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Thema der modernen Theologie wurde (Röhrig 2000) und haben Menschenschutz<br />

und Tierschutz als Grundlage einer umf<strong>as</strong>senden Ethik der „Ehrfurcht vor dem<br />

Leben“ gemacht (Schweitzer 1931; 1991, 2005; Ude 1927, 1947; 1961; Kyber 1925),<br />

die heute die „Welt des Lebendigen“ insgesamt in ökologisch-ökosophischer<br />

Perspektive (Petzold 2006p) einbeziehen muss.<br />

Albert Schweitzer (2005) betonte:<br />

„Die Ethik, die es nur mit dem Verhalten des Menschen zu seinem Mitmenschen zu tun hat, kann sehr<br />

tief und lebendig sein. Sie bleibt aber unvollständig.“ (ibid. 30) Und er fügt hinzu: „Nur die Ethik der<br />

Ehrfurcht vor dem Leben ist vollständig.“(ibid. 31). Denn: „Ich bin Leben, d<strong>as</strong> leben will, inmitten von<br />

Leben, d<strong>as</strong> leben will. D<strong>as</strong> Wesen des Guten ist: Leben erhalten, Leben fördern, Leben auf seinen<br />

höchsten Weg bringen. D<strong>as</strong> Wesen des Bösen ist: Leben vernichten“ (ibid.)<br />

Unter einer solchen ethiktheoretischen Prämisse, die auch Grundlage dieses<br />

Beitrages ist, und deshalb hier aufgezeigt wird, können wir durchaus sagen: Wir<br />

Humanprimaten gehören dem Tierreich zu, weil wir zum Lebendigen gehören. Wir<br />

haben natürlich Besonderheiten, wie jede andere Art auch, d<strong>as</strong> ist damit nicht in<br />

Abrede gestellt oder nivelliert. Durch die reflexive Exzentrizität unserer komplexen<br />

Bewusstheit, die unser hochentwickelter präfrontaler Kortex ermöglicht, der in der Tat<br />

im Tierreich einzigartig ist (Edelman 2004; Fuster 1989; Lurija 1992), haben wir auch<br />

eine einzigartige Verantwortung für den Umgang mit dem Lebendigen: aus der<br />

„Ehrfurcht vor dem Leben“ (Schweitzer 1931), aus einer „Liebe zum Leben“<br />

(Fromm 2006), aus einer „Freude am Lebendigen“ (Petzold 1962IIb, 2006p). Und<br />

deshalb müssen Menschen, die mit anderen Menschen in betreuender, helfender,<br />

pflegender, fördernder Zielsetzung arbeiten, in weitaus umf<strong>as</strong>senderer Weise, als<br />

d<strong>as</strong> in psychosozialen Bereichen bislang der Fall ist, sich darum bemühen, in einer<br />

weitreichenden Sicht d<strong>as</strong> „Leben zu verstehen“. D<strong>as</strong> erfordert eine bewusste<br />

Auseinandersetzung mit Leben in seinen Tiefen- und Breitendimensionen, die<br />

Bereitschaft, sein eigenes Lebenswissen im Austausch mit anderen Menschen zu<br />

pflegen und entwickeln, um für sich und mit Anderen Sinn, Lebenssinn (Petzold,<br />

Orth 2005a) zu gewinnen. Helfer müssen den Mut zu haben, aus ihrer<br />

Lebenserfahrung persönliche Lebensweisheit zu schöpfen und zu nutzen, und sie<br />

müssen deshalb in ihre individuelle und kollektive Natur eindringen, um ihre<br />

persönliche und gemeinschaftliche Kultur, die Teil ihrer Natur ist, zu begreifen.<br />

D<strong>as</strong> aber heißt: sich selbst zu begreifen. „Hominität“ ist der von mir eingeführte<br />

philosophisch-fachliche Begriff zur Bezeichnung des Menschenwesens, der unlösbar<br />

an Humanität als d<strong>as</strong> zu entwickelnde Wesens des Menschlichen gebunden ist, wie<br />

wir es erkennen und entwickeln, ja wie wir es weiterentwickeln wollen.<br />

„Hominität bezeichnet die Menschennatur auf der individuellen und kollektiven Ebene in ihrer<br />

biopsychosozialen Verf<strong>as</strong>stheit und ihrer ökologischen, aber auch kulturellen Eingebundenheit mit<br />

ihrer Potentialität zur Destruktivität/Inhumanität und zur Dignität/Humanität. D<strong>as</strong> Hominitätskonzept<br />

sieht den Menschen als Natur- und Kulturwesen in permanenter Entwicklung durch<br />

Selbstüberschreitung, so d<strong>as</strong>s Hominität eine Aufgabe ist und bleibt, eine permanente Realisierung<br />

mit offenem Ende – ein WEG, der nur über die Kultivierung und Durchsetzung von Humanität führen<br />

kann“ (Petzold 2002b)<br />

Hominität und Humanität zu gewinnen, heißt: zu ihr beizutragen. D<strong>as</strong> ist Teil der<br />

„Kulturarbeit“, die wir als Menschen, die jeder Mensch zu leisten hat. Diese Aufgabe<br />

stellt sich Angehörigen helfender Berufe in besonderer Weise, weil es in ihrer Arbeit<br />

um Verstehensprozesse geht, die nur erreicht werden können durch die<br />

gemeinschaftliche Entwicklung empathischer Kompetenzen (d. h. von<br />

wechselseitiger Empathie), von polylogischer Gesprächsfähigkeit (d.h. von<br />

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