Minnesang und Hip Hop. Ein Vergleich zweier lyrischer ... - Start
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Hochadel. Allenfalls könnte man in Analogie zur kulturellen<br />
Entwicklung der Gegenwart auch für das hohe Mittelalter über<br />
eine „Demokratisierung“ der Ästhetik spekulieren.<br />
In der Rezeption von <strong>Hip</strong> <strong>Hop</strong> lässt sich nämlich sehr gut<br />
beobachten, wie eine ursprünglich sozial stigmatisierte Kultur<br />
auch für gesellschaftliche Eliten attraktiv zu werden beginnt.<br />
Darüber hinaus ist <strong>Hip</strong> <strong>Hop</strong> zweifellos ein Aufstiegsphänomen.<br />
Sport <strong>und</strong> Musik sind die beiden Paradigmata des Erfolgs, die es<br />
einem sozial deprivierten Afroamerikaner am leichtesten<br />
ermöglichen, das Ghetto zu verlassen <strong>und</strong> somit auch der Gefahr<br />
des eigenen frühen Todes zu entrinnen, die er in seinen Texten<br />
sublimiert.<br />
„I want to be established“,<br />
rappt Mase (featuring Total) in ‘Tell me what you want’ (1998);<br />
„Back before in 1993 you didn’t give a damn about Warren G<br />
but now we’re selling our Platinum Lp.s“,<br />
heißt es bei Warren G (feat. Adina Howard) in ‘What’s love got to<br />
do with it’ (1997). Solche Äußerungen aus neueren <strong>und</strong><br />
kommerzielleren <strong>Hip</strong>-<strong>Hop</strong>-Stücken belegen das Streben der<br />
Interpreten nach Anerkennung <strong>und</strong> Reichtum.<br />
Um Reichtum ging es dem ambitionierten Minnesänger sicher<br />
nicht. Doch die gesellschaftliche Situation in der ständischen<br />
Gesellschaft des hohen Mittelalters <strong>und</strong> in der ethnifizierten<br />
Gesellschaft der Gegenwart ist insofern vergleichbar, als sich in<br />
beiden eine allmähliche Verschiebung der Stratifikationsebenen<br />
feststellen lässt, die mit einem Wechsel künstlerischer Medien<br />
einhergeht. Nimmt man den Aspekt der Oralität von <strong>Minnesang</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Hip</strong> <strong>Hop</strong> ernst, so grenzen sich beide gegen eine ausgeprägte<br />
Schriftkultur ab. In der Gegenwart sind es die <strong>Ein</strong>heit von Klang,<br />
Wort <strong>und</strong> Bild in der Popmusik <strong>und</strong> die wiederbelebte Oralität der<br />
Spoken Poetry, die sich auf nicht-europäische Traditionen stützen<br />
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