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Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen

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WILLKOMMENFünf Jahre Kammermusik Festival Hohenstaufen –Wahnsinn! Wer hätte das gedacht? Ich kann michnoch gut erinnern: vor fünf Jahren grübelten wirlange, wie man so ein Festival am besten durchführt.Wer? Wie? Wo? Was?Nach intensiver Beratung mit meinen Eltern habenwir unsere Nachbarn und engen Freunde Barbaraund Ulrich Grill gefragt, ob sie eine Idee haben, werda helfen könnte. Daraufhin meinte Ulrich gleich:„das ist ja eine Superidee! Das machen WIR!“ Undsie machten es, kümmerten sich um alle praktischenNotwendigkeiten, den Aufbau in den Kirchen, Hotel für dieKünstler, und hatten für alles die entsprechenden Kontaktevor Ort. Auch die ersten Sponsoren wurden gewonnen.So durften wir uns ein schönes Programm ausdenken undkonnten außergewöhnliche Künstlerfreunde einladen. Mit demBlick auf den wunderschönen Hohenstaufen wurde unter denbesten Bedingungen geprobt und gearbeitet. Wir verbrachteneine intensive, musikalisch und persönlich bereichernde Zeit.Überwältigt sind wir, wie viele Menschen in den letzten Jahrenzu den Konzerten kamen. Ulrichs Fazit war schon nach demersten Festival: „GIGANTISCH!“Dem konnten wir nur zustimmen und freuen uns mit Ihnen aufunser diesjähriges Jubiläums<strong>festival</strong>!Rahel Maria RillingKünstlerische Leiterin<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>3


ERÖFFNUNGSKONZERTIKonzertein führungSeite 8FREITAG, 24. SEPTEMBER 2010, 19 UHREVANGELISCHE KIRCHE HOHENSTAUFENJörg Widmann (*1973)»180 beats per minute« für StreichsextettFeroce, agitato – Quasi una fuga, molto espressivoGabriel Adorján, ViolineLena Neudauer, ViolineDaniel Röhn, ViolaFelix Nickel, VioloncelloDávid Adorján, VioloncelloChristopher Jepson, VioloncelloBéla Bartók (1881–1945)Kontraste für Violine, Klarinette und Klavier Sz 111 BB 116Verbunkos (Werbetanz) Moderato ben ritmicoPihenő (Ruhe) LentoSebes (Schnell) Allegro vivaceGabriel Adorján, ViolineJörg Widmann, KlarinettePaul Rivinius, KlavierPAUSERobert Schumann (1810 –1856)Klavierquartett Es-Dur op. 47Sostenuto assai – Allegro ma non troppoScherzo. Molto vivace – Trio I – Trio IIAndante cantabileFinale. VivaceRahel Rilling, ViolineSara Rilling, ViolaDávid Adorján, VioloncelloPaul Rivinius, Klavier4 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


MATINEEKONZERTIIKonzertein führungSeite 14SAMSTAG, 25. SEPTEMBER 2010, 11 UHREVANGELISCHE KIRCHE HOHENSTAUFENJohann Sebastian Bach (1685–1750)Dreistimmige Sinfonien BWV 787-794in der Fassung für StreichtrioLena Neudauer, ViolineDaniel Röhn, ViolaFelix Nickel, VioloncelloSinfonia 1 C-Dur BWV 787Sinfonia 2 c-Moll BWV 788Sinfonia 3 D-Dur BWV 789Sinfonia 4 d-Moll BWV 790Sinfonia 5 Es-Dur BWV 791Sinfonia 6 E-Dur BWV 792Sinfonia 7 e-Moll BWV 793Sinfonia 8 F-Dur BWV 794Jörg Widmann (*1973)aus: Duos für Violine & VioloncelloRahel Rilling, ViolineDávid Adorján, VioloncelloFrank Bridge (1879 –1941)Lament for two violas H. 101bAdagio espressivoSara Rilling, ViolaIsabel Charisius, Viola1. Capriccio2. Canto3. Petit ballet mécanique(Pas de deux)4. Choral5. Moderato un poco allegretto6. Tanz (mit Quinten und Sexten)7. Ängstlich, zögernd8. Valse bavaroiseJörg WidmannFantasie für Klarinette SoloJörg Widmann, KlarinetteJohann Sebastian BachDreistimmige Sinfonien BWV 795-801in der Fassung für StreichtrioRahel Rilling, ViolineSara Rilling, ViolaChristopher Jepson, VioloncelloSinfonia 9 f-Moll BWV 795Sinfonia 10 G-Dur BWV 796Sinfonia 11 g-Moll BWV 797Sinfonia 12 A-Dur BWV 798Sinfonia 13 a-Moll BWV 799Sinfonia 14 B-Dur BWV 800Sinfonia 15 h-Moll BWV 801<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>5


BENEFIZKONZERTIIIKonzertein führungSeite 20SAMSTAG, 25. SEPTEMBER 2010, 19 UHREVANGELISCHE KIRCHE HOHENSTAUFENZugunsten vonGustav Mahler (1860–1911)Klavierquartett a-Moll (Fragment)Nicht zu schnell. EntschlossenLena Neudauer, ViolineIsabel Charisius, ViolaFelix Nickel, VioloncelloPaul Rivinius, KlavierAlexander von Zemlinsky (1871–1942)Klarinettentrio d-Moll op. 3Allegro ma non troppoAndante. Poco mosso con fantasiaAllegroJörg Widmann, KlarinetteDávid Adorján, VioloncelloPaul Rivinius, KlavierPAUSEAntonín Dvořák (1841–1904)Streichsextett A-Dur op. 48 (B 80)Allegro moderatoDumka (Elegie). Poco AllegrettoFuriant. PrestoFinale. Tema con Variazioni. Allegretto grazioso, quasi AndantinoGabriel Adorján, ViolineRahel Rilling, ViolineDaniel Röhn, ViolaSara Rilling, ViolaChristopher Jepson, VioloncelloFelix Nickel, Violoncello6 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


ABSCHLUSSKONZERTIVKonzertein führungSeite 26SONNTAG, 26. SEPTEMBER 2010, 17 UHREVANGELISCHE KIRCHE HOHENSTAUFENSergej Prokofjew (1891–1953)Ouverture über hebräische Themen (Klaviersextett) c-Moll op. 34Un poco AllegroJörg Widmann, KlarinetteDaniel Röhn, ViolineGabriel Adorján, ViolineSara Rilling, ViolaChristopher Jepson, VioloncelloPaul Rivinius, KlavierWolfgang Amadeus Mozart (1756 –1791)Klarinettenquintett A-Dur KV 581AllegroLarghettoMenuetto – Trio I – Trio IIAllegretto con variazioniJörg Widmann, KlarinetteRahel Rilling, ViolineLena Neudauer, ViolineIsabel Charisius, ViolaFelix Nickel, VioloncelloPAUSEJohannes Brahms (1833 –1897)Streichsextett Nr. 1 B-Dur op. 18Allegro ma non troppoAndante ma moderatoScherzo. Allegro molto – Trio. AnimatoRondo. Poco Allegretto e graziosoLena Neudauer, ViolineDaniel Röhn, ViolineIsabel Charisius, ViolaGabriel Adorján, ViolaDávid Adorján, VioloncelloChristopher Jepson, Violoncello<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>7


IFreitag19 UhrSchnappschussvon derUraufführung(Gabriel, Dávid,Jörg)»180 beats per minute«Widmanns StreichsextettAnfang der 1990er Jahre kam es in Deutschland zu ausländerfeindlichenAusschreitungen. Neonazis zündeten Asylantenheimean, 1993 starben bei einem Brandanschlag zweitürkische Frauen und drei Mädchen, die Städtenamen Hoyerswerda,Mölln, Rostock, Solingen sind noch heute auf tragischeWeise mit diesen Ereignissen verknüpft. Die Menschengingen zu Tausenden auf die Straße und bildeten Lichterketten,um ein Zeichen gegen Rechts zu setzen, auf vielen Autoswaren Aufkleber mit der Botschaft zu sehen: »Jeder ist Ausländer,fast überall«. Und im Süden Europas, in Bosnien undKroatien herrschte Krieg. Die Not war groß, und auch wirwollten irgendetwas tun, und so kamen mein jugoslawischerSchulfreund Vladimir, Jörg und ich, damals alle Anfang 20, aufdie Idee, ein Benefizkonzert für bosnische Flüchtlingskinderzu organisieren.Wir stellten das Konzert, das inden Hochschulen von Salzburg undMünchen stattfand, unter das Motto:»Junge Musiker gegen Ausländerfeindlichkeit«,(das unter uns natürlichschon bald zu »Junge Ausländergegen Musikerfeindlichkeit« umgedeutetwerden sollte). Das Programm standschnell fest: Mein Bruder Gabrielspielte mit Jörg Bartóks Kontraste, esgab ein Brahms-Klarinettentrio mitJörg, Anna Gourari und Bruno Weinmeistersowie das Gassenhauertriovon Beethoven mit Jörg, Anna und mirund dann noch die Hebräischen Themenvon Prokofjew. Was allerdingsfehlte, war ein Stück, in dem alle Streicherzusammen spielen konnten. Jörg,der ja praktischerweise Komponist ist,arbeitete zu dieser Zeit gerade aneinem Streichsextett für zwei Geigen,8 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Beginnder Partiturzwei Bratschen und zwei Celli. Wir hatten aber nur eine Bratsche.Dafür drei Cellisten, denn auch Tanja Tetzlaff war mitvon der Partie. Kurz entschlossen arbeitete Jörg die zweiteBratschenstimme in ein erstes Cello um, was ohnehin vielschöner ist, aber da spreche ich jetzt natürlich als Cellist...Im Oktober 1993 wurde 180 Beats per Minute, (das dendamaligen Zeitgeist des friedlichen Widerstands durchTechno und die Acid-Bewegung widerspiegelt) in dieser ungewöhnlichenBesetzung uraufgeführt. Die Konzerte warenein großer Erfolg, und wir konnten der Caritas eine stolzeSumme überweisen. Soweit ich weiß, ist das Stück in dieserBesetzung nie wieder zu einer Aufführung gekommen. Daswollen wir ändern und spielen es heute, selbstverständlich inder Uraufführungs-Variante mit drei Celli. (Dávid Adorján)<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>9


»So habe ich im Sommer fest gearbeitet«Bartóks KontrasteBudapest, ein halbes Jahrhundert zuvor: »Nun wird also derRespekt und Einfluß dieses Lügnersystems in Europa nochmehr überhandnehmen. Man müßte weg irgendwohin – aberwohin?! […] Was nun mich anbelangt, so habe ich im Sommerfest gearbeitet: das Violinkonzert beendet, und zwei Stücke(auf Bestellung) für Szigeti und den amer. Jazz-KlarinettistenBenny Goodman geschrieben (eigentlich 3 Stücke, zusammen16 Minuten). Da aber damit ein[e] Ausschließlichkeit des Aufführungsrechtes– auf 3 Jahre – verbunden ist, so kann es hierin Europa so lange nicht gehört werden.« (Béla Bartók an dieVertraute Annie Müller-Widmann in Davos, 9. Oktober 1938)Der Geiger Joseph Szigeti erinnerte sich einige Jahrespäter: »Ich habe niemals ein Werk, das ausschließlich zu meinereigenen Verfügung gedacht war, in Auftrag gegeben; ichbrachte es auch ohne das irgendwie immer fertig, genug zutun zu haben. Am nächsten dran an einem „Auftrag“ war ich,als ich in einem Geistesblitz Benny Goodman den Vorschlagmachte, er solle mich dazu bevollmächtigen, Bartók zu fragen,ob er ein Stück für uns drei schreiben wolle – für Goodman,Bartók und mich – und Benny würde die finanzielle Absicherungübernehmen. Das Ergebnis war Kontraste, das wir mehrereMale spielten und auch aufnahmen. Über unsereEinstudierung erzählt Benny interessante Dinge in seiner AutobiografieThe Kingdom of Swing. Da gab es alle möglichenKomplikationen, unter anderem Bennys Hoffnung – jedochnicht seine Bedingung –, dass das Stück auch die richtigeLänge haben möge, um auf eine doppelseitige, 12-Inch-Langspielplattezu passen. Dies war nicht der Fall, und Bartókmeinte, sich für die „Überlänge“ irgendwie entschuldigen zumüssen, als er mir die Zeitkalkulation für das Stück nannte. Esist viel über dieses Werk geschrieben worden, aber eins istdabei immer übersehen worden: dass es nämlich am 24. September1938 in Budapest fertiggestellt wurde – an jenem Tagalso, als Hitlers Ansprüche auf das Sudetenland Europa beinaheschon in Flammen gesetzt hätten, so aber hatte er nochelf Monate länger Zeit für seine Aufrüstung […] Das Bild eines10 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Béla Bartók,Joseph Szigetiund BennyGoodman beieiner Aufnahme -probe derKontraste imColumbia-Studio in NewYork, April 1940kreativen Künstlers, der zu einer Zeit, in der die ganze Welt denAtem anhält, noch einmal sorgfältig letzte Hand an sein Werklegt, hat etwas Tröstendes und Aufmunterndes.« (With StringsAttached: Reminiscences and Reflections, New York, 1947)Als Bartók 1945 in New York starb, widmete ihm der Musikteildes Time Magazine vom 8. Oktober ganze sieben Zeilen.Das einzige darin erwähnte Werk des großen Komponistenwar das Trio, für das er von Goodman damals 300 $ erhaltenhatte. Über diesen »Nachruf« empörte sich Ernst Křenek ineinem Essay mit dem Titel Gespräch nach Mitternacht: »Diesesieben Zeilen sind für den Musiker beinahe genauso erschütterndwie der Inhalt der Notiz selbst. […] Man könnte den Eindruckgewinnen, daß Bartók diese beiläufige Erwähnunglediglich der Tatsache zu verdanken hat, dass eins seinerWerke mit Benny Goodmans „sanft dahinplätschernder Klarinette“in Zusammenhang gebracht werden kann. Denn wennes auch heißt, er habe zahlreiche Werke verfasst, so wird keinweiteres Werk von ihm namentlich erwähnt, und das eine ausgewähltenimmt allein drei von den ganzen sieben Zeilen desNachrufs in Anspruch.«<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>11


»So jugendlich und frisch, als wäre es das Erste«Schumanns Klavierquartett»Lieber Robert, ach wie schön, dass wir auch in HohenstaufenDein Jubiläum mitfeiern dürfen! Wird doch allenthalben, wennsich Eusebius und Florestan einer rundzahligen Jahreshäufungnähern, sogleich auf Dein unglückliches Schicksal eines todkrankenKomponisten rekurriert, wird doch gar zu willfährig derfragwürdige Versuch wiederholt, mittels Studiums Deiner Krankenaktenvon Endenich den gordischen Knoten aus Genie undWahnsinn zu lösen, um hinter dem Paravent der Todesnähe irgendeinemgrossen tragischen Geheimnis auf die Spur zukommen... Es rundet sich schließlich Dein Geburtsjahr! Undhast Du uns gleich reich beschenkt, so wollen auch wir mit derganzen Hohenstaufener Schumannschaft Deinen Zweihundertstenals ein recht ungetrübtes schönes Fest feiern und mitdem Finale des Eröffnungskonzerts Dir und Deiner Clara allhiereinen Willkommensgruß von Herzen antragen.« (d. Red.)1842 beschäftigt sich Robert Schumann ausführlich mitden Quartetten von Haydn und Mozart, die Clara und er derReihe nach am Klavier durchnehmen. In diesem Leipziger»Kammermusikjahr« entsteht auch das Klavierquartett op. 47,das zu unrecht im Schatten des bekannten Klavierquintetts op.44 steht, jenem klanglichen Experiment und Prototypen derGattung, mithin eines der gelungensten Kammermusikwerkedes 19. Jahrhunderts. Die Tinte der Reinschrift des Quintetts warkaum trocken, da notierte Schumann im Oktober 1842 bereits:»Anflug zu einem Quartett – schrecklich schlaflose Nächteimmer«; später ins Haushaltsbuch: »Fleißig am Quartett undglücklich«. Der Komponist ist auf der Höhe seines Könnens,sein sehnlichster Wunsch hat sich nach erbittertem Kampf erfüllt:Clara ist an seiner Seite und trägt ihn auf Händen. Eskönnte besser nicht sein – und doch gibt es nagende Zweifelund fast tägliche Krisen, und es scheint, als seien sie notwendigerBestandteil der Kreativität Schumanns. Die öffentliche Premieregibt es zwar erst im Dezember 1844 im Gewandhaus ineiner von Robert und Clara für geladene Zuhörer veranstaltetenMatinee (Clara, Ferdinand David, Niels Wilhelm Gade und Carl12<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Robert SchumannLithografie von EduardKaiser, um 1850(StadtgeschichtlichesMuseum Leipzig)Wittmann spielen aus dem Manuskript), aber bereits am5. April 1843 wird das Quartett auf Herz und Nieren überprüft.Schumann schreibt: »Wir haben gestern das Quartett zumerstenmal gespielt und es nimmt sich recht effektvoll aus.«Insbesondere der innige langsame Satz,gewissermassen ein »Liebeslied ohneWorte«, wirkt auf uns Zuhörer heute imKontext von Schumanns Bekenntnis, nachseinen Streichquartetten nie wieder einKammermusikwerk ohne Claras (und sein)geliebtes Klavier schreiben zu wollen.»Abends spielten wir RobertsEs dur Quartett zum erstenMale bei uns, und ich warwahrhaft entzückt wieder vondiesem schönen Werke, dasso jugendlich und frisch ist,als wäre es das Erste.«(Tagebuch-Eintrag von ClaraSchumann, 5. April 1843)<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>13


IISamstag11 Uhr»Schöne, ausdrucksvolle kleine Kunstwerke«Bachs dreistimmige SinfonienDie Internationale Bachakademie in Stuttgart hebt und birgtKunstschätze vielerlei Art. So befindet sich in der »bel étage«im 4. Stock, als Zierde der Nordwand des Arbeitszimmers vonHelmuth Rilling, ein altes Ölgemälde, das eine Gruppe von vierMusikern zeigt. So weit so gut. Doch es darf als sehr wahrscheinlichgelten, dass das um 1730 entstandene und seit 1986im Besitz der Stiftung befindliche Bild von Balthasar Denner(1685–1749) Johann Sebastian Bach mit drei Söhnen zeigt:Gottfried Heinrich mit der Violine vor sich auf dem Tisch, PhilippEmanuel mit Traversflöte und Wilhelm Friedemann mit der Geigein der Hand. Dieses Gemälde passt nun ganz hervorragendzum Bach-Tribut unserer Kammermusiker!Johann Sebastian Bach, so steht es im Nekrolog, zu dessenVerfassern auch Carl Philipp Emanuel gehörte, sei derstärkste Orgel- und Clavierspieler gewesen, den man jemals gehabthabe, und Forkels Biografie berichtet, »seine Neigung zumClavier- und Orgelspielen […] trieb ihn an, alles zu thun, zusehen und zu hören, was ihn nach seinen damaligen Begriffenimmer weiter darin bringen konnte«. Er sah und hörte und tatund lernte; sein eigentlicher und einziger Lehrer im elementarenUnterricht war sein Bruder Johann Christoph. Musikunterricht inöffentlichen Institutionen gab es kaum; so lag es für Bach nahe,auch die eigenen Kinder in der Musik zu unterweisen. Carl PhilippEmanuel erinnerte sich in seiner von Charles Burney 1773überlieferten Autobiografie: »In der Komposition und im Clavierspielenhabe ich nie einen andern Lehrmeister gehabt, als meinenVater«. Doch nicht nur die Kinder, viele andere Élèvenkamen in den Genuss von Bachs didaktischen Fähigkeiten mithilfeköstlichster Etüden: »Fand sich aber, daß irgend einem derselben[Schüler] nach einigen Monathen die Geduld ausgehenwollte, so war er so gefällig, kleine zusammenhängende Stückevorzuschreiben, worin jene Uebungssätze in Verbindung gebrachtwaren.« Daraus seien etwa auch die Inventionen hervorgegangen,die Bach in den Stunden des Unterrichts selbstniederschrieb; »In der Folge hat er sie aber in schöne, ausdrucksvollekleine Kunstwerke umgeschaffen.« (Forkel)14 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Das Klavierbüchlein für Wilhelm Friedemann aus demJahre 1720 enthält bereits alle zweistimmigen Inventionen unddreistimmigen Sinfonien (dort noch als Praeambulum bzw.Fantasia betitelt). Drei Jahre später schrieb Bach die Stückein Reinschrift als gesonderten Band nieder und stellt ihmeine Gebrauchsanweisung voran, wonach die inventionesnicht nur zur Erlernung eines reinen und cantablen Spiels,sondern auch, um »darneben einen starcken Vorschmackvon der Composition zu überkommen« nützlich sein könnten.Das war natürlich maßlos untertrieben, denn was uns Bachmit diesen Kostbarkeiten hinterlassen hat, ist die schönsteArt, den Begriff Inventio (von lat. invenire = erfinden) kompositorischauszudeuten: als Keimzelle großer Kunst; heut &hier auf gestrichenen Saiten interpretiert, was u.a. den klarenVorteil hat, dass mehrere Künstlerinnen und Künstler gleichzeitigBachs geniale Einfälle mit Leben erfüllen können.<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>15


»Lust an Brillanz und Virtuosität«Widmanns Duos & Fantasie»Zunächst wollte ich nur einige kleine Duos für Violine undVioloncello schreiben. Dass daraus in einem freudigenSchreib-Exzess 24 Duos werden würden, hätte ich ursprünglichnie gedacht. Nun liegen zwei Hefte von 13 beziehungsweise11 Duos vor. Lange Zeit hatte ich unüberwindbarenRespekt vor der Ungeschütztheit und Reduziertheit dieserDuo-Konstellation. Mein klangliches Vorstellungsvermögenblieb lange Zeit merkwürdig blockiert und eindimensional. Eswollten sich nur einige versprengte klanglich arg spröde undkarge Tonkonstellationen einstellen. Ich entschied mich, in einigenStücken diese ungeschützt nackten zweistimmigenStrukturen bewusst hörbar zu machen. In fast allen anderenStücken weite ich die Zusammenklänge zu einem drei-, zumeistsogar vierstimmigen Satz aus. Die hohe Anzahl vondazu nötigen Doppelgriffen ist eine spezielle spieltechnischeHerausforderung in beiden Parts, allerdings prägt diese hierfast durchgehend angewandte Technik die spezifische Klanglichkeitdes Stücks.Die Charaktere und auch Dauern der einzelnen Stückekönnten unterschiedlicher nicht sein. Aber es gibt ein harmonischesBand, das alle Einzelstücke zusammenhält. […] Violineund Violoncello sind ein gleiches und doch ungleichesPaar. In diesen Duos sind beide untrennbar aufeinander angewiesen,sie können nicht ohne einander. So muss man sichauch die vorherrschende Satztechnik im Wortsinne von„Note gegen Note“ als streng kontrapunktisch vorstellen.Alles ist ineinander verwoben, alles, was der Eine tut, hatKonsequenzen für den Anderen. Sie ziehen sich an, sie stoßensich ab, sie lieben und sie hassen sich, mal werfen siesich die Bälle spielerisch zu, dann wieder in fast zerstörerischerAbsicht. So bleibt das Spielerische in dem Stück stetsernst, und das Ernste immer spielerisch. Es werden keineTricks und Effekte ausgestellt, es ging mir in jeder noch sokleinen Phrase vielmehr um die nackte musikalische Substanzselbst.« (Jörg Widmann)16<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Die Fantasiefür Klarinettesolo von 1993ist Jörg WidmannserstesveröffentlichtesWerk undzugleich eineLiebeserklä-rung des Klarinettistenansein Instrument;eine Lie-beserklärungallerdings, diebeiden Liebendenallesabverlangt,bei der siealles geben.»Bei allerStrenge derVerarbeitungund bewusstemEinsatzdes Tonmaterialssind es vor allem die Lust an Brillanz und Virtuosität undeine spielerische Freude, die das Stück beherrschen.«, schriebder 20-jährige Widmann kurz vor der ersten Aufführung imMärz 1994 im Bayerischen Rundfunk in München. Dabei hatder Klarinettist als Komponist die Grenzen herkömmlicherKlangerzeugung nicht zu sprengen versucht; die Möglichkeitenvon Varianten der Geräuscherzeugung werden erst in denvier Jahre später entstandenen Fünf Bruchstücken für Klarinetteund Klavier ausgelotet.»Einfallsreich ist der Beginn der siebenminütigen Fantasie:Ein Multiphonic-Klang, der als Dominantseptnonakkord auf Ferklingt, wird unmittelbar in ein normal klingendes Arpeggioauf gleicher harmonischer Basis übergeführt. Dieses Ausgangsmaterialmit seinen tonalen Reminiszenzen wird entfaltetund ist auch für die Formgestaltung der Fantasie ausschlaggebend.Im weiteren Verlauf verlieren sich die tonalen Elemente.Glissandi in zumeist höchster Lage sind ein anderes dominantesGestaltungsmerkmal. Die Komposition lebt von einem aufengstem Raum stattfindenden Charakterwechsel. Die Motivikist so markant, dass sich der Ausdruckswert unmittelbar erschließtund nur selten benannt wird (alpenländisch, tänzerisch,grotesk, komisch). Auch rhythmisch hat die Musik einausgeprägtes Profil. Insgesamt sprüht die Fantasie vor Spielwitzund lässt den buffonesken Charakter der Klarinette invielfältigsten Schattierungen erscheinen. Nicht viele Solostückefür Klarinette haben so unverwechselbare Konturen wieFoto: Felix Broede<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>17


Jörg Widmanns Fantasie. Sie ist eine Herausforderung fürjeden virtuosen Interpreten, aber trotz aller technischen Ansprücheist es eine gut zu bewältigende Aufgabe, denn alsKlarinettist hat Widmann ein Werk für die Klarinette geschrieben.[Damit] ist ihm eines der originellsten und beeindruckendstenSolostücke für dieses Instrument geglückt.«(Heribert Haase, 2006)»Neu und attraktiv«Bridges LamentSein berühmtester Kompositionsschüler war der junge Britten.Mehr noch: Das liebevolle Verhältnis des EhepaarsBridge zu Benjamin kann mit dem eines angenommenenSohns verglichen werden. Die Lektionen, die Frank Bridgeseinem Zögling zwischen dessen elftem und siebzehntenLebensjahr gab, waren allerdings auch enorm hart für denTeenager; Britten erinnerte sich, einige nur mittels Tränen beendethaben zu können. So sei der Unterricht – ab morgenshalb zehn – erst zur tea-time von Mrs. Bridge unterbrochenworden: »Really, you must give the boy a break!« Neben derintensiven musikalischen Ausbildung war es auch Bridges»sanfter Pazifismus«, der bei seinem Schüler tiefe Eindrückehinterließ und – so Britten – bis ins War Requiem nachwirkte.Seiner konsequenten Einstellung zu Gewalt und Kriegentstammte auch ein Lament von 1915 (H.117), in welchemBridge die über tausend Opfer des 1915 von den Deutschentorpedierten Dampfers Lusitania beweinte und mit der Widmung»Catherine, aged 9« die Sinnlosigkeit bewaffneterMachtkämpfe hervorhob. Dieses Lament für Streichorchesterhat er später als Bratschenduo umgeschrieben. Doch beimheute zu hörenden Lament für die gleiche Besetzung handeltes sich um ein früheres Werk. Bridge selbst war hervorragenderKammermusiker und in seiner Laufbahn allmählich vomGeiger zum gefragten Bratscher geworden, der beispielsweisegebeten wurde, bei einer Aufführung von Brahms’ G-Dur-Sextett 1906 mit dem Joachim-Quartett gemeinsam zuspielen. Doch es gab mit Lionel Tertis einen noch berühmterenViola-Virtuosen, der bei Bridge bereits 1906 ein Stück für18<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Frank Bridge, 1916(Silbergelatine-Abzug,Alvin Langdon Coburn)seine Tertis Viola Library bestellt hatte. Diesem war nun unserLament von 1911 als eines von zwei Bratschen-Duos gewidmet,die die beiden bei einem Konzert, organisiert von der Societyof British Composers mit Arbeiten von vier Komponistender jüngeren Generation in der Bechstein Hall (heute: WigmoreHall) am 18. März 1912 zum ersten Mal aufführten. DieMusical Times 53 vom April 1912 beschrieb die beiden Stückeals : »new and attractive« – eine ziemlich unverschämte Untertreibung!Noch vor Beginn seines Unterrichts bei Bridge hatte BenjaminBritten damit begonnen, das Bratschenspiel zu erlernen.Vielleicht haben die beiden ja doch ab und zu mal zu ihremgeliebten Instrument gegriffen, und vielleicht lag ja gerade dasManuskript des Lament irgendwo in der gemütlichen LondonerWohnung herum – möglich wär’s. Leider fehlt vom erstenStück (Caprice) heute jede Spur, und auch Lament wurde erst1981 vom Bridge-Kenner Paul Hindmarsh (nach der fast vollständigenHandschrift im Royal College of Music in London)herausgegeben. Im Programm des Londoner Konzerts von1912 war noch zu lesen »will be published shortly«...<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>19


IIISamstag19 UhrGustav Mahlerals Absolvent desWiener Konservatoriums,1878(Bildarchiv derÖsterreichischenNationalbibliothek,Wien)»Ist es mir verloren gegangen«Mahlers KlavierquartettsatzKlar, dass sich das Interesse der Forschung im Fall einesFrühbegabten, der nach eigener Aussage seit seinem viertenLebensjahr »immer Musik gemacht und komponiert« habeund mit zehn Jahren als Wunderkind auf dem Piano galt, geradezuheißhungrig auf frühe Werke richtet. Doch GustavMahler, am Wiener Konservatorium strenger Vegetarier undmit zunehmender Neigung, sich markante Brillen aufdie Nase zu setzen, hat nahezu alle Entwürfe undKompositionen seiner Studienzeit gnadenlosvernichtet. So schwadronierte er gegenüberNatalie Bauer-Lechner u.a. von einer Violin -sonate, einem Nocturne für Cello, Liedernund Klavierstücken und einem Klavierquintett,die eben alle nicht für die Öffentlichkeitbestimmt und damit fraglos zu beseitigenwaren. Sicherlich verständlich aus derSicht eines sehr jungen Mannes, der sichungehemmt, und ohne eines dieser Stückeje wirklich abzuschließen, in traditionellenGattungen und Formen austobte.Umso kostbarer der Schatz des Klavierquartett-Fragmentsvon 1876/77, dem dasSchicksal der Vernichtung durch einen Zufall erspartblieb: 1974 wurde das Autograf von seinemamerikanischen Besitzer dem Herausgeber Peter Ruzickazur Verfügung gestellt. Es ist nicht nur das einzige erhalteneKammermusikwerk Mahlers, sondern auch eines derwenigen erhaltenen Jugendwerke, mithin die einzige uns bekannteKomposition aus der Studienzeit (Herbst 1876 bisFrühsommer 1878). Neben dem vollständigen ersten Satz gibtes noch 24 Takte einer Scherzo-Skizze, die vermutlich zumselben Quartett gehört. Wahrscheinlich handelt es sich umdas Werk, von dem Mahler in einem Gespräch mit Bauer-Lechner über sein Frühwerk erzählt:»Das Beste davon war ein Klavierquartett, welches amSchluß der vierjährigen Konservatoriumszeit entstand und20<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


das großen Gefallen erregte. [Hermann] Grädener [MahlersTheorielehrer am Konservatorium] behielt es monatelang beisich, und es gefiel ihm so, daß er es bei Billroth zur Aufführungbrachte. Bei einer Preiskonkurrenz, zu der ich das Quartettnach Rußland schickte, ist es mir verloren gegangen.«Allerdings steht das im Gegensatz zur Datumsangabe 1876auf dem Titelblatt; Mahler irrte also entweder im Gespräch(und meinte dort das Quintett) oder auf der Titelseite (wo ersich um zwei Jahre vertan hätte, andererseits könnte sich dieKomposition ja weit über dieses Datum hinaus erstreckthaben). Bis heute ebenfalls ungeklärt blieb die Frage, warum»Einer von ihnen war eherklein von Gestalt; schon in dersonderbar wippenden Art seinesGanges machte sich eineungewöhnliche Reizbarkeitbemerkbar, sein geistig gespanntes,überaus bewegtesund schmales Gesicht warvon einem braunen Vollbartumrahmt, sein Sprechen sehrpointiert und von stark österreichischerKlangfarbe. Er trugimmer einen Pack Bücheroder Noten unter dem Armund die Unterhaltung mit ihmging zumeist stoßweise vorsich. Sein Name war GustavMahler.«(Friedrich Ecksteinüber den Studenten)es sich im Nachlass Mahlers erhaltenhat, wenn es doch auf demWeg nach Russland möglicherweiseverloren ging.Mahlers Invention: eine Studietatsächlich, doch eine ungebremste,voller Ausdruck, Fragmenteiner Krise, sein Ideal voneiner möglichen Kammermusikdurchschimmernd zwischenBrahms, Schumann und Schubert,mit dessen so geliebtem tonalenSchwerpunktwechsel zwischen a-Moll und der SubdominantparalleleF-Dur, doch schon mit Brucknerssymphonisierenden Triolen am Beginn,die Vortragsbezeichnungeneindeutig von Mahler... Es ist Mahler, basta! Nach seinemAustritt aus dem Konservatorium schrieb er keinerlei Kammermusikmehr: Erschien ihm das Korsett des »rein« instrumentalenSonatenhauptsatzes vielleicht nicht einmal mehrhinsichtlich seiner Sprengungsmöglichkeiten als interessantgenug?<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>21


»Denn ich habe Vertrauen – zu mir«Zemlinskys KlaviertrioAtonalität war seine Sache nicht: »Für Mahlers Werke habe ichdie unbeschränkteste, grenzenloseste Verehrung... – Vor denletzten Werken Schönbergs stehe ich nicht immer mit gleicherLiebe, aber immer mit grenzenlosem Respekt. Ich weiß aber ausErfahrung, daß ich auch zu jenen Werken, die mir heute nochstumm sind, morgen schon ein liebevolles Verhältnis bekommenkann. Ich warte auch getrost; denn ich habe Vertrauen – zu mir.«Als der Wiener Tonkünstlerverein 1896 einen Kompositionswettbewerbfür ein <strong>kammermusik</strong>alisches Werk mit einem Blasinstrumentausschrieb, dessen Preisprämien Brahms zurVerfügung gestellt hatte, und Zemlinsky mit seinem Trio op. 3(eingereicht unter dem Pseudonym »Beethoven«!) den 3. Preisgewann, stand derlei Zerrissenheit längst noch nicht zur Debatte.So hatte auch sein Schüler Schönberg ein 16-taktiges Fragmenteines Klarinettentrios, offenbar nach der Ausschreibungdes Preises, begonnen, dessen Ähnlichkeit mit Zemlinskys op. 3auffallend ist. Damals waren sie sich alle einig: Brahms ist derGrößte! Zemlinsky war und Schönberg wurde damals Mitglieddes Tonkünstlervereins, dessen Ehrenpräsident Brahms war.Freilich boten sich hier auch Möglichkeiten, als Komponist bzw.Pianist hervorzutreten. »Ich […] kannte die meisten WerkeBrahms’ gründlich und war wie besessen von dieser Musik. Aneignungund Beherrschung dieser wundervollen, eigenartigenTechnik galt mir damals als ein Ziel […] Ich erinnere mich, wie esauch bei meinen Kollegen als besonders rühmenswert galt, so‚Brahmsisch’ als nur möglich zu komponieren.« Der greiseBrahms goutierte den Eifer seiner Adepten und schrieb vier Monatevor seinem Tod an seinen Verleger Simrock: »Das Quartettvon Rabl und das Trio von Zemlinsky gehören Dir. Bei beidenkann ich eben auch den Menschen und das Talent empfehlen.«Danach hörte der Verein auf, »allmonatlich einmal am GrabeBrahms’ zu weinen«. Zemlinskys Kommentar: »Mit dem Bestreben,sich selbst zu finden, war auch eine energische Reaktionvon Brahms weg gegeben. Es gab Zeiten, wo die Verehrung undBewunderung für Brahms ins förmliche Gegenteil umschlug.«22<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


Alexander Zemlinsky, Heliogravüre,Berlin 1897»Als ich [Zemlinsky] kennenlernte, warich ausschließlich Brahmsianer.Er aber liebte Brahms und Wagnergleichermaßen, wodurch ich bald daraufebenfalls ein glühender Anhänger beiderwurde.«(Arnold Schönberg)Das Trio verleugnet seine Herkunft nicht, denn solcheshätte sein Verfasser auch nicht nötig gehabt. Der Brahms-Gestus des jungen Zemlinsky sollte vielmehr als ein durchausbequemer, aber schwerer Mantel verstanden werden,dessen Abstreifen im Klarinettentrio komponiert wird, als traditionellesKostüm, das zugleich den unweigerlichen Aufbruchumhüllt. Zemlinskys eigener Stil mit seiner Vorliebe fürreiche Chromatik ist bereits deutlich ausgeprägt, Anweisungenwie Mit Schwung und Wärme zeigen den Willen zu starkerinterpretatorischer Impulsgebung, alle melodischenEinfälle erwachsen dem Ur-(oder Lebens-)Motiv aus den dreiNoten d-e-f, mit dem das Werk beginnt. Und spätestens imFinale wirft Zemlinsky den Mantel ab und begibt sich aufsTheaterpodium als »einer der bezauberndsten Märchenerzählerder Musikgeschichte« (Claus-Christian Schuster).<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>23


»Es ist unendlich schön«Dvořáks Streichsextett24Moment mal! Ist das nun »volkstümliche Frische«, ist es »slawisch-national(tschechisch)esWesen« oder wie der Kritikeraller Kritiker Eduard Hanslick es so herrlich unverfroren formulierte,der »exotische Duft czechischer Flora«? Lassen wirdoch von jedem dieser durchaus ernstzunehmend prominentenDvořák-Kenner-Zitate ein Quäntchen vielleicht geltenund bedenken zudem, dass es – wie ach so oft bei musikalischenSchönheiten – das eben mit Worten nicht Erklärlicheist, hinter dem sich eine flüchtige Wahrheit verbirgt und hervorbrichtund wieder verflüchtigt. Der heute abend allgegenwärtigeJohannes mit dem Rauschebart bringt’s dennochauf den Punkt: »Es ist unendlich schön ... diese herrliche Erfindung,Frische und Klangschönheit«.Noch im Erscheinungsjahr der ersten Serie von achtSlawischen Tänzen op. 46 – das war bekanntermaßen derkünstlerische Durchbruch! – widmete sich Dvořák der Kompositionseines (einzigen) Streichsextetts, wobei er sich nichtnur auf Volksmelodien und typische Rhythmen der böhmischenund slowakischen Überlieferung stützte, sondern diebeiden Mittelsätze nach wirklichen Vorbildern aus dem Bereichder Volksmusik gestaltete: Dumka, ein schwermütigesLied mit schnellem Tempowechsel, und Furiant, ein scharfakzentuierter, in der tschechischen Volksmusik gebräuchlicherschneller Volkstanz mit dem Wechsel von 2/4- und 3/4-Takt, den der Komponist aber zugunsten eines konstantenRhythmus verändert hat. Wie schon das Streichquartett op.51 führte Joseph Joachim auch das Sextett – nach einer privatenAufführung am 29. Juli 1879 in seinem Hause inDvořáks Gegenwart – mit seinem durch den Bratscher HeinrichJacobsen und Hugo Dechert am Cello verstärkten Quartettam 9. November 1879 öffentlich in Berlin und im Februar1880 in England auf. In einem Brief eine Woche vor der Premiere,mit dem sich Joachim (auch zu ihm hatte BrahmsDvořák den Weg geebnet) für die Widmung des Violinkonzertsop. 53 bedankt, heißt es: »Mein herzliches Interesse fürIhr echtes Musiker-Blut, das ich noch eben durch eine mög<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


»Am liebsten wäre mir, wenn Sie etwasKammermusik oder Lieder, Chöre unddergleichen nehmen. Es muß ja nichtgleich sein, bitte mir nur zu sagen. Vielleicht[…] mein neues Sextett, welchesHerr Brahms bei mir mit großemInteresse durchgelesen hat. Es sindnamentlich die 3 letzten Sätze von ähn -lichem Stil wie die Tänze oder dieRhapsodien.«(Dvořák an Fritz Simrock,Prag, 11. Januar 1879)AntonínDvořák, 1879lichst sorgfältige Aufführung Ihres schönen, genialen Sextettsin A zu bethätigen suchte, hat mir wohl die Widmung und daskollegialische Freundschaftsgefühl, das daraus spricht, eingetragen!Ich will es nun durch die geforderte Aufrichtigkeitzu befestigen suchen, und freue mich, Ihr Stück bald conamore durchzusehen.«Der Kritiker Louis Ehlert schreibt Dvořák am 19. Oktober1879 aus Wiesbaden: »Nur mit einem Wort will ich Ihnensagen, dass ich in Ihrem Sextett und Quartett [op. 51] Werkekennengelernt habe, wie ich mir immer von Ihnen gewünschthabe. Das ist meisterhaft und der höchsten Ehren wert.Freund Rebicek [Absolvent des Prager Konservatoriums undKonzertmeister am Wiesbadener Hoftheater] wird sie diesenWinter hier aufführen und ich sage Ihnen mit einiger prophetischenSicherheit voraus, daß sie Ihren Weg durch die Weltmachen werden.« – Wie wahr! Und nun sogar nach Hohenstaufen...<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>25


IVSonntag17 UhrSergej Prokofjew,Skizze vonMichail Larionow,1921»So malerisch … so elastisch …so charakteristisch...«Prokofjews Hebräische Ouvertüre»Im Herbst 1919 [unmittelbar nach Fertigstellung der Liebe zuden drei Orangen] kam die jüdische Truppe „Simro“ nachAmerika, die aus einem Streichquartett mit Klarinette und Klavierbestand – alles ehemalige Kommilitonen vom PetersburgerKonservatorium. Als Zweck ihrer Konzerte nannten sieeine Geldsammlung für ein Konservatorium in Jerusalem underhofften sich Beistand durch amerikanische Juden. Die Einnahmenreichten allerdings gerade für ihren eigenen Unterhalt.In ihrem Repertoire befand sich recht interessantehebräische Musik für verschiedene Besetzungen [...] „SchreibenSie uns eine Ouvertüre für ein Sextett“, baten sie undübergaben mir ein Heft mit hebräischen Themen, „damit wirunsere Konzerte mit einem Stück beginnen können, worin allebeteiligt sind.“ Ich lehnte das ab mit der Begründung, dass ichmeinen Kompositionen nur eigene Themen zugrunde lege.Nichtsdestoweniger blieb das Heft bei mir liegen, und alsich eines Abends darin blätterte, suchte ich einige angenehmklingende Melodien aus, begann am Klavierzu improvisieren und bemerkte plötzlich,dass sich ohne mein Zutun ganzeStücke zusammenfügten und zur Durchführungkamen. Anderntags setzte ichmich schon frühzeitig daran, und amAbend war die Ouvertüre fertig. Die Reinschrifterforderte zehn Tage. Ich legtedem Werk keine große Bedeutung bei,aber es hatte Erfolg.« (Autobiografie)Es war tatsächlich das erste Mal,dass Prokofjew mit vorgegebenem Materialarbeitete, und zunächst wollte er derOuvertüre (die er gern als »seine Juden«bezeichnete) nicht einmal eine Opusnummergönnen. Doch die originale Kammermusik-Versionwar bereits so erfolgreich,dass Prokofjew 1934 eine Fassung für26<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


kleines Sinfonieorchester anfertigte. Das einsätzige Werk mittänzerisch vergnügten und melancholischen Episoden, »somalerisch […] die melodischen und harmonischen Gegenüberstellungen,so elastisch […] die Rhythmik, so charakteristischder Klang des Werks« (Wjatscheslaw Karatygin, 1924), kombiniertden »Frejlachs«, einen instrumentalen Klezmer-Tanz, mitdem jiddischen Hochzeitslied »Sajt gesunder hejt«, das denAbschied der Braut von ihrem Elternhaus besingt.»Des Stadler’s Quintett«Mozarts KlarinettenquintettWolfgang Amadeus Mozart vollendete sein Klarinettenquintettlaut eigenhändigem Werkverzeichnis in Wien am 29. September1789 während der Arbeit an der Oper Così fan tutte. Nochkein bekannter Komponist hatte sich bislang an diese Kombinationgewagt – Mozart legt hier also ganz nebenher einenGrundstein für eine neue und später bewährte Gattung –, aberes lag ihm wohl auch gar nicht so ferne, sich in der durchausvertrackten Kombination seiner »Königsdisziplin« Streichquartettmit jenem Instrument auszutoben, mit dem er sich inseinen Wiener Jahren mehr und mehr angefreundet hatte(Schu bart hatte den Charakter der Klarinette 1785 in seinenIdeen zu einer Ästhetik der Tonkunst voller Überschwang als»eine Liebeserklärung an das ganze menschliche Geschlecht«beschrieben). Die Initialzündung aber kam in Person des damalsführenden Virtuosen Anton Stadler, dessen Spur inMozarts Werk mehrfach abzulesen ist.Und Stadler spielte das Quintettauch, mit großer Wahrscheinlichkeitauf seiner »Invention«, einer um vierHalbtöne nach unten erweiterten»Bassklarinette« (das hatte er wohlneidisch dem Bassetthorn abgeguckt),die zur Unterscheidung von dem spätervon Adolphe Sax erfundenen Instrumentgleichen Namens heute»Bassettklarinette« genannt wird. DieDie FamilieMozart, Stichnach demGemälde vonJohannNepomuk dellaCroce (1780)<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>27


»Das gemütvolle, reiche Stück!«Brahms’ StreichsextettEigentlich sollte es ja sogar ein Septett werden. Brahms hatteschon damit begonnen, doch vor der Fertigstellung des erstenSatzes gewissermaßen die Notbremse gezogen. Skizziert1859 in Detmold, komponierte Brahms das Werk zu großenTeilen im Sommer 1860 in Hamburg und Bonn. Im September1860 schickte er das vollständige Werk an den Freund undGeiger Joseph Joachim: »Es dauert manchmal etwas langebei mir, das wird ja wohl Deine Erwartungen nicht höher treiben.Da nun bei Gott kein Ding unmöglich ist, so lege ich fürden Fall, dass Dir das Rondo zusagen sollte, die Stimmen bei.Hast Du keine besonderen Bedenken, und Lust dazu, so lasseDeierberg [Kopist in Hannover] die Stimmen auf meine Rechnungfertig schreiben. Ich möchte wohl, ich würde recht baldzu einer Probe eingeladen. Doch schicke es ja zurück, falls Dirdas Stück nicht zusagt.«Wie hätte Joachim auf solch eine kokettierend bescheideneAufforderung auch anders reagieren können als folgendermaßen:»das Ganze fließt edel und wohltuend auf derHöhe der ersten Empfindung hin. Glücklich ist auch derSchluß, leicht und lebendig gesteigert. So darf man Dir dennwieder zur Vollendung eines Kunstwerkes gratulieren, das seinesMeisters Lob singt!« (8. Oktober 1860). Eine Woche später:»Dein Sextett ist gleich den Tag nach seiner Ankunft zuSimrock gewandert, befingert und bestrichartet. [...] Es hatmir wieder rechten Genuß gewährt, das gemütvolle, reicheStück! Ich wüßte nichts anders zu wünschen und freue mich,daß es auf der Welt ist, und J. J. auch, um es manchmal zuspielen.«Die Uraufführung fand am 18. Oktober 1860 in der2. Quartettsoiree des Joachim-Quartetts im Saal des HannoveranerMuseums statt, zu der Brahms erwartet wurde:»Liebster Freund, Ich komme natürlich zum Quartett und freuemich sehr darauf. [...] Ich dachte nicht, daß alles so fix gingeund hatte Angst vor dem langen sentimentalen Stück« (anJoachim, 15. Oktober). Gespielt wurde aus den handschriftlichenStimmen, da die Drucklegung bei Simrock in Bonn noch<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>29


Beginn desAutografs(Washington,Library ofCongress)nicht abgeschlossen war. Clara Schumann notierte nach derAufführung in ihr Tagebuch: »Es war über meine Erwartungschön, und diese war schon bedeutend genug gewesen.«Kaum ein Werk von Brahms fand derart ungeteilte Zustimmungbei Kritikern wie Publikum. Besonders blumig beschriebBrahms’ erster Biograf Max Kalbeck das Sextett:»Kein romantischer Nebel beschleicht das Werk, kein schimmerndesMondlicht verwischt seine Konturen, es ist klar wieder lichte Tag; eine Sonne, die im grünenStrom des Siebengebirges gebadethat, steht über ihm, spiegelt sich inden diamantenen Tautropfen seinertausend Blüten und erhellt jedes Winkelchenund Eckchen mit ihren freudigstenStrahlen. Die Melodien klingen,als wären sie gerade herausgesungenaus gesunder, ausgeruhter Brust, als atmeten sie mit der erquickendenFrische des jungen Tages die Luft eines verheißungsvollenLebens ein.«»Wie nimmt er schon im ersten Satz des Sextettsop. 18 die aus dem Einfachen, Unscheinbarennachgerade ins Hymnische aufblühendeMelodie kunstvoll ins Mögliche zurück undspielt sie über den ganzen Satz aus!«(Martin Gregor-Dellin, Brahms unddie Normalität)30<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


DÁVID ADORJÁNVIOLONCELLODávid Adorján, 1972 in Köln geboren, erhieltseinen ersten Cellounterricht im Alter vonfünf Jahren. Seine Lehrer waren Jan Polasek,Frans Helmerson und Heinrich Schiff.1986 wurde Dávid Adorján Bundespreisträgerbeim Wettbewerb »Jugend Musiziert«,1993 erhielt er den KulturförderpreisGasteig und 1994 gewann er den 1. Preisbeim Internationalen Cellowettbewerb inGorizia, Italien.1999 wurde er Solocellist im DeutschenSymphonie-Orchester Berlin. Dávid Adorjánist Kammermusikpartner von RenaudCapuçon, Jörg Widmann, Bruno Weinmeister,Heinrich Schiff sowie den PianistenAlexander Lonquich, Oliver Triendl, AlexandreRabinovitch, Paolo Giacometti undAnna Gourari.Als Solist konzertierte Dávid Adorján mitverschiedenen Orchestern in Deutschland,Italien, Frankreich, der Türkei, Slowenien,Österreich, Japan und Südamerika unterder Leitung von Dirigenten wie ChristopherHogwood, Michael Gielen und Mariss Jansons.Rundfunkproduktionen beim BayerischenRundfunk, dem SWR, WDR undbeim schweizerischen DRS, sowie CD-Produktionenbei Labels wie cpo und Thorofondokumentieren seinen künstlerischenRang. Dávid Adorján spielt ein Violoncellovon Carlo Giuseppe Testore, Mailand, ausdem Jahre 1697.GABRIEL ADORJÁNVIOLINEGabriel Adorján, 1975 in München geboren,erhielt im Alter von vier Jahren seinen erstenViolinunterricht. Sein Studium beganner bei Ana Chumachenco an der Musikhochschuleseiner Heimatstadt und ergänztees von 1993 bis 1995 bei AaronRosand am Curtis Institute of Music inPhiladelphia.1996 erwarb er in München sein KünstlerischesDiplom mit Auszeichnung undsetzte seine Studien in der Meister klassevon Igor Ozim fort. Darüber hinaus nahmGabriel Adorján an Meisterkursen bei NicolasChumachenco, Abram Shtern, GyörgyKurtag und Sandor Vegh teil.Als Solist spielte er unter anderen mitden Münchner Symphonikern, dem SymphonieorchesterNowosibirsk, dem BernerSymphonieorchester und der StaatsphilharmonieRheinland-Pfalz. Er ist Mitglieddes Zürcher Klaviertrios und in verschiedenenanderen Formationen ein vielbeschäftigterKammermusiker, was durch mehrereRundfunk- und Schall platten aufnahmendokumentiert ist.Gabriel Adorján ist Preisträger interna -tionaler Wettbewerbe, wie dem Leopold-Mozart-Wettbewerb in Augsburg, demInter nationalen Wettbewerb in Genf (CIEM),dem Paganini-Wettbewerb in Genua sowiedem ARD-Wettbewerb in München. GabrielAdorján ist 1. Konzert meister im Orchesterder Komischen Oper Berlin und Konzertmeisterder Bayerischen Kammerphilharmonie.<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>31


ISABEL CHARISIUSVIOLAIsabel Charisius war von 2005 bis 2008Mitglied des Alban Berg Quartetts. Siestudierte bei Prof. Thomas Kakuska. Siewar Solobratschistin beim Wiener Kam -mer orchester, beim RSO Wien und bei denMünchner Philharmonikern. Seit 1994widmet sich Isabel Charisius bevorzugt derKammermusik. Sie musizierte u.a. mit LisaLeonskaja, Tabea Zimmermann, HeinrichSchiff und Maurizio Pollini.In Zukunft wird sie im Waldstein-Ensem -ble weiter mit Gerhard Schulz musizieren,sowie mit Lilia Bayrova und Noam Green -berg. Als Solistin spielte sie u.a. in derMünchner Philharmonie und beim LucerneFestival unter der Leitung von JamesLevine.An der Musikhochschule in Luzern ist sieProfessor für Viola und Kammermusik undunterrichtet an der Musikhochschule inKöln. Zudem gibt sie regelmäßig Meister -kurse für Viola und für Kammermusik ander Britten-Pears School in Aldeburgh, amRoyal Northern College of Music inManchester, an der Universität der Künstein Berlin, beim Schleswig Holstein Musik -<strong>festival</strong> und an der Dutch String QuartetAcademy in Amsterdam.CHRISTOPHERJEPSONVIOLONCELLOChristopher Jepson wurde 1982 in Guildford,England geboren. Im Alter von zehnJahren bekam er den ersten Cellounterricht.Als Vierzehnjähriger erhielt er ein Stipendiumfür ein Studium bei LeonidGorokhov am Royal College of Music inLondon.Später studierte er bei Alexander Boyarsky,bei dem er seine Ausbildung mit Auszeichnungabschloss. Anschließend setzteer sein Studium bei Hans-Jakob Eschenburgan der Hanns-Eisler Hochschule fürMusik in Berlin fort. Meisterklassen beiYfrah Neaman, Yehudi Menuhin, David Geringasund Natalia Gutman vervollständigtenseine künstlerische Ausbildung.Christopher Jepson war Solocellist imOrchester des Royal College of Music,sowie stellvertretender Solocellist im Festivalensembleder Bachakademie Stuttgart.Er trat mit dem Moskauer Virtuosi Ensembleauf und gab Konzerte in Spanien, Kroatienund Großbritannien. Zusammen mitdem Guildford Symphony Orchestra spielteer vor kurzem das Cellokonzert von Dvořákund mit dem Woking Symphony Orchestradas Doppelkonzert von Johannes Brahms.Seit 2008 ist Christopher Jepson Mitgliedder Cellogruppe des DeutschenSymphonie-Orchester Berlin.32 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


LENA NEUDAUERVIOLINE1984 in München geboren, begann Lena imAlter von drei Jahren mit dem Geigenspielund gab bereits mit 10 Jahren ihr erstesKonzert mit Orchester. Mit elf Jahren kamsie in die Klasse von Helmut Zehetmair andas Mozarteum in Salzburg, um später beiThomas Zehetmair und zuletzt bei ChristophPoppen zu studieren. Schon früh errangLena Neudauer mit ihrem Solospielinternationale Aufmerksamkeit und gastiertemit anerkannten Klangkörpern.Seit einigen Jahren widmet sich LenaNeudauer regelmäßig auch der NeuenMusik und arbeitete u.a. mit dem EnsembleIntercontemporain und Pierre Boulez. Auchdie Kammermusik nimmt in ihrer künstlerischenTätigkeit eine wichtige Rolle ein, wassie als Gast zu Festivals wie FestspieleMecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-HolsteinMusik Festival führte.Im Mai 2010 erschien ihre viel beachteteDebut-CD bei Hänssler Classic gemeinsammit der Deutschen Radio Philharmonieunter der Leitung von Pablo Gonzalezmit Einspielungen aller Werke für Violineund Orchester von Robert Schumann.Lena Neudauer spielt auf einer Geige vonLorenzo Guadagnini aus dem Jahr 1743.FELIX NICKELVIOLONCELLOFelix Nickel wurde in Hamburg geborenund erhielt seine Ausbildung bei BernhardGmelin, Hans-Christian Schweiker in Aachenund Paul Katz in Boston. Meisterkurseführten ihn zu Begegnungen mitKünstlern wie z. B. Janos Starker, ItzhakPerlman, György Kurtag, Donald Weilersteinund Mitgliedern des Alban Berg- undCleveland-Quartett.Von 2000 bis 2008 war er Cellist desKuss Quartett, mit dem er 2002 den Preisdes Deutschen Musikwettbewerbs sowieden ersten Preis des internationalen Borciani-Wettbewerbzuerkannt bekam. Seitdembestreitet das Quartett eine intensiveKonzerttätigkeit in Europa, in den USA,Japan und Australien. Es ist regelmäßigerGast in bedeutenden Sälen wie der PhilharmonieKöln, Concertgebouw Amsterdam,Wigmore Hall London sowie auf dengroßen Festivals, z.B. in Salzburg oderEdinburgh. Künstlerische Zusammenarbeitverbindet es neben vielen anderen auchmit Jörg Widmann. Das Quartett hat CD-Produktionen für Ars Musici, Oehms Classicsund Sony Classical realisiert.Zusammen mit der Pianistin Maria Ollikainenist Felix Nickel künstlerischer Leiterder »Kammermusiktage Plön«. Seit 2009ist er Solo- Cellist im Orchester der KomischenOper Berlin.<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>33


RAHEL MARIARILLINGVIOLINERahel Maria Rilling, geboren in Stuttgart,erhielt ihren ersten Violinunterricht im Altervon vier Jahren. Sie studierte bei Wolf-Dieter Streicher in Stuttgart, bei Yair Klessin Tel Aviv, bei Michael Mücke in Berlin undbei Nora Chastain an der MusikhochschuleZürich/Winterthur.Sie war Stimmführerin beim Sinfonieorchesterdes NDR in Hamburg und ist seit2008 als Konzertmeisterin u.a. im Bach-Collegium Stuttgart, in der KammersymphonieBerlin und beim Oregon BachFestival tätig. Rahel Rilling ist regelmäßigGast bei diversen Kammermusik<strong>festival</strong>s inden USA, Südamerika, Europa und Asien.Im Jahre 2006 gründete sie das KammermusikFestival Hohenstaufen. Als Solistinmit Violinkonzerten von Bach bis Berg, vomBarock bis zur Moderne, spielte sie mit Orchesternwie dem Orchestra Sinfonica diMilano Giuseppe Verdi, dem StuttgarterKammerorchester, dem NDR SinfonieorchesterHamburg, der SüdwestdeutschenPhilharmonie Konstanz und dem OrquestaSinfonica Simon Bolivar in Caracas/Venezuela,wo sie auch regelmäßig Meisterkursegibt.Rahel Rilling schätzt sich glücklich, eineVioline von Tomaso Balestrieri, Cremonaaus dem Jahre 1767 zu spielen.SARA MARIARILLINGVIOLASara Maria Rilling wurde in Stuttgart geboren.Ihre erste musikalische Ausbildung erhieltsie auf dem Klavier. Während derSchulzeit bekam sie Bratschenunterrichtbei Friedrich Rüstig und Enrique Santiagoan der Musikhochschule in Stuttgart.Nach dem Abitur begann sie ihr Violastudiumin Salzburg bei Jürgen Geise undsetzte es in Berlin bei Professor Erich Krügerund Stefan Fehlandt fort. Ihr Diplomabsolvierte sie in Weimar bei Erich Krüger.Weitere musikalische Impulse erhielt sie inMeisterklassen mit Hariolf Schlichtig, JürgenKussmaul, Paul Coletti und ThomasKakuska. Seit vielen Jahren ist sie Mitgliedim Bach-Collegium Stuttgart unter HelmuthRilling, gründete das Robert KahnTrio und ist Mitglied des Orpheus ChamberEnsemble.Sie konzertierte im Israel PhilharmonicOrchestra und spielte unter Dirigenten wieClaudio Abbado, Krzysztof Penderecki, GustavoDudamel und Zubin Mehta.Nach ihrem Studium lebte sie einigeJahre in Venezuela, um dort Kindern ausden Armenvierteln durch Musik ein anderessoziales Bewusstsein zu geben. Außerdemwar sie dort als Kammer musikerinund Solistin tätig. Solistische und <strong>kammermusik</strong>alischeAuftritte führten sie auchnach Kolumbien, Israel, in die VereinigtenStaaten und nach Japan.34 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


PAUL RIVINIUSPIANOFORTEPaul Rivinius, Jahrgang 1970, bekam seinenersten Klavierunterricht im Alter von fünfJahren. Seine Lehrer waren zunächst Gus -taf Grosch in München sowie AlexanderSellier, Walter Blankenheim und NerineBarrett an der Musikhochschule Saar -brücken. Nach dem Abitur studierte er zusätzlichHorn bei Marie-Luise Neuneckeran der Frankfurter Musikhochschule undsetzte sein Klavierstudium bei RaymundHavenith fort. 1994 belegte er die Meisterklassevon Gerhard Oppitz an der MusikhochschuleMünchen, die er 1998 mit Auszeichnungabschloss.Paul Rivinius war langjähriges Mitgliedim Bundesjugendorchester und im Gustav-Mahler-Jugendorchester. Darüber hinausfeierte er beachtliche Erfolge mit dem 1986gegründeten Clemente Trio, das nach mehrerenAuszeichnungen 1998 den renommiertenARD-Wettbewerb in München gewannund anschließend als ausgewähltes»rising star«-Ensemble in den zehn wichtigstenKonzertsälen der Welt gastierte, sou.a. in der New Yorker Carnegie Hall und inder Wigmore Hall London. Außerdem spieltPaul Rivinius mit seinen Brüdern Benjamin,Gustav und Siegfried im »Rivinius Klavier-Quartett« sowie zusammen mit Musikerndes Deutschen Symphonie-OrchestersBerlin im Akanthus Ensemble. Seit 2004 ister Pianist des Mozart Piano Quartet. PaulRivinius unterrichtet als Professor für Kammermusikan der Musikhochschule »HannsEisler« in Berlin.DANIEL RÖHNVIOLINEDaniel Röhn, 1979 geboren, führt in dritterGeneration eine musikalische Familientraditionweiter, die sein Großvater Erich Röhnals Erster Konzertmeister der Berliner Philharmonikerunter Wilhelm Furtwängler begann.Einer frühen geigeri schen Ausbildungdurch seinen Vater Andreas Röhnfolgten Studien bei Ana Chumachenco ander Münchner Musik hoch schule. Rat undInspiration fand er außerdem bei YuriBashmet, Ivry Gitlis, Ruggiero Ricci undPinchas Zukerman.Als Solist konzertierte Daniel Röhn bereitsmit zahlreichen Orchestern (z.B. Radio-SinfonieorchesterStuttgart, Sym pho -nieorchester des Bayerischen Rund funks,Königliche Philharmoniker Stockholm) invielen europäischen Ländern, den USA,Mexiko und Asien. Im Namen der »risingstars« führte ihn eine Tournee durch vieleder bedeutenden Konzertsäle Europas undin die Carnegie Hall.Als Kammermusiker war er bei verschiedenenFestivals zu Gast (Rheingau, Schleswig-Holstein,Mecklenburg-Vorpommern,Deauville etc.) Seiner Debütaufnahme mitMendelssohns Violinkonzert folgte eine mitdem »diapason d’or« ausgezeichnete CDmit Schubert, Paganini und Waxman.<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>35


JÖRG WIDMANNKLARINETTEJörg Widmann absolvierte sein Klarinettenstudiuman der Hochschule für Musik inMünchen bei Gerd Starke und später beiCharles Neidich an der Juilliard School inNew York. Seine große Passion ist dieKammermusik. Er musiziert regelmäßig mitPartnern wie Tabea Zimmermann, HeinzHolliger, András Schiff, Kim Kashkashian,Hélène Grimaud. Als Solist ist er Gast beibedeutenden Orchestern im In- und Ausland.Mehrere Klarinettenkonzerte sind ihmgewidmet und durch ihn uraufgeführt worden:Mit dem Symphonieorchester desBayerischen Rundfunks spielte er 1999 dieMusik für Klarinette und Orchester vonWolfgang Rihm und 2006 mit dem WDRSinfonieorchester Cantus von AribertReimann. Seit 2001 ist Widmann als Nachfolgervon Dieter Klöcker Professor für Klarinettean der Hochschule für Musik Frei -burg, seit 2009 an derselben Hochschuleebenfalls Professor für Komposition.Zum 20-jährigen Jubiläum der PariserOpéra Bastille wurde die Musik-InstallationAm Anfang von Anselm Kiefer undJörg Widmann im Juli 2009 uraufgeführt.Widmann agierte hier als Komponist,Klarinettist und gab sein Debut als Dirigent.Im Sommer 2009 war er Composer inResidence des Schleswig-Hostein Musikund des Lucerne Festivals. Die DeutscheOper am Rhein hat im Frühjahr 2010 zumersten Mal die revidierte Fassung seinerOper Das Gesicht im Spiegel auf die Bühnegebracht.Neben zahlreichen Kammermusikabendenmit dem Pianisten Yefim Bronfman, demViolinisten Renaud Capucon und seinerSchwester, der Violinistin Carolin Widmann,tritt er u.a. mit dem Hungarian NationalSymphony Orchestra und dem BerkeleySymphony Orchestra auf. Widmann istFellow des Wissenschaftskollegs zu Berlinund ordentliches Mitglied der BayerischenAkademie der Schönen Künste, der FreienAkademie der Künste Hamburg (2007) undder Deutschen Akademie der DarstellendenKünste (2007). Jörg Widmann lebt undarbeitet in Freiburg und München.Foto: Felix Broede36<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>


IMPRESSUM© Kammermusik Festival HohenstaufenKünstlerische Leitung: Rahel Maria RillingOrganisation: Dr. Ulrich GrillInhalt, Gestaltung, Redaktion: Holger SchneiderLayout, Herstellung: Werner BöttlerLogo, Titel: StudioKrimm Berlinwww.<strong>hohenstaufen</strong>-<strong>festival</strong>.de

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