Hat Freud nur geträumt? - Institut für Psychologie und ...
Hat Freud nur geträumt? - Institut für Psychologie und ...
Hat Freud nur geträumt? - Institut für Psychologie und ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3. Psychoanalytische Traumtheorie<br />
„ehe der verdrängte Wunsch des Traumes seine volle Erfüllung gegen die Zensur<br />
durchgesetzt hat“ (<strong>Freud</strong>, 1916-17, S.221). Angstträume sind laut <strong>Freud</strong> nämlich<br />
meist dadurch gekennzeichnet, dass sie eine „offene Erfüllung eines verdrängten<br />
Wunsches“ (<strong>Freud</strong>, 1916-17, S.220) darstellen. Die Angst entsteht, weil die Zensur<br />
es nicht schafft, die aufkommenden verpönten Triebregungen zu unterdrücken <strong>und</strong><br />
der verdrängte Wunsch sich anschickt unverhüllt an die Oberfläche zu gelangen. Der<br />
Schläfer erwacht, um dies zu vermeiden. Auch wenn dadurch der Schlaf unterbro-<br />
chen wird, nimmt der Traum seine Funktion als Schlafhüter dennoch wahr, indem er<br />
noch größeren Schaden vermeidet. 17<br />
Morgenthaler (1986) beschreibt dieses Verhältnis von Träumer, Traum <strong>und</strong> unbe-<br />
wussten Triebregungen sehr anschaulich mittels folgender Theater-Analogie:<br />
Im Schlaf sitzt der Träumer als Besucher in einem Theater. Der Vorhang geht<br />
auf <strong>und</strong> er sieht auf der Bühne eine Szene, zum Beispiel den Sommernachts-<br />
traum von Shakespeare. Hinter den Kulissen sitzen die Traumregisseure. Das<br />
sind die Instanzen der unbewussten Ichanteile, die da<strong>für</strong> sorgen, dass auf der<br />
Bühne alles so vor sich geht, wie es geplant ist (...). Das Volk aber ist unzufrie-<br />
den, weil im Theater nie das aufgeführt wird, was es wirklich will. Unzufrieden<br />
sind vor allem die ungesitteten, schwer unter Kontrolle zu haltenden Aufbegeh-<br />
rer, die alles immer in Unordnung bringen wollen. Während der Theaterauffüh-<br />
rung drängen diese Leute von der Straße durch den Artisteneingang ins Theater.<br />
Einige sind betrunken, andere kommen mit einem H<strong>und</strong> oder Ziegenbock. Eine<br />
schreiende Frau ist auch dabei <strong>und</strong> vieles mehr. Diese Leute sind Störfaktoren<br />
<strong>und</strong> drohen auf die Bühne durchzubrechen (...). Die Eindringlinge sind die un-<br />
bewussten Triebregungen. Auf der Bühne muss alles schön <strong>und</strong> geregelt ablau-<br />
fen, damit der Träumer, der im Theater sitzt, nicht erwacht. (...) Nun kommen<br />
die Traumregisseure in Aktion. Ihnen steht das Arsenal der Vergangenheit von<br />
allem Erlebten zur Verfügung, um daraus die Requisiten <strong>und</strong> Verkleidungsmög-<br />
lichkeiten zu wählen, mit denen sie die Eindringlinge so verändern, (...) dass sie<br />
dann, (...) die Szene, die gerade gespielt wird, nicht stören. Je intensiver <strong>und</strong><br />
drängender die Impulse sind, die zur Bühne gelangen wollen, je schneller das<br />
vor sich geht <strong>und</strong> je größer die Menge der Eindringlinge ist, desto schwieriger<br />
wird es <strong>für</strong> die Traumregisseure, alles rechtzeitig zuzudecken. Es kann dann<br />
17 <strong>Freud</strong> vergleicht den Traum mit einem Nachtwächter, der mitunter nicht vermeiden kann, etwas<br />
Lärm zu machen um den Ruhestörer zu vertreiben, der den Träumenden mit seinem Krach andernfalls<br />
wecken würde (<strong>Freud</strong>, 1916-17).<br />
21