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Von der westeuropäischen Erinnerung an Auschwitz zur ...

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1 Das Bedürfnis nach und die Furcht vor einer Gleichsetzung<br />

nationalsozialistischer und kommunistischer Massenvernichtung<br />

© 2013 Egbert Jahn – Zitieren bitte nur unter Angabe <strong>der</strong> Quelle<br />

3<br />

In den letzten beiden Jahrzehnten hat Geschichts-, <strong>Erinnerung</strong>s-, Gedächtnis- o<strong>der</strong> Gedenkpolitik<br />

einen merkbar größeren Stellenwert in <strong>der</strong> deutschen wie in <strong>der</strong> internationalen Politik<br />

erl<strong>an</strong>gt. Der Zusammenbruch <strong>der</strong> kommunistischen Parteiherrschaft im Osten Europas und<br />

vor allem die Aufnahme von zehn postkommunistischen Län<strong>der</strong>n in die EU in den Jahren<br />

2004 und 2007 haben das offizielle und gesellschaftlich vorherrschende Bild von <strong>der</strong> kommunistischen<br />

Geschichte nicht nur im Osten Europas ausgewechselt, son<strong>der</strong>n auch im Westen<br />

erheblich verän<strong>der</strong>t. Dabei spielten neue wissenschaftliche Erkenntnisse aufgrund <strong>der</strong> Zugänglichkeit<br />

von Archivmaterialien eher eine untergeordnete Rolle. Entscheidend sind die<br />

politischen Verän<strong>der</strong>ungen, Regime- wie Regierungswechsel und die Erweiterung <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union durch Nationen, die zwar oft auch unter nationalsozialistischer, aber viel länger<br />

unter kommunistischer Herrschaft gelitten haben.<br />

Geschichtspolitik ist vor allem Politik, also ein Ereignis <strong>der</strong> Gegenwart, das die Zukunft gestalten<br />

will. Die Geschichte und vor allem das <strong>der</strong> breiten Masse zu vermittelnde, notwendig<br />

recht pauschale Geschichtsbild ist lediglich ein Mittel zu diesem Zweck. Weit weniger wirksam<br />

sind das in <strong>der</strong> Geschichtswissenschaft selbst entwickelte und tradierte, höchst komplexe<br />

und differenzierte Geschichtswissen bzw. die in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g vermittelten wissenschaftlich<br />

begründeten Vermutungen, Hypothesen und Theorien.<br />

Bereits während <strong>der</strong> sowjetischen Perestrojka setzte das Verl<strong>an</strong>gen nach einer Revision des in<br />

g<strong>an</strong>z Europa vorherrschenden Geschichtsbildes ein, vor allem im Baltikum, aber auch in <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Sowjetrepubliken. Insbeson<strong>der</strong>e sollte <strong>der</strong> Massenmord <strong>an</strong> den eigenen Bürgern unter<br />

<strong>der</strong> Herrschaft Stalins, aber auch zuvor und d<strong>an</strong>ach, ins allgemeine Bewußtsein gerückt, darüber<br />

hinaus aber auch die Geschichte des Zweiten Weltkrieges neu geschrieben werden. Bei<br />

<strong>der</strong> Thematisierung des Geheimprotokolls zum deutsch-sowjetischen Nicht<strong>an</strong>griffsvertrag<br />

vom 23. August 1939, <strong>der</strong> oft Hitler-Stalin- o<strong>der</strong> Molotow-Ribbentrop-Pakt gen<strong>an</strong>nt wird,<br />

ging es vor allem darum, die in <strong>der</strong> Sowjetunion herrschende Rechtfertigung für die Zugehörigkeit<br />

des Baltikums und Moldaus <strong>zur</strong> Union zu erschüttern, um das Verl<strong>an</strong>gen nach eigener<br />

staatlicher Unabhängigkeit zu untermauern. Sekundär wurde damit aber auch die bisher in Ost<br />

wie West herrschende These von <strong>der</strong> alleinigen Schuld Hitler-Deutschl<strong>an</strong>ds am Krieg gegen<br />

Polen <strong>an</strong>gegriffen und die sowjetische Mitschuld hervorgehoben.<br />

Nach <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Sowjetunion erhielt die Totalitarismusthese, die während <strong>der</strong> Entsp<strong>an</strong>nungsperiode<br />

<strong>der</strong> 1970er und 1980er Jahre in den Hintergrund getreten war, und die die

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