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Nachdem Heinrich Mann, der ehemalige ... - Ricarda jubiliert

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oman Der Fall Deruga, Kinofreunde erinnern sich vielleicht an die Ufa-Verfilmung mit<br />

Willy Birgel, wirkt heute son<strong>der</strong>bar matt – nicht etwa weil es schlecht, son<strong>der</strong>n weil es<br />

gewissermaßen zu gut geschrieben ist, in jener makellosen, gepflegten Eleganz des Stils,<br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong>jenigen ihrer aristokratischen – buchstäblich adligen o<strong>der</strong> doch jedenfalls seelen-<br />

aristokratischen – Helden entspricht. Die Erzählerin <strong>Ricarda</strong> Huch kann gar nicht an<strong>der</strong>s<br />

schreiben als elegant, gewandt, gebildet, es ist ihr einziges – freilich auch vollkommen<br />

beherrschtes – Stilregister; und so entsteht ein sonorer Dauerton von unterschiedslos und<br />

lei<strong>der</strong> manchmal auch spannungsarm dahingleiten<strong>der</strong> Vornehmheit.<br />

Was aber <strong>der</strong> Romanschriftstellerin für einen heutigen Leser mangelt, das besitzt die<br />

Essayistin und Lyrikerin in einem Maße, das mit den Jahren noch gewachsen ist. In die-<br />

sen Genres schreibt sie nicht nur gut (das hat sie eigentlich immer getan, sie konnte gar<br />

nicht an<strong>der</strong>s), son<strong>der</strong>n glanzvoll; hier kann sie erregend sein, mitreißend, begeisternd.<br />

Das beginnt schon in den frühen Gedichten, die ihren Ruhm begründeten. Ihr erster Ge-<br />

dichtband erscheint 1891 in Dresden, vorsichtshalber unter dem männlichen Pseudonym<br />

„Richard Hugo“. Fast durchweg sind diese Verse getragen von einer religiösen Überhö-<br />

hung des Irrationalen als Selbstzweck, von Leidenschaft und Ekstase, wie sie in diesen<br />

Jahren durchaus an <strong>der</strong> Tagesordnung war, im Geist eines an Nietzsche geschulten Vita-<br />

lismus:<br />

Noch einmal dem Nichts entstiegen,<br />

Noch einmal aus Flammen neu,<br />

Seh ich dich im Morgen liegen,<br />

Schöne Welt, dem Treuen treu.<br />

Komm, begegne meinem Hoffen,<br />

Gib an Lust und Schmerz mein Teil,<br />

Gläubig steht mein Busen offen<br />

Deinem Blitz und Todespfeil.<br />

Das ist sozusagen <strong>der</strong> Normalton <strong>der</strong> Epoche, lyrische Dutzendware. Aber erstaunlich<br />

viele schon dieser frühen Gedichte halten es aus, dass man sie langsam und genau liest.<br />

Zweifellos haben sie an <strong>der</strong> literarischen Mode teil. Aber sie gehen nicht in ihr auf. Se-<br />

hen wir uns das an einem bemerkenswerten Beispiel genauer an. 1912, auf dem Höhe-<br />

punkt von Jugendstil und Neuromantik, schreibt <strong>Ricarda</strong> Huch die folgenden Verse, die<br />

mit Recht bis heute in Anthologien fortleben:<br />

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