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Geschichte eines Knaben - über Ernst Wiechert

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+++ http://www.ernst-wiechert.de +++ Bogdan Dumala -> Berlin +++ kontakt@ernst-wiechert.de +++ http://www.ernst-wiechert.de +++<br />

<strong>Geschichte</strong> <strong>eines</strong> <strong>Knaben</strong><br />

Die Worte waren deutlich vernehmbar in einem zufälligen Schweigen, und<br />

der Lehrer verlangte mit gerunzelter Stirn eine Aufklärung. Als Percy in völliger<br />

Teilnahmlosigkeit schwieg und eine Katastrophe hereinzubrechen<br />

schien, stand Holger auf, was für ihn etwas Unerhörtes bedeutete, und sagte,<br />

sehr blaß geworden: "Ich bitte Sie, Herr Professor, das jetzt auf sich beruhen<br />

zu lassen. Ich will es Ihnen nach der Stunde erklären." Und als der Lehrer,<br />

Unziemliches mißtrauisch vermutend, auf seiner Forderung bestand,<br />

schlug Holger mit der Faust auf die Bank und schrie: "Sie sollen schweigen!<br />

Hören Sie nicht?" Die Stunde wurde abgebrochen und Graf Einsiedel zum<br />

Direktor befohlen, aber dann ging der Unterricht weiter, und es verlautete<br />

nichts an diesem Tage.<br />

Nachmittags lagen sie beide auf einer Uferhöhe des Flusses, weitab von der<br />

Stadt. Wolken standen gleich Gebirgen hinter der Ebene, und Kraniche<br />

zogen <strong>über</strong> das leere Feld. Die Luft war grau und sehr still, und im fernen<br />

Walde hörte man den Schlag einer Axt.<br />

"Sie nageln den Sarg des Jahres zu", sagte Percy ruhig. "Auch dieses Land<br />

kann schön sein ... ich sehe es nun zum ersten Male." Holger schwieg<br />

bedrückt und starrte hinaus, <strong>über</strong> den Fluß, der leise an ihnen vor<strong>über</strong>sprach.<br />

"Ich bin sehr glücklich", fuhr Percy fort. "Oder vielleicht ist das auch<br />

nur ein Irrtum. Graf Manfred sagt, wir wüßten nichts, wir ahnten nur ... Ich<br />

hätte gern gewußt, so gern ..." "Percy!" bat Holger.<br />

"Laß doch!" Er lächelte <strong>über</strong> die stille Erde hin. "Es tut nicht mehr weh,<br />

nichts tut mehr weh. So hat sie auf der Terrasse gesessen und <strong>über</strong> Batavia<br />

gesehen ... Alang-Alang ... wie das hier klingt..." "Percy!"<br />

"Still... er hat mir gesagt, daß ich sterben werde. Er hat es nicht gesagt, aber<br />

er hat es gedacht... du sollst es wissen, du ganz allein."<br />

"Percy! Wer ? Der Arzt ? Er ist verrückt! Ich schlage sie tot, alle zusammen!"<br />

Percy lächelte. "Es hat Zeit, Holger, viele Jahre vielleicht... aber was wissen<br />

wir von der Zeit... laß uns hinaussehen ... horch, wie die Axt noch immer<br />

schlägt."<br />

Dann fielen nur die Blätter von den Birken, und die Stunden rollten langsam<br />

zu Tal. Am Abend saß Percy allein in des Großvaters Stube. Die beiden<br />

waren fort, zu einem Wohltätigkeitsfest der Kaufmannschaft. Er arbeitete<br />

<strong>Ernst</strong> <strong>Wiechert</strong> - Der silberne Wagen 65<br />

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