Geschichte eines Knaben - über Ernst Wiechert
Geschichte eines Knaben - über Ernst Wiechert
Geschichte eines Knaben - über Ernst Wiechert
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
+++ http://www.ernst-wiechert.de +++ Bogdan Dumala -> Berlin +++ kontakt@ernst-wiechert.de +++ http://www.ernst-wiechert.de +++<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>eines</strong> <strong>Knaben</strong><br />
des Ganderung, aus der Zeit, da sie selbst den Le-gon getanzt unter dem tausendjährigen<br />
Waringibaum von Karang Asem. Waren sie dann verklungen<br />
und verweht, aus Leidenschaft und Klage vertropfend wie Regen im Wald,<br />
dann schwiegen die beiden Frauen, bis Sawah sich lautlos erhob und sich<br />
<strong>über</strong> ihre Herrin beugte. "Weinst du, Herrin ?" - "Es ist das Glück, Sawah,<br />
nichts als das Glück..."<br />
Sie starb, als sie ihre Stunde vollendet hatte, den Schrei des Geborenen in<br />
der erlöschenden Seele, und die Tränen der Malayin waren die erste Spur,<br />
die das Leben <strong>über</strong> das gefurchte Antlitz des Kindes zog.<br />
Es wurde nicht Parzival getauft, weil es dem Sohn von Magnus Schurmann,<br />
zweitem Chef des Exporthauses Walker & Sons, Ltd., schlecht angestanden<br />
hätte, einen solchen Namen zu führen.<br />
Doch vereinigte er eine dunkle Achtung vor dem Wunsche seiner verstorbenen<br />
Frau mit den Pflichten und sprachlichen Bindungen seiner Stellung,<br />
indem er ihn Percy taufte. Sawahs erbitterten Widerstand nahm er mit<br />
befremdetem Lächeln zur flüchtigen Kenntnis. Es war ein schlechtes Zukkerjahr,<br />
und er hatte andere Sorgen, als mit Namen zu spielen. Er fühlte sich<br />
einsamer in seinem großen Hause und nährte eine dumpfe, langsam wachsende<br />
Erbitterung gegen die Tote, die gleich einem unfaßbaren Duft noch<br />
immer die Räume erfüllte, wie sie sein Leben erfüllt hatte; fremdartig, körperlos,<br />
aller Berechnung entzogen. Er begann die Abende im Klub zu verbringen<br />
und etwas mehr Whisky mit Soda zu trinken. Er sah das Kind am<br />
Morgen, wenn es noch schlief, und nach erschöpfendem Tagewerk, wenn<br />
Sawah es zur Gutenacht hereinbrachte. Er pflegte es ungeschickt <strong>über</strong> die<br />
Wange zu streichen und aus einer inneren Ferne prüfend anzusehen, als<br />
blickte er <strong>über</strong> seinen Schreibtisch hinweg auf einen jener fremdländischen<br />
Agenten, die in seinem Kontor ihm gegen<strong>über</strong>saßen und aus deren unbewegten<br />
Gesichtszügen er auf die Zuverlässigkeit des Angebots zu schließen<br />
versuchte. Mitunter wußte er nicht, ob dies Kind sein eigen sei, und er sah<br />
ihm lange nach, wenn schon die Türe sich geschlossen hatte, mit dem kalten<br />
und grübelnden Blick, mit dem man in der Benedenstadt eine Bilanz<br />
betrachtete. Percy trank die Milch seiner malayischen Amme, und seine<br />
Haut war braun wie die Farbe der Brust, die ihn nährte. Sein Haar war hell<br />
wie der Bast des Rotangs, und seine dunklen Augen waren die Augen der<br />
<strong>Ernst</strong> <strong>Wiechert</strong> - Der silberne Wagen 31<br />
+++ http://www.ernst-wiechert.de +++ Bogdan Dumala -> Berlin +++ kontakt@ernst-wiechert.de +++ http://www.ernst-wiechert.de +++