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Nachdem Heinrich Mann, der ehemalige ... - Ricarda jubiliert

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Du kamst zu mir, mein Abgott, meine Schlange,<br />

In dunkler Nacht, die um dich her erglühte.<br />

Ich diente dir mit Liebesüberschwange<br />

Und trank das Feuer, das dein Atem sprühte.<br />

Du flohst, ich suchte lang in Finsternissen.<br />

Da kannten mich die Götter und Dämonen<br />

An jenem Glanze, den ich dir entrissen,<br />

Und führten mich ins Licht, mit dir zu thronen.<br />

Weil die anfangs so unterwürfig erscheinende Liebende sich gegen den Liebenden be-<br />

hauptet hat, bis sie ihm gleich geworden ist, darum hat sich nun auch die Beschaffenheit<br />

<strong>der</strong> Liebe selbst gewandelt: aus dem sündigen Feuer ist eine helle, souveräne und aller<br />

Welt sich zeigende Liebe geworden. Denn was muss man als Prinzessin doch gleich tun,<br />

wenn <strong>der</strong> eklige Frosch, weil man es ihm leichtfertig versprochen hat, mit einem ins Bett<br />

gehen will? Man muss ihn an die Wand werfen, mit aller Wucht, sich also so aggressiv<br />

wie möglich gegen ihn behaupten – dann, oh Wun<strong>der</strong>, ist er auf einmal gar kein ekliger<br />

Frosch mehr, son<strong>der</strong>n wird zum schönen Prinzen. Aber auch erst dann.<br />

Kein Wun<strong>der</strong>, dass diese Dichterin zur Frauenrechtlerin wird – wenn auch wie bei al-<br />

lem, was sie tut, allein mit den Mitteln des Wortes, <strong>der</strong> Literatur. Mitten in <strong>der</strong> Konstitu-<br />

ierungsphase <strong>der</strong> deutschen Frauenbewegung, im März 1902 – da ist sie siebenunddrei-<br />

ßig Jahre alt – hält <strong>Ricarda</strong> Huch im „Verein für erweiterte Frauenbildung“ einen Vor-<br />

trag Über den Einfluss von Studium und Beruf auf die Persönlichkeit <strong>der</strong> Frau. Darin re-<br />

feriert sie, scheinbar ganz artig, einige Ideen des <strong>der</strong>zeit tonangebenden Psychiaters Paul<br />

Julius Möbius, <strong>der</strong> – so resümiert sie – „das mo<strong>der</strong>ne Streben, die Intelligenz <strong>der</strong> Frau<br />

auszubilden, für ver<strong>der</strong>blich erklärt“. Und dann erläutert sie Möbius’ Thesen so to<strong>der</strong>nst,<br />

dass ihre Absurdität ganz von selbst hervortritt: „Er äußert in Kürze folgende Ansichten:<br />

Es ist <strong>der</strong> geistigen Entwicklung im allgemeinen eigen, vom Unbewussten zum Bewuss-<br />

ten zu gehen; … aus dem Gattungswesen wird ein Individuum. Die Frau aber ist wesent-<br />

lich Gattungswesen, sie ist unbewusst und muss es bleiben; denn nur durch Einbußen an<br />

Gesundheit kann sie eine Persönlichkeit werden. Zwar treten mit zunehmen<strong>der</strong> Zivilisa-<br />

tion abnorme Formen auf, Abweichungen von <strong>der</strong> natürlichen Art, so dass sich an Män-<br />

nern weibliche, an Frauen männliche Züge zeigen. Frauen solcher Art, die geistig rege<br />

sind und lange so bleiben, sollen nicht daran verhin<strong>der</strong>t werden, ihre Fähigkeiten auszu-<br />

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