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Nachdem Heinrich Mann, der ehemalige ... - Ricarda jubiliert

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zu sprechen (und vergisst auch nicht, als erste Leistung <strong>der</strong> neuen Ordnung hervorzuhe-<br />

ben, „dass sie die bisher ausgeschlossene Hälfte <strong>der</strong> Bevölkerung, in manchen Punkten<br />

vielleicht die beste, nämlich die Frauen, mit einbezieht“). Was sie dann sagte, war in je-<br />

<strong>der</strong> Richtung unmissverständlich: „Demokratie ist eine Sache <strong>der</strong> Gesinnung. Sie mag<br />

noch so sorgsam formal abgewogen sein, sie wird sich nie als Volksfreiheit – und das<br />

soll sie ja sein – ausprägen, wenn nicht das Rechtsgefühl und das Verantwortungsgefühl<br />

im Volke lebendig ist, damit verbunden ein Selbstbewusstsein, das jedem einen festen<br />

Stand gibt und ihn verhin<strong>der</strong>t, mitunter Willkür und totalitären Staatsansprüchen zu fol-<br />

gen. Dass diese Eigenschaften nicht genügend unter den Deutschen vorhanden waren,<br />

erklärt, wenigstens zum Teil, die Katastrophe, die wir erlebt haben. … Wir befinden uns<br />

in dieser Versammlung auf <strong>der</strong> Schwelle <strong>der</strong> neuen Demokratie. Sie ist ein Zeichen,<br />

dass wir keine autoritäre Regierung haben, son<strong>der</strong>n eine solche, die in beständiger ver-<br />

pflichten<strong>der</strong> Berührung mit dem Volke sein will.“<br />

So <strong>Ricarda</strong> Huch zur Eröffnung des thüringischen Landtags. Noch ein Jahr später,<br />

ganz kurz vor ihrem Tod am 17. November 1947, konstatierte sie in ihrer Abschlussrede<br />

zum schon vom beginnenden kalten Krieg überschatteten „Ersten Deutschen Schriftstel-<br />

lerkongress“ in Berlin: „Wir sind nicht frei. Dass wir nicht frei sind, ist die Schuld Hit-<br />

lers und seiner Gefolgschaft.“ Und sie proklamiert, im letzten Satz ihrer Rede, die Ver-<br />

antwortung für den „Aufbau eines neuen Deutschlands“. Es war in mehrfacher Hinsicht<br />

ihr letztes Wort.<br />

Am 17. November 1947 ist <strong>Ricarda</strong> Huch, beinahe noch auf dem Weg aus <strong>der</strong> ihre<br />

Hoffnungen enttäuschenden SBZ, in Frankfurt gestorben. Zu Beginn dieses, ihres letz-<br />

ten Jahres hat sie, in einem erst posthum veröffentlichten Gedicht, ihr Verhältnis zu den<br />

Nazis, zu den Mitläufern und zu den so rasch wie<strong>der</strong> aktiv gewordenen Relativierern<br />

und Beschönigern ein letztes Mal scharf und unmissverständlich formuliert:<br />

Mein Herz, mein Löwe, hält seine Beute fest,<br />

Sein Geliebtestes fest in den Fängen,<br />

Aber Gehasstes gibt es auch,<br />

Das er niemals entlässt<br />

Bis zum letzten Hauch,<br />

Was immer die Jahre verhängen.<br />

Es gibt Namen, die beflecken<br />

Die Lippen, die sie nennen,<br />

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