Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen
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IFreitag<br />
19 Uhr<br />
Beethoven auf<br />
dem Balkon<br />
Künstlerpostkarte<br />
von Felix Riedel<br />
„niemals übertroffen“<br />
Beethovens Trio<br />
Der junge Beethoven soll – nach einer Überlieferung des aus Stuttgart<br />
stammenden Georg August von Griesinger – bei einer Soirée im<br />
Hause des Fürsten von Lobkowitz folgendermaßen auf die Konver -<br />
sation mit einem kritischen älteren Herrn reagiert haben: „...mit Menschen,<br />
welche an mich nicht glauben wollen, weil ich noch nicht den<br />
allgemeinen Ruf habe, mag und kann ich nicht<br />
umgehen.“ – Genüssliche Worte für den Beet -<br />
hoven-Verehrer, im Falle wahrer Überlieferung<br />
allerdings reichlich unverschämt für einen forschen<br />
Burschen, der zwar als Pianist durchaus angesehen,<br />
dessen Ruf als großer Komponist jedoch<br />
kaum in die Öffentlichkeit gedrungen war, und der<br />
sich nun gegenüber Fürst und älterem Herrn<br />
nichts weniger als eine Lebensrente von einem<br />
kunstsinnigen Verleger wünschte, dem er dann –<br />
„nicht träge“ – seine Werke zum Druck zur Verfügung<br />
stellen wolle, schließlich habe es ja zwischen<br />
Goethe und Cotta und mit Händels Londoner Verleger<br />
ähnlich funktioniert, jawoll!<br />
Tatsächlich schien dem knapp 30-jährigen<br />
Beethoven das Glück in den Schoß zu fallen, als<br />
sein Verleger Johann Traeg ihm schon vor Beginn<br />
der Komposition der Trios op. 9 fünfzig Dukaten<br />
zusicherte. Dafür erhielt der Wiener Kaufmann für<br />
das geradezu horrende „Honorarium“ (immerhin<br />
dem Wert eines guten Konzertflügel entsprechend)<br />
aber auch nichts weniger als einen kleinen Meilenstein der<br />
Musikgeschichte! Nicht ohne Stolz ließ Beethoven in der französischen<br />
Widmung an Reichsgraf Johann Georg von Browne-Camus,<br />
bei dem er in dieser Zeit regelmäßig als Pianist<br />
auftrat, erkennen, wie hoch er selbst seine Trios<br />
einschätzte. Mit ihnen verlässt er ganz klar die<br />
Gefilde unterhaltsamer Gesellschaftsmusik, die<br />
Serenaden mit ihren aneinandergereihten Sätzen,<br />
konzentriert die Form, wendet sich der sinfonischen<br />
Idee zu, kurzum: Beethoven wird<br />
groß, majestätisch... So etwa kommt das Unisono<br />
der Adagio-Introduktion in einer für ein Trio<br />
ungewohnt bedeutsamen Geste daher, die<br />
Beethoven mithin als Eingang zur ganzen Werkgruppe<br />
verstand. Vermutlich hat er die Einleitungstakte<br />
in dieser Gestalt erst gegen Ende<br />
der Arbeit an Opus 9 konzipiert, während sie in<br />
einer älteren Skizze noch im 3/4-Takt notiert<br />
waren.<br />
„... keine bloße<br />
Musik für Dilettanten<br />
[...], sondern reife<br />
Kunstwerke, wohl<br />
die ersten von Beethoven<br />
im Bereich<br />
der Kammermusik<br />
ohne Klavier, die<br />
diesem Anspruch<br />
genügen.<br />
Beethovens Trios<br />
sind in dieser<br />
Hinsicht niemals<br />
übertroffen worden“<br />
(Rudolf Stephan)<br />
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