FRM Magazin Herbst 2009 - FrankfurtRheinMain GmbH
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<strong>FRM</strong>-Gespräch<br />
Der Europäer<br />
Daniel Cohn-Bendit, 1945 im südwestfranzösischen<br />
Montauban geboren,<br />
gilt als eine der schillerndsten<br />
Figuren der 68er-Bewegung und als<br />
„Wanderer“ zwischen Deutschland und<br />
Frankreich. Seit 1994 ist „Dany le<br />
Rouge“ Abge ordneter im Europäischen<br />
Parlament, abwechselnd für die deutschen<br />
und die französischen Grünen.<br />
Bei der Europawahl <strong>2009</strong> errang er<br />
mit seiner Liste Europe Ecologie 16, 9<br />
Prozent und entfachte in Frankreich<br />
einen regelrechten „Dany Boom“. Daniel<br />
Cohn-Bendit, der Co-Fraktionsvorsitzende<br />
der Grünen, lebt in Frankfurt.<br />
30 31 F R M 0 2 I 0 9<br />
Picture credit<br />
COHN-BENDIT<br />
Warum Frm international ist<br />
Ein <strong>FRM</strong>-Gespäch über Frankfurt, seine Stärken und Chancen<br />
> Als jemand, der wie kein Zweiter aus der Region in und für > Liebgewonnen ist nicht identisch mit Heimat.<br />
Europa tätig ist – wie wird Frankfurt aus Ihrer Sicht interna- Nein, natürlich nicht. Für mich hat dieses Gefühl mehr mit Mentional<br />
wahrgenommen? Wie blickt man von Brüssel, Straßschen und bestimmten Orten zu tun als mit urbanen Zuweiburg,<br />
London oder Paris auf <strong>FrankfurtRheinMain</strong>?<br />
sungen. Bei meinem Sohn ist das schon anders. Er ist hier gebo-<br />
Frankfurt wird in erster Linie wahrgenommen durch die Euroren. Für ihn ist Frankfurt Heimat. Insgesamt gibt es in Deutschpäische<br />
Zentralbank, die so etwas wie ein europäisches Wahrzeiland ja ein starkes Regional- oder Lokalbewusstsein. Man setzt<br />
chen ist. Das Zweite ist der Frankfurter Flughafen. Das sind die sich gern ab von den andern, die Bayern beispielsweise vom Rest<br />
beiden Fixpunkte in der europäischen Öffentlichkeit. Für be- der Bundesdeutschen. Insofern ist es für einen in Frankfurt lestimmte<br />
Gruppen spielt auch die Buchmesse eine wichtige Rolle. benden Türken auch leichter, sich als Frankfurter zu definieren,<br />
denn als deutscher Türke.<br />
> Wie erklären Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen im EU-<br />
Parlament Ihre persönliche Verbundenheit zu Frankfurt?<br />
Erst einmal lebt man ja nicht primär in einer Stadt, sondern man<br />
lebt in einem Lebenszusammenhang. Für mich hat dies viel mit<br />
meiner Geschichte zu tun, meiner Ehe, meinem Kind, meinen Beziehungen,<br />
meinen Freunden. Ich meine: Irgendwann hat mich<br />
das Leben hierher verschlagen, es hat mir hier gefallen, ich habe<br />
mich hier verliebt und lebe hier. In diesem Beziehungsnetzwerk<br />
finde ich in Frankfurt sehr angenehme Lebensmöglichkeiten.<br />
> Kann Frankfurt für jemanden, der hierher kommt, Heimat<br />
werden?<br />
Heimat ist für mich ein schwieriger Begriff und – wie er in<br />
Deutschland manchmal quasi vor sich her getragen wird – sehr<br />
fremd. Frankfurt kann man liebgewinnen, das auf alle Fälle. Man<br />
fühlt sich wohl in Frankfurt. Irgendwann geht einem vielleicht<br />
das Provinzielle auf die Nerven – aber natürlich habe ich Frankfurt<br />
liebgewonnen.<br />
GEODATEN<br />
5 0 ° 07 ' 3 0.6 6" N<br />
0 8 °4 0 ' 0 3 . 5 7 " E<br />
F 1<br />
> In Frankreich, den Niederlanden, auch in Berlin ist die<br />
Gettoisierung von Menschen mit Migrationshintergrund evident.<br />
Wie hat es die Region hier geschafft, ein gesellschaftliches<br />
Klima zu entwickeln, das zwischen all diesen enormen<br />
Spannungsfeldern ausgleichend wirkt?<br />
Da ist manches auch in Frankfurt von Stadtteil zu Stadtteil unterschiedlich,<br />
und man sollte nicht unterschätzen, dass auch in<br />
Frankfurt jugendliche Türken Schwierigkeiten haben. Aber sicher<br />
ist, dass man in Frankfurt nicht mehr nur eine „Apfelwein-<br />
Identität“ haben muss, um angenommen zu werden. Das hat viel<br />
mit dem zu tun, was politisch für die Integration getan wurde.<br />
Aber generell ist richtig: Die hohe Anzahl von Ausländern schützt<br />
alle. Man fühlt sich als Ausländer nicht fremd, einfach weil so<br />
viele andere Fremde da sind. Dadurch wird sozusagen auch das<br />
Verhältnis zwischen den Eingeborenen und den Fremden klar<br />
definiert. Es gibt so viele Fremde, dass alle das Gefühl haben, der<br />
Fremde gehöre dazu.<br />
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