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Geschichte eines Knaben - über Ernst Wiechert

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<strong>Geschichte</strong> <strong>eines</strong> <strong>Knaben</strong><br />

nach ihrem Willen bedeuten sollen. Sie liebt ihn, sie wird sich eher töten, als<br />

daß sie ihn liebt. Er weiß es mit einer entsetzlichen Gewißheit. Auch sein<br />

Sterben entscheidet nichts, gar nichts. Aber dies wenigstens ist gekommen<br />

und bleibt, ist nie mehr zu verlieren.<br />

"Sag' es noch einmal", flüsterte er. "Ich liebe dich, Percy."<br />

Er drückt seinen Mund auf ihre Brust, und sie nimmt sein Haupt in beide<br />

Hände und preßt es an ihr Herz.<br />

Dann flüstert sie ein ersticktes Wort und geht. Er hört, wie sie den Riegel vor<br />

ihre Türe schiebt. Am Morgen erwacht Percy in demselben Stuhl, todmatt,<br />

mit dem dumpfen Gefühl, als liefe ein feiner Sprung, tausendfältig gezackt,<br />

durch seinen schmerzenden Körper. Es ist schon hell, und auf den grauen<br />

Dielen, dicht vor seiner Tür, liegt ein Brief. Er ist unten durch den Spalt<br />

geschoben worden, und er wischt den Staub ab, bevor er ihn öffnet. Es ist<br />

nur ein einziges Blatt, und die wenigen Worte stehen fremd und groß in dem<br />

weißen Schweigen. "Leb wohl, Percy ... Mein lieber Percy."<br />

Ihre Zimmer sind unverschlossen, leer. Auf dem Tisch liegt ein Blatt an seinen<br />

Vater, daß sie verreise, für immer. Die Adresse für die Nachsendung<br />

ihrer Sachen werde sie angeben. Als Herr Magnus nach seinem Sohn sehen<br />

kommt, findet er ihn zu Bett liegend. Es sei ihm nicht gut, und er möchte<br />

sich gesund schlafen. Percy hört ihn nebenan klopfen, eintreten und nach<br />

einer Weile mit schweren Tritten die Treppe hinuntergehen. Er wendet das<br />

Gesicht zur Wand und drückt das leise knitternde Papier an sein Herz. Holger<br />

kommt atemlos in der ersten Pause und sitzt dann nachmittags vor seinem<br />

Bett. Er erzählt mit etwas schwerer Lustigkeit von der Schule und ihrer<br />

Banalität. Percy liegt schweigend, und seine dunklen Augen gleiten liebevoll<br />

<strong>über</strong> Holgers Gesicht. Dann bittet er ihn zu gehen, er möchte einen langen<br />

Schlaf tun. Als Holger an der Tür ist, winkt er ihm noch einmal. "Auf Wiedersehen,<br />

Holger... in den Tropen."<br />

Lächelnd macht Holger die Türe zu. Es dämmerte erst, als Holger in der<br />

Frühe mit der Faust an die Tür des malayischen Hauses schlug. Herr<br />

Magnus sen., der schon den Ofen heizte, öffnete erstaunt. Er wurde zur Seite<br />

geschoben, und Holger sprang die Treppe hinauf. "Percy!" Das Zimmer war<br />

leer, das Bett gemacht, die Bücher eingeräumt. Auf dem Tisch stand der<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Wiechert</strong> - Der silberne Wagen 67<br />

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