DIETER KIESSLING - home
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Bei „Objektiv“ von 2001 (Abb. S. 22) wird das Objektiv des Beamers<br />
von der Kamera aufgenommen und riesengroß auf die<br />
Wand geworfen; es erscheint als Sinnbild oder Symbol des Sehens<br />
selbst, als Auge. Die sachlich reflektierende Haltung den<br />
eigenen Werken gegenüber und die Suche nach einem über den<br />
Moment hinausreichenden allgemeingültigen Bild ist charakteristisch<br />
für Dieter Kiesslings künstlerische Position. Dabei bezieht<br />
sich der Künstler bei dem Versuch, die Paradoxien seiner<br />
auf technische Phänomene gegründeten Installationen vollständig<br />
zu verstehen, auf einen Schlüsselsatz von Max Bill: „Größte<br />
Rationalität erzeugt größte Irrealität.“ 3 Dieses Motto verdeutlicht<br />
exakt den Glaubenskonflikt des Betrachters zwischen dem<br />
Vertrauen in die eigene Wahrnehmung und dem aufklärenden<br />
Verstand. Die Möglichkeit der rationalen Aufklärung des visuellen<br />
Rätsels befreit jedoch nicht von seiner Irritation. 4 Wulf Herzogenrath<br />
schreibt über diesen inneren Konflikt, nach einleitenden<br />
Überlegungen zu Gertrude Steins Satz ‚Eine Rose ist eine Rose ist<br />
eine Rose‘ mit Blick auf Kiesslings künstlerische Identität, dass<br />
Kiessling eine geniale künstlerische Handschrift, ein individuelles<br />
Gestalten nicht interessiere: „Für ihn ist ein Künstler kein<br />
Sinnstifter oder Weltverbesserer, sondern ein präziser Beobachter<br />
der Realität, bzw. der Schnittstellen zwischen der Vorstellung<br />
und der Darstellung von Realität. Aufgrund der Arbeiten von<br />
Künstlern wie Kiessling lernen wir, das Alphabet der visuellen<br />
Sprache und die komplexen Bildwelten zu entziffern, weil wir in<br />
diesen Werken die Grundlagen und die Struktur der Bildwerdung<br />
erkennen können.“ 5<br />
Kommen wir zurück zu den Uhren: Ein weiterer, technischer<br />
Grund, sie an dieser prominenten Stelle abzubilden, ist das kontinuierlich<br />
ruckfrei laufende Uhrwerk, denn es fungiert buchstäblich<br />
als Basis für die neue Serie der Stundenporträts „60 Minuten,<br />
360 Grad“ (Abb. S. 6 – 8 und 29 – 37): Für die Porträts auf dem<br />
Tennisplatz und im Atelier hat Dieter Kiessling eine hochwertige,<br />
10<br />
Selbstporträt, 1994, Fotografie<br />
Self Portrait, 1994, photograph