Minnesang und Hip Hop. Ein Vergleich zweier lyrischer ... - Start

verschwinden, sie kann von ihrer überlieferten musikalischen
Form losgelöst werden.
9. Konkurrenz
Die ausgeprägte Autoreferenzialität der Gattung Minnesang, ihr
Aufführungscharakter und ihre soziale Funktion, auf die ich gleich
zu sprechen kommen werde, stellen ein besonderes
Konkurrenzverhältnis zwischen den einzelnen Sängern her. Wie
Ingrid Kasten gezeigt hat, nimmt die Konkurrenz im Verlaufe der
literarischen Entwicklung eher zu 39 und beschränkt sich nicht auf
das Verhältnis zwischen den Sängern, sondern erwächst auch aus
dem Konflikt zwischen Sänger und Publikum sowie aus differenten
Minnekonzeptionen. Besonders bei Reinmar wird das Verhältnis
des Sängers zum Publikum und zu dessen Erwartungen als
Konkurrenz erlebt 40 .
Aus dem Konkurrenzverhältnis des Sängers zu seinen Kollegen
und aus den unerfüllten oder unterlaufenen Ansprüchen des
Publikums resultiert ein Legitimationsdruck, der auf dem Sänger
lastet. Dem Druck kann der Sänger am besten standhalten, indem
er seine eigene Unübertrefflichkeit behauptet. Im Hohen
Minnesang begegnen wir entsprechendem Eigenlob am
häufigsten bei Walther, doch auch Reinmar stellt klar, dass er der
Beste sein will:
39 Kasten vermerkt für den mittleren Minnesang lediglich „vereinzelt[e] Hinweise auf eine
Konkurrenzsituation“ von Heinrich von Veldeke (MF 58, 11; 60, 29; 61, 9) und Bligger von
Steinach (Ingrid KASTEN, Frauendienst bei Trobadors und Minnesängern im 12. Jahrhundert. Zur
Entwicklung und Adaption eines literarischen Konzepts, Germanisch-Romanische Monatsschrift,
Beihefte 5, Heidelberg 1986, 306.)
40 Vgl. KASTEN, op. cit., 307 - 319. Vgl. auch W. HOFMANN, Die Minnefeinde in der deutschen
Liebesdichtung des 12. und 13. Jahrhunderts, Diss. Würzburg 1974.
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