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EU-Verfassung - ECHA-Österreich

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(2) Die Mitgliedstaaten unterstützen die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik aktiv und<br />

vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität.“<br />

Antwort<br />

ad a)<br />

Die genannten Zahlen basieren auf einem Vergleich der Stimmengewichte im Vertrag von Nizza und<br />

den neuen Stimmengewichten in der <strong>EU</strong>-<strong>Verfassung</strong>. So wird zum Beispiel unter dem Vertrag von<br />

Nizza eine qualifizierte Mehrheit mit 232 von 321 Stimmen, d.h. mit 72,27% erreicht. In diesem<br />

System verfügt Frankreich über 29 Stimmen, was 9% entspricht. Laut der neuen qualifizierten<br />

Mehrheit in der <strong>EU</strong>-<strong>Verfassung</strong>, die auf einer doppelten Mehrheit (unter Berücksichtigung von<br />

Staaten und Bevölkerungszahlen) basiert, ist eine qualifizierte Mehrheit dann erreicht, wenn diese<br />

55% der Mitgliedstaaten (mindestens 15 Mitgliedstaaten) und 65% der <strong>EU</strong>-Bevölkerung entspricht.<br />

Nachdem Frankreich fast 14% der aktuellen <strong>EU</strong>-Bevölkerung stellt, steigt dessen Stimmengewicht<br />

von 9% auf fast 14%, was einer Steigerung von annähernd 45% entspricht. Es ist unbestritten, dass<br />

durch das neue System die demographische Realität der Mitgliedstaaten stärker berücksichtigt wird,<br />

dies aber keine nachteiligen Auswirkungen auf die Macht von kleineren Mitgliedstaaten wie<br />

<strong>Österreich</strong> hat. Es ist tatsächlich so, dass die vorgeschriebenen 55% der Mitgliedstaaten mit<br />

mindestens 15 Mitgliedstaaten sogar eindeutig die kleineren Mitgliedstaaten bevorzugen, da 15<br />

Mitgliedstaaten eine Entscheidung blocken können obwohl sie lediglich 14,76% der gesamten <strong>EU</strong>-<br />

Bevölkerung repräsentieren. Während im Vertrag von Nizza 14 Mitgliedstaaten eine Entscheidung<br />

blockieren konnten, bedarf es laut der neuen <strong>EU</strong>-<strong>Verfassung</strong> nur 11 Mitgliedstaaten. Dies entspricht<br />

einem tatsächlichen Anstieg der Stimmengewichte von kleineren <strong>EU</strong>-Mitgliedstaaten. Das<br />

qualifizierte Mehrheitsrecht der <strong>EU</strong>-<strong>Verfassung</strong> ist, wie es bereits vorher auch schon war, ein<br />

gesunder Kompromiss zwischen großen und kleineren Staaten.<br />

Doppelte Mehrheit<br />

Mit Blick auf ein erweitertes Europa wurden bereits verschiedene Lösungen zur Wahrung des<br />

gegenwärtig herrschenden Gleichgewichts zwischen so genannten großen und kleinen Staaten bei<br />

der Beschlussfassung im Rat erwogen. Hätte man nach der Erweiterung am derzeitigen System der<br />

Stimmengewichtung im Rat festgehalten, so hätte die Gefahr bestanden, dass eine qualifizierte<br />

Mehrheit der Stimmen nur eine Minderheit der Bevölkerung der Europäischen Union repräsentiert.<br />

Aus diesem Grund wünschten die bevölkerungsstärksten Mitgliedstaaten eine Neugewichtung der<br />

Stimmen oder ein System der doppelten Mehrheit, durch das gewährleistet würde, dass eine<br />

Mehrheit im Rat nicht nur die Mehrheit der Mitgliedstaaten, sondern auch die Mehrheit der<br />

Bevölkerung der Union repräsentiert.<br />

Der Vertrag von Nizza (2001), dessen Ziel die Reform der Arbeitsweise der europäischen Organe im<br />

Hinblick auf die Erweiterung war, sieht daher eine neue Definition der qualifizierten Mehrheit vor, die<br />

einer doppelten oder sogar einer dreifachen Mehrheit entspricht. Neben der Neugewichtung der<br />

Stimmen zugunsten der großen Mitgliedstaaten muss die qualifizierte Mehrheit zudem die Mehrheit<br />

der Mitgliedstaaten repräsentieren. Hinzu kommt ein so genanntes „demographisches Netz": jeder<br />

Mitgliedstaat kann überprüfen lassen, ob die qualifizierte Mehrheit mindestens 62 % der<br />

Gesamtbevölkerung der Union repräsentiert. Ansonsten kommt der Beschluss nicht zustande. Diese<br />

neuen Bestimmungen traten am 1. November 2004 in Kraft.<br />

Die noch zu ratifizierende europäische <strong>Verfassung</strong> sieht ab 1. November 2009 ein neues System der<br />

qualifizierten Mehrheit mit einer doppelten Mehrheit der Mitgliedstaaten und Bürger vor. Die<br />

qualifizierte Mehrheit wird dann erreicht, wenn für einen Beschluss 55 % der Mitgliedstaaten<br />

(mindestens 15 Mitgliedstaaten) stimmen, die mindestens 65 % der Bevölkerung der Union<br />

repräsentieren.<br />

ad b)<br />

Es existieren insgesamt 24 Tätigkeitsfelder die vom Einstimmigkeitsprinzip auf das Prinzip der<br />

qualifizierten Mehrheit umgestellt wurden (Asyl, Migration, externe Grenzkontrollen etc.) und<br />

weitere 21 neue Bereiche, bei denen das Prinzip der qualifizierten Mehrheit angewandt wird (Gesetz<br />

über die Initiative zur Europäischen Zivilbevölkerung, Energie, Tourismus, etc). Dies entspricht einer<br />

tatsächlichen Stärkung des demokratischen Entscheidungsfindungsprozesses, da hiermit das<br />

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