Download - Technische Universität Braunschweig
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Rechtswissenschaftliche Forschung und Lehre an einer<br />
<strong>Technische</strong>n <strong>Universität</strong> – Cui bono?<br />
den Rechtswissenschaften und etwa naturwissenschaftlich-technischen<br />
Disziplinen vor allem im Hinblick auf die Beschaffenheit und insbesondere<br />
die Beständigkeit des Gegenstands der jeweiligen Forschungstätigkeit.<br />
Rückschlüsse auf die „Werthaltigkeit“ der in der jeweiligen Disziplin<br />
erlangten Erkenntnisgewinne lassen sich daraus aber nicht ableiten.<br />
Zu den Thesen von Kirchmanns im Allgemeinen sei darüber hinaus an dieser<br />
Stelle nur so viel angemerkt: Dass dessen Position schon damals nicht<br />
mehrheitsfähig war (und es übrigens heute erst recht nicht wäre), 8 lag<br />
insbesondere daran, dass sich von Kirchmann für eine Rückbesinnung auf<br />
das, wie er es nannte, „natürliche Recht“ stark gemacht hatte, also das<br />
„wahre Recht“, wie es im Volke gefühlt und gelebt wird. 9 Nicht das positive<br />
Recht, also die Gesetze, sondern das „Rechtsgefühl“ sollte im Vordergrund<br />
stehen. 10 Auch darf man nicht vergessen, dass von Kirchmanns Kritik die<br />
Rechtswissenschaft seiner Zeit zum Gegenstand hatte und die war<br />
maßgeblich geprägt von dem sog. Kodifikationsstreit, also der Frage, ob das<br />
Zivilrecht überhaupt in einem Gesetzbuch zusammengefasst und kodifiziert<br />
werden sollte. 11 Unser Bürgerliches Gesetzbuch, das BGB, war noch nicht in<br />
Sicht, ganz zu schweigen von dem Prozess der europäischen Integration und<br />
dem erheblichen Einfluss des europäischen Rechts auf unsere nationale<br />
Rechtsordnung, was die Rechtswissenschaften unserer Zeit vor erhebliche<br />
Herausforderungen stellt.<br />
Doch auch wenn uns die Thesen von Kirchmanns heute befremdlich<br />
erscheinen mögen und diese zum Teil auch als widerlegt gelten können, hat<br />
von Kirchmann doch eine lebhafte Diskussion angestoßen und eine Flut von<br />
Reaktionen und rechtswissenschaftlichen Publikationen hervorgerufen. Eine<br />
dieser Reaktionen kam von dem Zivilrechtler und Rechtsphilosophen Karl<br />
Larenz. Karl Larenz hat fast 120 Jahre später, im April 1966 und ebenfalls<br />
8<br />
Aus der zeitgenössischen Kritik an VON KIRCHMANN siehe v.a. STAHL, Rechtswissenschaft oder<br />
Volksbewusstsein, 1848. Siehe weiterhin die Kritik von WIEACKER, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit,<br />
1952, S. 245, sowie LARENZ, Über die Unentbehrlichkeit der Jurisprudenz als Wissenschaft, 1966.<br />
9<br />
V. KIRCHMANN, (Fn. 6), S. 7.<br />
10<br />
Vgl. V. KIRCHMANN, (Fn. 6), S. 7 und S. 19f.<br />
11<br />
Im Mittelpunkt des Kodifikationsstreits von 1814 standen die Schriften von THIBAUT, Über die<br />
Notwendigkeit eines allgemeinen bürgerlichen Rechts für Deutschland, sowie von SAVIGNY, Vom<br />
Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, in welcher SAVIGNY der Forderung<br />
THIBAUTS entgegentrat. Vgl. instruktiv zum Kodifikationsstreit SCHLOSSER, Grundzüge der Neueren<br />
Privatrechtsgeschichte, 9. Auflage 2001, § 6.<br />
4