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Hauszeitung der ASIG Wohngenossenschaft Nr. 108 Frühling 2012 ...

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Mauretanien, Mali und Burkina Faso, quer<br />

durch Wüsten und Savannen, an üppigen<br />

Oasen vorbei, bis zu den rot, grün und<br />

gelb leuchtenden Hütten in Ghana.<br />

Gefährliche Routen<br />

Vor allem in Mauretanien ist das Risiko<br />

von Entführungen durch islamistische<br />

Gruppen für Europäer hoch. Abseits <strong>der</strong><br />

städtischen Gebiete, dort, wo keine Sicherheitskräfte<br />

patrouillieren, kommt es immer<br />

wie<strong>der</strong> zu Kidnappings. Schnei<strong>der</strong> bildete<br />

deshalb mit ein paar an<strong>der</strong>en Europäern<br />

einen Konvoi und des Nachts eine Wagenburg.<br />

Die Frage nach Sinn und Unsinn,<br />

überhaupt durch solches Gebiet zu reisen,<br />

beantwortet Louis Schnei<strong>der</strong> so: «Mit den<br />

entsprechenden Massnahmen sind wir ein<br />

kleineres Risiko eingegangen als einer, <strong>der</strong><br />

die Eigernordwand hochklettert.» Das sei<br />

aber nicht die Art Abenteuer, die er suche.<br />

Louis Schnei<strong>der</strong> faszinieren die fremden<br />

Kulturen, die atemberaubenden Landschaften.<br />

«Das ist <strong>der</strong> Kick!»<br />

Schon als Jugendlichen zog es ihn in die<br />

Ferne. «Mama, ich geh dann wie<strong>der</strong> nach<br />

Afrika.» Und weg war er in den nächsten<br />

Tagen. Die Eltern hätten ihm gerne eine<br />

Bäcker-Konditorlehre angedeihen lassen.<br />

Diese liess er sausen und arbeitete als<br />

Handlanger auf dem Bau, da, wo man von<br />

Anfang an gutes Geld verdienen konnte.<br />

«Ich brauchte das Geld für meine Reisen.»<br />

Dabei blieb es, bis heute. Auch eine Familie<br />

hatte da keinen Platz. «Eine Frau? So<br />

ein Hausdrachen wie mein Kollege einen<br />

hat? Nein danke!» Allerdings, so gesteht<br />

er, hätte er heute gerne Kin<strong>der</strong>, wenn er<br />

wünschen dürfte. Sie wachsen und gedeihen<br />

zu sehen, das wäre schon schön.<br />

Dafür hat Schnei<strong>der</strong> ein Patenkind und<br />

Freunde in aller Welt. Einer <strong>der</strong> engsten<br />

ist Fatau. Den hat er hier in <strong>der</strong> Schweiz<br />

auf dem Bau getroffen. Geschick und Fleiss<br />

des jungen Ghanesen sind Schnei<strong>der</strong> sofort<br />

aufgefallen. Nach einem Jahr musste<br />

dieser wie<strong>der</strong> in sein Heimatland zurück.<br />

Seither war Schnei<strong>der</strong> schon sechsmal bei<br />

ihm in Ghana. Sein Freund hat mit dem<br />

Lohn aus <strong>der</strong> Schweiz ein Haus gebaut<br />

und eine ganze Sippe unterhalten. Auch<br />

Schnei<strong>der</strong> hat ihm später mit Geld und Lebensmittelpaketen<br />

geholfen. «Oft bin ich<br />

erschrocken, unter welchen Umständen die<br />

Menschen an<strong>der</strong>swo leben müssen.» Die<br />

Schweiz sei wie ein Boot und da draussen<br />

in <strong>der</strong> Welt tobe ein Sturm mit zehn Meter<br />

hohen Wellen. Was er damit meine?<br />

Schnei<strong>der</strong> führt uns in die Küche, öffnet<br />

den Kühlschrank, zeigt auf Kochherd und<br />

Schubladen: «Schauen Sie, dieser Luxus,<br />

dieser Luxus! In Russland gibt es Orte, ich<br />

war erst grad ein paar Monate im Sommer<br />

da, müssen sich zehn Parteien eine solche<br />

Küche teilen.»<br />

Leben auf Sparflamme<br />

Schnei<strong>der</strong> hat auf seinen Reisen gelernt,<br />

nur mit dem Nötigsten auszukommen. Er<br />

empfiehlt reine Baumwollklei<strong>der</strong>. Mit denen<br />

könne man drei bis vier Tage ohne Körperpflege<br />

auskommen, ohne dass schlechte<br />

Gerüche aufkommen würden. Eine Mahlzeit<br />

kann auch mal nur aus einer Banane<br />

und einer Orange bestehen und auf Fern-<br />

Links: Der Weltenbummler Louis Schnei<strong>der</strong>.<br />

Unten: Banknoten, Fotos und schöne Tücher: Erinnerungen an fremde Län<strong>der</strong>.<br />

seher und Internet kann Schnei<strong>der</strong> sowieso<br />

verzichten. «Ein paar Millionen wären<br />

schon schön, aber wenn ich sie dann hätte,<br />

wären sie mir nichts mehr wert.» Viel wertvoller<br />

sind ihm zwei gesunde Beine und<br />

Hände und ein munterer Geist zum Reisen.<br />

Sagts und beugt sich über den Atlas.<br />

Seine nächste Reise diesen <strong>Frühling</strong> wird<br />

ihn nahe an den Polarkreis führen. Ein russischer<br />

Offizier, den er einst in Westafrika<br />

kennen gelernt hat, hat ihn zu seinem Stützpunkt<br />

nach Archangelsk eingeladen. «Wie<br />

fahre ich da am besten?», hat Schnei<strong>der</strong><br />

ihn gefragt. Er müsse nur schnell nach<br />

Moskau, dann auf die M8 und dann sei er<br />

schon bei ihm, so die Antwort des Offiziers.<br />

Schnei<strong>der</strong> rechnete nach, kam auf knapp<br />

3000 Kilometer und sagte sich: «Warum<br />

nicht?» Am Weissen Meer war er noch nie.<br />

nachbarn 1/<strong>2012</strong> 5

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