Magisterarbeiten 2006/07
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nGeschehen<br />
30<br />
Kulleraugen? Die gibt’s im<br />
Buchladen!<br />
„Big in Japan“: Manga der anderen Art<br />
Von Nancy Jahn<br />
Große, runde Kulleraugen und ein spitzes Kinn – das<br />
sind die japanischen Comicfiguren oder auch Manga,<br />
wie sie jeder kennt, seit sie ihren Siegeszug in<br />
Deutschland angetreten haben. Wer die Ausstellung<br />
„Big in Japan“ im Kunstforum Halle besucht hat, wird danach<br />
allerdings fast vergeblich gesucht haben. Stattdessen findet man<br />
sich im 10. Jahrhundert wieder, als dieser Kult gerade erst begann.<br />
Damals waren Manga nicht mehr als einzelne Holzschnitte<br />
– Bilder zur Illustration des Romans „Genji Monogatari“. Von<br />
dem, was wir heutzutage unter diesem Begriff verstehen, ist das<br />
noch ganz weit entfernt.<br />
Gewusst? Sogar Biene Maya stammt aus den Federn<br />
japanischer Künstler.<br />
Im echten Comicstil herausgeputzt präsentieren sich die ersten<br />
Manga, die den Sprung über den ‚großen Teich‘ geschafft haben<br />
und hier in Deutschland angespült wurden. „Barfuß durch<br />
Hiroshima“ und „Akira“ zählen zu diesen Pionieren. Und damit<br />
beim Angucken der bunten oder einfarbigen Bilder auch das<br />
fremdländische Feeling stimmt, wird der Besucher der Ausstellung<br />
über einen kleinen, unscheinbaren Lautsprecher unentwegt<br />
mit einem japanischen Dialog unterhalten. Neben Büchern kommen<br />
natürlich auch die Geschwister der Manga nicht zu kurz:<br />
Die Animes – eigentlich Kurzform für Animationsfilme, die sich<br />
aber längst als Synonym für die Zeichentrickfilme aus Japan behauptet<br />
hat. Manch einen wird es wohl erstaunen, dass selbst<br />
allseits bekannte Klassiker wie „Heidi“, „Kimba, der weiße Löwe“<br />
und „Die Biene Maya“ – welche die Kindheit und Jugend so Vieler<br />
geprägt haben – japanische Exportschlager sein sollen.<br />
„Big in Japan“ – Jugendkultur in Japan<br />
von Judith Park<br />
Auch die jüngste Errungenschaft<br />
von<br />
Medien und Technik<br />
darf natürlich nicht<br />
fehlen: Computerspiele.<br />
Denn davon<br />
sind Unzählige aus<br />
der Wiege der Manga<br />
erwachsen. Playstation-<br />
und Nintendo-<br />
Konsolen warteten<br />
startbereit auf den<br />
spielfreudigen Besucher,<br />
der sein Können<br />
gegen den Compu-<br />
tergegner oder einen<br />
Mitspieler behaupten<br />
wollte.<br />
Utagawa Kunisada „Akashi“, Farbholzschnitt<br />
1851, Szene aus dem „Genji Monogatari“<br />
Neben den Originalimporten<br />
aus Japan<br />
macht auch die Fanszene hierzulande einen wichtigen Teil der<br />
Ausstellung aus. Judith Park und Olga Rogalski, zwei deutschen<br />
Mangatalenten, wurde eine eigene kleine Galerie gewidmet.<br />
Engagierte Nachwuchszeichner werden von einem geräumigen<br />
Zeichentisch mit allerlei Proportionsskizzen von Menschen und<br />
Tieren dazu eingeladen, sich kurz eine Pause zu gönnen und<br />
selbst kreativ zu werden. Die vielen fertigen und halbfertigen<br />
Bilder und Kritzeleien sprechen für sich.<br />
Zwischen Fotos und Kostümen zum Cosplay – dem ganzjährigen<br />
Fasching für Mangafans – und dem Künstlereck versteckt<br />
sich noch eine kleine Nische ganz im japanischen Stil: In der<br />
Mitte ein flacher Tisch, darauf das obligatorische Bonsai-Bäumchen,<br />
flache Bänke mit Sitzkissen und eine mit Papier überzogene<br />
Lampe, die das Licht sanft abdämpft. Zwei weitere Tische<br />
in diesem Stil laden zu einer Partie des japanischen Brettspiels<br />
„Go“ oder wahlweise einem Kartenspiel ein.<br />
Eine eher unscheinbare Musikbox wartet darauf, mit Hörproben<br />
vom japanisch-deutschen Musikprojekt „Poptastic Conversa-<br />
tion“ berichten zu können. Vierzehn deutsche Interpreten haben<br />
sich dabei experimentierfreudig mit je einem ihrer eigenen<br />
Songs in diese völlig fremde Sprache gestürzt. Was dabei herausgekommen<br />
ist, sind Liedtexte, die zwar keiner mehr versteht,<br />
aber mit Melodien, die man sofort wiedererkennt. Und<br />
wer die japanische Aussprache halbwegs meistern konnte, hat<br />
sogar einen richtig schönen Klang in sein neu vertontes Werk<br />
zaubern können. „Sa itte miyo“ („Von hier an blind“) von Wir<br />
sind Helden, und das lustig-schnelle „Kujira o sukue“ („Rettet<br />
die Wale“) von Die Ärzte zeigen, wie wunderbar das gehen<br />
kann.<br />
Obwohl „Big in Japan“ nur eine regionale Ausstellung war, darf<br />
der Initiator durchaus stolz auf sie sein: Mit über 500 Besuchern<br />
nach nur drei Wochen ist sie die bei Weitem erfolgreichste Ausstellung,<br />
die Veranstalter Alexander Neef bis jetzt im Kunstforum<br />
erlebt hat. Möglich wurde das seiner Meinung nach, weil<br />
sie den Besucher auf eine Zeitreise mitnahm – von den Kinderschuhen<br />
bis hin zur Blütezeit der Manga und des Japankults<br />
– und damit das Thema in ein vielfarbig schimmerndes Licht<br />
taucht. So wurden vielleicht auch die entschädigt, die sich mehr<br />
vom Manga als Buchform erhofft hatten. n