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Nachdem Heinrich Mann, der ehemalige ... - Ricarda jubiliert

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stellt sie das Sterben <strong>der</strong>jenigen griechischen Helden, die traditionellerweise in ebensol-<br />

chen Versen besungen wurden, dem schmählichen Tod <strong>der</strong> Naziopfer gegenüber: „Mei-<br />

ne Helden, geliebte, ihr littet schwerer als jener [<strong>der</strong> griechische Heros], / Schmachvoll,<br />

gemartert, verhöhnt, von keinem Freunde getröstet.“ Und dann spricht sie aus, was die<br />

meisten ihrer Kollegen aus <strong>der</strong> „Inneren Emigration“ gerade jetzt auf keinen Fall hören<br />

wollten: dass nämlich die Einsamkeit und Trostlosigkeit des Wi<strong>der</strong>stands eine Folge <strong>der</strong><br />

Passivität <strong>der</strong> Deutschen war: „Ihr, die das Leben gabt für Volkes Freiheit und Ehre, /<br />

Nicht erhob sich das Volk, euch Freiheit und Leben zu retten.“ Sich selbst nimmt sie<br />

dabei nicht aus: „Ach, wo seid ihr, dass wir eure Wunden mit Tränen <strong>der</strong> Reue / Wa-<br />

schen und eure bleichen Stirnen mit Lorbeer krönen!“ In einem sehr an<strong>der</strong>en Ton, aber<br />

in <strong>der</strong> Sache ähnlich hat Thomas <strong>Mann</strong> das um dieselbe Zeit in seinen aus Amerika ge-<br />

sandten Radiosendungen Deutsche Hörer! ausgesprochen, um <strong>der</strong>etwillen er, <strong>der</strong> Emig-<br />

rant, nun so vielen <strong>der</strong> im Lande gebliebenen Schriftsteller als Vaterlandsverräter er-<br />

schien. „Der dickwandige Folterkeller, zu dem <strong>der</strong> Hitlerismus Deutschland gemacht<br />

hat, ist aufgebrochen“, sagte Thomas <strong>Mann</strong> im Mai 1945, „und offen liegt unsere<br />

Schmach vor den Augen <strong>der</strong> Welt ... ‚Unsere Schmach’, deutsche Leser! Denn alles<br />

Deutsche, alles was deutsch spricht, deutsch schreibt, auf deutsch gelebt hat, ist von die-<br />

ser entehrenden Bloßstellung mitbetroffen.“ Das war ungefähr auch die Position <strong>Ricarda</strong><br />

Huchs, und auch damit stand sie – abermals gemeinsam mit Thomas <strong>Mann</strong> – in <strong>der</strong><br />

deutschen Literatur um 1945 wie<strong>der</strong> so allein da, wie sie es 1933 getan hatte. „Nicht er-<br />

hob sich das Volk, euch Freiheit und Leben zu retten“: Außer Thomas <strong>Mann</strong> und ihr<br />

sagte das so unerbittlich klar eigentlich niemand in <strong>der</strong> deutschen Literatur.<br />

Dass die Kulturpolitiker <strong>der</strong> Sowjetischen Besatzungszone, vor allem <strong>der</strong> selbst aus<br />

dem Exil zurückgekehrte Dichter und spätere DDR-Kulturminister Johannes R. Becher,<br />

sich mit Nachdruck um diese Dichterin bemühten, ist sehr begreiflich. Gerade sie vertra-<br />

ten ja um diese Zeit eine betont patriotische Auffassung <strong>der</strong> zu begründenden sozialisti-<br />

schen Demokratie. <strong>Ricarda</strong> Huch ist ihren Einladungen bei verschiedenen Anlässen ge-<br />

folgt. Und sie hat auch hier an ihren eigenen Überzeugungen keinen Zweifel gelassen,<br />

gleichgültig, von welcher Seite sie dafür Kritik o<strong>der</strong> Beifall erntete.<br />

Sie, die schon 1921 über einen, so hieß <strong>der</strong> Artikel, „Romantischen Sozialismus“<br />

nachgedacht hatte, wurde nun eingeladen, den neuen thüringischen Landtag zu eröffnen.<br />

Das tat sie am 24. Januar 1946 in einer kurzen und bemerkenswerten Rede. Darin<br />

spricht sie zunächst, wie<strong>der</strong> einmal in einer weiten historischen Perspektive, über den<br />

Begriff <strong>der</strong> Demokratie und kommt dann auf die Gegenwart und unmittelbare Zukunft<br />

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