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Geschichte eines Knaben - über Ernst Wiechert

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<strong>Geschichte</strong> <strong>eines</strong> <strong>Knaben</strong><br />

des Ganderung, aus der Zeit, da sie selbst den Le-gon getanzt unter dem tausendjährigen<br />

Waringibaum von Karang Asem. Waren sie dann verklungen<br />

und verweht, aus Leidenschaft und Klage vertropfend wie Regen im Wald,<br />

dann schwiegen die beiden Frauen, bis Sawah sich lautlos erhob und sich<br />

<strong>über</strong> ihre Herrin beugte. "Weinst du, Herrin ?" - "Es ist das Glück, Sawah,<br />

nichts als das Glück..."<br />

Sie starb, als sie ihre Stunde vollendet hatte, den Schrei des Geborenen in<br />

der erlöschenden Seele, und die Tränen der Malayin waren die erste Spur,<br />

die das Leben <strong>über</strong> das gefurchte Antlitz des Kindes zog.<br />

Es wurde nicht Parzival getauft, weil es dem Sohn von Magnus Schurmann,<br />

zweitem Chef des Exporthauses Walker & Sons, Ltd., schlecht angestanden<br />

hätte, einen solchen Namen zu führen.<br />

Doch vereinigte er eine dunkle Achtung vor dem Wunsche seiner verstorbenen<br />

Frau mit den Pflichten und sprachlichen Bindungen seiner Stellung,<br />

indem er ihn Percy taufte. Sawahs erbitterten Widerstand nahm er mit<br />

befremdetem Lächeln zur flüchtigen Kenntnis. Es war ein schlechtes Zukkerjahr,<br />

und er hatte andere Sorgen, als mit Namen zu spielen. Er fühlte sich<br />

einsamer in seinem großen Hause und nährte eine dumpfe, langsam wachsende<br />

Erbitterung gegen die Tote, die gleich einem unfaßbaren Duft noch<br />

immer die Räume erfüllte, wie sie sein Leben erfüllt hatte; fremdartig, körperlos,<br />

aller Berechnung entzogen. Er begann die Abende im Klub zu verbringen<br />

und etwas mehr Whisky mit Soda zu trinken. Er sah das Kind am<br />

Morgen, wenn es noch schlief, und nach erschöpfendem Tagewerk, wenn<br />

Sawah es zur Gutenacht hereinbrachte. Er pflegte es ungeschickt <strong>über</strong> die<br />

Wange zu streichen und aus einer inneren Ferne prüfend anzusehen, als<br />

blickte er <strong>über</strong> seinen Schreibtisch hinweg auf einen jener fremdländischen<br />

Agenten, die in seinem Kontor ihm gegen<strong>über</strong>saßen und aus deren unbewegten<br />

Gesichtszügen er auf die Zuverlässigkeit des Angebots zu schließen<br />

versuchte. Mitunter wußte er nicht, ob dies Kind sein eigen sei, und er sah<br />

ihm lange nach, wenn schon die Türe sich geschlossen hatte, mit dem kalten<br />

und grübelnden Blick, mit dem man in der Benedenstadt eine Bilanz<br />

betrachtete. Percy trank die Milch seiner malayischen Amme, und seine<br />

Haut war braun wie die Farbe der Brust, die ihn nährte. Sein Haar war hell<br />

wie der Bast des Rotangs, und seine dunklen Augen waren die Augen der<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Wiechert</strong> - Der silberne Wagen 31<br />

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