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Knittelfeld 1918 und 1938

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BetrieBe<br />

Aus dem Stadtarchiv <strong>Knittelfeld</strong><br />

Geschichte <strong>und</strong><br />

Geschichten<br />

von <strong>Knittelfeld</strong><br />

Folge 25 - Oktober 2008<br />

<strong>Knittelfeld</strong> <strong>1918</strong> <strong>und</strong> <strong>1938</strong><br />

Das heurige Jahr gibt Anlass, auf die Ereignisse<br />

im Jahr <strong>1918</strong> <strong>und</strong> <strong>1938</strong> zurück zu schauen. Beide<br />

Jahre waren vom Umbruch unseres Staatswesens<br />

gekennzeichnet: <strong>1918</strong> Ende des Ersten Weltkrieges,<br />

Zusammenbruch des Habsburgerreiches, Erste Republik.<strong>1938</strong><br />

Österreich hörte als eigener Staat zu bestehen<br />

auf, Einmarsch der Hitlertruppen, Anschluss<br />

an Deutschland.<br />

Das Jahr <strong>1918</strong>:<br />

Am 3. November <strong>1918</strong> wurde in der Villa Giusti<br />

bei Padua zwischen Österreich - Ungarn <strong>und</strong> den<br />

Alliierten ein Waffenstillstand unterzeichnet. Bald<br />

darauf folgte am 11. November der Waffenstillstand<br />

zwischen dem Deutschen Reich <strong>und</strong> den Alliierten.<br />

Der Erste Weltkrieg fand somit sein Ende.<br />

Auf dem Territorium des Habsburgerreiches gründeten<br />

sich die neuen souveränen Staaten. Am 11.<br />

November <strong>1918</strong> unterzeichnete Kaiser Karl I. im<br />

Schloss Schönbrunn die sogenannte Verzichtserklärung,<br />

in der festgehalten ist, dass Kaiser Karl I. auf<br />

die Ausübung der Regierungsgeschäfte verzichtet.<br />

Die Republik „Deutsch Österreich“ wurde am Tag<br />

darauf, den 12. November ausgerufen. Staatskanzler<br />

dieser Republik wurde der Sozialdemokrat Dr.<br />

Karl Renner. Dem Diktat der Siegermächte entsprechend,<br />

wurde am 21. Oktober 1919 die Bezeichnung<br />

von Deutsch Österreich auf Republik Österreich geändert.<br />

- 1 -<br />

Kaiser Karl I. Dr. Karl Renner<br />

23<br />

Das Jahr <strong>1918</strong> in <strong>Knittelfeld</strong>:<br />

Die Verschlechterung der Kriegslage machte sich<br />

schon vor <strong>1918</strong> auch hier in <strong>Knittelfeld</strong> stark bemerkbar.<br />

Der Hunger war allgegenwärtig, es mangelte<br />

praktisch an allem. Erinnerungen an die Kriegszeit<br />

von Irene Mylius: „Die nahe gerückte italienische<br />

Front stellte immer größere Anforderungen mit<br />

Requisitionen. Alles Metall verschwand, Vieh <strong>und</strong><br />

Pferde waren dem unerlässlichen Bedarf des Heeres<br />

zum Opfer gefallen.“ In diese Zeit im Juni 1917<br />

fi el die Durchreise des Kaisers Karl I. durch <strong>Knittelfeld</strong><br />

an die Isonzofront. Der damalige Leiter der k.k.<br />

politischen Expositur <strong>Knittelfeld</strong> hielt diese streng<br />

geheime Durchreise in seinem Tagebuch wie folgt<br />

fest: „Am 1. Juni 1917 kam abermals ein chiffriertes<br />

Telegramm, dass der Kaiser heute nachts 1 / 2 2 Uhr<br />

im Hofzuge durch <strong>Knittelfeld</strong> durchfahren sollte.“<br />

Sofort trafen wir alle nötigen Sicherheitsmaßnahmen.<br />

Die paar verfügbaren Gendarmen wurden


24 Allgemeines / BetrieBe<br />

auf die Bahnstrecke des Bezirkes verteilt, an Spenden<br />

erhielten wir einige Mann Militär als Verstärkung<br />

der Gendarmerie zugewiesen.<br />

Nach Mitternacht ging ich als Vertreter der k.k. politischen<br />

Expositur <strong>Knittelfeld</strong> (in Zivil) auf den streng<br />

abgesperrten Bahnhof, wo der Bahnhofkommandant<br />

gleichfalls in seinem militärischen Wirkungskreise<br />

Absperrungsvorkehrungen getroffen hatte.<br />

Ich hatte einen Gendarmen für alle Fälle als Assistenz<br />

mitgenommen.<br />

Die Reise des Kaisers, welcher an die Isonzofront<br />

fuhr, war so streng geheim gehalten, dass nur die<br />

politische Expositur als Sicherheitsbehörde, das<br />

Bahnhofkommando, <strong>und</strong> der Stationschef (aber nur<br />

so viel, als der Zugsverkehr in Betracht kam) hievon<br />

wussten, ferner der Gendarmerieposten <strong>Knittelfeld</strong>,<br />

den wir, als Dienstbehörde, verständigen mussten;<br />

selbst der General wusste nichts.<br />

Pünktlich fuhr der Hofzug ein. Der Kaiser fuhr in<br />

seinem schmucklosen, aber gut gebauten Hofsalonwagen;<br />

das Gefolge je nach Rang, in Salonwägen,<br />

oder in gewöhnlichen Schnellzugswagen 1. <strong>und</strong><br />

2. Klasse.<br />

Die Reise war inoffi ziell, daher kein Empfang.<br />

Am Perron stand nun ich, der Bahnhofskommandant<br />

(Leutnant) <strong>und</strong> paar Schritte hinter mir, mein<br />

Gendarm.<br />

Der Zug hielt einige Minuten - aber alles schlief.<br />

Im Schlafwagen des Kaisers sah man ein offenes,<br />

mit Vorhang bedecktes Fenster. Es ist ein eigenes<br />

Gefühl, wenn man bedenkt: Hier, wenige Schritte<br />

von mir entfernt, schläft mein Kaiser!<br />

Tiefstes Schweigen herrschte in der schönen Sommernacht<br />

– ein kurzer Pfi ff des Zugsführers – <strong>und</strong><br />

lautlos fuhr der Zug weiter.<br />

Erst einige Tage später stand die Reise in der Zeitung;<br />

begreifl ich, dass man vorsichtig ist. Ich habe<br />

niemanden gesehen – <strong>und</strong> trotzdem, der Gedanke,<br />

für die Sicherheit des Monarchen gesorgt zu haben,<br />

war erhebend für mich!“<br />

Über das Jahr <strong>1918</strong> berichtet<br />

die Ortsgeschichte von <strong>Knittelfeld</strong><br />

unter anderem: „Vom<br />

2. 10. an Durchmärsche der<br />

zurückfl utenden Heereskörper<br />

aus der italienischen<br />

Front.“<br />

Die anfangs durchmar-<br />

Anton Regner, erster sozialdemokratischerBürgermeister<br />

von <strong>Knittelfeld</strong><br />

schierendenTruppenformationen mit ihren Offi zieren<br />

spannten sichtlich alle ihre<br />

- 2 -<br />

Kräfte an, um noch Haltung zu bewahren.<br />

Ende der ersten Novemberwoche zogen Scharen<br />

zerlumpter Soldaten, vermengt mit Kriegsgefangenen<br />

vor Hunger bettelnd <strong>und</strong> gelegentlich stehlend<br />

umher. Sie boten auch Ausrüstungsgegenstände<br />

zum Verkauf an. Zum Skelett abgemagerte Pferde<br />

vor Wagen gespannt, wurden von Soldaten mit Säbelhieben<br />

zum Weiterziehen angetrieben. Die Disziplin<br />

<strong>und</strong> Führung war weitestgehend verloren gegangen.<br />

Es bot sich ein grauenvolles Bild, wie sich<br />

diese rückfl utenden Truppen durch die Judenburgerstraße,<br />

der heutigen Kärntner Straße, von der italienischen<br />

Front zurückdrängten – nichts wie nach<br />

Hause.<br />

Mit den Truppen war auch ein Schwarm von Flugzeugen<br />

gekommen, die teils wegen Benzinmangels,<br />

teils auf Gr<strong>und</strong> von Defekten im Bereich <strong>Knittelfeld</strong><br />

notlanden mussten. Auch Lastkraftwagen wurden<br />

aus denselben Gründen einfach in den Straßengraben<br />

gefahren <strong>und</strong> dort stehen gelassen.<br />

Danach kam der Tross. Offene Lastwagen, mit Beutegut<br />

beladen. Darauf befanden sich Klaviere, seidenbezogene<br />

Sofas, Bettzeug, Mobiliar, große Bilder,<br />

Weinfässer <strong>und</strong> aufgeputzte Weiber. Dazwischen<br />

befanden sich das Rote Kreuz <strong>und</strong> Lazarettwagen<br />

mit Verw<strong>und</strong>eten. Es fehlte auch nicht an lustig Singenden<br />

mit der Ziehharmonika Musizierenden – es<br />

bot sich ein grauenhafter „Maskenzug“ der einstigen<br />

k.k. Armee.<br />

Als das Gros des Rückzuges vorüber war, wurde<br />

die Judenburgerstraße von Sicherheitskräften, die<br />

auch für Ordnung <strong>und</strong> Sicherheit sorgten, abgeriegelt<br />

<strong>und</strong> es wurde von diesen, jedes Fuhrwerk, jede<br />

Person angehalten <strong>und</strong> gezwungen etwaige Waffen<br />

sowie militärisches Gut abzugeben. Bei der Schule,<br />

der heutigen Kärntnerschule, lag bald ein Berg<br />

von Waffen, Geräten, Ausrüstungsgegenständen<br />

<strong>und</strong> Sattelzeug. Diese militärischen Güter wurden<br />

in den leer gewordenen Baracken des Lagers zwischengelagert<br />

<strong>und</strong> in weiterer Folge der Sachdemobilisierung<br />

zugeführt.<br />

Nach diesem Krieg, der nun endlich vorbei war, hat<br />

<strong>Knittelfeld</strong> 139 Gefallene zu beklagen. Bald machte<br />

sich auch in <strong>Knittelfeld</strong> die neue Zeit, die Republik<br />

bemerkbar. Der noch aus der Monarchie stammende<br />

Bürgermeister Josef Fischer trat am 20. Mai<br />

1919 aus der Gemeindevertretung aus <strong>und</strong> in weiterer<br />

Folge wurde der Sozialdemokrat Anton Regner<br />

Bürgermeister. Als äußerliche Zeichen folgten bald<br />

zum Beispiel die Unbenennung des Hauptplatzes


Allgemeines in „Viktor – Adler – Platz“ <strong>und</strong> die Kaiserallee in<br />

„Freiheitsallee“.<br />

Das Jahr <strong>1938</strong>:<br />

Die Erste Republik hatte keine lange Lebensdauer.<br />

Diese Zeit war geprägt von Hunger, Depression,<br />

Infl ation, Parteienstreit, Bürgerkrieg zwischen Sozialdemokraten<br />

<strong>und</strong> Christlich Sozialen <strong>und</strong> ständestaatlichen<br />

faschistischen Ideen, den Austrofaschismus.<br />

Am 11. März <strong>1938</strong> erzwang Adolf Hitler den Rücktritt<br />

des damaligen B<strong>und</strong>eskanzler Kurt Schuschnigg zugunsten<br />

Arthur Seyß – Inquart. Am selben Tag gab<br />

Hitler die „Militärische Weisung für den Einmarsch<br />

in Österreich“ mit dem Decknamen „Unternehmen<br />

Otto“.<br />

K<strong>und</strong>gebung am Adolf – Hitler – Platz (Hauptplatz)<br />

Das Jahr <strong>1938</strong> in <strong>Knittelfeld</strong>:<br />

Am Vorabend, den 11. März <strong>1938</strong>, des Einmarsches<br />

der deutschen Truppen strömte die völkisch fühlende<br />

Bevölkerung auf den Hauptplatz <strong>und</strong> formierte sich<br />

dort zu einem Fackelzug, der sich durch die Straßen<br />

der Stadt bewegte. Mit „Sieg Heil“ - <strong>und</strong> „Heil<br />

Hitler“ - Rufen bewegte sich der Zug von tausenden<br />

Menschen durch die Straßen der Stadt zurück zum<br />

Hauptplatz. Am Rathaus wurde die Hakenkreuzfahne<br />

gehisst. Mit hochgehobener Hand begrüßte<br />

die Menschenmenge das Symbol der neuen Zeit.<br />

Noch in der gleichen Nacht wurden die öffentlichen<br />

Stellen <strong>und</strong> Ämter von Männern der NS-Bewegung<br />

übernommen. Am Tag darauf versahen Polizei,<br />

Gendarmerie, Post <strong>und</strong> Bahn mit Hakenkreuzbinden<br />

ihren Dienst. Die Stadt zeigte sich in einem<br />

völlig veränderten Bild. Der Hauptplatz, der bereits<br />

in „Adolf – Hitler – Platz“ umbenannt war, war<br />

von einem regen Leben beherrscht. Lautsprecher<br />

vom Rathaus verkündeten die neuesten Nachrichten.<br />

Nach einigen Tagen trafen die ersten deutschen<br />

- 3 -<br />

25<br />

Truppen, mit Blumen geschmückt, in <strong>Knittelfeld</strong><br />

ein. Es wird von einem triumphalen Einzug in die<br />

Stadt gesprochen. Eine deutsche Kapelle konzertierte,<br />

auch die B<strong>und</strong>esbahnkapelle begrüßte mit<br />

fl otten Märschen, zwischendurch sangen die Gäste<br />

fl otte Soldatenlieder. Nach mehrstündigem Aufenthalt<br />

fuhren die Militärkolonnen unter brausenden<br />

„Heil Hitler“ - Rufen weiter in Richtung Kärnten.<br />

Abends wurden auf mehreren Höhen der Umgebung<br />

Freudenfeuer entzündet. Äußerlich zeigte sich<br />

die Stadt im festlichen Flaggenschmuck. Fahnen,<br />

Flaggen, Wimpel, Blumen <strong>und</strong> Girlanden sowie Hitlerbilder<br />

prägten das Stadtbild. Kein W<strong>und</strong>er wurde<br />

doch von der Bezirksleitung der NSDAP <strong>Knittelfeld</strong><br />

zur Befl aggung <strong>und</strong> Schmückung der Wohnungen<br />

aufgerufen: „Bleibt im edlen Wettstreit nicht hinter<br />

eurem Nachbar zurück!“<br />

Diese Zeit war gekennzeichnet von Aufmärschen<br />

<strong>und</strong> K<strong>und</strong>gebungen. So kam es zum Beispiel zum<br />

ersten Mal zu einem Propagandamarsch von zwei<br />

Sturmbanne, der SA, des NSKK, der HJ, des BDM<br />

<strong>und</strong> der Parteigenossen durch die wichtigsten Straßen<br />

von <strong>Knittelfeld</strong>. Begleitet wurde dieser Aufmarsch<br />

von vier Musikkapellen. Anschließend gab<br />

es am Adolf – Hitler – Platz eine K<strong>und</strong>gebung, die<br />

das niedergebrochene Gewaltsystem, gemeint den<br />

Austrofaschismus, zum Thema hatte. Dabei wurde<br />

auch nicht vergessen die Forderung zu ernster <strong>und</strong><br />

tatkräftiger Mitarbeit für den Aufbau sich einzusetzen.<br />

Für die Linderung der ärgsten Not gab es für die<br />

Bevölkerung wiederholt Eintopf - Ausspeisungen.<br />

Bei der ersten solchen Ausspeisung wurden aus der<br />

fahrbaren Küche etwa 500 Portionen verabreicht.<br />

Adolf Hitler machte Halt in <strong>Knittelfeld</strong><br />

Zu einem Höhepunkt kam es, als Adolf Hitler in<br />

<strong>Knittelfeld</strong> Station machte. Es war der Montag, der<br />

4. April <strong>1938</strong>, als der Sonderzug am Bahnhof für 6<br />

Minuten Halt machte. In dichten Reihen stand die


26 Allgemeines<br />

Bevölkerung am Bahnhofsgelände: „Ob es 5000,<br />

8000 oder 10.000 Menschen waren, wer will sich<br />

darüber den Kopf zerbrechen, die Herzen Tausender<br />

schlugen im Gleichtakt, sie schlugen dem Führer<br />

entgegen, unserem Führer“ (<strong>Knittelfeld</strong>er Zeitung,<br />

7. April <strong>1938</strong>). Der Führer befand sich im vorletzten<br />

Waggon stehend beim Fenster, ernst <strong>und</strong> doch mit<br />

einem glückhaften Lächeln. Die Vertreter der Ämter<br />

<strong>und</strong> die leitenden Parteiorgane eilten zum Waggon,<br />

Kinder wurden hochgehoben, Blumen wurden in<br />

das Fenster gereicht. „Der Jubel der Obersteirer,<br />

die aus allen Gräben <strong>und</strong> Tälern herbeigeeilt waren,<br />

kannte keine Grenzen“ (<strong>Knittelfeld</strong>er Zeitung,<br />

7. April <strong>1938</strong>).<br />

Stimmzettel für Anschluss.<br />

Die Volksabstimmung für Großdeutschland am 10.<br />

April <strong>1938</strong> war ein weiterer Höhepunkt der damaligen<br />

Zeit. Am darauf folgenden Abend der Volksabstimmung<br />

fand ein Fackelzug mit einer unübersehbaren<br />

Teilnehmerzahl angeführt von der Stadtkapelle, Formationen<br />

der NS- Bewegung, der Feuerwehr, Gendarmerie<br />

<strong>und</strong> Polizei durch die Straßen der Stadt<br />

statt. Bei der abschließenden K<strong>und</strong>gebung am Adolf<br />

– Hitler – Platz wurde unter anderem das Abstimmergebnis<br />

von <strong>Knittelfeld</strong> mit 99,4% für die Wiedervereinigung<br />

Österreichs mit dem Deutschen Reich<br />

bekannt gegeben.<br />

Auch der 1. Mai <strong>1938</strong> wurde gebührend gefeiert.<br />

Am Abend des 30. April wurde der Maibaum am<br />

Adolf – Hitler – Platz aufgestellt. Wieder war die<br />

Bevölkerung auf den Beinen, um den „Ehrentag der<br />

deutschen Arbeit“ würdig zu begehen. Die Stadt<br />

war für diesen Tag festlich geschmückt. Mit einem<br />

Weckruf begannen die Feierlichkeiten, gefolgt von<br />

Aufmärschen der Jugendformationen, NS- Formationen<br />

<strong>und</strong> Betriebsorganisationen. Die Höhepunkte<br />

- 4 -<br />

waren die R<strong>und</strong>funkübertragungen aus Berlin: Die<br />

Maifeier der Hitlerjugend in Berlin <strong>und</strong> vor allem<br />

die Rede des Führers. Mit einem Bunten Abend in<br />

der Wagenbauhalle der Eisenbahnwerkstätte unter<br />

dem Motto „Freuet Euch des Lebens“ endete dieser<br />

Festtag.<br />

Spricht man in <strong>Knittelfeld</strong> über das 38er Jahr, so<br />

erinnert sich die ältere Generation nicht nur an den<br />

Anschluss an Deutschland, sondern auch an das<br />

große Hochwasser in der Stadt. Heftige Regengüsse<br />

verursachten am 21. <strong>und</strong> 22. Mai eines der verheerendsten<br />

Überfl utungen direkt in der Stadt. Die<br />

Ingering, der Sachendorferbach (Werkskanal), der<br />

Krebsenbach sowie die Mur führten riesige Wassermassen<br />

heran. So führte zum Beispiel die Seckauer<br />

Straße knietief Wasser <strong>und</strong> in der Bahnstraße war<br />

der Wasserstand so hoch, dass Bretter <strong>und</strong> Teile von<br />

Zäunen dahertreiben konnten.<br />

An die Lebensfähigkeit des kleinen Österreich, das<br />

von der Habsburgermonarchie übrig geblieben ist,<br />

glaubte damals kaum jemand. War dieser neue<br />

Kleinstaat doch vom Weltkrieg ausgezehrt <strong>und</strong> von<br />

einer unvorstellbaren Hungersnot betroffen, zu dem<br />

kamen noch Wirtschaftsräume wie zum Beispiel<br />

die „Kornkammer“ in Ungarn abhanden. Der Anschluss<br />

Österreich an Deutschland schien die Lösung<br />

zu sein. Selbst der <strong>Knittelfeld</strong>er Gemeinderat<br />

beschloss am 14. Februar 1919: „Eine K<strong>und</strong>gebung<br />

für den Anschluss Österreich an Deutschland.“<br />

Dass der Anschluss knapp 20 Jahre später, jedoch<br />

unter nationalsozialistischer Herrschaft mit all den<br />

schwerwiegenden <strong>und</strong> verheerenden Folgen erfolgen<br />

wird, ahnte man zu diesem Zeitpunkt noch<br />

nicht.<br />

Abkürzungen:<br />

k.k.: kaiserlich – königlich<br />

BDM: B<strong>und</strong> – Deutscher – Mädchen<br />

HJ: Hitler – Jugend<br />

NS: National – Sozialismus<br />

NSDAP: National – Sozialistische – Deutsche –<br />

Arbeiter – Partei<br />

NSKK: National – Sozialistisches – Kraftfahr – Korps<br />

SA: Sturm – Abteilung<br />

Quellen:<br />

Irene Mylius: Erinnerungen aus der Kriegszeit in<br />

Sachendorf<br />

Egon Grohsmann: Ortsgeschichte von <strong>Knittelfeld</strong><br />

<strong>Knittelfeld</strong>er Zeitung <strong>1938</strong>: Nr. 12, 13, 14, 15, 16, 18, 22

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