Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen
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Alle vier Sätze sind durch den Beginn<br />
des „Spillemænd“-Liedes aus der Sammlung<br />
op. 25 nach Art eines Leitmotivs miteinander<br />
verknüpft, eine Idee, die Debussy<br />
15 Jahre später in seinem g-Moll-Quartett<br />
sogar bis zur motivischen Verwandtschaft<br />
aufgreifen sollte. Die Bedeutsamkeit dieses Liedes auf Ibsens Worte,<br />
insbesondere für die Entstehungszeit des Quartetts und bezogen auf<br />
Griegs Ehekrise, unterstreicht ein späterer Brief an einen vertrauten<br />
Freund: „Das Motiv dieses Liedes habe ich für das Streichquartett<br />
benutzt. Und darin liegt ja, wie Du verstehen wirst, ein Stück Lebensgeschichte,<br />
und ich weiß, daß ich einen großen geistigen Kampf zu<br />
bestehen hatte und viel Lebensenergie brauchte...“ Mit welch unmittelbarer<br />
Entladung hat allerdings diese Energie in die Musik seines<br />
Streichquartetts Eingang gefunden! Ein Werk, das gleich mit einem<br />
zwölfstimmigen Akkord anhebt, klangprächtig bis zu Ballungen von<br />
geradezu orchestraler Fülle, mit Doppelgriffen im Fortissimo für<br />
mehrere Instrumente gleichzeitig, harmonisch unglaublich kühn,<br />
heftig im Gestus...<br />
„Die pizzicato-Accorde der Vio. II sind nicht ‘unmöglich’;<br />
aber ich sehe es kommen, dass jeder<br />
Second-Geiger bei dieser Stelle in öffentlicher<br />
Aufführung ‘Blut schwitzt’!!“<br />
(Heckmann an Grieg, 13. Juli 1878)<br />
Die Kölner Uraufführung mit dem Heckmann-Quartett<br />
wurde ein großer Erfolg, während<br />
ein auf Grieg fixierter konservativer<br />
Leipziger Kritikerschnösel nach einer Aufführung<br />
im Gewandhaus das innovative Kunstwerk<br />
gänzlich missverstand und es nach Strich und<br />
Faden verriss. Grieg schrieb später: „Ich hatte<br />
mein Bestes, mein Innerstes hineingelegt und<br />
traf lediglich auf Verhöhnung. Ich war so traurig,<br />
daß ich das Werk verbrennen wollte. Durch die<br />
Zeit jedoch habe ich Genugtuung erhalten.“<br />
„Mir gefällt das Gefühl,<br />
daß in diesem<br />
Werk Herzblut<br />
steckt, wovon die<br />
Zukunft hoffentlich<br />
mehr als nur Tropfen<br />
sehen wird ...“<br />
(Brief an Aimar<br />
Grönvold, 18. März<br />
1883)<br />
„in einem Bächlein helle“<br />
Schuberts Quintett<br />
Manchmal können wir schon ganz zufrieden sein mit dem Lauf einer<br />
Geschichte, die ihrem Protagonisten zunächst vielleicht gar nicht behagte:<br />
Sollte doch der Schubert Franz seinem neuen Quintett – nicht<br />
nur, dass es dem Vorbilde Johann Nepomuk Hummels zu folgen und<br />
für eine ziemlich störrische Besetzung gesetzt zu werden hatte –<br />
noch einen eigentlich überflüssigen fünften Satz hintenankleben! Er<br />
tat es, denn er musste es tun, und er tat es ihm zuliebe gern: Sylvester<br />
Paumgartner, oberösterreichischer Junggeselle, „hauptgewerkschaftlicher<br />
Vicefactor“ und Hausbesitzer in Steyr, großer Gönner<br />
und echter Mäzen der Tonkünstler, selbst auf dem Violoncell enthusiastisch<br />
musizierend (mit mäßigem Erfolg), im Besitz einer wertvol-<br />
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