplinär neue umweltverträgliche Technologien für die<br />
Energiegewinnung entwickelt werden sollen. „Wir haben eine<br />
junge Uni, eine lebendige Wissenschaftsszene. Wir sind eine<br />
Stadt voll kreativer und kluger Köpfe – und wollen es auch bleiben“,<br />
betonte Oberbürgermeister Schwandner. Orientierung<br />
erhoffen er, Lisowski und das ganze Team sich vom amerikanischen<br />
Ökonomen Richard Florida, der jenen Gesellschaften die<br />
Zukunftsfähigkeit attestiert, in denen sich Talente, Toleranz und<br />
Technologie gleichermaßen entfalten können.<br />
Selbstbewusst sprechen die Oldenburger von „einem der aufregendsten<br />
und spannendsten Jahre unserer jüngeren Geschichte“.<br />
Thematisch bieten sie schon in den ersten Monaten einen Parforceritt<br />
durch die Disziplinen. Da geht es um nachhaltige Ökonomie<br />
ebenso wie um den demografischen Wandel, um Klimaschutz,<br />
Bildung und soziale Balance. „Es wird eine Infobox <strong>zu</strong>m<br />
<strong>zu</strong>künftigen Wohnen geben, es wird um das Zusammenleben der<br />
Kulturen ebenso gehen wie um die Grenzen unseres heutigen<br />
Wissens und die Perspektiven, sie <strong>zu</strong> überwinden“, unterstreicht<br />
Projektleiter Lisowski. Veranstaltungen für Kinder spielen eine<br />
37<br />
zentrale Rolle. Die Generation von übermorgen kann in Laboren<br />
und auf der längsten Experimentiermeile der Republik den<br />
Geheimnissen aus Physik und Chemie auf die Spur kommen und<br />
ihre Ergebnisse öffentlich vorstellen.<br />
Auch die Suche nach den Wurzeln von Wissenschaft steht auf der<br />
Agenda. Und Oberbürgermeister Schwandner selbst verspricht<br />
bei aller Ernsthaftigkeit darauf <strong>zu</strong> achten, dass auch der ironische<br />
Seitenblick nicht <strong>zu</strong> kurz kommt: Sein Lieblingsprojekt ist<br />
die „Wissenschaftsgeisterbahn“, eine – Stichwort Toleranz –<br />
humorvolle Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit Irrtümern und Irrwegen der<br />
Forschung. Vielleicht gelingt es den Oldenburgern gerade mit<br />
diesem ehrgeizigen Projekt sogar, <strong>Bremen</strong>s Chefvermarkter Klaus<br />
Sondergeld <strong>zu</strong> widerlegen. <strong>Der</strong> hatte sich in seinem Fazit zwar<br />
begeistert über all die positiven Impulse gezeigt, die <strong>Bremen</strong> als<br />
Stadt der Wissenschaft 2005 erhalten habe, <strong>zu</strong>gleich aber darauf<br />
verwiesen, dass das überregionale Interesse sich in Grenzen<br />
halte: „Ein Touristen-Magnet ist das Etikett Stadt der Wissenschaft<br />
leider nicht.“<br />
Das erste von drei Programmheften <strong>zu</strong>r „Stadt der Wissenschaft<br />
2009“ erscheint am 7. Januar. Informationen über die Veranstaltungen<br />
und über das Konzept der Übermorgenstadt erhalten Sie<br />
auch im Internet unter der Adresse www.uebermorgenstadt.de.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 38<br />
38<br />
Geschichte<br />
Segeln im Eismeer<br />
81° 4,5’ Nord
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 39<br />
Friedrich Wilhelm Bracht<br />
Er war <strong>zu</strong> allererst Kartograph, ihn reizte es, neue Küsten <strong>zu</strong> entdecken,<br />
diese auf Karten <strong>zu</strong> übertragen und ihnen möglichst<br />
noch deutsche Namen <strong>zu</strong> geben: <strong>Der</strong> Geograph und Publizist<br />
August Petermann, der von 1822 bis 1878 lebte. Zunächst hatte<br />
er sich mit Afrikaforschung befasst, um sich danach den Polargebieten<br />
<strong>zu</strong><strong>zu</strong>wenden. Dabei hatte er weder Expeditionserfahrung<br />
noch Kenntnisse in der Seefahrt und da<strong>zu</strong> auch wenig<br />
Neigung. Am liebsten hätte er den Nordpol an seinem Schreibtisch<br />
in Gotha erobert.<br />
Aber er gewann Fachleute als Berater. So Arthur Breusing, den<br />
Direktor der Seefahrtsschule in <strong>Bremen</strong>, der ihm geeignete<br />
Seeleute benennen und ihn organisatorisch beraten konnte.<br />
Unterstüt<strong>zu</strong>ng erfuhr er ferner von Wilhelm von Freeden (1822 –<br />
1894), dem Gründer der Norddeutschen Seewarte.<br />
Petermann vermutete, ja, war überzeugt, dass jenseits des Treibund<br />
Packeisgürtels offenes Meer sei. Man brauche nur dicht entlang<br />
der Ostküste von Grönland nach Norden <strong>zu</strong> segeln. Dort sei,<br />
so behauptete er, offenes Wasser (was teilweise gelegentlich<br />
auch stimmt), und man könne somit – da er davon ausging,<br />
Grönland reiche am Pol entlang bis in die Nähe der Bering-<br />
Straße – diesen unschwer erreichen. Östlich von Spitzbergen<br />
gelange man dann durch eine von ihm vermutete weitere Lücke<br />
oder einen verdünnten Packeisgürtel wieder auf den offenen<br />
Atlantik <strong>zu</strong>rück.<br />
Auf einer „Geographischen Versammlung“ im Juni 1865 warb<br />
Petermann erstmals für seine Polarpläne. Mehrere Anläufe scheiterten<br />
in der Folgezeit vor allem wegen der offenen Finanzierungsfrage,<br />
obwohl der preußische König und spätere deutsche<br />
Kaiser Wilhelm I. sich selbst für eine solche Expedition einsetzte.<br />
Da erhielt Petermann Ende 1867 gewissermaßen „aus heiterem<br />
Himmel“ eine Spende von 500 Talern, die ihn, wie sich<br />
zeigen sollte, <strong>zu</strong>recht da<strong>zu</strong> bewog, nun werbend an die Öffentlichkeit<br />
<strong>zu</strong> treten, begann sich diese doch nicht <strong>zu</strong>letzt aus den<br />
damals erwachenden nationalen Gefühlen für das Projekt <strong>zu</strong><br />
interessieren.<br />
39<br />
Als Kapitän und Leiter der Expedition gewann er Carl Koldewey,<br />
und als dessen Stellvertreter Richard Hildebrandt. Noch bevor<br />
das nötige Geld vorhanden war, erwarb man in Bergen eine fast<br />
neue „Nordische Jagt“, die nach Eisverstärkung und notwendiger<br />
Ausrüstung am 24. Mai 1868 unter dem Kommando von Koldewey<br />
mit 11 Mann von Bergen aus Kurs Nord nahm. In einem<br />
Brief hatte Petermann an Koldewey geschrieben: (Zitat)<br />
„Erstreckt sich Grönland nördlicher als 81° N. Br., dann mögen<br />
Sie auch das Land von diesem Breitengrad an nach mir taufen,<br />
aus deutsch-nationalen Gründen, weil man mich im Auslande<br />
wegen dieser Annahme öffentlich lächerlich <strong>zu</strong> machen gesucht<br />
hat.“<br />
In seinen Instruktionen an den Kapitän ging die Phantasie noch<br />
weiter mit ihm durch: (Zitat) „Erstreckt sich die Ostküste so<br />
weit nach Norden . . . so wird auch hier mit verhältnismäßiger<br />
Leichtigkeit 10 bis 20 Breitengrade vorgedrungen werden können,<br />
und das bringt uns in die Nähe des Poles oder darüber hinaus.<br />
Findet ein solcher Fall statt, so wäre es dem Befehlshaber<br />
anheim gestellt, . . . ob die Fahrt noch weiter der Bering-Straße<br />
fort<strong>zu</strong>setzen und vielleicht das von den Amerikanern im vorigen<br />
Jahr entdeckte Land nördlich der Bering-Straße <strong>zu</strong> erreichen<br />
wäre.“<br />
Koldewey war da sehr viel vorsichtiger. Sein Ziel war <strong>zu</strong>nächst<br />
die „Sabine Insel“ in einer Höhe von 75° N. vor der grönländischen<br />
Ostküste. Nach flotter Reise – der Segler machte zeitweise<br />
mehr als 10 Knoten Fahrt – stieß man bei 74° 45’ N, 7° W<br />
auf die Eisgrenze. Eine Querung des vereisten Ostgrönlandstroms<br />
scheiterte, und ehe man sich versah, war das Schiff vom<br />
Eis bald ganz eingeschlossen, was zwar Gelegenheit bot,<br />
Beschädigungen an seinem Rumpf <strong>zu</strong> reparieren, aber auch <strong>zu</strong>r<br />
Folge hatte, dass es, vom Strom nach Süden versetzt, erst bei<br />
73° N wieder frei kam. Koldewey entschloss sich daraufhin, Kurs<br />
Nordost <strong>zu</strong> segeln und erreichte nach knapp acht Tagen Spitzbergen.<br />
Aber auch dort machte das Eis einen Strich durch die<br />
Rechnung. So misslang der Versuch, südlich der Inseln <strong>zu</strong>nächst
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 40<br />
40<br />
Geschichte<br />
Segeln im Eismeer<br />
Ostrichtung ein<strong>zu</strong>schlagen und anschließend nach Norden <strong>zu</strong><br />
steuern. Man drehte bei und gelangte endlich in den Belsund im<br />
Südwesten von Spitzbergen, wo man Frischwasser und Ballast<br />
laden sowie einen Jagdausflug unternehmen konnte.<br />
Danach nahm der Segler wieder Kurs nach Norden auf, erreichte<br />
80°30’ N, 6° 35’ E, wo man dem Walfänger „Jan Meyen“ begegnete.<br />
<strong>Der</strong>en Kapitän beurteilte die Nordroute östlich von Grönland<br />
günstig, so dass Koldewey <strong>zu</strong>nächst nach Süden <strong>zu</strong>rücksegelte,<br />
um dann in Sichtweite der Grönländischen Küste wieder<br />
auf Nordkurs <strong>zu</strong> gehen. Aber dann kam – inzwischen hatte der<br />
August begonnen – die große Enttäuschung: Das vermeintlich<br />
offene Wasser entpuppte sich als <strong>zu</strong>sammenhängende Eisdecke.<br />
(Zitat aus Koldeweys Tagebuch) „Unsere Hoffnung, die Küste <strong>zu</strong><br />
erreichen, war jetzt vollständig zerstört. In den letzten Tagen<br />
war es uns klar geworden, dass eine Möglichkeit da<strong>zu</strong> in diesem<br />
Jahr mit den Mitteln, die uns <strong>zu</strong>r Verfügung standen, nicht mehr<br />
vorhanden war . . . Ich musste mich daher, wenngleich mit dem<br />
größten Widerstreben, entschließen, der Küste den Rücken <strong>zu</strong><br />
kehren.“<br />
Trotz beschädigten Stevens, der die Fahrt bremste, nahm Koldewey<br />
Kurs auf den Norden Spitzbergens, umrundete am 18.<br />
August das Nordkap der Insel und sah weit und breit kein Eis<br />
mehr. In der Hoffnung, die Nordostinsel von Süden her östlich<br />
umfahren <strong>zu</strong> können, durchsegelte Koldewey die „Hinlopenstraße“<br />
in südlicher Richtung. Er konnte sie jedoch nicht verlassen,<br />
so dass er kehrt machte, den 80. Breitengrad überquerte<br />
und weiter nach Norden aufkreuzte, bis das Schiff am 15. September<br />
die nördlichste Position seiner Reise auf der Breite von<br />
81° 4,5’ N erreichte.<br />
Das Ziel, das sich der umsichtige Koldewey gesetzt hatte, war<br />
damit mehr als erreicht.<br />
Nach kurzem Aufenthalt in Bergen ging es in rascher Reise<br />
<strong>zu</strong>rück Richtung Weser, in deren Mündung das Schiff am 9. Oktober<br />
hineinsegelte.<br />
(Zitat) „<strong>zu</strong> unserer großen Freude kam uns . . . Herrn Rosenthals<br />
Schleppdampfer „DIANA“ entgegen, der uns ohne weiteres ins<br />
Schlepptau nahm und in wenigen Stunden nach Bremerhaven<br />
brachte, wo wir auf eine so großartige Weise empfangen wurden,<br />
wie wir es uns wahrlich niemals hätten träumen lassen.“<br />
Befasst man sich mit den Ergebnissen dieser – man kann sie<br />
durchaus so nennen – Forschungsreise, so ist <strong>zu</strong>nächst die navigatorische<br />
Leistung von Kapitän und Mannschaft heraus<strong>zu</strong>stellen.<br />
3.500 sm unter nicht selten schwierigen Witterungs- und<br />
Eisbedingungen und in z. T. unbekannten Seegebieten ohne<br />
ernsthafte Probleme <strong>zu</strong> segeln, zeugte von höchst umsichtiger<br />
Schiffsführung.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 41<br />
Da kein studierter Wissenschaftler an der Reise teilnahm, waren<br />
überdies die meteorologischen, hydrographischen, nautischen<br />
und „magnetischen“ Daten von Koldewey <strong>zu</strong> dokumentieren, was<br />
er so sorgfältig und umfassend tat, dass dem schon erwähnten<br />
Wilhelm von Freeden dieses Material ausreichte, um daraus wissenschaftlich<br />
wichtige Schlüsse <strong>zu</strong> ziehen, die er in einer 1869<br />
in Hamburg erschienenen Schrift über „Die wissenschaftlichen<br />
Ergebnisse der ersten deutschen Nordfahrt von 1868“ veröffentlichte.<br />
Darin befasste er sich u. a. mit den Strömungsverhältnissen<br />
besonders vor der grönländischen Küste, mit den Ergebnissen<br />
der regelmäßigen Lotungen und Tiefseetemperaturmessungen,<br />
mit sogenannten magnetischen Messungen <strong>zu</strong>r Bestimmung<br />
der Deklination, sowie mit der Oberflächentemperatur des Nordmeeres,<br />
die er für den Zeitraum Juli bis September in einer Isothermenkarte<br />
darstellte.<br />
Ferner kam er <strong>zu</strong> dem Schluss, es sei kein Beweis dafür gefunden<br />
worden, dass die See längs der grönländischen Küste für<br />
Fahrten nach Norden ein geeigneter Weg sei. Damit waren die<br />
Vorstellungen Petermanns widerlegt, was dieser nicht einsehen<br />
wollte und was sogar <strong>zu</strong>m Bruch mit Koldewey führte, obwohl<br />
dieser z. B. Messergebnisse mitgebracht hatte, die Petermann in<br />
die Lage versetzten, eine Neukartierung von Ostspitzbergen und<br />
der Westküste von Nord-Ost-Land <strong>zu</strong> zeichnen.<br />
41<br />
Nicht unerwähnt bleiben darf der Reisebericht von Koldewey, der<br />
sein hohes wissenschaftliches Format deutlich macht.<br />
Alles in allem ist fest<strong>zu</strong>halten, dass diese erste deutsche Nordpolarexpedition<br />
von 1868, also vor nunmehr 140 Jahren, die<br />
Tradition der deutschen Forschungsschifffahrt begründete.<br />
Szenenwechsel: Mai 2005! Mitten im Berliner Regierungsviertel<br />
hat ein Segelschiff – jene inzwischen über 140 Jahre alte<br />
Nordische Jagt – auf der Spree festgemacht. Während es dort<br />
schwimmt, kommen über 10.000 wissbegierige Berliner an Bord,<br />
allen voran Bundespräsident Horst Köhler.<br />
Die Idee für diese originelle Werbung hatten das Deutsche Schiffahrtsmuseum<br />
und das Alfred-Wegener-Institut, beide in Bremerhaven.<br />
Und den Anlass bot die Auszeichnung <strong>Bremen</strong>s einschließlich<br />
der Schwesterstadt als „City of Science 2005“, in<br />
deren Programm beide Institutionen als renommierte wissenschaftliche<br />
Forschungseinrichtungen des Bundeslandes fest eingebunden<br />
waren. Welch günstiges Schicksal bewahrte den<br />
Segler über diese, für ein aus Holz gebautes Schiff kaum glaubhafte<br />
Zeitspanne bis in die Gegenwart?<br />
Zurück <strong>zu</strong> 1869. Damals stachen die bei der Tecklenborg-Werft<br />
erbaute „Germania“ und die Schonerbrigg „Hansa“, wieder unter<br />
dem Kommando von Koldewey, <strong>zu</strong>r zweiten Polarfahrt in See, die<br />
zwar wichtige wissenschaftliche Ergebnisse erbrachte, bei der
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 42<br />
42<br />
Geschichte<br />
Segeln im Eismeer<br />
die „Hansa“ jedoch verloren ging. Beide Schiffe waren größer als<br />
der kleine Einmaster, der 1871 wieder nach Norwegen verkauft<br />
wurde.<br />
Dort ging er durch zahlreiche Hände, und wurde als Fischereiboot<br />
und Robbenfänger eingesetzt. 1917 erhielt er erstmals<br />
einen Motor, ein aufgesetztes Ruderhaus und einen Schornstein.<br />
Danach fuhr er als Küstenfrachter. Ende 1970 schließlich erwarb<br />
ihn der Osloer Kaufmann und Schiffsliebhaber Egil Björn-Hansen,<br />
um ihn als Museumsschiff rück<strong>zu</strong>bauen und auf der Insel<br />
Stord vor der Westküste Norwegens, nicht weit von seinem<br />
ursprünglichen Bauort Skanevik, aus<strong>zu</strong>stellen.<br />
Anlässlich einer Veranstaltung <strong>zu</strong>m hundertjährigen Jubiläum<br />
der zweiten NordpolarExpedition im Bremerhavener Morgenstern-Museum<br />
erfuhr der damalige Leiter des Hauses, der manchem<br />
noch bekannte Gert Schlechtriem, 1969, dass der Segler<br />
noch existierte. Es gelang ihm, das Schiff von Björn-Hansen <strong>zu</strong><br />
chartern und <strong>zu</strong>r Olympiade 1972 nach Kiel schleppen <strong>zu</strong> lassen,<br />
wo es, provisorisch restauriert, das Glanzstück der Ausstellung<br />
„Mensch und Meer“ wurde.<br />
Anschließend ließ Schlechtriem – inzwischen Direktor des im<br />
Aufbau befindlichen Deutschen Schiffahrtsmuseums – nicht<br />
mehr locker. Nach sorgfältigen Untersuchungen und Recherchen<br />
konnte das DSM im Januar 1973 den Kaufvertrag auf einer Basis<br />
von 120.000 DM abschließen. Danach wurde das Schiff grundlegend<br />
saniert, denn es war von Anfang an beabsichtigt, es als<br />
aktives Museumsschiff und damit als Werbe- und Sympathieträger<br />
für das Museum in Nord- und Ostsee ein<strong>zu</strong>setzen.<br />
Nochmals Szenenwechsel: Heute, gut 30 Jahre später: Noch<br />
immer kreuzt diese Nordische Jagt als lebende Zeitzeugin der<br />
Geschichte der Segelschifffahrt und der deutschen Polarforschung<br />
auf den Meeren unter der Flagge des DSM, technisch<br />
angepasst an heutige Sicherheitsstandards, aber ansonsten dem<br />
Bau- und Ausrüstungsstand von vor 140 Jahren weitgehend entsprechend.<br />
Und damit ist es spätestens an der Zeit, den bisher verschwiegenen<br />
Namen des Schiffes preis<strong>zu</strong>geben, den es 1868 trug und<br />
seit Übernahme durch das Museum wieder trägt: Es ist die „Grönland“<br />
– wie anders sollte sie auch heißen?!<br />
Die Entscheidung der damaligen Museumsdirektion, den Segler<br />
aktiv <strong>zu</strong> betreiben, statt ihn wie die übrigen Schiffe nur an die<br />
Kaje <strong>zu</strong> legen, war u. a. von der Überlegung getragen, dass nicht<br />
nur ein solch betagtes Schiff, sondern mit seinem Betrieb auch<br />
das notwendige seglerische Know-how der Besat<strong>zu</strong>ng im<br />
Umgang mit ihm bewahrt werden sollte. Apropos Besat<strong>zu</strong>ng:<br />
<strong>Der</strong> Spiritus Rector war der damalige Leiter des Hansestadt Bremischen<br />
Amtes Hans Loske. Er stellte eine gewissermaßen handverlesene<br />
Crew <strong>zu</strong>sammen, die beileibe nicht nur aus Seebären<br />
bestand, sondern auch Vertreter ganz anderer Berufe aufwies,<br />
welche jedoch sämtlich die Leidenschaft für das Segeln und die<br />
See vereinte. Bei dieser im Laufe der Jahre zwar wechselnden,<br />
aber ausschließlich ehrenamtlichen Zusammenset<strong>zu</strong>ng und Ver-<br />
antwortung für den Schiffsbetrieb ist es bis heute geblieben.<br />
Nun müssen Antiquitäten dieser Art, besonders, wenn sie noch<br />
Dienst tun, sorgfältig gepflegt werden, <strong>zu</strong>mal stets die Sicherheitsfrage<br />
eine entscheidende Rolle spielt. Und das ist teuer! So<br />
hat allein der Förderverein, den das DSM gottlob besitzt, <strong>zu</strong>r<br />
Finanzierung einer dringlich gewordenen Grundsanierung in den<br />
letzten Jahren 65.000 Euro bereitgestellt.<br />
Jetzt ist die Grönland wieder topfit, wovon man sich bei einem<br />
Besuch in Bremerhaven überzeugen kann. Sie liegt, um schneller<br />
in die Weser <strong>zu</strong> gelangen, seit einiger Zeit nicht mehr im<br />
Museumshafen, sondern vor dem Auswandererhaus. Aber im<br />
Sommer sucht man sie dort oft vergeblich, denn dann ist sie<br />
<strong>zu</strong>meist unterwegs – irgendwo zwischen Bremerhaven und Bergen,<br />
Kiel und Stockholm.<br />
In einer nach der letzten Sanierung 2005 vom DSM herausgegebenen<br />
Broschüre über das Schiff und seine berühmte Expedition,<br />
deren <strong>Inhalt</strong> diesem Ausflug in die Geschichte bremischer Seefahrt<br />
als Grundlage diente, stellten die Autoren fest:<br />
(Zitat) „Als Koldewey <strong>zu</strong> Beginn des Jahres 1868 die Nordische<br />
Jagt von dem Schiffbauer Tollef Tollefssen erwarb, hatte er<br />
eine selten glückliche Hand – anders wäre es nicht <strong>zu</strong> erklären,<br />
dass die Grönland fast anderthalb Jahrhunderte später nicht nur<br />
noch in Fahrt ist, sondern auch . . . einen solchen Zustand hat,<br />
dass das Schiff jederzeit erneut in polare Gewässer aufbrechen<br />
könnte“.<br />
81° 4,5’ Nord – Kein Segelschiff ohne <strong>zu</strong>sätzlichen Maschinenantrieb<br />
hatte nachweislich diese Breite im hohen Norden bis<br />
dahin je erreicht! Seefahrt ist Leidenschaft – die Grönland und<br />
ihre tüchtige Crew haben dies erfolgreich bewiesen – am 15.<br />
September 1868 vor 140 Jahren.<br />
Quelle: „81° 4,5’ Nord unter Segeln“, Herausgeber PD Dr. Ingo<br />
Heidbrink, Deutsches Schiffahrtsmuseum, Bremerhaven, Frühjahr<br />
2005
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 43<br />
Carolin Nytra, Deutsche Meisterin über 100 m Hürden – gefördert duch BLG LOGISTICS<br />
www.blg.de<br />
43
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 44<br />
44<br />
Geschichte<br />
Peter-Michael Pawlik<br />
Schiffe von der Unterweser
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:42 Uhr Seite 45<br />
Gerald Sammet<br />
<strong>Der</strong> Ort scheint wie geschaffen für eine der Geschichten, die er<br />
so gerne erzählt. Ein Raum voller Wind und Segel, Öl auf Leinwand<br />
in goldenen Rahmen, ein Bild neben dem andern, aber<br />
jedes viel lebendiger, als man nach dem ersten Hinsehen glaubt.<br />
Man findet kaum einen Platz im Museum „Schloss Schönebeck“<br />
an diesem letzten Freitagabend im April. Das liegt vor allem<br />
daran, dass dort eine Seefahrernation im Kleinen ihren Drehund<br />
Angelpunkt hat, eine durch und durch bremische Corona,<br />
mit sehr viel Eigensinn allerdings. Die Zeiten, in denen die Vorstadt<br />
Vegesack noch ein Ort war, in dem Matrosen, Schiffbauer,<br />
Kapitäne, Steuerleute, Ausrüster, Fischer und Fischverarbeiter<br />
den Lebensrhythmus bestimmten, sind zwar schon einige Jahrzehnte<br />
vorbei. Aber erstens leben von denen, die damals mitgemacht<br />
oder auch nur <strong>zu</strong>geschaut haben oder am Rand des<br />
Geschehens ihr Auskommen fanden, noch ziemlich viele, und<br />
zweitens kommt man im Nordwesten von <strong>Bremen</strong>, weil es den<br />
alten Hafen, die Kapitäns- und Steuermannshäuser und ein, zwei<br />
wirklich bemerkenswerte Schiffe aus früheren Zeiten immer noch<br />
gibt, von der Vergangenheit einfach nicht los. Ein paar mittlerweile<br />
wieder recht gut ins Geschäft gekommene Werften tragen<br />
das Ihre da<strong>zu</strong> bei, dass die Traditionslinie nicht einfach reißt.<br />
Die Behauptung, <strong>Bremen</strong> habe eine maritime Vergangenheit,<br />
aber keine Zukunft auf diesem Gebiet, stimmt ohnehin nicht.<br />
Hier wurde sie schon immer belächelt. Vieles mag anders geworden<br />
sein. Vieles, das ist eine der Grundregeln, wenn man Schifffahrt<br />
betreibt, geht sowieso anders aus als man denkt. Pessimisten<br />
sollten Briefmarken sammeln, gern auch mit maritimen Motiven,<br />
aber sich tunlichst nicht unter Seeleute mischen. Die ticken<br />
nun mal anders, und sie sind gesellige Leute. Man merkt es an<br />
diesem Abend. Wegen Peter-Michael Pawlik sind so ziemlich alle<br />
gekommen, die in der Vegesacker Vorstadt noch eine Ahnung<br />
davon haben, was es heißt, Schiffe unter vollen Segeln in See<br />
stechen <strong>zu</strong> lassen.<br />
Peter-Michael Pawlik ist ihr Haushistoriker, wenn man so will.<br />
Einer, der wirklich jedes Schiff kennt, das jemals an der Unter-<br />
45<br />
weser gebaut wurde, und all die Namen der Werftbesitzer, Reeder,<br />
Kapitäne, Steuerleute und Besat<strong>zu</strong>ngsmitglieder natürlich<br />
auch. Selbst nach den Hunden an Bord darf man ihn fragen. Er<br />
hat sie, sollte ihre Anwesenheit in irgendeiner Form bezeugt<br />
worden sein, alle parat. So, wie der die Reiserouten kennt, die<br />
Ladelisten, die Besonderheiten der Bauweise, einfach alles, bis<br />
ins geringste Detail. „Von der Weser in die Welt“ heißen zwei<br />
monumentale Bücher, die er bereits vorgelegt hat. Ein drittes<br />
erscheint noch in diesem Jahr. Es gibt immer noch Schätze <strong>zu</strong><br />
heben, von denen nur er weiß, wo sie stecken. Wobei, weil der<br />
Zugang <strong>zu</strong> den Archiven allen offen steht, jeder diesen von ihm<br />
begangenen Weg einschlagen könnte. Nur er freilich zeigt das<br />
Interesse und die Neugierde, die man für solche Vorhaben<br />
braucht.<br />
In die Wiege gelegt war ihm so ein Leben unter längst entschwundenen<br />
Segeln nicht. Pawlik ist von Haus aus Jurist, war<br />
als Richter an einem Bremer Amtsgericht tätig, in Blumenthal,<br />
wo man, wenn alles getan ist, nur ein paar Schritte hat bis <strong>zu</strong>m<br />
Grab von Kapitän Dallmann, und schon steckt man mitten drin<br />
in einer der Geschichten, die ihn so sehr faszinieren. Eduard<br />
Dallmann, geboren 1830 in Blumenthal, gestorben 1896 dortselbst,<br />
was sehr ungewöhnlich ist für einen Seemann in diesen<br />
Jahren, führte das erste Dampfsegelschiff, die „Grönland“, in<br />
antarktische Gewässer, erkundete Sibiriens nördliche Küste,<br />
erforschte Neu-Guinea und die „deutsche Südsee“, ein Kolonialreich<br />
mit eingeschriebenem Verfallsdatum. Ein Nautiker ohne<br />
Fehl und Tadel: Nicht ein Schiff und nicht einen Mann seiner<br />
Besat<strong>zu</strong>ng hat Dallmann in seiner Zeit als aktiver Fahrensmann<br />
verloren. Klar, das Peter-Michael Pawlik aus einem solchen<br />
Leben ein Buch machen musste.<br />
Wie am Schnürchen kann Pawlik solche Geschichten erzählen.<br />
Gibt man <strong>zu</strong> erkennen, dass man einiges von ihnen schon weiß,<br />
zeigt er sich nachsichtig, wenn sich dabei kleine, aber gewichtige<br />
Fehler einschleichen. Er korrigiert sie höflich, aber entschieden.<br />
Rechthaberei liegt ihm nicht, Genauigkeit schon. Er
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:46 Uhr Seite 46<br />
46<br />
Geschichte<br />
Peter-Michael Pawlik<br />
ist einer, bei dem man damit rechnen muss, dass, wenn man Tristan<br />
da Cunha erwähnt, er erst die Person des portugiesischen<br />
Seefahrers auftreten lässt, dem die Insel ihren ursprünglichen,<br />
ihr von ihm selbst verliehenen Namen „Isla Tristão da Cunha“<br />
verdankt, um dann darauf hin<strong>zu</strong>weisen, dass die eigentliche<br />
Siedlung auf Tristan da Cunha den Namen Edinburgh trägt,<br />
genauer genommen „Edinburgh of the Seven Seas“, dass wir es<br />
eigentlich mit einem Archipel <strong>zu</strong> tun haben, <strong>zu</strong> dem außerdem<br />
die Inselchen Gough, Inaccessible Island, Nightingale Island,<br />
Middle Island und Stoltenhoff Island gehören, und so geht das<br />
immer munter weiter bei ihm, so, als läse man, während man mit<br />
ihm <strong>zu</strong> reden glaubt, in einer Enzyklopädie.<br />
Heute, im Museum Schloss Schönebeck, steht die Geschichte der<br />
Bremer Bark „Libelle“ auf dem Plan. Im Zentrum eine Havarie,<br />
aber so schnell geht das jetzt nicht. Erst will erzählt sein, wie<br />
die „Libelle“ entsteht, in Neu-Rönnebeck am damals hannöverschen<br />
rechten Weserufer. <strong>Der</strong> Stapellauf ist am 12. September<br />
1864 angesetzt, auf der Werft von Claus Diercks. Gebaut wurde<br />
das Schiff für Schmidt & Furken, Kaufleute und Gelegenheitsreeder<br />
in <strong>Bremen</strong>. <strong>Der</strong> <strong>zu</strong>künftige Kapitän, Gerhard Köper aus<br />
Vegesack, ist natürlich anwesend. Gegen 11 Uhr, bei Stauwasser,<br />
werden die Halteseile der voll aufgetakelten „Libelle“ gekappt.<br />
Ach ja, noch etwas gab es da ja: Wind morgens 8 Uhr aus Südwest,<br />
Temperatur 52° Fahrenheit = 8,89° Reaumur, nachmittags<br />
3 Uhr Südwest, 61° Fahrenheit = 12,89° Reaumur, abends<br />
11 Uhr Südwest, 48° Fahrenheit = 7,11° Reaumur, Witterung im<br />
Ganzen abwechselnd Regen. Wenn Pawlik sich äußert, meint<br />
man, in ein Logbuch <strong>zu</strong> schauen, ohne dass deswegen Langeweile<br />
aufkäme. Seine Erzählweise ist spannend vor allem wegen<br />
der akribisch verzeichneten Fakten. Doku-Fiction, bei der man<br />
straff organisiert durchs Geschehen geführt wird.<br />
Im Fall der „Libelle“, die am Abend des 5. März auf der Reise von<br />
San Francisco nach Hong Kong auf den Riffen vor Wake Island im<br />
Nordpazifik havariert, ist neben Pawliks unermüdlicher Recherchetätigkeit<br />
ein Zufallsfund Auslöser der Geschichte. Bernd<br />
Drechsler, ein Urenkel des Obersteuermanns der „Libelle“, Rudolf<br />
Kausch, war über seinen Vater an Kauschs handschriftliche Aufzeichnungen<br />
geraten. Deswegen agieren an diesem Abend im<br />
Schloss Schönebeck zwei Spürnasen im Duett. <strong>Der</strong> Dritte im<br />
Bunde, Thomas Begerow, ist verhindert, wird aber von seinen<br />
Mitstreitern gebührend vertreten. Die Sache verläuft zeitweise<br />
fast familiär, bleibt aber geordnet. Ein paar Besonderheiten<br />
liefern das Salz für die Suppe. So war die <strong>zu</strong> der Zeit weltberühmte<br />
Operndiva Anna Bishop Passagier auf der Libelle, samt Entourage,<br />
versteht sich, eine Geschichte für sich. Außerdem<br />
befand sich ein erklecklicher Silberschatz auf dem Schiff. Reißerisch<br />
wird die Darstellung der Vortragenden deswegen nie. Man<br />
muss Peter-Michael Pawlik nur die Frage stellen, wie es überhaupt<br />
möglich sein konnte, beim Segeln auf dem annähernd<br />
20. Breitengrad ein winziges, von Korallenriffen gesäumtes Kraterloch<br />
wie Wake Island derart präzise <strong>zu</strong> treffen, trotz <strong>zu</strong> der<br />
Zeit schon recht passabler Karten. Eben nicht, hört man dann<br />
von ihm, Wake Island sei vielmehr eine Art nautischer Wanderpreis<br />
gewesen, ein Ort in immer noch undefinierter Lage, wie<br />
200 Jahre <strong>zu</strong>vor noch so gut wie alle pazifischen Inseln. Man<br />
erfährt sogleich, als Zugabe gewissermaßen, dass es sich nicht<br />
etwa um eine Insel handelt, sondern um drei. Àlvara de Mendaña<br />
de Neira hat sie 1568 entdeckt. 1899 die Annexion durch die<br />
USA, 1835 der Bau eines Landesplatzes für zivile Flugboote als<br />
Zwischenstopp auf dem Weg von den Vereinigten Staaten nach<br />
Asien. Im Zweiten Weltkrieg US-Militärbasis und Schauplatz<br />
einer Schlacht zwischen Japan und den USA, im Kalten Krieg<br />
erneut als Stützpunkt von der US Air Force genutzt, und einiges<br />
mehr.<br />
Peter-Michael Pawlik vermag nicht nur Quellen <strong>zu</strong> erschließen,<br />
an denen andere achtlos vorbeischauen. Er versteht sich vor<br />
allem darauf, als Quelle <strong>zu</strong> agieren, ein klare Konturen zeichnen-
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:46 Uhr Seite 47<br />
der, unaufgeregter Erzähler, der sich außerdem aufs Zuhören versteht.<br />
Es könnte ihm dabei ja, so wie im Fall der „Libelle“ durch<br />
Bernd Drechsler, ein Ereignis <strong>zu</strong>getragen werden, von dem er<br />
tatsächlich noch nichts weiß. An Zeit, es zwischen zwei Buchdeckeln<br />
<strong>zu</strong> spannen, fehlt es ihm, seit er sich im Ruhestand<br />
befindet, nicht. Möglicherweise hat seine geistige Beweglichkeit<br />
auch etwas damit <strong>zu</strong> tun, dass es sich bei ihm nicht um einen<br />
dieser <strong>zu</strong> übertriebener Sesshaftigkeit neigenden Kiezbremer<br />
handelt. Wer über Jahre zwischen Blumenthal als Arbeits- und<br />
dem Bremer Südosten als Wohnsitz pendeln musste, weiß, dass<br />
die Lage des Horizonts selbst über diese vergleichsweise kurze<br />
Distanz immer vom eigenen Standort abhängt. Erfahrung, wortwörtlich<br />
<strong>zu</strong> nehmen und daher genau das Richtige, um als Seefahrtshistoriker<br />
Weser und Welt im Auge <strong>zu</strong> behalten.<br />
<br />
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<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 48<br />
48 <strong>Bremen</strong><br />
Dr. Frauke von der Haar<br />
ABC Interview
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 49<br />
ABC <strong>Club</strong> Interview<br />
Dr. Frauke von der Haar<br />
Direktorin des Focke-Museums<br />
Anderssein erfordert Toleranz vom Anderen und Mut<br />
von einem selbst. Es gehört <strong>zu</strong>m Leben wie<br />
der Gleichklang, deshalb sollte es nie nur<br />
eines von beidem geben.<br />
Bibel gibt eine Wertorientierung vor, die mich<br />
geprägt hat und heute noch bestimmt.<br />
Chefin hört sich gut an, ist aber verbunden mit<br />
einem hohen Maß an Verantwortung für die<br />
Mitarbeiter und einer Vorbildfunktion.<br />
Dummheit begegnet man häufiger, weshalb es notwendig<br />
ist <strong>zu</strong> lernen, mit Dummheit um<strong>zu</strong>gehen.<br />
Eitelkeit kann in geringen Dosen eine Antriebsfeder<br />
sein.<br />
Fernweh steht für ein gewisses Maß an Offenheit für<br />
Neues und Fremdes, für Veränderungswillen<br />
und Mut. Fernweh hat in meinem Leben<br />
genauso einen Platz wie Heimatverbundenheit.<br />
Genuss ist die Fähigkeit, mich an kleinen Dingen<br />
und Momenten <strong>zu</strong> erfreuen wie einem<br />
flüchtigen Lächeln, einer schönen Musik<br />
oder einem schönen Glas Wein.<br />
Hochachtung habe ich vor Menschen, die schwere Schicksale<br />
erlitten haben und sich dennoch<br />
immer wieder den Herausforderungen des<br />
Lebens stellen, ohne ihren Lebensmut <strong>zu</strong><br />
verlieren.<br />
Ignoranz behindert und verhindert viel und kostet<br />
darüber hinaus meist nicht nur Geduld,<br />
sondern oftmals auch viel Geld.<br />
Kitsch kann für den, der es mag, etwas Schönes sein.<br />
Luxus war eine sehr erfolgreiche Ausstellung im<br />
Focke-Museum. Im Gegensatz <strong>zu</strong> den antiken<br />
Vorlieben, ist für mich ein Milchkaffee<br />
mit Tageszeitung das Größte.<br />
49<br />
Manieren sind im Kommen. Nicht nur als Ausstellung<br />
im kommenden Jahr im Focke-Museum,<br />
sondern auch im gesellschaftlichen Leben<br />
ein viel diskutiertes Thema.<br />
Nostalgie verbinde ich mit unbeschwerten Kindertagen,<br />
mit Menschen, die nicht mehr um<br />
mich sind, mit Gerüchen und Bildern vergangener<br />
Zeiten, die mich geprägt haben<br />
und die ich in meiner Erinnerung wach halten<br />
möchte.<br />
Ordnung ist das halbe, aber eben auch nur das<br />
halbe Leben.<br />
Pech gehört <strong>zu</strong>m Leben wie das Glück.<br />
Qualität ist nachhaltig und eine Wertebasis, auf der<br />
sich Erfolge begründen lassen.<br />
Routine ist ein Arbeitsmittel, das Abläufe erleichtert.<br />
Sie sollte aber nicht Hauptbestandteil<br />
meiner Arbeit sein, da sonst das Wichtigste,<br />
die Kreativität stirbt.<br />
Sinnlichkeit finde ich in Farben, in Formen, in Worten<br />
und Gerüchen, in Berührung und in Nähe.<br />
Talent sollte man fördern, wann immer man es<br />
erkennen kann.<br />
Understatement ist eine sympathische Lebensphilosophie.<br />
Von der Haar ist ein Name, der sich aus der plattdeutschen<br />
Ortsbezeichnung „von der Höhe“<br />
oder „von der Heide“ ableitet. Weil mir der<br />
Name meines Vaters viel bedeutet, habe<br />
ich ihn nie aufgegeben.<br />
Witz ist ein Lebenselixier in allen Lebenslagen,<br />
beruflich wie privat.<br />
Zukunft ist die Triebfeder des Wandels. Ohne Vergangenheit<br />
ist die Zukunft jedoch kaum <strong>zu</strong><br />
definieren.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 50<br />
50<br />
Kultur<br />
Japanische Schwarzlacktechnik<br />
Lack-Künstler
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 51<br />
Nina Svensson<br />
Eigentlich ist er ein ungeduldiger Mensch. Das sagt Manfred<br />
Schmid jedenfalls über sich selbst. Doch es fällt schwer, das <strong>zu</strong><br />
glauben. Manfred Schmid ist Künstler, einer der wenigen in Europa,<br />
die die japanische Schwarzlacktechnik beherrschen. Eine<br />
Technik, die vor allem eins erfordert: Geduld. Dutzende von<br />
hauchdünnen Lackschichten müssen mit dem Pinsel aufgetragen,<br />
geschliffen und poliert werden, damit der Lack so glatt und<br />
glänzend wird, damit er diese besondere Tiefe bekommt. Jede<br />
Schale, jede Dose ist ein Unikat, an dem Schmid gut und gern<br />
ein Jahr gearbeitet hat. Ein Jahr? Das ist ohnehin schon lang<br />
und für einen ungeduldigen Menschen erst recht. Manfred<br />
Schmid hat jedoch die Besonderheiten der japanischen Schwarzlackkunst<br />
kennen und lieben gelernt, seine Ungeduld lässt er<br />
draußen vor der Tür seines Ateliers.<br />
Sein Atelier hat Schmid im Hafenkopfgebäude am Überseetor,<br />
direkt neben dem Hafenhochhaus. Holzfußboden, in der Mitte<br />
ein großer Holztisch, schwarze Lackspuren auf der Tischplatte,<br />
daneben ein Laptop. Im Regal an der Wand stehen die Schalen.<br />
Es sind Rohlinge aus Holz, noch gänzlich unbearbeitete Schalen<br />
aus Ahorn, Ulme, Birke oder Kirschbaum. Andere sind grau, sie<br />
wurden gespachtelt und warten nun auf den Lack. Wieder andere<br />
sind schwarz, aber matt. Oder schwarz und glänzend. Aber<br />
noch lange nicht fertig. Wann sie fertig sind, bestimmt Manfred<br />
Schmid. Dann, wenn der Schwarzlack so schwarz, glatt und glänzend<br />
ist, wenn er die richtige Tiefe hat. Es kann Tage, Wochen<br />
oder sogar Monate dauern, bis eine Lackschicht soweit getrocknet<br />
ist, dass sie geschliffen und wieder überlackiert werden<br />
kann. Dafür braucht Schmid Geduld. „Geduld, Konzentration und<br />
Beherrschung sind die drei Dinge, auf die es in der japanischen<br />
Schwarzlackkunst ankommt“, erzählt der Künstler. „Jeder Schritt<br />
muss gut sein, dann ist auch das Ergebnis gut. Darum kann man<br />
nicht schnell arbeiten, jeder Schritt braucht seine Zeit.“ Oder<br />
anders ausgedrückt: „<strong>Der</strong> Weg ist das Ziel.“<br />
Eine perfekte Technik, die perfektes Material braucht. Die Rohlinge<br />
aus unterschiedlichen Baumarten werden von Gisela Müller<br />
51<br />
in der Schweiz gedrechselt. Und auch sie braucht Geduld. Das<br />
Holz muss Jahre trocknen, bevor sie sich an die Drechselarbeit<br />
machen kann. Das grob vorgedrechselte Holz braucht dann wieder<br />
eine Ruhepause, bis es weiter bearbeitet werden kann, sonst<br />
würde es sich verziehen oder Risse bekommen. Und danach erst<br />
geht Manfred Schmid an die Arbeit. Die Formen der Schalen<br />
bestimmt er. Ganz bewusst wählt er europäische Formen und<br />
keine japanischen. „Ich wende eine japanische Technik an, aber<br />
ich bin Europäer und arbeite darum mit anderen Formen, um<br />
meinen eigenen Stil <strong>zu</strong> entwickeln.“ Für ihn ist das Zusammenspiel<br />
der schlichten Formen und des glänzenden Schwarzlacks<br />
eine ideale Kombination. „Beide ergeben eine perfekte Harmonie,<br />
Form und Lack bekommen ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit.“<br />
Darum arbeitet er so gut wie nie mit rotem Lack, „rot<br />
schiebt sich immer in den Vordergrund.“<br />
Lack und Pinsel kommen aus Japan. Dort wird „urushi“, der Saft<br />
des heimischen Lackbaums, gewonnen und veredelt. Die Japaner<br />
geben die Rezepturen dafür von einer Generation an die<br />
nächste weiter, ohne sie wäre das Baumharz kaum <strong>zu</strong> gebrauchen.<br />
Ein Baum gibt etwa 200 ml Lacksaft ab, das entspricht in<br />
etwa einer Tube. Danach stirbt der Baum, es wächst an der Stelle<br />
wieder ein neuer Sprössling, der frühestens nach 15 Jahren<br />
Saft geben kann. Das gewonnene Baumharz wird unter anderem<br />
mit Ölen aufbereitet und lagert bis <strong>zu</strong> sieben Jahre, bis es für<br />
die Lackkunst <strong>zu</strong> verwenden ist. Auch die Pinsel, die Manfred<br />
Schmid benutzt, sind keine Massenexemplare aus dem Bastelladen.<br />
Sie werden ebenfalls in Japan gefertigt, die meisten haben<br />
Borsten aus Menschenhaar. Ein Pinsel kostet dementsprechend<br />
rund 500 Euro.<br />
Die Lackkunst ist in Japan schon fast so etwas wie eine Religion,<br />
sie wird auch als die Silberschmiede Japans bezeichnet. Und<br />
hier schließt sich ein Kreis in der Bremer Überseestadt: Manfred<br />
Schmid plant eine Kooperation mit der Koch & Bergfeld Silbermanufaktur,<br />
die vor kurzem in den Schuppen 2 gezogen ist.<br />
Geschäftsführer Florian Blume und Manfred Schmid wollen vor-
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 52<br />
52<br />
<strong>Club</strong> Spezial<br />
Ein Arbeitsbericht
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 53<br />
53
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 54<br />
54<br />
Kultur<br />
Japanische Schwarzlacktechnik<br />
aussichtlich noch in diesem Jahr mit einer exklusiven Serie<br />
beginnen: „Zwillingspaare“ aus japanischer Schwarzlackkunst<br />
und Silber. Eine Form und zwei ganz verschiedene, aber sehr<br />
hochwertige Materialien. So könnte es eine Silberdose mit<br />
schwarzem Lackdeckel und daneben eine Lackdose mit Silberdeckel<br />
geben. „Das ist sehr spannend“, sagt Schmid. „ Wir denken<br />
da an eine Spezial-Edition von drei Stücken pro Jahr.“<br />
Insgesamt können jährlich maximal 30 bis 35 Stücke hergestellt<br />
werden. Schmid ist der einzige Künstler in Europa, der die japanische<br />
Schwarzlacktechnik professionell betreibt und davon<br />
auch sehr gut leben kann. „Die ersten Jahre waren sehr schwierig,<br />
da musste ich mir erstmal einen Namen machen“, erzählt<br />
Schmid. Den Namen hat er heute – sogar das spanische Kronprinzenpaar<br />
besitzt ein Werk von ihm. <strong>Der</strong> Großteil seiner Kunden<br />
kommt aus Deutschland und den Nachbarländern, der Preis<br />
für eine Schale oder Dose liegt je nach Größe etwa zwischen<br />
2.500 und 22.000 Euro. „Manche Kunden finden die Lackkunst<br />
einfach schön und können sie sich leisten, aber ich habe auch<br />
Kunden, die extra dafür sparen“, sagt Schmid.<br />
Ist eine Schale fertig, wird sie sorgfältig in einem Seidenbeutel<br />
und anschließend in einer extra für sie angefertigten Holzkiste<br />
verpackt. Die Holzkiste ist eine japanische Tradition, die Schmid<br />
bewusst aufgegriffen hat: „Die Japaner zeigen nicht immer alles,<br />
was sie haben. Sie stellen Kunstwerke für eine gewisse Zeit auf<br />
und nehmen sie dann wieder für ein paar Wochen weg. Darum<br />
gibt es die Holzkiste“, erklärt der Lackkünstler, der sich schon<br />
früh für Japan und seine Traditionen interessierte. „Ich wollte<br />
immer eine japanische Technik erlernen, aber habe immer eher<br />
an Karate, Aikido oder Bogenschießen gedacht.“ 1997 hat sich<br />
der gebürtige Bremer erstmals an der japanischen Lacktechnik<br />
versucht, zwei Jahre später bekommt er ein Stipendium der Carl<br />
Duisberg Gesellschaft für japanische Lacktechnik an der escola<br />
Massana in Barcelona. Er bleibt sechs Jahre in Barcelona und<br />
kommt 2004 <strong>zu</strong>rück nach <strong>Bremen</strong>. Drei Jahre lang hatte er sein<br />
Atelier in der Böttcherstraße, doch 2007 zog es ihn in die pulsierende<br />
Überseestadt. Für seine Arbeiten wurde Schmid unter<br />
anderem mit dem Bayerischen Staatspreis 2007 sowie dem<br />
Justus Brinckmann Preis 2008 ausgezeichnet.<br />
Und wird schwarzer Lack nicht irgendwann langweilig? Nein.<br />
Zum einen kann Schmid seiner Kreativität bei einer weiteren<br />
Technik freien Lauf lassen: Weg von der kreisrunden Form und<br />
hin <strong>zu</strong> einer eher bildhauerischen Arbeit bringt ihn „kanshitsu“,<br />
ebenfalls eine japanische Technik, bei der Jute und andere Textilgewebe<br />
mit Rohlack verklebt werden. Diese Technik hat man<br />
früher in Japan für die Rüstungen der Samurai verwendet und sie<br />
so extrem widerstandsfähig gemacht. Zum anderen: „Schwarz ist<br />
nicht gleich schwarz“, sagt Schmid. „Je länger ich mit dem Lack<br />
arbeite, desto mehr Facetten entdecke ich. Man lernt, feiner <strong>zu</strong><br />
gucken.“<br />
Apropos gucken: Wenn er von seinem Arbeitsplatz aus dem Fenster<br />
guckt, blickt er in Richtung Schuppen 1. Dort will er 2009<br />
einziehen, das Hafenkopfgebäude ist nur eine Übergangslösung.<br />
Schmid möchte mitten hinein in <strong>Bremen</strong>s boomende Überseestadt,<br />
er freut sich auf ein neues Atelier mit einem großen<br />
Showroom. Doch darauf muss er noch ein paar Monate warten.<br />
Das dürfte jedoch kein Problem sein. Geduld gehört schließlich<br />
<strong>zu</strong> seinen Stärken.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:47 Uhr Seite 55<br />
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55
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 56<br />
56<br />
<strong>Bremen</strong><br />
Nachkriegsgeschichte<br />
Heidegger in <strong>Bremen</strong>
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 57<br />
Stephan Cartier<br />
Briefe sind eine intime Angelegenheit, ein Gespräch auf Papier<br />
unter vier Augen - und damit eine grandiose Verlockung für alle<br />
neugierigen Naturen. Sind Schreiber und Empfänger berühmter<br />
als der durchschnittliche Postnutzer, dann ist der Indiskretion<br />
<strong>zu</strong>m Glück meist Tür und Briefumschlag geöffnet. Denn irgendwann<br />
wird aus jeder privaten Korrespondenz großer Geister eine<br />
öffentliche Angelegenheit. So wie bei dem Philosophen Martin<br />
Heidegger und Ernst Jünger, dem Schriftsteller, Käfersammler<br />
und nationalkonservativen Denker. Vor kurzem wurden ihre Briefe,<br />
die im Deutsche Literaturarchiv Marbach lagern, erstmals<br />
ediert (Ernst Jünger, Martin Heidegger: Briefwechsel, Klett-Cotta<br />
2008, 318 Seiten). Neben Erhellendem <strong>zu</strong>m Verhältnis der gleichermaßen<br />
schwerwiegenden wie schwierigen Intellektuellen im<br />
geistigen Klima Nachkriegsdeutschlands bietet die Sammlung<br />
gerade dem Leser aus <strong>Bremen</strong> Momente, um auf<strong>zu</strong>merken und<br />
nach<strong>zu</strong>fragen.<br />
Am 6. Januar 1950 schreibt Ernst Jünger an den von ihm verehrten<br />
Heidegger: „Von Herrn Barth, einem meiner Leser, erhielt ich<br />
einen ausführlichen Brief über Ihren Bremer Besuch. Ich weiß<br />
nicht, ob die Diskussion in ihren Einzelheiten von ihm genau<br />
geschildert worden ist.“<br />
Auch wir können dies leider nicht wissen, weil der Anhang des<br />
Briefes von Heinrich Barth an Ernst Jünger im Marbacher Literaturarchiv<br />
nicht mehr auffindbar ist. Die unscheinbare Briefstelle<br />
erinnert aber daran, dass <strong>Bremen</strong> der Verkündigungsort einer<br />
entscheidenden Wende im Denken des ebenso umstrittenen wie<br />
unbestritten bedeutenden Philosophen Heidegger war.<br />
Bei jenem „Bremer Besuch“, von dem Ernst Jünger später schreiben<br />
wird, hielt Martin Heidegger im Kaminsaal des Bremer Rathauses<br />
einen Vortrag. Es war der 1. Dezember 1949, und der<br />
Titel des Abends fiel unbescheiden allumfassend aus: „Einblick<br />
in das, was ist“. Eingeladen hatte der „<strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>“; am<br />
nächsten Tag sollten noch zwei weitere Vorträge Heideggers fol-<br />
57<br />
gen. Geboten wurde harte philosophische Kost. Wichtiger vielleicht<br />
noch als die inhaltlichen Anstrengungen, <strong>zu</strong> einer neuen<br />
Philosophie <strong>zu</strong> kommen, war für Heidegger der öffentliche Auftritt<br />
an sich. Denn der Meisterdenker lebte seit dem Kriegsende<br />
in einer intellektuellen Isolation. Durch seine unrühmlichen<br />
Annäherungen an den Nationalsozialismus galten die Person<br />
Heidegger und sein Denken als belastet.<br />
Während seiner kurzzeitigen Verpflichtung als Rektor der Freiburger<br />
Universität 1933/34 hatte er dem Führerprinzip in einigen<br />
von Geist und guten Worten verlassenen Ansprachen gehuldigt.<br />
Zeitweise sah er im antibürgerlichen Gerede der nationalsozialistischen<br />
Propaganda die Rettung Deutschlands vor der<br />
von ihm verabscheuten Moderne. Dass er hierin irrte, erkannte<br />
Heidegger zwar recht schnell und zog sich von aller demonstrativen<br />
Verbrüderung mit den Nazis <strong>zu</strong>rück. Dennoch blieb – gerade<br />
bei denen, die auf ihn als einen der führenden Denker<br />
Deutschlands gesetzt hatten – die Enttäuschung über sein<br />
moralisches Versagen und die Unfähigkeit, sich <strong>zu</strong> rechtfertigen,<br />
nach dem Ende der Diktatur <strong>zu</strong>rück. Vorlesungsverbot und die<br />
Androhung, seine Pension <strong>zu</strong> verlieren, waren für Martin Heidegger<br />
die Folge nach 1945.<br />
In dieser Situation kam die Bremer Einladung für ihn wie gerufen.<br />
In <strong>Bremen</strong> schien man ihm die Liaison mit dem NS-Staat<br />
als Irrtum nach<strong>zu</strong>sehen – so wie in dieser Phase auch Opfer des<br />
Regimes wie Karl Jaspers und Hannah Ahrend wieder den Kontakt<br />
<strong>zu</strong> ihm suchten. Im Jahr 1948 war auch die erste Veröffentlichung<br />
Heideggers nach dem Krieg erschienen, die später viel<br />
zitierten „Holzwege“. Nun sollte mit dem Bremer Vortrag der<br />
erste öffentliche Auftritt in einem offiziellen Rahmen folgen.<br />
In <strong>Bremen</strong> hatte Heidegger bereits seit den späten 20er Jahren<br />
eine treue Gemeinde. Heinrich Wiegand Petzet, der Sohn des<br />
Bremer Lloyd-Direktors Arnold Petzet, war eine der treibenden<br />
Kräfte dieser Sympathisanten, die Heidegger schon einmal 1930
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 58<br />
58<br />
<strong>Bremen</strong><br />
Nachkriegsgeschichte<br />
nach <strong>Bremen</strong> <strong>zu</strong> einem Vortrag im Realgymnasium gelockt hatten.<br />
<strong>Der</strong> aufsteigende Stern am Philosophen-Himmel hatte mit<br />
dem Buch „Sein und Zeit“ drei Jahre <strong>zu</strong>vor ein völlig neues Verständnis<br />
des Seins formuliert. Dieses definierte sich für Heidegger<br />
nicht mehr als feste Größe, die unabhängig von jeder Veränderung<br />
Bestand hatte. Er deutete das Sein als etwas, das sich<br />
gerade im Verlauf der Zeit, also im Wandel, <strong>zu</strong> erkennen gab. Für<br />
die Bewunderer und selbst für viele Kritiker Heideggers war dies<br />
ein wegweisender Bruch mit der abendländischen Philosophietradition.<br />
Auch an diesem Dezemberabend 1949 in <strong>Bremen</strong> forderte Heidegger<br />
alle Anwesenden – und mit ihnen die nichtanwesenden<br />
Adressaten in der Weite der philosophischen Welt – geistig heraus.<br />
Denn er schlug unerwartet eine neue Seite seines Denkens<br />
an: die Kritik der Technik in der modernen Welt. Heinrich Wiegand<br />
Petzet konstatierte dem Publikum im Kaminsaal, dass es<br />
trotz erkennbarer Anstrengung, „…der geistigen Anforderung<br />
Stand hielt und mit gesammelter Aufmerksamkeit <strong>zu</strong>hörte“. Bürgermeister<br />
Theodor Spitta und Senator Hermann Apelt, die <strong>zu</strong>m<br />
Auditorium gehörten, wussten eben, was sie der Bremer Ehre<br />
schuldig waren.<br />
Die drei Vorträge markieren das, was später als Heideggers<br />
„Kehre“ bezeichnet wurde. Hier sprach nicht mehr der reine Ver-<br />
Heinrich Barth<br />
ächter der modernen Gesellschaft. Technik barg für ihn zwar nach<br />
wie vor metaphysische und auch reale Gefahren, weil sie den<br />
Menschen die eigentliche Natur des Seins vergessen ließ. Aber<br />
er entdeckte auch positive Seiten, vor allem rief er da<strong>zu</strong> auf, sich<br />
den Herausforderungen der modernen Technik <strong>zu</strong> stellen.<br />
Darüber, wie die Zuhörer in <strong>Bremen</strong> reagierten, gibt es <strong>zu</strong>m einen<br />
den Bericht Heinrich Wiegand Petzets. Ähnlich ausführlich wie<br />
dieser muss sich auch jener Heinrich Barth über das Ereignis<br />
geäußert haben, der im eingangs erwähnten Brief Ernst Jüngers<br />
an Martin Heidegger genannt wird. <strong>Der</strong> in mancher Hinsicht nicht<br />
besonders gelungene Anmerkungsteil des „Briefwechsels“ zwischen<br />
Ernst Jünger und Martin Heidegger vermerkt <strong>zu</strong> Barth nur:<br />
„Jurist. Lebensdaten nicht ermittelt“. Das ist enttäuschend wenig<br />
angesichts der Tatsache, dass Barth immerhin Vorsitzender des<br />
CDU-Landesverbandes war, dann Bevollmächtigter <strong>Bremen</strong>s beim<br />
Bund, zwischen 1960 und 1963 persönlicher Referent des Bundeskanzlers,<br />
also Konrad Adenauers, sowie anschließend bis 1969<br />
als Staatssekretär im Bundesfamilienministerium diente.<br />
Als Heidegger seinen Vortrag in <strong>Bremen</strong> hielt, hatte sich der 35jährige<br />
Barth jedoch gerade erst als Notar niedergelassen. Dass<br />
er an diesem Abend genau „aufgepasst“ und Ernst Jünger über<br />
Einzelheiten des Treffens unterrichtet hatte, beweist eine Einlassung<br />
Jüngers gegenüber seinem Briefpartner Heidegger: „Es fiel<br />
mir darin auf, dass Sie von „meiner“ neuen Theologie gesprochen<br />
haben – das ist indessen ein Anspruch, der von mir nicht<br />
erhoben wird.“ Jünger schien die Sorge <strong>zu</strong> haben, dass der<br />
ansonsten von ihm so geschätzte Martin Heidegger in <strong>Bremen</strong><br />
auch über sein Werk gesprochen haben musste – und dabei nicht<br />
ganz auf der Höhe der Interpretation gewesen war. Er wolle<br />
keine neue Theologie, beteuert Jünger, „was mich beunruhigt,<br />
das ist vielmehr der offensichtliche Mangel an theologischer<br />
Durchdringung, dessen Behebung ich von den Philosophen<br />
erhoffe…“, belehrt er Heidegger sanft.<br />
Jünger nahm Heidegger die eigenmächtige Deutung seiner Ideen<br />
aber nicht übel. Dafür war die geistige Verbindung zwischen beiden<br />
Männern <strong>zu</strong> eng, wie die Korrespondenz zeigt. Beide fühlten<br />
sich als intellektuelle Opfer einer neuen Gesellschaft, die ihnen<br />
ihre nationalkonservative Haltung vorhielt. Jüngers Publikationsverbot<br />
wurde erst 1949 aufgehoben.<br />
Heidegger gewann bis <strong>zu</strong> seinem Tod im Jahr 1976 nie seine<br />
frühere unbelastete Strahlkraft als geistige Institution wieder,<br />
<strong>zu</strong>mindest nicht im bundesrepublikanischen Diskurs. In anderen<br />
Ländern wie Frankreich oder auch Japan kam es indes in den<br />
60er und 70er Jahren <strong>zu</strong> einer Heidegger-Renaissance. Auch in<br />
<strong>Bremen</strong> blieb ihm eine Anhängerschaft, <strong>zu</strong> der unter anderem<br />
der „<strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>“ gehörte, der ihn bis 1956 noch fünfmal <strong>zu</strong><br />
Vorträgen einlud. <strong>Der</strong> Briefwechsel mit Ernst Jünger verzeichnet
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 59<br />
denn auch einen dieser zweiten Besuche mit einem Eintrag vom<br />
23. April 1951: „Für die Tage in <strong>Bremen</strong> wünsche ich Ihnen Erholung<br />
und alles Gute“, schrieb Jünger.<br />
Entspannung fand Heidegger neben seiner Vortragstätigkeit bei<br />
diesem weiteren Gastspiel an der Weser in der Tat. Unter anderem<br />
besuchte er das Grab der von ihm bewunderten Paula Modersohn-Becker<br />
in Worpswede und traf sich mit Clara Rilke-Westhoff,<br />
ihrer einstigen besten Freundin. Eine Verwandte erinnerte<br />
sich später: „Jedenfalls war der Martin Heidegger höchst begeistert.<br />
Und dann wurde er von <strong>Bremen</strong> abgeholt und <strong>zu</strong> dem Herren,<br />
der ihn abholte, hat er dann gesagt, nachdem er im Auto<br />
saß: „Das ist eine Frau, die hätte ich auch sofort geheiratet.“<br />
Im Haus des Senators Ludwig Helmken hielt Heidegger Anfang<br />
der 60er Jahre sogar Seminare ab, so dass man durchaus von<br />
einem Bremer Heidegger-Kreis sprechen kann. <strong>Der</strong> letzte Besuch<br />
Martin Heideggers in <strong>Bremen</strong> war jedoch nicht der Arbeit gewidmet.<br />
Als Gast beim Schaffermahl ist er auf einem Zeitungsfoto<br />
59<br />
<strong>zu</strong> sehen. Und der Bericht notiert mit Unbekümmertheit, dass<br />
sich am Quertisch A „ein Professor aus Freiburg, der von seinen<br />
Nebenmännern fast um Kopfeslänge überragt wird, temperamentvoll<br />
redend <strong>zu</strong> seinem Gegenüber“ beugt.<br />
Augenscheinlich gefiel es dem Heidegger, der sich sonst als Einsiedler<br />
des Denkens in seiner Schwarzwaldhütte bei Todtnauberg<br />
inszenierte, gut unter den stadtstaatlichen Hanseaten. Glaubhaft<br />
überliefert ist sein Ausspruch während eines Abendessens<br />
im Haus von Hildegard Roselius während des Aufenthaltes 1930.<br />
„Unter euch Reedern, Kaufleuten, Rechtsanwälten, Ärzten, da<br />
geht es stets einzig um die Sache – und sei es schließlich auch<br />
die aller einfachste. Da fühl’ ich mich eben am wohlsten.“<br />
Das könnte als süffisantes Lob für bewiesene Einfalt verstanden<br />
werden. Von einem Philosophen, der in „den Sachen selbst“<br />
stets den höchsten Grad der Erkenntnis sah, darf es indes als<br />
ungeheucheltes Lob durchgehen.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 60<br />
60<br />
Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />
Yves Bertho, Zwangsarbeiter aus Frankreich<br />
Tod in <strong>Bremen</strong>
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 61<br />
Johannes C. Schmid<br />
<strong>Der</strong> Student der Rechte, Yves Bertho, wurde 1943 von den Deutschen,<br />
die Frankreich besetzt hielten, als Fremdarbeiter ins Reich<br />
zwangsverpflichtet. Zugeteilt wurde er einem Arbeitskommando<br />
bei der Focke Wulf Werft in <strong>Bremen</strong>. Diese Zeit, die für Bertho in<br />
seiner Sozialisation prägend war, hat er später in einem autobiografischen<br />
Roman verarbeitet. Beim international bekannten Pariser<br />
Verlag Gallinard verlegt, ausgezeichnet mit dem Prix Eve<br />
Delacroix sowie Prix Roland Dorgelès, schildert der Roman eindrucksvoll<br />
<strong>Bremen</strong> und seine Menschen unter der Geißel des Krieges.<br />
Ins Deutsche wurde das Werk leider nie übersetzt. Bertho<br />
besuchte <strong>Bremen</strong> nochmals in den siebziger Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts.<br />
Bei Köln überquerte der Zug ächzend gegen Abend den Rhein.<br />
Bertho blickt auf den träge dahinfließenden Fluss, an dessen<br />
Ufer wuchtig das Massiv des Kölners Dom emporragte. In dem<br />
verrauchten Abteil, das er mit 5 weiteren Insassen teilte, herrschte<br />
wie im ganzen Zug atemberaubende Enge. <strong>Der</strong> Zug, ein<br />
Gefangenentransport zwangsverpflichteter französischer Fremdarbeiter<br />
aller Altersschichten, hatte Paris früh morgens in Richtung<br />
Deutschland verlassen. Quälend verlief die Fahrt, wieder<br />
und wieder kam es <strong>zu</strong> zermürbenden Wartezeiten, weil Truppentransporte<br />
Vorrang hatten oder weitere Gefangene <strong>zu</strong>stiegen.<br />
Man hörte bellende Kommandos. Gebrüll, Türklappen, bevor der<br />
Zug sich dann dröhnend und stampfend wieder in Bewegung<br />
setzte. Waren am Morgen noch die Abteile vom Stimmengewirr<br />
erfüllt, einige machten sogar Scherze, breitete sich jetzt gegen<br />
Abend beklemmende Stille aus. Man rauchte, starrte vor sich hin<br />
und dachte an das ungewisse Kommende.<br />
Nun bin ich also in dem Land der Bosch, dachte Bertho, wäre ich<br />
140 Jahre früher geboren, hätte ich vielleicht mit Napoleon den<br />
Rhein hier überschritten. Er lachte in sich hinein. Von draußen<br />
fiel nur noch spärlich Licht ins Abteil. Bertho betrachtete die<br />
Gesichter seiner Mitgefangenen, junge Männer wie er, aus ihrer<br />
gewohnten Umgebung gerissen, um in einem fremden Land<br />
61<br />
Frondienste <strong>zu</strong> leisten. War das Schicksal oder Vorsehung? Er<br />
hatte keine Antwort darauf. Jede Generation hat wohl das ihr<br />
<strong>zu</strong>gewiesene Maß an Leid <strong>zu</strong> ertragen.<br />
Quietschend kommt der Zug gegen Mitternacht in Dortmund<br />
<strong>zu</strong>m Stehen. Wieder Gebrüll, Türgeknalle, hektisches Getrampel<br />
auf den Gängen. Auch Bertho muss sich hastig von drei traurig<br />
blickenden gleichaltrigen Mitgefangenen, die von einem mürrischen<br />
Wachthabenden aufgerufen wurden, verabschieden. Für<br />
ihn ging es also noch weiter, weiter aber wohin.<br />
Er drückt seinen Körper fest in den Sitz, so als könne dieser<br />
Sicherheit bieten. Sicherheit vor der ungewissen Zukunft, die<br />
ihn erwartet. Lange lauscht er den monotonen Geräuschen des<br />
Zuges, bis ein willkommener milder Schlaf ihn übermannt, alle<br />
Sorgen und Ängste <strong>zu</strong>deckend. Als er aus unruhigem Schlaf<br />
erwacht, dämmert es bereits. Ein leichter, den nahen Herbstanfang<br />
kündigender Nebel liegt auf den Wiesen. Bertho blickt auf<br />
die saftige norddeutsche Tiefebene, die sofort einen seltsamen<br />
Reiz auf ihn ausübt. Er liebt diese Jahreszeit, wenn die Natur<br />
noch einmal verschwenderische Färbung annimmt, so als wolle<br />
sie sich vor dem unvermeidlichen großen Sterben noch einmal<br />
schmücken. Weit entfernt in einem Bauerngehöft flammt ein<br />
Licht auf, hier begann bereits das Tageswerk. Kühe und Pferde<br />
sind noch auf den Weiden, liegen gedrängt beisammen oder<br />
machen sich über das morgenfrische Gras her. Ein Bild des Friedens,<br />
kaum nach<strong>zu</strong>vollziehen, dass Europa sich im Krieg befindet.<br />
Er gibt sich wieder seinen Gedanken hin. Sie überfahren<br />
eine schmale Brücke, unter der sich ein silbrig glänzender Fluss<br />
dahin schlängelt. Kurz darauf kommen die ersten Häuser, einige<br />
durch Bomben zerstört, in sein Blickfeld. Er presst sein Gesicht<br />
an das Zugfenster. Neugierig sieht er im Dunkeln Straßenzüge.<br />
Auf einigen Plätzen regt sich erstes Leben. Dann kommt der Zug<br />
langsam in den von einem riesigen stählernen Halbrund überdachten<br />
Bahnhof <strong>zu</strong>m Stehen. <strong>Bremen</strong> Endstation, endlich geht<br />
es Bertho durch den Kopf. Vor dem Bahnsteig nahmen alle Auf-
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 62<br />
62<br />
Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />
Yves Bertho, Zwangsarbeiter aus Frankreich<br />
stellung. Jeder hielt sein Bündel, Koffer oder Rucksack fest<br />
umklammert. Waren hierin doch die Habseligkeiten und Erinnerungen<br />
an die teure Heimat verstaut. Habseligkeiten, die für wer<br />
weiß wie lange Zeit die einzige Verbindung nach Hause waren.<br />
Bertho hatte seinen Namen schon zweimal rufen gehört. Er<br />
sprach sehr gut Deutsch, was ihm vieles erleichterte. Auf der<br />
Fahrt <strong>zu</strong>m Lager, sie saßen <strong>zu</strong> zwölft auf einem offenen Laster,<br />
erläuterte der Wachhabende gönnerhaft, während Bertho übersetzte,<br />
dass sie als Angehörige eines von den Deutschen als rassisch<br />
anerkannten Volkes gewisse Freizügigkeiten hätten. So<br />
brauchten sie keine Plaketten <strong>zu</strong> tragen und nach Dienstschluss<br />
genossen sie freien Ausgang. Sie konnten also Cafés besuchen<br />
oder sich mit Kameraden treffen. „Außerdem steht den Herren<br />
ein Bordell im Stadtteil Sebaldsbrück <strong>zu</strong>r Verfügung. Aber das<br />
werdet ihr ja kennen lernen.“ Er grinst zynisch. Dann wird seine<br />
Stimme militärisch. „Aber ihr müsst wissen, der Führer des deutschen<br />
Volkes erwartet volle Bereitschaft von jedem von euch.“<br />
Nach kurzer Visite im Lager, Ausgabe der Kennkarte, Empfangnahme<br />
der Arbeitskleidung, werden die Fremdarbeiter <strong>zu</strong><br />
den vorgesehenen Arbeitsstätten gebracht. Es war 10.00 Uhr als<br />
Bertho und zwei weitere Kameraden bei Focke Wulf <strong>zu</strong>m Einsatz<br />
abgeliefert wurden. <strong>Der</strong> Meister, Jan wurde er gerufen, war gerade<br />
in höchster Erregung. Er hatte soeben erfahren, dass die Italiener<br />
einen Waffenstillstand mit den Alliierten unterzeichnet<br />
hatten. Das ist Verrat, ereiferte er sich. Verrat am Führer und am<br />
Duce. Man sollte dieses elende Gesindel … Sein fleischiges<br />
Gesicht färbt sich dunkelrot. Sein Blick geht in die Runde, so<br />
als wolle er sich versichern, ob auch all seine Empörung und<br />
Loyalität <strong>zu</strong>m Staat würdigen. Er sieht auf das Papier, das der<br />
Wachhabende ihm mit den Namen der Neuankömmlinge überreicht<br />
hatte. So, so, Franzosen, einer spricht deutsch, alle kräftig<br />
gebaut. Er mustert sie eingehend und wendet sich dann an<br />
Bertho. „Es gibt viel <strong>zu</strong> tun, <strong>zu</strong>rzeit geht der Moskito, Nachtjäger<br />
in Serie. Das Flugzeug wird kriegsentscheidend sein. Stillstand<br />
können wir uns nicht leisten. Da hinten ist Alphonse, Franzose<br />
wie ihr, er wird euch in alles einweisen“. Er winkt einen etwa<br />
35jährigen gebräunten Mann heran.<br />
Die nächsten Wochen taucht Bertho tief in die Strukturen eines<br />
deutschen Rüstungsbetriebes ein. Das kriecherische Gehabe<br />
Untergebener, die wiederum Juden und polnische Gefangene<br />
demütigen, empörte ihn. Er sieht wie diese Ostarbeiter, Abend<br />
für Abend auf die Wagen getrieben wurden und <strong>zu</strong>m KZ Oberheide<br />
(Stuhr) gebracht wurden. (<strong>Bremen</strong> hatte derzeit etwa 150<br />
Lager).<br />
Bertho will das Elend nicht an sich herankommen lassen. Er verstand<br />
den Krieg der Bosch nicht, konnte überhaupt jemand diesen<br />
Krieg verstehen? Wann immer die Zeit es <strong>zu</strong>ließ, nach<br />
Arbeitsschluss oder tagsüber auf Botengängen, erforschte er die<br />
Stadt, in der er sich von Anfang an nicht fremd gefühlt hatte.<br />
Mit Erschrecken sah er, wie die Zerstörung schon gewütet hatte.<br />
Er sah die nutzlose Arbeit der Gefangenen-Räumkommandos in<br />
den Straßen, die, sobald sie etwas Ordnung geschaffen hatten,<br />
vor den Unheil verkündenden Sirenen in Keller und Ruinen flüchten<br />
mussten. Bunker waren nur den Aufsehern und den Ariern<br />
vorbehalten. In diesem Hexenkessel zwischen Wahnsinn und<br />
dem Versuch, eine bestimmte bürgerliche Fassade aufrecht <strong>zu</strong><br />
erhalten, hatte Bertho sich eingerichtet. Alles Geschehen<br />
betrachtete er aus einer gewissen Distanz. Er genoss sehr wohl<br />
den privilegierten Status. Meister Jan behandelte ihn mit Wohlwollen.<br />
Auch <strong>zu</strong> Alphonse, dem Franzosen, hatte er ein kameradschaftliches,<br />
fast freundschaftliches Verhältnis entwickelt.<br />
Alphonse wollte ihn in der kommenden Adventszeit mal mit <strong>zu</strong><br />
einer Feier nehmen. Er tat sehr geheimnisvoll.<br />
Es war November. Wieder einmal hatte Bertho lange staunend<br />
vor dem Rathaus gestanden, hatte die Liebfrauenkirche besucht<br />
und war in Richtung Bahnhof unterwegs. Aufmerksam nahm er<br />
das Geschehen um sich herum wahr. Kinder spielten in Ruinen,<br />
hübsche Flakhelferinnen in schmucken Uniformen gingen<br />
lachend <strong>zu</strong>m Dienst, so als wäre normaler Alltag. Aber Bertho<br />
wollte alleine sein. Im Hollersee spiegelte sich das Hotel, das<br />
gleich einem verwunschenen Schloss in die Parklandschaft eingefügt<br />
war. Glückliche Menschen, die darin <strong>zu</strong>hause sind.<br />
Plötzlich begann es kräftig <strong>zu</strong> schneien. Über Bäume, Büsche,<br />
Häuser und Straßen legte sich blitzartig eine weiße Decke. Diese<br />
Stadt, denkt Bertho, ist voller Schönheiten und voller Überraschungen.<br />
Er eilt <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong>m Café Central (Schüsselkorb), wo er<br />
oft den Abend mit Kameraden verbringt. Er hofft noch, Marie <strong>zu</strong><br />
treffen, eine französische Fremdarbeiterin, die in einer Seifenfabrik<br />
eingesetzt ist. Kurz nach seiner Ankunft in <strong>Bremen</strong> hatte er<br />
sie durch Alphonse kennen gelernt. Sie war Mitte dreißig, mit<br />
großen Augen und verlockenden Formen. Deutsch sprach sie<br />
ausgezeichnet und sie hatte viele Verbindungen <strong>zu</strong> Einheimischen.<br />
Sie schien gut <strong>zu</strong> Recht <strong>zu</strong> kommen. Selbst ein kleines<br />
Zimmer <strong>zu</strong>r Miete besaß sie.<br />
„Mon ami, nicht traurig sein über dein Los, über unser Los.<br />
Selbst im Misthaufen sind manchmal Perlen verborgen. Eine<br />
Tasse Bohnenkaffee im Luftschutzkeller, wenn draußen Bomben<br />
fallen, kann höchstes Glück sein. Ein Glas Cognac, ein feuchter<br />
Kuss . . .“ So redete sie, während in ihren Augen das Verlangen<br />
glühte. Sie schien fest entschlossen, diesem trostlosen Leben<br />
jede Lust ab<strong>zu</strong>trotzen. In ihrem kleinen ungeheizten Zimmer<br />
erlebte Bertho die körperliche Lust der Liebe. Das von den<br />
Behörden genehmigte Bordell in Sebaldsbrück, über das seine<br />
Kameraden jeden Morgen deftige Zoten machten, hatte er bisher<br />
standhaft gemieden. Marie wurde seine mütterliche Freundin in
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 63<br />
diesen dunklen Tagen. Sie sprachen über die Stadt, den Krieg<br />
und ihre Heimat. In der Liebe war sie ihm, dem Unerfahrenen,<br />
der Weg, aber nicht das Ziel. Das ahnte er instinktiv.<br />
Bertho starrte in die flackernde Kerze, die den luxuriösen Salon<br />
in ein geheimnisvolles Licht tauchte. Im Kamin knisterte ein<br />
Feuer und warf bizarre Schatten an die Wand. Vor ihm auf dem<br />
Tisch stand eine Karaffe mit erlesenem Wein, wie er es als Franzose<br />
wohl <strong>zu</strong> beurteilen wusste. Alphonse, der ihn in diese Wunderwelt<br />
zwischen Tod und Trümmern eingeführt hatte, saß lässig<br />
auf der Chaiselongue, ein großes Cognacglas schwenkend.<br />
Bertho gegenüber saß Inge, die Frau des Hauses. Ein Bild von<br />
herber Schönheit. Sie mochte Ende dreißig sein, voll erblüht in<br />
berückender Weiblichkeit. So empfand es jedenfalls Bertho. Sie<br />
war die Frau irgendeines Parteibonzens, der in den Osten versetzt<br />
war, so hatte Alphonse ihm erzählt. Frauen wie sie<br />
genießen selbst im Krieg alle Vorzüge und Privilegien. Alphonse<br />
tat sehr geheimnisvoll, wenn er von ihr erzählte. Woher kannten<br />
sie sich, rätselte Bertho. Hatten sie ein Verhältnis? Erledigte er<br />
63<br />
für sie irgendwelche Dienste? Alphonse hielt sich bedeckt und<br />
wich in Belanglosigkeiten aus. Amüsiert betrachtete Inge ihr<br />
Gegenüber, der unbeholfen das Glas füllte. Instinktiv erkannte<br />
sie in Bertho den noch nicht Gereiften, aber auch den intellektuell<br />
Überlegenen. Kommen Sie bald wieder, lächelte sie beim<br />
Abschied, und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Kommen Sie,<br />
wann immer Sie mögen, junger Freund. Alphonse küsste sie<br />
flüchtig auf den Mund, dann steckte sie jedem noch ein<br />
Päckchen mit Kaffee, Tabak und belegten Broten <strong>zu</strong>.<br />
Nach den schweren Luftangriffen vom November wird am 10.<br />
Dezember, einen Tag nach ihrem Besuch im Parkviertel, die<br />
Ansgarikirche getroffen. Die Innenstadt wird immer mehr <strong>zu</strong>m<br />
Trümmerfeld. Tiefe Traurigkeit erfasst Bertho über den Verfall der<br />
Bauwerke und Wohnhäuser. Ihn dauern die Menschen, die unter<br />
dem Bombenhagel leiden.<br />
Zweimal besucht Bertho mit seinem Freund Alphonse dessen<br />
geheimnisvolle Bekannte, ohne dass ihm klar wurde, in welcher
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:49 Uhr Seite 64<br />
64<br />
Geschichten aus <strong>Bremen</strong><br />
Yves Bertho, Zwangsarbeiter aus Frankreich<br />
Beziehung sie <strong>zu</strong>einander standen. Jedes Mal ärgerte er sich<br />
über sein linkisches Verhalten. Dann suchte er sie auch alleine<br />
auf. Sie plauderten, aßen, lachten und jedes Mal, wenn er sie<br />
verließ, verfluchte er seine Schüchternheit. Ihr Wesen, ihr Aussehen,<br />
alles an ihr hatte seine jugendliche Phantasie entflammt.<br />
Hin und wieder traf er sich mit Marie, um sein Verlangen <strong>zu</strong> stillen,<br />
aber nachts träumte er von einem leidenschaftlichen aufgewühlten<br />
Sein an der Seite dieser Frau. Er träumte von Gluten und<br />
Ekstasen, wie er sie in Büchern von Flaubert und Zola verschlungen<br />
hatte. War das Liebe, was er für diese kühle Nazideutsche<br />
empfang, die fast doppelt so alt war wie er? Mit niemandem<br />
wagte er darüber <strong>zu</strong> sprechen. Die Päckchen, die sie ihm bei<br />
jedem Besuch gab, schob er bei Focke Wulf jüdischen Zwangsarbeiterinnen<br />
aus dem KZ Obernheide <strong>zu</strong>. Große, dunkle Augen<br />
dankten es ihm. Das war nicht ungefährlich, und warum er es<br />
tat wusste er selber nicht. Hatte er Mitleid, wollte er sein Gewissen<br />
beruhigen, war es Scham, dass er bei einer Deutschen, einer<br />
Feindin, verkehrte? Er wollte sich keine Rechenschaft ablegen.<br />
Er arbeitete hart und während der Arbeit fieberte er den Besuchen<br />
bei Inge entgegen. Nachts lag er wach, sich in Sehnsucht<br />
verzehrend. Was passierte hier zwischen Bomben und Tod, zwischen<br />
Schutt und Grauen, mit ihm, dem gerade 21-Jährigen.<br />
Zartes Grün kündete das Frühjahr an. Es kam der Sommer, überall<br />
hörte man flüstern, dass die Front immer näher käme, die<br />
Befreiung sei nah. An einem heißen Augustabend trieb ihn das<br />
Verlangen wieder ins Parkviertel. Inge trug ein leichtes Sommerkleid.<br />
Sie schenkte ihm Wein ein. Es schmerzt ihn, sie so <strong>zu</strong><br />
betrachten, ohne sie <strong>zu</strong> berühren. Wenn Sie auch im Laufe der<br />
Zeit vertrauter geworden waren, blieb doch eine unüberbrückbare<br />
Distanz. Das Geheul der Sirenen ließ sie aufschrecken. Sie<br />
warteten auf Entwarnung, aber die kam nicht. Bomberwelle auf<br />
Bomberwelle dröhnte heran und warf tödliche Fracht ab. Bertho<br />
sah aus dem Fenster. <strong>Der</strong> Bremer Westen, der Hafen, der ganze<br />
Stadtteil, den er auf langen Spaziergängen erkundet hatte, war<br />
ein einziges Flammenmeer. Blutrot färbte sich der Himmel. Seltsam,<br />
ihm fielen die Worte seiner bibelfesten Großmutter ein, die<br />
Abend für Abend in dem großen Buch las. „Und ich sah ein<br />
fahles Ross und der Name des Reiters war Tod und die Hölle<br />
folgte ihm nach.“ Bertho fröstelte, kalt lief es ihm den Rücken<br />
herunter, das hier war der Tod, das war die Hölle.<br />
Inge hatte sich an ihn gedrängt, sie musste Ähnliches spüren<br />
wie er. Er fühlte wie sich ihr Busen an ihn schmiegte, beugte<br />
sich über ihr schwarzes Haar, sog ihren Duft ein, küsste ihre<br />
Augen, ihren Hals. Ein nie gekanntes Glücksgefühl durchströmte<br />
ihn. Dann fand er ihren Mund. Ein nicht endender Kuss. Während<br />
das Inferno über <strong>Bremen</strong> tobte, erschauerten zwei Körper.<br />
Nach dieser Nacht sah Bertho Inge nie wieder. Alphonse meinte,<br />
sie sei nach Berlin <strong>zu</strong> ihrem Mann gereist. Auch der Hausmeister<br />
wusste nichts Genaueres. <strong>Der</strong> Krieg setzte bis <strong>zu</strong>m Ende noch<br />
sein monotones Zerstörungswerk fort. Seitdem sind Monate vergangen.<br />
Monate, in denen der ganze Schrecken dieses Völkerringens<br />
immer offenbarer wurde. <strong>Der</strong> Jubel über die Kapitulation<br />
der Deutschen, der die Städte von London bis New York erfüllt<br />
hatte, war verklungen. Lähmendes Entsetzen hatte die Welt<br />
erfasst, doch bald machte sich wieder Gleichgültigkeit breit.<br />
Bertho denkt oft an diese Zeit und diese Stadt, die er nicht<br />
kannte, die ihm aber <strong>zu</strong>m Schicksal wurde. Er denkt an die<br />
düsteren Straßen, die hastenden Menschen auf der Suche nach<br />
etwas Glück im tristen Kriegsalltag. Er denkt an die geschundenen<br />
Menschen und er denkt an Inge, die ihn ihm ein unbekanntes<br />
Verlangen weckte und stillte. Und er sinnt über das Spiel des<br />
Schicksals nach, dass er den Höhepunkt der Lust in dem Moment<br />
erfuhr, als Tausende von Menschen im Bombenhagel ums Leben<br />
kamen.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 09.01.2009 16:03 Uhr Seite 65<br />
DER CLUB ZU BREMEN<br />
<br />
225 JAHRE<br />
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Erscheint im Februar 2009<br />
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Die bislang umfassendste Gesamtdarstellung der 225 jährigen<br />
Geschichte des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong>.<br />
400 Seiten mit über 500 Abbildungen.<br />
Im Buchhandel erhältlich.<br />
Für Mitglieder des <strong>Club</strong> <strong>zu</strong> <strong>Bremen</strong> als<br />
Jubiläumsgeschenk.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 66<br />
66<br />
Literatur<br />
Wodka und Messer<br />
Gerald Sammet rezensiert
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 67<br />
Gerald Sammet<br />
<strong>Der</strong> See: Wer schon das eine oder andere der Bücher von Artur<br />
Becker gelesen hat, kennt bereits ein paar seiner Facetten. Er ist<br />
der Urgrund seines Schriftstellerlebens. Einen ganzen Roman,<br />
seinen ersten, hat er ihm gewidmet. Überall stößt man auf ihn.<br />
Ein Spiegel, ein Auge, ein Fleck in den Masuren. Von dort kommt<br />
Becker. In Bartoszyce wurde er 1968 geboren. 1985 kam er nach<br />
Deutschland. Heute lebt er in Verden an der Aller, weit weg von<br />
seinem Dadajsee und doch in nächster Nähe <strong>zu</strong> ihm. „Wodka und<br />
Messer“, sein neuestes Buch, lässt ihn schon im Titel anklingen:<br />
„Lied vom Ertrinken“.<br />
Es führt, darum geht es in diesem Roman, kein Weg <strong>zu</strong>rück.<br />
Irgendwie dann aber doch. Wobei dieses Irgendwie sich keinem<br />
Irgendwoher verdankt. Becker lenkt einen an Orte, die präzise<br />
benannt werden. Städte und Städtchen und Streifen von Land,<br />
die sich wie ein Kettchen um diesen See gelegt haben. Es wimmelt<br />
dort nicht unbedingt von Menschen, aber es gibt genug von<br />
ihnen für mehr als die eine Geschichte, um die es geht.<br />
Die Geschichte von Jakub <strong>Der</strong>nicki, Koseform Kuba, und seiner<br />
verlorenen Liebe. Ihr Name war Marta. Im Dadajsee ist sie<br />
ertrunken. Als Kuba <strong>Der</strong>nicki <strong>zu</strong>m See und <strong>zu</strong> seinen Menschen<br />
<strong>zu</strong>rückkehrt, kehrt, in Gestalt der schönen Hoteldirektorin Justyna,<br />
auch Marta <strong>zu</strong>rück.<br />
Die Geschichte, die Becker erzählt, ist eine vom Auswandern aus<br />
dem eigenen Leben. „Die Emigration“, lässt er seinen Heimkehrer<br />
wider besseres Wissen erzählen, „ist eine Fünfstufenrakete.<br />
Eins – man flieht; zwei – man gewöhnt sich; drei – man vergisst;<br />
vier – man erinnert sich; und fünf – man will <strong>zu</strong>rückkehren, aber<br />
es geht nicht mehr.“ Von dieser Unmöglichkeit, zwei Mal in den<br />
selben See steigen <strong>zu</strong> können, handelt das Buch.<br />
<strong>Der</strong> Dadajsee, lernt man aus ihm, verfügt über zwei Augen.<br />
Eines, wird erzählt, „sei vollkommen weiß, und dadurch sähe er<br />
mit dem anderen, dem gesunden, nicht die ganze Wahrheit über<br />
67<br />
die Menschen, die an seine Ufer kämen oder in seiner Nähe lebten.<br />
Er sähe sie als Krüppel, als Missgebildete, jedem Körper<br />
fehle ein Glied, ein Bein, eine Hand, manchmal gar der Kopf,<br />
oder die Gesichter seien aufs Ungeheuerste verstümmelt.“<br />
Den meisten Menschen, die Becker auftreten lässt, ist genau das<br />
<strong>zu</strong>gestoßen, oder es wird ihnen noch <strong>zu</strong>stoßen, an den Ufern<br />
des Sees, auf dem See und tief in seinem Innern. Die Seelen seiner<br />
Figuren sind allesamt versehrt und verbrannt, und ihre Körper<br />
die Spiegel davon.<br />
„Wodka und Messer“ ist ein Roman voller Magie, weil die Wirklichkeit<br />
den Handelnden nur diesen Ausweg erlaubt. Die verlorene<br />
Liebe Marta: Offiziere der polnischen Staatssicherheit jagten<br />
sie einst über den gefrorenen See in den Tod. Die in ihrer<br />
Gestalt wieder erstandene Juystina: Geliebte des Bürgermeisters<br />
der Stadt Biskupiec ist sie gewesen, der – aufklären lässt sich<br />
das nicht mehr – einer der Häscher von damals gewesen sein<br />
könnte.<br />
<strong>Der</strong>nicki trägt ein sprechendes Messer bei sich, das ihn <strong>zu</strong> allerlei<br />
nicht leicht <strong>zu</strong> verwirklichenden Bluttaten auffordert. Seinem<br />
Auftrag, den Bürgermeister <strong>zu</strong> töten, muss er am Ende nicht<br />
nachkommen. <strong>Der</strong> verbrennt mit seinem Boot, einem Statussymbol,<br />
auf dem See. Die neue Zeit ist nicht weniger gewalttätig als<br />
die alte. Die tot geglaubte Geschichte, so viel Marx darf noch<br />
sein, lastet wie ein Albtraum auf den Häuptern der Lebenden.<br />
Becker versteht sich aufs Gleichgewicht, auf ein Erzählen, bei<br />
dem die literarische Technik, der magisch-realistische Ton, den<br />
er anschlägt, nie <strong>zu</strong>m Selbstzweck missrät. Er setzt auf Gefühle,<br />
lässt sie strömen, arbeitet mit Leitmotiven wie den Sun-<br />
Bear-Konzerten von Keith Jarrett oder der Lyrik des von ihm<br />
verehrten Nobelpreisträgers Czesl´aw Mil´osz, öffnet neue Horizonte<br />
durch sie. Mit sicherer Hand steuert er seine masurischen<br />
Helden und Versager durch ein Leben, in dem es von Fall-
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 68<br />
68<br />
<strong>Club</strong> Spezial<br />
Wodka und Messer<br />
stricken, schlammigen Wegen, Unwägbarkeiten jedweder Art und<br />
verlorenen Gewissheiten nur so wimmelt. Polen von überall her<br />
besehen: der Warschauer Aufstand, die bleiernen Jahre unter<br />
Wl´adisl´aw Gomul´ka, das Kriegsrecht des seine Augen verbergenden<br />
Generals Jaruzelski, die Bürgerrechtler von Danzig, das Kommen<br />
und Gehen in diesem entlegenen Winkel der Erde. Die Toten<br />
mischen sich in die Angelegenheiten der Lebenden ein, und<br />
manchmal stellt sich heraus, dass sie tatsächlich Untote sind.<br />
Begraben wurde ein anderer, eine Leiche dafür auf<strong>zu</strong>treiben war<br />
kein Problem. „Die Hölle“, zitiert Becker in einem dem Roman<br />
nachgetragenen Glossar Simone Weil, „ist ein Nichts, das sich<br />
anmaßt und die Täuschung hervorruft, ein Sein <strong>zu</strong> sein.“<br />
Beckers Roman lebt, weil er ihn mit solchen Schwindel erregenden<br />
Sätzen grundiert, aber nicht übermalt. Seine Personen<br />
haben sich zwar in derlei Schwebe<strong>zu</strong>ständen verfangen, sind<br />
aber in allem Übrigen handfester Natur und einer Flasche Wodka<br />
nicht abgeneigt, wenn die sich unwirkliche Wirklichkeit mal wieder<br />
<strong>zu</strong> weit auf das Terrain ihrer Lebensgrundlagen vorgewagt<br />
hat. „Wodka und Messer“ ist, wie all die anderen Bücher von<br />
Becker, vor allem ein Liebesversuch. Aufs Gelingen sollte man<br />
nicht wetten. Wo Gefühlshorizonte ins Spiel gebracht werden,<br />
schaut am Ende keiner in die sinkende Sonne. Die Explosion, mit<br />
der Becker den Bürgermeister von Biskupiec untergehen lässt,<br />
ist real. Ein Happy End für die von ihm angezettelte Doppelgänger-Liebesgeschichte<br />
braucht er danach nicht mehr.<br />
Artur Becker, Wodka und Messer. Lied vom Ertrinken. Weissbooks:<br />
Frankfurt am Main 2008. 22,– Euro
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 69<br />
ENTDECKT<br />
DAS <strong>NEU</strong>E BREMEN<br />
VERÄNDERTE STADT– VERÄNDERTE BILDER<br />
EIN GESCHENKBUCH FÜR<br />
FREUNDE, KUNDEN UND GÄSTE<br />
EUR 29,50<br />
In <strong>Bremen</strong> hat sich vieles in den letzten zwölf Jahren gewandelt: neue Gebäude sind entstanden, alte<br />
wurden umgebaut, erweitert und einer neuen Nut<strong>zu</strong>ng übergeben. So sind beispielsweise für die<br />
Freizeitgestaltung von Bremern und Nicht-Bremern neue attrakitve Anziehungspunkte entstanden,<br />
wie die Promenade an der Schlachte und »das Universum«. Im vorliegenenden Band dokumentieren<br />
renommierte Bremer Fotografen (Toma Babovic, Frank Pusch, Michael Jungbluth) diese Entwicklung.<br />
Mit Texten von Claus Spitzer-Ewersmann und einem Vorwort von Henning Scherf.<br />
Beste Zeiten Verlagsgesellschaft mbH Oskar-Schulze-Straße 12 28832 Achim<br />
Tel. 0421-168 45 45 Fax 0421-20 53 94 95 www.beste-zeiten.de
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 70<br />
70<br />
Wirtschaft<br />
<strong>Club</strong>-Test<br />
Autotest Mercedes GLK<br />
Fotos: Frank Pusch
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 71<br />
Rüdiger Hoffmann<br />
„Wilde Marketing-Rangelei“ könne sich der neue GLK von Mercedes<br />
sparen, schrieb „Auto Motor und Sport“, das automobile<br />
Leitorgan der Deutschen. Die Marktlücke für den „umgänglichen<br />
Charakter“ mit der „kantigen Optik“ sei so groß, dass viel Spielraum<br />
herrsche zwischen den drei deutschen Konkurrenten im<br />
Medium-Geländewagen Segment, dem „Asphalt-Junkie BMW X3,<br />
dem Spätstarter VW Tiguan und dem bereits drängelnden Audi<br />
Q5“. Die Rede ist von einem Marktsegment, das sich angesichts<br />
wachsender Kritik an den mächtigen SUV`s wie BMW X5, Mercedes<br />
ML, Audi Q7, Range Rover oder Hummer unvermutet aufgetan<br />
hatte.<br />
Und da steht er auf seiner vierradangetriebenen kantigen Karosserie.<br />
<strong>Der</strong> in Blech gegossene Versuch, das Thema Geländewagen<br />
wieder gesellschaftsfähig <strong>zu</strong> machen, ohne die Reize der geländegängigen<br />
Hochsitze <strong>zu</strong> opfern.<br />
„Gelungen“, das war die übereinstimmende Meinung unserer beiden<br />
Geländewagen-erfahrener Testpaare an einem düsteren<br />
Nachmittag auf der Mercedes Geländestrecke im Dezember. Heike<br />
und Joachim Linnemann bewegen im Alltag den Urvater gepflegter<br />
Geländegängigkeit, einen Mercedes G. Brigitta und Patrick<br />
Wendisch lieben es deutlich rauer. Ein Land Rover gehört seit 12<br />
Jahren <strong>zu</strong>m Fuhrpark der Familie. Mit ihm bewältigt Brigitta<br />
Wendisch den Alltag mit drei Jungs und deren hochentwickelten<br />
Mobilitäts-Bedürfnissen für Schule, Sport und Freizeit. Dass<br />
Vater Patrick gerne seinen Motorrad-Hänger auf den Haken<br />
nimmt, um seine betagte Moto-Guzzi Le Mans <strong>zu</strong> transportieren,<br />
macht die Sinnhaftigkeit des Themas Geländewagen in der Familie<br />
Wendisch evident.<br />
Erich Gebhard, Chef der Mercedes Niederlassung, hatte die Idee,<br />
den <strong>Club</strong>-Test einmal nicht von einer Einzelperson, sondern von<br />
Geländewagen-erfahrenen Paaren machen <strong>zu</strong> lassen. Joachim<br />
Linnemann, Projektentwickler, Investor und Immobilienfachmann,<br />
ihm verdankt <strong>Bremen</strong> entscheidende Impulse für eine<br />
71<br />
moderne Entwicklung der Überseestadt, brachte seinen ersten<br />
Eindruck auf den Punkt: „Schönes Auto, nicht <strong>zu</strong> groß, etwas<br />
kantig, moderne Anmutung, nicht so spießig wie die M-Klasse<br />
und nicht so groß wie der GL. Heike, seine Frau, ergänzt lakonisch:<br />
„Das ist ein schickes Kraftpaket.“<br />
„Erstaunlich klein“, findet Brigitta Wendisch und Patrick, ihr<br />
Mann, immerhin als studierter Wirtschaftsingenieur fast vom<br />
Fach: „Breit, stabil und nicht umwerfbar.“ Das wollen wir jetzt<br />
wissen. Als erstes wartet die Steilstrecke auf dem künstlichen<br />
Berg inmitten des Automobilwerks der Daimler AG an der
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 72<br />
72<br />
Wirtschaft<br />
<strong>Club</strong>-Test<br />
Sebaldsbrücker Heerstraße in <strong>Bremen</strong> auf uns. Erich Gebhard<br />
wollte den Geländewagen-Kunden seines Unternehmens eine<br />
Gelegenheit bieten, das Fahrzeug, das diese im Kundencenter<br />
eigenhändig abholen, gleich um die Ecke unter Anleitung erfahrener<br />
Instrukteure ohne wenn und aber in allen denkbaren<br />
Geländesituationen ausprobieren <strong>zu</strong> können.<br />
Und so entstand ein Geländeparcours, der den Fahrzeugen alles<br />
abfordert, was Natur und Mensch einem vierradgetriebenen<br />
Geländewagen so entgegen stellen können. Patrick Wendisch,<br />
geschäftsführender Gesellschafter des renommierten Bremer Versicherungsunternehmens<br />
Lampe & Schwartze, will auf den künstlich<br />
aufgeschütteten Berg.<br />
Nach einer Fahrt mit dem Instrukteur sitzt er selbst am Steuer.<br />
„Die Logik sagt einem, da muss man hoch kommen, ansonsten<br />
hätten die das ja nicht so steil gebaut, aber wenn es dann 7 %<br />
Steigung hoch und sogar 80 % Steigung runter geht, dann<br />
rutscht das Herz doch kurz in die Hose.“ Ohne Folgen. Patrick<br />
Wendisch gibt beherzt, aber nicht ohne Gefühl, Gas und der Diesel-getriebene<br />
Gelände-Beau krallt seine Reifenprofile in den<br />
steilen Asphalt.<br />
Mehr als den Himmel sieht der Fahrer nicht. Oben angekommen,<br />
Fuß vom Gas, sachte abbremsen, der GLK kippt auf seine vier<br />
Räder, Fahrer und Beifahrer schauen geradeaus in die Weite. Die<br />
80 % Steilstrecke unter ihnen können sie nicht sehen. „Das ist<br />
wie in der wilden Maus auf dem Freimarkt“, meint Wendisch.<br />
Jetzt sind persönlicher Mut und Zuversicht ins Material gefragt.<br />
Leicht Gas geben, der Wagen kippt nach vorne, plötzlich hat man
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 73<br />
73
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:50 Uhr Seite 74<br />
74<br />
Wirtschaft<br />
<strong>Club</strong>-Test<br />
das Gefühl, einen Kopfstand <strong>zu</strong> machen, es geht praktisch senkrecht<br />
nach unten. Die allgemeine Lebenserfahrung signalisiert,<br />
das geht nur im freien Fall. <strong>Der</strong> Instrukteur sagt, langsam von<br />
der Bremse gehen. Ja, dann rutschen wir eben im freien Fall.<br />
Dass man hier heil runter kommen muss, sagt der Verstand, das<br />
Gefühl wehrt sich. <strong>Der</strong> Instrukteur setzt sich durch. Wer will<br />
schon ein Weichei sein und das vor Freunden und der eigenen<br />
Frau? Langsam setzt sich der GLK in der Falllinie in Bewegung<br />
und in der Tat, es bleibt eine, vom Bremsfuß kontrollierte<br />
Abwärtsbewegung bis die Waagrechte wieder erreicht ist.<br />
Brigitta Wendisch ist richtig nervös geworden, ihr ging das nicht<br />
zügig genug. Fahrerwechsel. Und jetzt zeigt sie ihrem Mann, wie<br />
man dieses Abenteuer auch beherzter angehen kann. Irgendwann<br />
nach der vierten oder fünften Bergfahrt hat der Instrukteur<br />
gesagt, „jetzt sind die anderen auch einmal dran.“ Am<br />
meisten hat der Mutter dreier Jungs die Automatik imponiert,<br />
die bei Bedarf die Bergabfahrt so regelt, dass man den Fuß ganz<br />
von der Bremse nehmen kann. „Mehr Vertrauen in Technik geht<br />
eigentlich nicht“.<br />
Heike und Joachim Linnemann sind gerade eine steile Treppe<br />
mit rund 10 Stufen hochgefahren, um anschließend Kurs auf ein<br />
Holzplanken-Hindernis <strong>zu</strong> nehmen, das dem Geländewagen eine<br />
seitliche Neigung von rund 45 % abverlangt.<br />
„Das ist wie auf der Achterbahn, da kippt man in den Kurven<br />
wegen Geschwindigkeit und Fliehkraft nicht um. Aber in dieser<br />
wahnsinnigen Schräglage langsam fahren oder sogar stehen<br />
bleiben und nicht umkippen, das ist eine völlig neue Erfahrung“,<br />
staunt Joachim Linnemann, der beim Verlassen des Holzplanken-Hindernisses<br />
gar nicht mitbekommen hat, dass sein Geländeathlet<br />
mit dem Stern auf dem Kühler zeitweilig nur auf den<br />
zwei diagonal gegenüber liegenden Rädern steht. Dem geordneten<br />
Vortrieb tut dies keinen Abbruch. Unsere beiden Test-Ehepaare<br />
sind tief beeindruckt von ihren Fahrkünsten und dem, was<br />
diese Geländewagen so alles können.<br />
Und sie können viel diese SUV´s, viel mehr, als ihnen im Alltag<br />
vermutlich jemals abverlangt wird. Aber auch darin scheint, wie<br />
im richtigen Leben, neben überlegener Sitzposition und gutem<br />
Überblick, ein verkaufsfördernder Reiz <strong>zu</strong> liegen.<br />
Einstieg und Übersicht im GLK profitierten von den nahe<strong>zu</strong> senkrechten<br />
Seitenpfosten. Die für Geländewagen relativ niedrige<br />
Gürtellinie machte den Blick <strong>zu</strong>r Seite und über die Schulter<br />
gerade<strong>zu</strong> komfortabel. Die Inneneinrichtung gefällt unseren<br />
Testern. Dass sich der GLK auf der Straße sehr komfortabel bewegen<br />
lässt, davon gehen Sie aus. „Geschmeidige Federung, angenehmes<br />
Geräuschniveau und gute Sitze“ hat Auto Motor und<br />
Sport dem GLK attestiert. Die sauber dosierbaren Bremsen verzögerten<br />
ebenso kräftig wie standfest bei stabilem Geradeauslauf<br />
und sicherem Kurvenverhalten. Wie gesagt, das alles kann man<br />
einem Fahrzeug der Preisklasse über 40.000 Euro aus dem Hause<br />
Daimler unterstellen.<br />
Was unseren Testern indes auf dem Geländekurs im Werk der<br />
Daimler AG in <strong>Bremen</strong> ungeachtet ihrer jahrelangen eigenen<br />
Geländewagenerfahrung so überrascht hat, war das Leistungsspektrum,<br />
das moderne Vertreter dieser Automobilgattung<br />
anbieten können.<br />
„Da steht so ein Bursche vor der Tür und man ahnt gar nicht,<br />
was der alles kann“, meint Heike Linnemann. Patrick Wendisch<br />
bedauert:“ Schade, dass es solche Hindernisse beim täglichen<br />
Autofahren nicht gibt.“ Dass solche Fahrzeuge in <strong>Bremen</strong> gebaut<br />
werden, ist nicht selbstverständlich.<br />
In einem Mercedes internen Wettbewerb hatte sich das Werk<br />
<strong>Bremen</strong> gegen andere Standorte durchgesetzt. „Das ist die für<br />
uns Bremer eigentlich die schönste Nachricht in dieser GLK-<br />
Story. Dass <strong>Bremen</strong> als Standort mit seinen Bremer Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern in der bundesweiten Konkurrenz so<br />
erfolgreich sein kann“. Damit soll Patrick Wendisch als engagierter<br />
Vizepräses der Handelskammer das Schlusswort haben.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 75<br />
75
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 76<br />
76<br />
Wirtschaft<br />
Integriertes Design<br />
Eine Rahe-Erfolgsgeschichte
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 77<br />
Ausgezeichnete Innovationen<br />
Gleich doppelten Grund <strong>zu</strong>r Freude für das i/i/d Institut für Integriertes<br />
Design an der Hochschule für Künste <strong>Bremen</strong> am<br />
17.Oktober 2008:<br />
Das von Prof. Detlef Rahe gegründete und geleitete Institut für<br />
Forschung und Entwicklung im Integrierten Design wurde zeitgleich<br />
<strong>zu</strong>m 10-jährigen Bestehen im bundesweit ausgetragenen<br />
Innovationswettbewerb der Bundesregierung und der Deutschen<br />
Bank „365 Orte im Land der Ideen“ als besonders kreative Stätte<br />
ausgezeichnet.<br />
Motto der Veranstaltung: '10 years future – night of innovation'.<br />
Für den offiziellen Festakt reichte das Auditorium der Hochschule<br />
für Künste <strong>Bremen</strong> gerade so aus. Rund 300 Gäste aus Politik,<br />
Wirtschaft, Handel, Finanzwesen, Wissenschaft und Forschung<br />
kamen dann in den Speicher XI in die Bremer Überseestadt <strong>zu</strong><br />
einem Fest der besonderen Art. Ein illustres Zusammentreffen<br />
von Kreativen und Kaufleuten, von Kunst und Kommerz, von Bremern<br />
und Nicht-Bremern.<br />
Nach der Laudatio auf die Leistungen des Instituts in der vergangenen<br />
Dekade überreichte Werner Neumann, Direktor der<br />
Deutschen Bank <strong>Bremen</strong>, den Pokal und die von Bundespräsident<br />
Horst Köhler unterzeichnete Urkunde. Durch die enge Verzahnung<br />
von Theorie und Praxis habe das Institut den Nährboden<br />
geschaffen, auf dem neue Ideen gedeihen könnten. Mit Innovationskraft<br />
und Gestaltungswillen sei hier ein Kapitel Erfolgsgeschichte<br />
für unsere wirtschaftliche Zukunft geschrieben worden.<br />
„Wir sind sehr stolz über die Wertschät<strong>zu</strong>ng, die uns und unserer<br />
Arbeit in <strong>Bremen</strong> und weit darüber hinaus entgegengebracht<br />
wird. Besonders schön ist, dass die Auszeichnung exakt <strong>zu</strong>sammen<br />
fällt mit unserem 10-jährigen Jubiläum“, entgegnete Prof.<br />
Detlef Rahe.<br />
Im Oktober 1998 war das i/i/d im Rahmen der Berufung von<br />
Detlef Rahe (Rahe hatte <strong>zu</strong>vor schon einige Jahre als Professor<br />
77<br />
im berühmten Bauhaus an der Hochschule in Dessau gelehrt)<br />
auf die Professur 3-dimensionales Design an die Hochschule für<br />
Künste <strong>Bremen</strong> gegründet worden.<br />
In der Festansprache <strong>zu</strong>m Jubiläum beglückwünschte Ralf<br />
Nagel, Senator für Wirtschaft und Häfen, Prof. Rahe und seine<br />
Mitarbeiter und verwies auf die herausragende Position, die sich<br />
das i/i/d im Laufe der letzten 10 Jahre innerhalb der Kreativwirtschaft<br />
in <strong>Bremen</strong> erarbeitet habe. Er wünschte dem Team<br />
des Instituts, das aus Kreativen, Designern, Planern, Architekten<br />
und Gestaltern weiterer Disziplinen besteht, mindestens<br />
eine gute Idee am Tag und sagte die <strong>zu</strong>künftige Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />
seines Hauses <strong>zu</strong>.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 78<br />
78<br />
Wirtschaft<br />
Integriertes Design<br />
Darüber wiederum war Prof. Rahe sehr glücklich, allerdings stellte<br />
er auch gleich klar: öffentliche Förderung könne der Senator<br />
mit der Unterstüt<strong>zu</strong>ng wohl nicht gemeint haben, denn die flösse<br />
schon lange nicht mehr aus seinem Haus, denn das Institut<br />
finanziere sich seit vielen Jahren plangemäß komplett aus selbst<br />
eingeworbenen Aufträgen und Forschungsprojekten und ist<br />
schon lange nicht mehr auf öffentliche Förderung angewiesen.<br />
Und das solle auch so bleiben.<br />
In seiner Ansprache ließ Prof. Rahe die letzten 10 Jahre anhand<br />
von Zahlen Revue passieren: 133 Projekte sind für 99 Auftraggeber<br />
mit insgesamt über 125 projektbezogenen Mitarbeitern realisiert<br />
worden. „Ich finde, die Zahlen können sich sehen lassen“<br />
und fügte augenzwinkernd hin<strong>zu</strong>: „derzeit suchen wir den 100.<br />
Auftraggeber.“<br />
Er betonte, dass die erfolgreiche Entwicklung vor allem auf dem<br />
hohen Engagement und der fachlichen Kompetenz seiner Mitarbeiter<br />
beruhe, aber ohne den Willen der Bremer Politik und der<br />
Ressorts und ihrer Mitarbeiter, ohne den Mut des damaligen<br />
Rektors der Hochschule für Künste, Prof. Jürgen Waller, und ohne<br />
die Unterstüt<strong>zu</strong>ng vielzähliger Freunde und Kollegen und vor<br />
allem ohne das Vertrauen von Auftragebern nicht möglich gewesen<br />
wäre und freute sich, dass so viele der wichtigen Wegbegleiter<br />
der Einladung gefolgt sind.<br />
Integriertes Design sei immer noch eine vergleichsweise junge<br />
Disziplin, die <strong>zu</strong>dem oftmals bisherige Verfahrensweisen und<br />
Entwicklungsprozesse in Frage stelle. Das alles, um <strong>zu</strong> neuen,<br />
kreativen Lösungen für kunden- und damit marktgerechte Innovationen<br />
<strong>zu</strong> kommen. Design sei in diesem Sinne weit mehr als<br />
die dekorative Verschönerung, es ist integraler Bestandteil von<br />
Entwicklungsprozessen für neue Produkte, Dienstleistungen oder<br />
Verfahren.<br />
Die Liste der Projekte (siehe da<strong>zu</strong> auch www.iidbremen.de) ist<br />
lang. Da wurde im Auftrag von EADS eine interaktive Arbeitshilfe<br />
für Astronauten auf der ISS ebenso kreiert wie ein Konzept für<br />
Seehafenschlepper oder ein komplexes Interface <strong>zu</strong>r Erfassung<br />
von Daten und Koordinierung von Maßnahmen in Katastrophenfällen<br />
im Auftrag des Bundesamtes für Katastrophenschutz. Die<br />
Gestaltung der Kampagne <strong>zu</strong>r Einführung einer neuen Messe in<br />
<strong>Bremen</strong>, der SlowFisch, gehört ebenso <strong>zu</strong> den Aufgaben, wie<br />
die Konzeption und Gestaltung eines hochmodernen modularen<br />
Forschungszentrums für Bayer in Leverkusen.<br />
Nicht <strong>zu</strong>letzt durch die vor einigen Jahren im Institut entwickelte<br />
Methode id.pm (Integrated Design Planning and Management)<br />
und einer da<strong>zu</strong>gehörigen 'Toolbox' lassen sich komplexe<br />
kreative Prozesse planen und koordinieren. Das wiederum sei, so<br />
Melanie Köhler, die im Institut seit 5 Jahren das Kreativ- und<br />
Projektmanagement verantwortet, eine der Besonderheiten des<br />
Instituts, das damit in der Lage ist, die branchenüblichen<br />
Schwierigkeiten im gegenseitigen Verständnis von Auftraggebern<br />
und Kreativen <strong>zu</strong> überwinden. So genieße das Institut<br />
durch seine transparente Arbeitsweise und die Kenntnis realer<br />
Entwicklungsprozesse viel Vertrauen bei wirtschaftlich relevanten<br />
und technologisch anspruchsvollen Fragestellungen.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:51 Uhr Seite 79<br />
Das Institut für Integriertes Design an der Hochschule für<br />
Künste <strong>Bremen</strong> ist ein Transferzentrum der Steinbeis Gesellschaft<br />
für Technologietransfer. Das i/i/d entwirft und begleitet<br />
als interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungszentrum<br />
nutzerorientierte Innovationsprozesse. Die Auftraggeber unterschiedlichster<br />
Größe kommen aus allen Branchen. Das i/i/d<br />
unterstützt Unternehmen und Organisationen, zielgruppengerechte<br />
Produkte und Dienstleistungen <strong>zu</strong> entwickeln und ent-<br />
79<br />
sprechende Kommunikationsprozesse <strong>zu</strong> gestalten. Die Methode<br />
des Integrierten Designs (i/d) fördert das fachlich übergreifende<br />
Zusammenwirken verschiedener Disziplinen der kreativen<br />
Industrien (wie Kommunikationsgestaltung, Interface Design,<br />
Industriedesign, Produktgestaltung, kreative Strategien, Architektur,<br />
Interior Design, Animation, Foto, Film und Text) und<br />
verknüpft diese mit konkreten Entwicklungsprozessen.
<strong>Inhalt</strong> <strong>NEU</strong>_<strong>Nr14</strong>_<strong>Dez08</strong>-- 08.01.2009 15:52 Uhr Seite 80<br />
80 Impressum<br />
Herausgeber und Chefredakteur<br />
Dr. Rüdiger Hoffmann<br />
Redaktionsassistentin<br />
Eva-Maria Kastilan<br />
Autoren<br />
Johannes C. Schmid, Gerald Sammet, Stephan<br />
Cartier, Claus Spitzer-Ewersmann, Robert Völkl,<br />
Nina Svensson, Rüdiger Hoffmann, Friedrich<br />
Wilhelm Bracht, Melanie Köhler, Uwe Bölts,<br />
Annemarie Struß-von Poellnitz, Frauke von<br />
Haaren<br />
Titelfoto<br />
Frank Pusch, Die Zauberflöte im Theater <strong>Bremen</strong><br />
Fotos<br />
Frank Pusch, Karl-Heinz Steigmann, Bremer<br />
Rhederverein, Daimler Chrysler, i/i/d <strong>Bremen</strong>,<br />
Landesvertretung <strong>Bremen</strong>, Bremer Tageszeitungen,<br />
EWE AG, Friedrich Wilhelm Bracht<br />
Gestaltungskonzept<br />
rahe+rahe design<br />
Verlags- und Anzeigenleitung<br />
Eva-Maria Kastilan<br />
Satz<br />
Reproteam GmbH, <strong>Bremen</strong><br />
Druck<br />
BerlinDruck GmbH + Co KG, Achim<br />
Be<strong>zu</strong>gspreis: 4,50 Euro<br />
Auflage: 5000 Exemplare<br />
nächste Ausgabe: Juli 2009<br />
<strong>Club</strong> Magazin<br />
Verlag und Redaktion:<br />
media projects<br />
public relations GmbH<br />
außer der schleifmühle 65<br />
28203 bremen<br />
tel. 0421 3648000<br />
fax. 0421 3648002<br />
media-projects@t-online.de<br />
www.media-projects-bremen.de<br />
Dieses Magazin und alle in ihm enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich<br />
geschützt. Nachdruck, auch aus<strong>zu</strong>gsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.<br />
Bei Veröffentlichung wird nur presserechtlich Verantwortung übernommen.<br />
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28203 bremen<br />
tel 04 21 3 64 80 00<br />
fax 0421 3648002<br />
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Ausgabe 8/2008