Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen
Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen
Programmheft - kammermusik festival hohenstaufen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
4. KAMMERMUSIK FESTIVAL HOHENSTAUFEN<br />
09. BIS 11. OKTOBER 2009<br />
www.<strong>hohenstaufen</strong>-<strong>festival</strong>.de
MIT FREUNDLICHER<br />
UNTERSTÜTZUNG VON
4.<br />
9.<br />
<strong>kammermusik</strong><br />
<strong>festival</strong><br />
<strong>hohenstaufen</strong><br />
bis 11. Oktober 2009<br />
www.<strong>hohenstaufen</strong>-<strong>festival</strong>.de<br />
INHALT<br />
Grußworte Seite 2<br />
Programmseiten Freitag Seite 4<br />
Samstag Seite 5/6<br />
Sonntag Seite 7<br />
Konzerteinführungen Eröffnungskonzert Seite 8<br />
Matineekonzert Seite 12<br />
Benefizkonzert Seite 15<br />
Abschlusskonzert Seite 19<br />
Mitwirkende Seite 23 DANK AN<br />
Evangelische Kirchengemeinde<br />
Hohenstaufen<br />
Gerhard Grill<br />
Barbara und Ulrich Grill<br />
Dr. Gerhard Müller-Schwefe<br />
Autohaus Ratzel GmbH, Zell u.A.<br />
Martina und Helmuth Rilling<br />
Renate und Roland Schoetz<br />
Dr. Wolfgang Umland<br />
EINTRITT FREI<br />
Herzlichen Dank an unser großzügiges Publikum<br />
für jede kleine, große oder riesengroße, jedenfalls aber<br />
dem Wert einer kostbaren Konzertkarte durchaus<br />
angemessenen Spende nach jedem Konzert!
GRUSSWORT<br />
Ich gratuliere den jungen Künstlerinnen<br />
und Künstlern dieses kleinen aber feinen<br />
Festivals zu dem Erfolg, den dieses<br />
<strong>kammermusik</strong>alische Juwel mit seiner<br />
nunmehr insgesamt vierten Durchführung<br />
zweifellos haben wird. Die Initiatoren<br />
hatten die wunderbare Idee, jährlich<br />
ausgewiesene junge Musikerinnen<br />
und Musiker aus aller Welt in die Evangelische<br />
Kirche Hohenstaufen und die<br />
Barbarossa-Kirche Hohenstaufen zum<br />
gemeinsamen Musizieren einzuladen.<br />
Auch in diesem Jahr ist der Bogen der<br />
zur Aufführung kommenden Werke<br />
weit gespannt; es dürfte für jeden Geschmack<br />
etwas dabei sein. Im Blick<br />
auf die herausragende Qualität der mitwirkenden<br />
Musikerinnen und Musiker dürfen sich die Besucherinnen<br />
und Besucher auf ein hochkarätiges musikalisches<br />
Ereignis in diesem landschaftlich so einmaligen Ambiente<br />
freuen.<br />
Ich wünsche dem Festival ein begeistertes Publikum und insgesamt<br />
eine hohe Aufmerksamkeit.<br />
Dr. Dietrich Birk MdL<br />
Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft,<br />
Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg<br />
2 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
GRUSSWORT<br />
„In einem Bächlein helle, da schoss<br />
in froher Eil die launische Forelle vorüber<br />
wie ein Pfeil...“ Mit diesem heiteren<br />
Anfang des berühmten Schubert-Liedes<br />
„Die Forelle“ kann ganz<br />
trefflich dargestellt werden, welch fröhlicher,<br />
unbeschwerter Geist durch das<br />
Musizieren mit erlesenen Freunden<br />
und Bekannten auf dem Hohenstaufen<br />
in einer gemeinsamen Woche weht,<br />
und wie viel gute Laune dabei entsteht.<br />
Wir sind sehr glücklich und dankbar<br />
darüber, das Festival mit dem „Forellenquintett“<br />
als Vorläufer der Gattung<br />
Klavierquintett in seiner doch recht eigentümlichen Besetzung<br />
(Streichtrio plus Kontrabass und Klavier) beginnen zu können,<br />
um dann mit der „klassischen“ Gattung des Klavierquintetts,<br />
die Robert Schumann später prägte (Streichquartett plus<br />
Klavier), zu beschließen.<br />
Durch die freundliche Unterstützung der Stadt Göppingen<br />
wurde dies möglich gemacht, und es kann dieses Jahr erstmalig<br />
ein Konzertflügel in der Kirche stehen.<br />
Genießen Sie also mit uns und allen<br />
Hohenstaufen- und Musikliebhabern das<br />
4. Kammermusik Festival Hohenstaufen!<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
3
ERÖFFNUNGSKONZERT<br />
I<br />
Konzertein führung<br />
Seite 8<br />
FREITAG, 9. OKTOBER 2009, 19 UHR<br />
EVANGELISCHE KIRCHE<br />
Ludwig van Beethoven (1770–1827)<br />
Trio G-Dur op. 9, 1<br />
Adagion – Allegro con brio<br />
Adagio, ma non tanto, e cantabile<br />
Scherzo. Allegro<br />
Presto<br />
Lena Neudauer, Violine<br />
Isabel Charisius, Viola<br />
Martin Menking, Violoncello<br />
Edvard Grieg (1843–1907)<br />
Streichquartett g-Moll op. 27<br />
Un poco andante – Allegro molto e agitato<br />
Romanze. Andantino – Allegro agitato<br />
Intermezzo. Allegro molto marcato – Piu vivo e scherzando<br />
Finale. Lento – Presto al Saltarello<br />
Gabriel Adorján, Violine<br />
Alvaro Parra, Violine<br />
Sara Rilling, Viola<br />
Chris Jepson, Violoncello<br />
PAUSE<br />
Franz Schubert (1797–1827)<br />
Klavierquintett A-Dur op. post. 114 D 667<br />
„Forellenquintett“<br />
Allegro vivace<br />
Andante<br />
Scherzo. Presto<br />
Thema. Andantino – Variazioni I-V – Allegretto<br />
Finale. Allegro giusto<br />
Rahel Rilling, Violine<br />
Daniel Röhn, Viola<br />
Dávid Adorján, Violoncello<br />
Janusz Widzyk, Kontrabass<br />
Paul Rivinius, Klavier<br />
4 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
MATINEEKONZERT<br />
II<br />
Konzertein führung<br />
Seite 12<br />
SAMSTAG, 10. OKTOBER 2009, 11 UHR<br />
BARBAROSSA-KIRCHE<br />
Ludwig van Beethoven (1770–1827)<br />
Sechs Menuette WoO 9 für 2 Violinen und Kontrabass<br />
Es-Dur / G-Dur / C-Dur / F-Dur / D-Dur / G-Dur<br />
Alvaro Parra, Violine<br />
Rahel Rilling, Violine<br />
Janusz Widzyk, Kontrabass<br />
Louis Spohr (1784–1859)<br />
Duo für Violine und Viola e-Moll op. 13<br />
Allegro moderato<br />
Adagio<br />
Tempo di minuetto<br />
Lena Neudauer, Violine<br />
Isabel Charisius, Viola<br />
Gioacchino Rossini (1792–1868)<br />
Duetto D-Dur für Violoncello und Kontrabass<br />
Allegro<br />
Andante molto<br />
Allegro<br />
Chris Jepson, Violoncello<br />
Janusz Widzyk, Kontrabass<br />
Daniel Röhn (*1979)<br />
Opernsuite nach Wolfgang Amadeus Mozart für 2 Violinen<br />
Gabriel Adorján, Violine<br />
Daniel Röhn, Violine<br />
Antonín Dvořák (1841–1904)<br />
Terzett C-Dur op. 74 für zwei Violinen und Viola<br />
Allegro ma non troppo<br />
Larghetto<br />
Scherzo. Vivace<br />
Tema con Variazioni. poco adagio – Molto allegro<br />
Rahel Rilling, Violine<br />
Isabel Charisius, Violine<br />
Sara Rilling, Viola<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
5
BENEFIZKONZERT<br />
III<br />
Konzertein führung<br />
Seite 15<br />
SAMSTAG, 10. OKTOBER 2009, 19 UHR<br />
EVANGELISCHE KIRCHE<br />
Zugunsten von<br />
Ralph Vaughan Williams (1872–1958)<br />
Klavierquintett c-Moll für Klavier, Violine,<br />
Viola, Violoncello und Kontrabass<br />
Allegro con fuoco<br />
Andante – Lento<br />
Fantasia (quasi variazioni)<br />
Rahel Rilling, Violine<br />
Daniel Röhn, Viola<br />
Chris Jepson, Violoncello<br />
Janusz Widzyk, Kontrabass<br />
Paul Rivinius, Klavier<br />
Benjamin Britten (1913–1976)<br />
Three Divertimenti for string quartet<br />
March<br />
Waltz<br />
Burlesque<br />
Alvaro Parra, Violine<br />
Lena Neudauer, Violine<br />
Sara Rilling, Viola<br />
Martin Menking, Violoncello<br />
PAUSE<br />
Gabriel Fauré (1845–1924)<br />
Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op.15<br />
Allegro molto moderato<br />
Scherzo. Allegro vivo<br />
Adagio<br />
Allegro molto<br />
Gabriel Adorján, Violine<br />
Isabel Charisius, Viola<br />
Dávid Adorján, Violoncello<br />
Paul Rivinius, Klavier<br />
6 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
ABSCHLUSSKONZERT<br />
IV<br />
Konzertein führung<br />
Seite 19<br />
SONNTAG, 11. OKTOBER 2009, 17 UHR<br />
EVANGELISCHE KIRCHE<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847)<br />
Trio Nr. 2 c-Moll op. 66 MWV Q 33<br />
für Violine, Violoncello und Klavier<br />
Allegro energico e con fuoco<br />
Andante espressivo<br />
Scherzo. Molto allegro quasi Presto<br />
Finale. Allegro appassionato<br />
Rahel Rilling, Violine<br />
Martin Menking, Violoncello<br />
Paul Rivinius, Klavier<br />
Joseph Haydn (1756–1809)<br />
Streichquartett d-Moll op. 76, 2 Hob III:76<br />
(„Quinten-Quartett“)<br />
Allegro<br />
Andante o piu tosto allegretto<br />
Menuett. Allegro (ma non troppo)<br />
Vivace assai<br />
Lena Neudauer, Violine<br />
Alvaro Parra, Violine<br />
Isabel Charisius, Viola<br />
Dávid Adorján, Violoncello<br />
PAUSE<br />
Robert Schumann (1810–1856)<br />
Klavierquintett Es-Dur op.44<br />
Allegro brillante<br />
In modo d’una marcia. Un poco largamente – Agitato<br />
Scherzo. Molto vivace – Trio I – Trio II – L’istesso tempo<br />
Allegro, ma non troppo<br />
Daniel Röhn, Violine<br />
Gabriel Adorján, Violine<br />
Sara Rilling, Viola<br />
Chris Jepson, Violoncello<br />
Paul Rivinius, Klavier<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
7
IFreitag<br />
19 Uhr<br />
Beethoven auf<br />
dem Balkon<br />
Künstlerpostkarte<br />
von Felix Riedel<br />
„niemals übertroffen“<br />
Beethovens Trio<br />
Der junge Beethoven soll – nach einer Überlieferung des aus Stuttgart<br />
stammenden Georg August von Griesinger – bei einer Soirée im<br />
Hause des Fürsten von Lobkowitz folgendermaßen auf die Konver -<br />
sation mit einem kritischen älteren Herrn reagiert haben: „...mit Menschen,<br />
welche an mich nicht glauben wollen, weil ich noch nicht den<br />
allgemeinen Ruf habe, mag und kann ich nicht<br />
umgehen.“ – Genüssliche Worte für den Beet -<br />
hoven-Verehrer, im Falle wahrer Überlieferung<br />
allerdings reichlich unverschämt für einen forschen<br />
Burschen, der zwar als Pianist durchaus angesehen,<br />
dessen Ruf als großer Komponist jedoch<br />
kaum in die Öffentlichkeit gedrungen war, und der<br />
sich nun gegenüber Fürst und älterem Herrn<br />
nichts weniger als eine Lebensrente von einem<br />
kunstsinnigen Verleger wünschte, dem er dann –<br />
„nicht träge“ – seine Werke zum Druck zur Verfügung<br />
stellen wolle, schließlich habe es ja zwischen<br />
Goethe und Cotta und mit Händels Londoner Verleger<br />
ähnlich funktioniert, jawoll!<br />
Tatsächlich schien dem knapp 30-jährigen<br />
Beethoven das Glück in den Schoß zu fallen, als<br />
sein Verleger Johann Traeg ihm schon vor Beginn<br />
der Komposition der Trios op. 9 fünfzig Dukaten<br />
zusicherte. Dafür erhielt der Wiener Kaufmann für<br />
das geradezu horrende „Honorarium“ (immerhin<br />
dem Wert eines guten Konzertflügel entsprechend)<br />
aber auch nichts weniger als einen kleinen Meilenstein der<br />
Musikgeschichte! Nicht ohne Stolz ließ Beethoven in der französischen<br />
Widmung an Reichsgraf Johann Georg von Browne-Camus,<br />
bei dem er in dieser Zeit regelmäßig als Pianist<br />
auftrat, erkennen, wie hoch er selbst seine Trios<br />
einschätzte. Mit ihnen verlässt er ganz klar die<br />
Gefilde unterhaltsamer Gesellschaftsmusik, die<br />
Serenaden mit ihren aneinandergereihten Sätzen,<br />
konzentriert die Form, wendet sich der sinfonischen<br />
Idee zu, kurzum: Beethoven wird<br />
groß, majestätisch... So etwa kommt das Unisono<br />
der Adagio-Introduktion in einer für ein Trio<br />
ungewohnt bedeutsamen Geste daher, die<br />
Beethoven mithin als Eingang zur ganzen Werkgruppe<br />
verstand. Vermutlich hat er die Einleitungstakte<br />
in dieser Gestalt erst gegen Ende<br />
der Arbeit an Opus 9 konzipiert, während sie in<br />
einer älteren Skizze noch im 3/4-Takt notiert<br />
waren.<br />
„... keine bloße<br />
Musik für Dilettanten<br />
[...], sondern reife<br />
Kunstwerke, wohl<br />
die ersten von Beethoven<br />
im Bereich<br />
der Kammermusik<br />
ohne Klavier, die<br />
diesem Anspruch<br />
genügen.<br />
Beethovens Trios<br />
sind in dieser<br />
Hinsicht niemals<br />
übertroffen worden“<br />
(Rudolf Stephan)<br />
8 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
Der vollständige Entwurf zu einem 1924 veröffentlichten zweiten<br />
Trio zum Scherzo mit Beethovens Vermerk „... muß zum Einlegen<br />
geschrieben werden“ war vermutlich für eine spezielle Gelegenheit<br />
gedacht, die möglicherweise gewisse Konzessionen an die gute alte<br />
Serenaden-Tradition erforderte. Paul Bekker hielt den letzten Trio-<br />
Satz mit seinem Einfallsreichtum an Farben und thematischen Charakteren<br />
für den wichtigsten, er sei das erste Finale Beethovens, das<br />
trotz heiterer Grundstimmung die künstlerische Höhe der Vordersätze<br />
nicht nur halte, sondern noch übersteige, was ihm bis dahin<br />
nur in leidenschaftlichen (Moll-)Finalsätzen gelungen sei.<br />
„ein Stück Lebensgeschichte“<br />
Griegs Quartett<br />
Als habe sich die Natur unendliche Mühe gemacht,<br />
die schönsten landschaftlichen Reize in<br />
einen kleinen norwegischen Landstrich zu ver -<br />
packen, wartet der Hardangerfjord an der südwestlichen<br />
Atlantikküste mit nahezu allem auf,<br />
was des Wanderers Herz erfreut: geheimnisvolle<br />
Wasserwege, weite Apfel- und Kirschgärten,<br />
gebirgige Hochebenen, Gletscher und<br />
spektakuläre Wasserfälle, die vom felsigen Ufer<br />
herabstürzen. Einen ganzen langen norwegischen<br />
Winter lang schrieb Edvard Grieg an seinem<br />
einzigen vollendeten Streichquartett. Er<br />
hatte sich 1875 in Lofthus, wie später Mahler,<br />
ein Komponierhäuschen errichten lassen und schrieb hier, inspiriert<br />
von der Stille der großartigen Fjordlandschaft, viele seiner besten<br />
Werke.<br />
Im Sommer 1877 begann er mit der Komposition, beendete sie<br />
im Februar 1878 und sandte das Manuskript an den Geiger Robert<br />
„In diesen Tagen bin ich in der Stadt [Bergen],<br />
um mein Streichquartett zu hören. Die erste Probe<br />
klang wie Katzenjammer, aber ich hoffe, morgen<br />
eine bessere zu hören.“<br />
(Brief an Matthison-Hansen, 7. März 1878)<br />
Heckmann in Köln,<br />
Primarius eines der<br />
angesehensten<br />
Streichquartette<br />
Deutschlands, mit der<br />
Bitte um kritische<br />
Durchsicht mit dem Kennerblick des Streichers. Zwischen beiden<br />
begann eine fruchtbare Zusammenarbeit, überliefert in knapp zwanzig<br />
erhaltenen Briefen mit zahlreichen detaillierten Änderungs -<br />
vorschlägen, die Grieg meistenteils akzeptierte, mitunter aber auch<br />
ein klares „nein“ an den Rand schrieb, wenn Heckmann kompositorische<br />
Aspekte berührte. Aus Dankbarkeit für Heckmanns gewissenhafte<br />
Arbeit widmete Grieg ihm das Quartett.<br />
Karikatur von<br />
Olaf Gulbransson<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
9
Alle vier Sätze sind durch den Beginn<br />
des „Spillemænd“-Liedes aus der Sammlung<br />
op. 25 nach Art eines Leitmotivs miteinander<br />
verknüpft, eine Idee, die Debussy<br />
15 Jahre später in seinem g-Moll-Quartett<br />
sogar bis zur motivischen Verwandtschaft<br />
aufgreifen sollte. Die Bedeutsamkeit dieses Liedes auf Ibsens Worte,<br />
insbesondere für die Entstehungszeit des Quartetts und bezogen auf<br />
Griegs Ehekrise, unterstreicht ein späterer Brief an einen vertrauten<br />
Freund: „Das Motiv dieses Liedes habe ich für das Streichquartett<br />
benutzt. Und darin liegt ja, wie Du verstehen wirst, ein Stück Lebensgeschichte,<br />
und ich weiß, daß ich einen großen geistigen Kampf zu<br />
bestehen hatte und viel Lebensenergie brauchte...“ Mit welch unmittelbarer<br />
Entladung hat allerdings diese Energie in die Musik seines<br />
Streichquartetts Eingang gefunden! Ein Werk, das gleich mit einem<br />
zwölfstimmigen Akkord anhebt, klangprächtig bis zu Ballungen von<br />
geradezu orchestraler Fülle, mit Doppelgriffen im Fortissimo für<br />
mehrere Instrumente gleichzeitig, harmonisch unglaublich kühn,<br />
heftig im Gestus...<br />
„Die pizzicato-Accorde der Vio. II sind nicht ‘unmöglich’;<br />
aber ich sehe es kommen, dass jeder<br />
Second-Geiger bei dieser Stelle in öffentlicher<br />
Aufführung ‘Blut schwitzt’!!“<br />
(Heckmann an Grieg, 13. Juli 1878)<br />
Die Kölner Uraufführung mit dem Heckmann-Quartett<br />
wurde ein großer Erfolg, während<br />
ein auf Grieg fixierter konservativer<br />
Leipziger Kritikerschnösel nach einer Aufführung<br />
im Gewandhaus das innovative Kunstwerk<br />
gänzlich missverstand und es nach Strich und<br />
Faden verriss. Grieg schrieb später: „Ich hatte<br />
mein Bestes, mein Innerstes hineingelegt und<br />
traf lediglich auf Verhöhnung. Ich war so traurig,<br />
daß ich das Werk verbrennen wollte. Durch die<br />
Zeit jedoch habe ich Genugtuung erhalten.“<br />
„Mir gefällt das Gefühl,<br />
daß in diesem<br />
Werk Herzblut<br />
steckt, wovon die<br />
Zukunft hoffentlich<br />
mehr als nur Tropfen<br />
sehen wird ...“<br />
(Brief an Aimar<br />
Grönvold, 18. März<br />
1883)<br />
„in einem Bächlein helle“<br />
Schuberts Quintett<br />
Manchmal können wir schon ganz zufrieden sein mit dem Lauf einer<br />
Geschichte, die ihrem Protagonisten zunächst vielleicht gar nicht behagte:<br />
Sollte doch der Schubert Franz seinem neuen Quintett – nicht<br />
nur, dass es dem Vorbilde Johann Nepomuk Hummels zu folgen und<br />
für eine ziemlich störrische Besetzung gesetzt zu werden hatte –<br />
noch einen eigentlich überflüssigen fünften Satz hintenankleben! Er<br />
tat es, denn er musste es tun, und er tat es ihm zuliebe gern: Sylvester<br />
Paumgartner, oberösterreichischer Junggeselle, „hauptgewerkschaftlicher<br />
Vicefactor“ und Hausbesitzer in Steyr, großer Gönner<br />
und echter Mäzen der Tonkünstler, selbst auf dem Violoncell enthusiastisch<br />
musizierend (mit mäßigem Erfolg), im Besitz einer wertvol-<br />
10 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
len Musikalien- und Instrumentensammlung, als Musikenthusiast vernarrt<br />
in Schuberts Lied „Die Forelle“ (D 550)...<br />
Und so kam es, nach entschiedener Auskunft von Schuberts<br />
Freund Albert Stadler (Erinnerungen, 1858): Schubert hatte den Sänger<br />
Vogl 1819 zum ersten Mal in dessen Geburtsort Steyr begleitet<br />
und wurde von ihm in den musikalischen Salon von Paumgartner<br />
eingeführt, zu dem sich weitere Kontakte während der Sommer -<br />
aufenthalte 1823 und 1825 ergaben. Vogl und Schubert erhielten Kost<br />
und Logis bei Paumgartner. Laut Stadler schrieb Schubert das Quintett<br />
auf dessen „bes. Ersuchen [...] der über das köstliche Liedchen<br />
ganz entzückt war. Das Quintuor hatte nach seinem Wunsche die<br />
Gliederung u. Instrumentierung des damals noch neuen Hummelschen<br />
Quintettes, recte Septuors, zu erhalten.“ Bei dem erwähnten<br />
Hummel-Stück handelt es sich um das Septett op. 74 (1802), das<br />
1816 auch in einer Quintettfassung (mit Kontrabass) erschienen war.<br />
Insofern war Schubert gezwungen, sich an einem klanglich eher unausgewogenen<br />
Arrangement zu orientieren, verstand es allerdings,<br />
das Cello aus dem Korsett der Bassfunktion zu lösen, indem er ihm<br />
Melodien in klangschöner Tenorlage gönnte, was wiederum den ausübenden<br />
Gönner entzückt haben dürfte. So ließe sich auch die Bevorzugung<br />
des Cellos in der 5. Variation des Schlusssatzes erklären,<br />
denn Paumgartner zuliebe wurde die Variationenfolge über Schuberts<br />
Forellen-Lied – von Des-Dur nach D-Dur transponiert – als<br />
fünfter Satz angefügt: Fünf Instrumente, fünf Sätze, fünf Variationen!<br />
Eine Pointe dieser Eingliederung mag darin gefunden sein, dass die<br />
dem Original ähnlichste Gestalt des Liedthemas – mit der perlenden<br />
Sextolenfigur der Klavierbegleitung – erst<br />
am Schluss des Satzes, also als Resultat<br />
und nicht als Ausgangspunkt der Variationenfolge,<br />
erklingt.<br />
Leider ist das Manuskript des Forellenquintetts<br />
verschollen; es existieren zwei<br />
Fassungen, die gedruckte und eine erst<br />
1975 in St. Florian aufgefundene Abschrift<br />
von Stadler, in welcher einige Partien technisch<br />
leichter gesetzt sind. Die Erstausgabe<br />
erschien im Frühjahr 1829 bei Joseph<br />
Czerny in Wien. Über irgendeine erste öffentliche<br />
Aufführung ist nichts bekannt geworden.<br />
Sicherlich wurde das Quintett im<br />
„Musiksalon“ Paumgartners – mit dem<br />
Hausherrn am Cello – in einem jener berühmten<br />
kleinen Soireen zur Premiere gebracht,<br />
die Sylvester als Keimzelle für viele<br />
Komponistenbegegnungen in der Steyrer<br />
Ferienidylle etabliert hatte, vergleichbar etwa den Sonnleithner-Abenden<br />
in Wien. Und mit diesem Verlauf der Geschichte dürfte auch der<br />
Schubert Franz letztlich ganz zufrieden gewesen sein.<br />
„In Steyr hab ich<br />
mich und werd’<br />
mich noch sehr<br />
gut unterhalten“<br />
(1819 an<br />
Mayrhofer)<br />
Forellenquintett<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
11
II<br />
Samstag<br />
11 Uhr<br />
Reklamemarke<br />
mit rätselhaftem<br />
Werbekonzept<br />
Herzlich willkommen<br />
im <strong>kammermusik</strong>alischen Raritätenkabinett,<br />
zu einer Matinee der kleinen Formen, der heiteren Töne, der artigsten<br />
musischen Liebenswürdigkeiten und vielfarbig funkelnden Kleinode!<br />
Die anmutigen Duette und Trios dieses Hohenstaufener Vormittags<br />
sind wohlgemerkt allesamt so kostbar, dass vor ihrem Zauber jedweder<br />
Anflug jenes Belächelns verpuffen wird, das sich andernorts in<br />
einem Raritätenkabinett üblicher Prägung in kollektiver Übereinkunft<br />
auf Kennermienen breitzumachen pflegt. Freilich: fröhlich gelächelt<br />
werden darf auch heut und hier – dafür bürgen und sorgen unsere<br />
Kammermusiker mit ihrem feinen Programm allemal.<br />
Als Paradebeispiel für ausge -<br />
sprochen rare Kostbarkeiten können<br />
Beethovens Sechs Menuette WoO 9<br />
gelten, deren eher zweitrangige Eigenschaft<br />
als Gegenstand der Beethoven-<br />
Forschung von absolutem<br />
Nicht vor handensein irgendwelcher<br />
nützlicher Informationen geprägt ist.<br />
Das ansonsten beispielhafte Online-<br />
Nachschlagewerk des Beethoven-<br />
Hauses Bonn vermerkt lakonisch:<br />
„Zu diesem Werk befinden sich keine<br />
Dokumente im Digitalen Archiv“ und<br />
erweist uns den zweifelhaften Dienst<br />
chronologischer Zuordnung mit der<br />
bereits von Kinsky geäußerten Ver -<br />
mutung „um 1795?“. Vielleicht entspannen<br />
sich die Spezialisten irgendwann<br />
zur Annahme, die hübschen Tänze in ihrer „althergebrachten“ Besetzung<br />
– keine „echten“ Trios, sondern Duette mit Bassbegleitung –<br />
seien irgendwann zu irgendeinem geselligen Anlass entstanden, um<br />
uns heute erbaulicherweise wissen und zu hören zu lassen, dass der<br />
„Gigant“ Beethoven auch mal schwuppdiwupp ein Sixpack fröhlicher<br />
Menuette aufs Tableau legen konnte? Nach einer bisher allerdings<br />
völlig unbestätigten These soll der Komponist die Stücke für eine<br />
morgendliche Aufführung durch junge Kammermusiker in landschaftlich<br />
besonders reizvoller Umgebung vorgesehen haben...<br />
Zum ersten Mal sei der „Zauber der Geigenromantik“ zu hören<br />
gewesen: Der 20-jährige Louis Spohr wurde nach einem Auftritt mit<br />
seinem zweiten Violinkonzert in Leipzig auf einen Schlag zum berühmten<br />
Mann und von Friedrich Rochlitz als „einer der vorzüg -<br />
lichsten derzeit lebenden Violinspieler und ein bedeutender<br />
Komponist“ geadelt. Im Jahr darauf spielte er nicht weniger erfolgreich<br />
beim Hofkonzert in Gotha und wurde vom Fleck weg zum her-<br />
12 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
zoglich Gothaischen Konzertmeister und<br />
Leiter der Hofkapelle berufen. Sieben Jahre<br />
blieb er in der thüringischen Residenzstadt,<br />
machte sich viele Freunde, als Lehrer<br />
einen Namen und tobte sich kompositorisch<br />
in zahlreichen kleineren Gattungen<br />
aus. Das Duo op. 13 entstand 1807 und<br />
wurde im Jahr darauf in Leipzig gedruckt.<br />
In dieser Zeit versuchte sich Spohr auch<br />
an Streichquartetten, doch „bald nach ihrer<br />
Vollendung gefielen sie mir nicht mehr.“<br />
Ähnlich erging es seinem Opernerstling „Die Prüfung“ von 1807, mit<br />
dem er höchst unzufrieden war und die Ursache darin vermutete,<br />
dass er seine Oper „mit den Mozartschen verglichen hatte.“ Nachher<br />
dürfen wir Zeugen eines Stückes werden, das denn Vergleich mit<br />
Mozarts Opern locker wegsteckt...<br />
Sir George Smart, der bedeutendste englische Dirigent seiner<br />
Zeit, ein Freund Carl Maria von Webers, vermerkte in seinem Tagebuch:<br />
„Am 24. Juli 1824 war ich zum Dinner in der City bei Mr. Salomons,<br />
um dort Rossini zu treffen, der sich als höchst liebenswürdig<br />
erwies. Er hatte von Salomons fünfzig Pfund für die Komposition<br />
eines Duetts erhalten, das Salomons mit dem großen Kontrabassisten<br />
Dragonetti spielen sollte.“ Damit umreißt er in einer für solcherart<br />
<strong>Programmheft</strong>chen vorbildlichen Weise die Umstände der<br />
Entstehung von Gioacchino Rossinis<br />
Duetto per violoncello e contrabasso.<br />
Rossini schrieb das muntere Stück gegen<br />
Ende seines siebenmonatigen Aufenthalts<br />
in England. Philip Joseph Salomons, wohlhabendes<br />
Mitglied der jüdischen Gemeinde<br />
Londons, später Gründer der<br />
London and Westminster Bank und Bürgermeister<br />
seiner Heimatstadt, war ein<br />
begeisterter Amateur-Kontrabassist; sein<br />
Lehrer Domenico Dragonetti, der „Paganini<br />
des Kontrabasses“, der, wie damals<br />
üblich, mehrere Instrumente beherrschte,<br />
dürfte beim Salon der exklusiven Runde<br />
den Cellopart übernommen haben. Öffentlich wurde das Duo damals<br />
nicht bekannt; das von Dragonetti angefertigte Manuskript blieb im<br />
Besitz der Familie Salomons und wurde erst 1968 gedruckt.<br />
Spohr-Notgeld<br />
Braunschweig 1921<br />
Rossini um 1820<br />
Gemälde von<br />
Constanze Mayer<br />
La Martiniere<br />
Festivalgeiger Daniel Röhn hat unserem Raritätenkabinett<br />
sogar eine kleine Uraufführung geschenkt und seine Opernsuite für<br />
zwei Violinen nach Wolfgang Amadeus Mozart gern selbst kommentiert:<br />
„Alles muss man selber machen! – Auf gute Musik trifft<br />
dieser Satz heutzutage natürlich nicht zu, sie wird nun wirklich nicht<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
13
mehr besser. Was allerdings das Repertoire für zwei Geigen angeht,<br />
so darf man nachhelfen. Im vorliegenden Fall ist zwar alles geklaut,<br />
aber wenn schon stehlen, dann auch gleich die Kronjuwelen! In der<br />
Studienzeit habe ich begeistert mit der Transkriptionsbastelei<br />
angefangen, und nachdem „Don Giovanni“ mein letzter Hochschul -<br />
orchesterdienst war und mir die Versuche, die für meine vorschwebende<br />
Besetzung bereits unternommen wurden, zu primitiv waren,<br />
beschloss ich mich einfach selbst an Mozarts größten Opernschlagern<br />
auszutoben. Seitdem hauptsächlich einzeln als Zugaben gespielt,<br />
finden diese Stücke in ihrer Zusammenstellung als Suite hier<br />
ihre Premiere.“<br />
Winter 1886/87: Rudolf Hertz entdeckt das Phänomen<br />
der elektromagnetischen Wellen, Emil Berliner<br />
erfindet das Platten-Grammophon, Antonín Dvořák<br />
schreibt Bagatellen für das häusliche Musizieren mit<br />
einem befreundeten Amateur-Geiger: „Die neue Komp<br />
nenne ich Terzett für 2 Viol und Viola.“ Dass er mit<br />
dem zwischen 7. und 14. Januar 1887 in Prag nieder -<br />
ge schriebenen Werk die selbstge steckten Grenzen<br />
allerdings überschritten, dass das Terzett keinesfalls<br />
typische Laienmusik geworden ist, auch wenn es<br />
charmant, satztechnisch durchaus einfach und unprätentiös<br />
daherkommt, muss ihm wohl von vornherein<br />
klar gewesen sein. So gab es alsbald eine erste öffentliche<br />
Aufführung in einem Kammerkonzert der<br />
Künstlervereinigung Umělecká beseda in Prag am<br />
30. März 1887, so sollte sein Verleger das Werk selbstverständlich<br />
ins Programm nehmen. Dvořák an Simrock<br />
in Berlin, 18. Januar 1887: „Ich schreibe jetzt<br />
kleine Bagatellen, denken Sie nur: für 2 Violinen und<br />
Viola – die Arbeit freut mich ebenso, als wenn ich eine<br />
große Symphonie schreibe – aber was sagen Sie<br />
dazu? Sie sind freilich mehr für Dilettanten gedacht, aber hat Beethoven<br />
und Schumann auch nicht einmal mit ganz kleinen Mitteln<br />
geschrieben und wie?“ – Wir sagen „Ja“ zu Antonín Dvořáks Beitrag<br />
zum Hohenstaufener Kammermusik-Raritätenkabinett, das er mit<br />
einem wunderhübschen Gebilde aus zehn kleinen Variationen bis<br />
zum nächsten Jahr abschließt.<br />
14<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
RVW um 1904<br />
„anything worth saying”<br />
Vaughan Williams’ Klavierquintett<br />
Die einzige feste Anstellung, die er jemals hatte, versah Ralph Vaughan<br />
Williams von 1896 bis 1899 als Organist in einer Londoner Gemeinde,<br />
doch er wurde des Dienstes überdrüssig, denn er wollte, ja<br />
er musste unbedingt komponieren. Ging zurück ans Royal College of<br />
Music, lernte Gustav Holst kennen, zog mit seiner jungen Frau nach<br />
Berlin, um bei Max Bruch zu lernen, bat Elgar um Studien, der gar<br />
keine Schüler annahm, machte 1899 seinen Doctor of Music, sammelte<br />
ab 1903 über 800 englische Volkslieder, schrieb erste Werke,<br />
war mit sich und seinen Fähigkeiten aber niemals recht zufrieden…<br />
„A musician who<br />
wishes to say<br />
anything worth<br />
saying must first<br />
of all express<br />
himself.“<br />
(RVW, A School<br />
of English Music,<br />
1902)<br />
Erst ein dreimonatiger Studienaufenthalt bei Maurice<br />
Ravel 1908 in Paris öffnete ihm Aug und Ohr<br />
für eigene Ideen: Ravel war jener Lehrer, nach dem<br />
er so lange gesucht hatte und der ihm schließlich<br />
bescheinigte, als einziger Schüler „nicht meine<br />
Musik“ geschrieben zu haben.<br />
Als Vaughan Williams im Jahre 1903 mit der<br />
Arbeit an seinem Klavierquintett begann, hatte er<br />
zwar bereits einige wichtige Lieder geschrieben<br />
(„Linden Lea“, „Orpheus with his lute“, „Silent<br />
Noon“ und „Whither must I wander?“) sowie einige kleine Orchesterarbeiten<br />
und die Kantate „Willow-Wood“ auf Worte von Dante Gabriel<br />
Rossetti fertiggestellt, doch die Suche nach einer eigenen Handschrift<br />
sollte fast allen Werken der Studienjahre angehaftet bleiben,<br />
wie bereits die Datierung am Ende der Partitur ahnen lässt: „Finished<br />
Oct. 27, 1903. revised Aug 29, 1904. Further revised Sept. 28, 1905.“<br />
Das Quintett wurde in der Londoner Aeolian Hall in einem „Broadwood<br />
concert“ am 14. Dezember 1905 mit Richard Epstein (Klavier),<br />
Louis Zimmerman (Violine), Alfred Hobday (Viola), Paul Ludwig<br />
(Violoncello) und Claude Hobday (Kontrabass) zum ersten Mal, in den<br />
folgenden Jahren vermutlich noch<br />
mehrfach aufgeführt, bevor Vaughan<br />
Williams seine Arbeit zurückzog: das<br />
letzte Konzert fand am 8. Juni 1918 statt.<br />
Das eigenhändig unterschriebene<br />
Manuskript – dessen tiefgreifende Revision<br />
durch zahlreiche Ausstreichungen<br />
und Korrekturen, besonders in den Ecksätzen,<br />
dokumentiert ist – befand sich<br />
in der umfangreichen Sammlung, die<br />
Ursula Vaughan Williams nach dem Tod<br />
ihres Mannes der British Library 1958<br />
überließ. Die Manuskripte der frühen<br />
Arbeiten sollten nach dem Wunsch des<br />
Komponisten unveröffentlicht bleiben,<br />
doch nach 40 Jahren willigte die Witwe<br />
III<br />
Samstag<br />
19 Uhr<br />
„Smith and<br />
Brown have got<br />
to write Smithian<br />
and Brownian<br />
music, just as<br />
Beethoven and<br />
Schubert wrote<br />
Beethovenian<br />
and Schubertian<br />
music.“<br />
(RVW, English<br />
Folk Song, 1911)<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
15
nach ausgiebigen Beratungen in die Publikation ausgewählter Werke<br />
ein. Die erste Wiederaufführung erlebte das Klavierquintett erst 1999<br />
in London in Verbindung mit der Konferenz „Vaughan Williams im<br />
neuen Jahrhundert“, der Druck erschien 2002 in der Reihe „The<br />
Early Works“ bei Faber Music.<br />
Der junge Ralph Vaughan Williams war ein enthusiastischer Verehrer<br />
Franz Schuberts. So liegt die Vermutung nahe, dass sich die<br />
ungewöhnliche Besetzung seines Quintetts aus der seines Idols herleiten<br />
lässt – vom Forellenquintett unseres Eröffnungskonzerts.<br />
Dieses Quintett ist zweifellos eines<br />
seiner besten Frühwerke. Der Allegro trumpft mit<br />
384 Takten und großer Brahms-Geste auf, während<br />
das Andante mit seiner ausdrucksvollen romantischen<br />
Melodie erste eigene Pfade Vaughan<br />
Williams’ verfolgt, vergleichbar etwa der erwartungsvollen<br />
Sehnsuchtsgeste des Liedes „Silent<br />
Noon“. Den Schlusssatz mit seinem ruhigen Ende<br />
und seinem ungewöhnlich einfühlsamen Klavierpart<br />
hielt der Komponist – immerhin – für gelungen<br />
genug, um dessen Hauptthema in der Violinsonate<br />
von 1954 in einer leicht erweiterten Form als Variationsthema<br />
des Finales erneut aufzugreifen.<br />
„Wir haben<br />
keinen Anlass,<br />
den Engländern<br />
Vorwürfe zu machen,<br />
weil sie<br />
Bruckner nicht<br />
kennen. Wir<br />
kennen Vaughan<br />
Williams nicht.“<br />
(Josef Müller-<br />
Marein, Die Zeit,<br />
26. September<br />
1958)<br />
„go play, boy, play“<br />
Brittens Divertimenti<br />
16<br />
Wem bitte ist heute noch der Name Jack. A. Westrup geläufig? Aha.<br />
Also dann, lieber Musikkritiker, wenn Dein Hanslick-Koeffizient nicht<br />
deutlich über 90% liegt, erwäge doch im Sinne Deiner Glaubwürdigkeit<br />
genau, ob der billige journalistische Verriss eines zeitgenössischen<br />
Werkes, wenn’s Dir nicht ausnahmsweise mal direkt vom<br />
Herzen in die Feder kommt, wirklich von irgendwelchem Nutzen ist.<br />
Denn wollten wir Herrn Westrup nicht nachträglich dafür ohrfeigen,<br />
dass seine blöde Kritik uns um ein vollständiges autorisiertes<br />
Streichquartett von Benjamin Britten geprellt hat?<br />
Nach dem Erguss des designierten Oxford-Professors Westrup<br />
(so nennt sich lustigerweise auch ein Ortsteil der Gemeinde Stemwede<br />
im nordrhein-westfälischen Kreis Minden-Lübbecke) hat sich<br />
Britten nämlich – schweren Herzens – dazu entschlossen, eine<br />
Streichquartett-Idee gänzlich aufzugeben, deren zweiter Schritt die<br />
Zusammenstellung der „Three Divertimenti“ darstellte. Die Uraufführung<br />
durch das Stratton Quartet in der Londoner Wigmore Hall am<br />
25. Februar 1936, quittiert durch besagten Herrn im Daily Telegraph<br />
mit aussagestarken Sätzen wie „Why, I don’t know“ oder dem noblen<br />
Ratschlag „Mr. Britten wird seinen Rang als Komponist bewie<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
sen haben, wenn er es schafft,<br />
Musik zu schreiben, die sich weniger<br />
auf oberflächliche Wirkung verlässt“,<br />
hinterließ einen tagelang<br />
völlig niedergeschlagenen Komponisten:<br />
„Ich fühlte mich wie ein verprügelter<br />
Schuljunge... Das ist<br />
umso dümmer, da ich mich für gewöhnlich<br />
keinen Deut um Kritiker,<br />
am allerwenigsten J.A.W. [Britten<br />
unterlässt nicht ein Wortspiel mit<br />
„jaw“] schere.“ Nach diesem unerquicklichen<br />
Vorfall wurde die Idee<br />
zu einem ersten Streichquartett<br />
aufgegeben.<br />
Noch als Student am Royal<br />
College of Music begann Britten 1933 mit der Komposition einer<br />
Suite mit einsätzigen Charakterstücken für Streichquartett, der er die<br />
Überschrift „Alla Quartetto Serioso: ‘Go play, boy, play’“ gab (der Untertitel<br />
ist Shakespeares’ „Wintermärchen“ entnommen.) Von den<br />
fünf geplanten Sätzen wurden nur drei (Alla Marcia, Alla Valse, Alla<br />
Burlesca) vollendet, obwohl ein Alla Romanza und ein Theme and<br />
[zwei] Variations im Kompositionsentwurf vorhanden sind. Die fertigen<br />
Sätze wurden ein einziges Mal, am 11. Dezember 1933, vom<br />
Macnaghten-Quartett in einem Konzert im Ballet Club des Mercury<br />
Theater aufgeführt. Im Februar 1936 ließ sich Britten zu einer Überarbeitung<br />
bewegen. Von den drei Sätzen wurde der March mit der Einführung<br />
neuer Glissando-Figurationen und der Neuinstrumentierung<br />
der Flageoletts im Seitenthema am grundlegendsten überarbeitet,<br />
der Waltz von 1936 ist differenzierter als das Original von 1933, während<br />
die Burlesque lediglich vom 6/8- zum 3/8-Takt umnotiert wurde.<br />
Der arme Mr. „J.A.W.“ konnte indes nicht verhindern, dass der<br />
Komponist von Rang Benjamin Britten in den vierziger Jahren zwei<br />
Streichquartette vollendet hat; das dritte (1975) wurde Brittens<br />
Schwanengesang, mit einem Schlusssatz, der wohl zu den schönsten<br />
Kompositionen gehört, die je für Streichquartett geschrieben<br />
wurden.<br />
Benjamin Britten,<br />
ca. 1935/36<br />
Fotografie von<br />
Enid Slater,<br />
Frau des Schriftstellers<br />
und<br />
Librettisten von<br />
„Peter Grimes“,<br />
Montagu Slater<br />
„und über allem schwebt ein Zauber“<br />
Faurés Klavierquartett<br />
Gabriel Fauré erinnerte sich später, man habe die Musik seines Klavierquartetts<br />
bei der Uraufführung 1880 in einem Konzert der Societé<br />
Nationale de la Musique Française (mit dem Komponisten am<br />
Klavier) als „laut und misstönend“ empfunden. Tatsächlich scheint ir<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
17
Gabriel Fauré<br />
mit dem älteren<br />
Sohn Emmanuel,<br />
Fotografie von 1889<br />
gendwas mit dem Stück nicht in Ordnung gewesen<br />
zu sein, wenn wir die Ablehnung durch die<br />
Verlage Durand und Choudens („Diese kleine<br />
Brüskierung hat mich stärker betroffen, als ich<br />
dachte“) dafür als Indiz nehmen wollen. Möglicherweise<br />
lag es am Finalsatz, der in seiner Premierenfassung<br />
nicht erhalten ist, denn Fauré<br />
komponierte ihn – wohl auch in Reaktion auf die<br />
Kritik am Finale seiner ersten Violinsonate – drei<br />
Jahre danach „von oben bis unten neu“. Allerdings<br />
nimmt es nicht wunder, dass es Schwierigkeiten<br />
mit einer adäquaten Finalsteigerung geben<br />
sollte, nachdem Fauré bereits im ersten Satz<br />
ziemlich viel Pulver verschossen und mit dem<br />
etwa siebenminütigen Klagegesang des Adagio<br />
als „Höhepunkt in Faurés erster Schaffensperiode“<br />
(Robert Orledge) noch eins draufgesetzt<br />
hatte. Doch es gelang ihm bravourös: Das Allegro<br />
molto von 1883 gilt als „one of his most powerful<br />
chamber music movements, violently ecstatic,<br />
windswept and passionate in mood.“<br />
Das Quartett entstand in einer für Fauré problematischen<br />
Zeit, als die endgültige Trennung von<br />
seiner großen Liebe Marianne Viardot, der Tochter<br />
der berühmten Altistin Pauline Viardot, nach jahrelangen<br />
zermürbenden Auseinandersetzungen<br />
bevorstand. Erst nach drei Jahren wurde das<br />
Werk fertig. Leiden und Leidenschaft – beides finden wir in Faurés<br />
Musik wieder. Ganz im Geiste des Komponisten, für den der Sinn der<br />
Musik darin bestand, den Hörer gefangen zu nehmen und zu bezaubern,<br />
entdeckte sein Klavierlehrer Camille Saint-Saëns in Faurés kurz<br />
zuvor komponierter Violinsonate op. 13 (Journal de Musique, 7. April<br />
1877) „all das, was den Feinschmecker verlocken kann: neue Formen,<br />
ausgezeichnete Modulationen, ungewöhnliche Klangfarben, die<br />
Verwendung von unerwarteten Rhythmen. Und über allem schwebt<br />
ein Zauber“ – wie auch, ohne Wenn und Aber, über Faurés Opus 15!<br />
18<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
„ein bißchen eklig zu spielen“<br />
Mendelssohns Klaviertrio<br />
Nachdem sich Mendelssohn im Oktober 1844 unter etlichen diplomatischen<br />
Mühen aus der Berliner Stellung als „Preußischer Generalmusikdirektor“<br />
herausmanövriert hatte und Anfang Dezember<br />
wieder in Frankfurt eintraf, fand er seinen kleinen Sohn Felix lebensgefährlich<br />
erkrankt. Erst zwei Jahre zuvor war Mendelssohns Mutter<br />
Lea in Berlin gestorben. Einem Wunder gleich besserte sich der Zustand<br />
des anderhalbjährigen Kindes nach einigen Tagen, und ein völlig<br />
erschöpfter Mendelssohn konnte nur noch Gott danken. Er selbst<br />
war durch die ununterbrochenen Strapazen – hin- und hergerissen<br />
zwischen Berlin, Leipzig und London – bis über die Grenzen seiner<br />
Kraft gegangen. Anfang Februar 1845 kommt noch eine dicke Erkältung<br />
ins Haus: „Ich habe wieder mit Husten und Krächzen<br />
eine Woche das Zimmer hüten müssen, und sitze<br />
noch darin, und Marie und Paul krächzen ein Trio mit<br />
mir...“ – Von einem Trio in c-Moll berichtet er Carl Klingemann<br />
kurze Zeit später.<br />
Der Winter weicht, und mit der Besserung des familiären<br />
Gesundheitszustandes beginnt Mendelssohn wieder<br />
in Ruhe zu arbeiten, schlägt eine Einladung nach New York aus,<br />
reist nicht einmal zur Uraufführung seines Violinkonzerts nach Leipzig:<br />
„sans Reise, sans Musikfest, sans everything“ wolle er den Frühling<br />
verbringen, schreibt er der Schwester Rebecka, wobei letzteres<br />
freilich nicht in Frage kam. Am 30. April 1845 war Mendelssohns<br />
zweites Klaviertrio fertiggestellt, das die Schwester Fanny im November<br />
zum Geburtstag geschenkt bekam. In der gleichen Besetzung<br />
wie beim d-Moll-Trio wurde das Stück am 20.Dezember 1845 in Leipzig<br />
im Rahmen der „Zweiten musikalischen Abendunterhaltung“ mit<br />
dem Komponisten am Flügel, Konzertmeister Ferdinand David und<br />
dem Cellisten Carl Wittmann aufgeführt.<br />
Das c-Moll-Trio, dessen Klänge die schweren Wintertage nicht<br />
verleugnen können, sollte Mendelssohns letztes Kammermusikwerk<br />
mit Klavier bleiben. Die dominierende Rolle des Klaviers lässt sich<br />
dabei kaum überhören (die 2009 erschienene Neuausgabe der Klaviertrios<br />
konnte anhand der autographen Partitur mindestens elf<br />
Korrekturebenen für den Klavierpart nachweisen!). Das Hauptthema<br />
des Kopfsatzes wird vom Klavier intoniert, der langsame Satz rekurriert<br />
auf die „Lieder ohne Worte“, das Scherzo lässt an den „Elfenspuk“<br />
denken. Auch den Choral im letzten Satz – über dessen<br />
genaue Quelle viel dikutiert wurde, wie auch zum Einfluss auf den<br />
jungen Brahms und dessen Klavierquartett c-Moll op. 60 ein eigenes<br />
kleines Kapitel aufzuschlagen wäre – weist Mendelssohn zunächst<br />
streng akkordisch dem Klavier zu.<br />
Mit der Widmung seines zweiten Klaviertrios an Louis Spohr bedankte<br />
sich Mendelssohn für dessen Zueignung der Klaviersonate<br />
As-Dur op. 125 und spielte es Ende Juni 1846, einige Monate nach<br />
IV<br />
Sonntag<br />
17 Uhr<br />
„Das Trio ist ein bißchen eklig zu<br />
spielen, aber eigentlich schwer<br />
ist es doch nicht. Suchet, so werdet<br />
Ihr finden!“<br />
(an Fanny, 20. April 1845)<br />
„...habe zum<br />
ersten Mal seit<br />
langer Zeit das<br />
Glück, recht<br />
ruhig leben und<br />
arbeiten zu können<br />
– was das<br />
für ein Glück ist,<br />
lerne ich jetzt<br />
erst recht ein -<br />
sehen“<br />
(Brief an Eduard<br />
Devrient,<br />
26. April 1845)<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
19
Das wiedererrichtete Mendelssohn-Denkmal in<br />
Leipzig, Februar 2009<br />
der Veröffentlichung, gemeinsam mit dem<br />
glücklichen Widmungsträger in Leipzig –<br />
unter den Zuhörern damals auch Richard<br />
Wagner. Spohr erinnerte sich, wie ihn Mendelssohn<br />
am nächsten Tag zur Bahn begleitete<br />
und nach dem Abschied „bei anfangs<br />
langsamem Fortschreiten des Zuges noch<br />
eine ganze Strecke neben dem Wagen<br />
herlief, bis es nicht mehr anging, und seine<br />
freundlich glänzenden Augen waren der<br />
letzte Eindruck, den die Reisenden von<br />
Leipzig mitnahmen...“<br />
„Lust am Experimentieren“<br />
Haydns Quinten-Quartett<br />
„Vor einigen<br />
Tagen war ich<br />
wieder bei<br />
Haydn [...] Bei<br />
dieser Gelegenheit<br />
spielte er<br />
mir auf dem Clavier<br />
vor, Violinquartette,<br />
die ein<br />
Graf Erdödi für<br />
100 Ducaten bei<br />
ihm bestellt hat<br />
und die erst<br />
nach einer gewissen<br />
Anzahl<br />
von Jahren gedruckt<br />
werden<br />
dürfen.“<br />
(Frederik Samuel<br />
Silverstolpe,<br />
14. Juni 1797)<br />
Wolfram Schwinger hat in seiner großen Liebe zu Haydns Quartetten<br />
und mit seinem unvergleichlichen Schreibstil den folgenden Text für<br />
ein <strong>Programmheft</strong> zum Europäischen Musikfest Stuttgart 1995 verfasst,<br />
den wir hier mit einem Gruß der Verehrung erneut abdrucken<br />
möchten:<br />
Auf dem mit Opus 33 erreichten Gipfel hat Haydn noch fünfunddreißig<br />
weitere Streichquartette getürmt, von denen die 1797, sechs<br />
Jahre nach Mozarts Tod entstandenen, vom Grafen Joseph Erdödy<br />
bestellten und mit 100 Dukaten bezahlten Quartette op. 76 den letzten<br />
kompletten Sechser-Zyklus bilden. In den vielen Jahren bis dahin<br />
hat Haydn niemals die Lust an weiterem Experimentieren verloren<br />
und immer wieder nach neuen Möglichkeiten gesucht, beim Komponieren<br />
die thematische Arbeit durch raffiniertes Zerlegen, Umbilden<br />
und neues Zusammenfügen des motivischen Materials so sehr zu<br />
beleben, dass er sogar des öfteren darauf verzichten konnte, dem<br />
vielfältig abgewandelten Hauptgedanken noch ein kontrastierendes<br />
Seitenthema gegenüberzustellen. Zunehmend liebte er es auch, den<br />
von ihm selber fest gefügten Formgesetzen des Sonatensatzes nicht<br />
immer streng zu folgen, die thematische Arbeit nicht bloß auf den<br />
Durchführungsteil zu beschränken, sondern schon in der Exposition<br />
und dann auch noch in der Reprise anzuwenden – ganz zu schweigen<br />
von den immer reicher genutzten Möglichkeiten, Sonaten-,<br />
Variations- und Rondo-Elemente zu mischen und schließlich auch<br />
alle bisher kaum denkbaren harmonischen und modulatorischen<br />
Kühnheiten ergötzlich auszunutzen. Zu Haydns geistigen Höhenflügen<br />
gehörte halt immer auch eine gehörige Portion Humor. Zudem<br />
ist es begreiflich, dass in den sechs Quartetten op. 76 auch etwas<br />
von dem Stolz mitklingt, der Haydn nach seinen beiden ruhmreichen<br />
England-Reisen sehr wohl zustand.<br />
20<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
Was zum Stil der sechs Quartette op. 76 gesagt wurde, gilt speziell<br />
auch für dieses einzige Moll-Quartett der Serie. Es ist unter dem<br />
Namen „Quinten-Quartett“ berühmt geworden, wegen des markant<br />
den ersten Satz eröffnenden Motivs aus zwei fallenden Quinten, die<br />
den Kopf des einzigen Themas bilden, der das ganze Allegro durchdringt.<br />
Was sich nach aufgelockerten Seitenthemen anhört, sind<br />
höchst geistreich variierte Kontrapunkte, die das nahezu ständig<br />
präsente Quintenmotiv umspielen – mit all den satztechnischen,<br />
modulatorischen und rhythmischen Kunstfertigkeiten, die den unerschöpflichen<br />
Reichtum von Haydns reifem Quartettstil auszeichnen.<br />
Es ist wirklich immer aufs neue staunenswert, wie individuell, wie<br />
selbstbewusst sich jede einzelne der vier Stimmen behauptet und<br />
entfaltet.<br />
Nach dem strengen ersten Satz wirkt der heiter gelöste Allegretto-Charakter<br />
des folgenden D-Dur-Andantes wie eine „Erholung“:<br />
mit seinem von Pizzicati begleiteten liedhaft zierlichen Thema,<br />
in dem der Quintenfall auch wieder eine erhebliche Rolle spielt, besonders<br />
deutlich im d-Moll-Mittelteil des Satzes, der rasch ins anfängliche<br />
D-Dur zurückfindet und der ersten Geige reichlich<br />
Gelegenheit zu figurativer Filigranarbeit gibt. Das Menuett ist natürlich<br />
längst kein höfischer Tanz mehr, sondern ein ziemlich ruppiger<br />
Kanon aus asymmetrisch gebauten Perioden, in denen Bratsche und<br />
Cello ständig den beiden Violinen hinterherhinken. Wird es deshalb<br />
das „Hexen-“ oder auch „Nachtwächter-Menuett“<br />
genannt? Das mechanisch<br />
„tickende“ Trio schafft<br />
einen eigentümlichen Kontrast.<br />
Das Finale, Vivace<br />
assai, täuscht uns mit seinem<br />
behenden, witzig auf<br />
zwei Fermaten endenden<br />
Thema vor, ein „ungari -<br />
sches“ Rondo zu sein.<br />
Doch da plötzlich noch<br />
Seitenthemen auftauchen<br />
und sich der weitere Fortgang<br />
als eine ordentliche<br />
Durchführung des motivischen<br />
Materials entpuppt,<br />
merken wir plötzlich, dass<br />
wir es mit einem Sonatensatz<br />
zu tun haben, dessen Reprise<br />
das Hauptthema nochmals verwandelt<br />
und das Werk in D-Dur beschließt.<br />
„Ich bin Ihnen<br />
sehr verbunden<br />
für die eingesandten<br />
Exemplair<br />
der<br />
Quartetten, welche<br />
sowohl mir<br />
als auch Ihnen<br />
wegen den so<br />
lesbaren deutlichen<br />
stich und<br />
schönen Titelblatt<br />
viel Ehre<br />
machen.“<br />
(Haydn an den<br />
Verleger Artaria,<br />
12. Juli 1799)<br />
Joseph Haydn,<br />
um 1795<br />
Gouache von<br />
Johann Zitterer<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
21
„ein Werk voller Kraft und Frische“<br />
Schumanns Klavierquintett Es-Dur<br />
Erstausgabe von<br />
Schumanns<br />
Klavierquintett<br />
op. 44,<br />
September 1843<br />
Das Klavierquintett Es-Dur op. 44 gehört zu Schumanns populärsten<br />
und meist gespielten Werken. Schon Clara Schumann notierte Ende<br />
September 1842 ins Ehetagebuch: „er hat ziemlich ein Quintett vollendet,<br />
das mir nach Dem, was ich erlauscht, wieder herrlich scheint<br />
– ein Werk voller Kraft und Frische!“ Sie setzte es immer wieder auf<br />
ihre Programme, wenn sie Kammermusik spielte, war es doch zudem<br />
ein Geburtstagsgeschenk ihres Mannes,<br />
der Pianistin auf den Leib geschrieben.<br />
Zunächst gedachte<br />
Schumann, das Quintett Ihrer kaiser -<br />
lichen Hoheit Großherzogin Maria<br />
Paulowna von Sachsen-Weimar zu<br />
widmen, schrieb aber seiner Clara<br />
bereits in der Zeit der Dedikations-<br />
Korrespondenz: „Am liebsten hätte ich<br />
das Quintett Dir dediziert; ich dachte<br />
aber, fürstliche Rosen sind auch nicht<br />
zu verschmähen.“ Clara erhielt zum<br />
Geburtstag am 13. September 1843<br />
sowohl Rosen als auch die Zueignung<br />
der Erstausgabe.<br />
Nach privaten Aufführungen im<br />
Hause Schumann und durch Mendelssohn<br />
Ende 1842 erklang das Quintett<br />
im Rahmen einer musikalischen Morgenunterhaltung<br />
am 8. Januar 1843 im<br />
Saal des Leipziger Gewandhauses<br />
erstmals in der Öffentlichkeit. Clara<br />
Schumann, Ferdinand David, Moritz<br />
Gotthold Klengel, Hermann Otto<br />
Hunger und Franz Carl Wittmann spielten<br />
aus dem Manuskript. Dies fand die durchaus ungeteilte Zustimmung<br />
und Begeisterung beim Publikum wie bei Kollegen und<br />
Kritikern. Richard Wagner besuchte eine Aufführung und äußerte<br />
sich überaus anerkennend, Tschaikowsky fand im langsamen Satz<br />
„eine ganze Tragödie“ mit dem „Aufbäumen einer leidenschaftlichen,<br />
durch den Tod eines geliebten Menschen erschütterten Seele“ im<br />
Agitato-Abschnitt. Elf Jahre später, wieder unmittelbar vor Claras Geburtstag,<br />
schrieb Johannes Brahms an Joseph Joachim: „ich habe<br />
ihr einen langjährigen Wunsch erfüllt, und das Quintett von Schumann<br />
zu vier Händen arrangiert. Während sie in Ostende war, habe<br />
ich das Manuskript heimlich aus dem Schrank genommen, so daß<br />
sie nichts ahnte...“ Clara war auf Sommerurlaub in Belgien. Sie fühlte<br />
sich außerstande, bei ihrem kranken Mann Robert in Endenich unterwegs<br />
Station zu machen.<br />
22<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
DÁVID ADORJÁN<br />
VIOLONCELLO<br />
Dávid Adorján, 1972 in Köln geboren, erhielt<br />
seinen ersten Cellounterricht im Alter von<br />
fünf Jahren. Seine Lehrer waren Jan<br />
Polasek, Frans Helmerson und Heinrich<br />
Schiff. 1986 wurde Dávid Adorján<br />
Bundespreisträger beim Wettbewerb<br />
„Jugend Musiziert“, 1993 erhielt er den<br />
„Kulturförderpreis Gasteig“ und 1994<br />
gewann er den 1. Preis beim Internationalen<br />
Cellowettbewerb in Gorizia, Italien.<br />
1999 wurde er Solocellist im Deutschen<br />
Symphonie-Orchester Berlin. Dávid<br />
Adorján ist Kammermusikpartner von<br />
Renaud Capuçon, Jörg Widmann, Bruno<br />
Weinmeister, Heinrich Schiff sowie den<br />
Pianisten Alexander Lonquich, Oliver<br />
Triendl, Alexandre Rabinovitch, Paolo<br />
Giacometti und Anna Gourari.<br />
Als Solist konzertierte Dávid Adorján mit<br />
verschiedenen Orchestern in Deutschland,<br />
Italien, Frankreich, der Türkei, Slowenien,<br />
Österreich, Japan und Südamerika unter<br />
der Leitung von Dirigenten wie Christopher<br />
Hogwood, Michael Gielen und Mariss<br />
Jansons.<br />
Rundfunkproduktionen beim<br />
Bayerischen Rundfunk, dem SWR, WDR<br />
und beim schweizerischen DRS, sowie CD-<br />
Produktionen bei Labels wie cpo und<br />
Thorofon dokumentieren seinen<br />
künstlerischen Rang. Dávid Adorján spielt<br />
ein Violoncello von Carlo Giuseppe Testore,<br />
Mailand, aus dem Jahre 1697.<br />
GABRIEL ADORJÁN<br />
VIOLINE<br />
Gabriel Adorján, 1975 in München geboren,<br />
erhielt im Alter von vier Jahren seinen<br />
ersten Violinunterricht. Sein Studium<br />
begann er bei Ana Chumachenco an der<br />
Musikhochschule seiner Heimatstadt und<br />
ergänzte es von 1993 bis 1995 bei Aaron<br />
Rosand am Curtis Institute of Music in<br />
Philadelphia.<br />
1996 erwarb er in München sein<br />
Künstlerisches Diplom mit Auszeichnung<br />
und setzte seine Studien in der<br />
Meisterklasse von Igor Ozim fort. Darüber<br />
hinaus nahm Gabriel Adorján an<br />
Meisterkursen bei Nicolas Chumachenco,<br />
Abram Shtern, György Kurtag und Sandor<br />
Vegh teil.<br />
Als Solist spielte er unter anderen mit<br />
den Münchner Symphonikern, dem<br />
Symphonieorchester Nowosibirsk, dem<br />
Berner Symphonieorchester und der<br />
Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. Er ist<br />
Mitglied des Zürcher Klaviertrios und in<br />
verschiedenen anderen Formationen ein<br />
vielbeschäftigter Kammermusiker, was<br />
durch mehrere Rundfunk- und<br />
Schallplattenaufnahmen dokumentiert ist.<br />
Gabriel Adorján ist Preisträger<br />
internationaler Wettbewerbe, wie dem<br />
Leopold-Mozart-Wettbewerb in Augsburg,<br />
dem Internationalen Wettbewerb in Genf<br />
(CIEM), dem Paganini-Wettbewerb in<br />
Genua sowie dem ARD-Wettbewerb in<br />
München. Gabriel Adorján ist 1. Konzert -<br />
meister im Orchester der Komischen Oper<br />
Berlin und Konzertmeister der Bayerischen<br />
Kammerphilharmonie.<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
23
ISABEL CHARISIUS<br />
VIOLA<br />
Isabel Charisius ist seit 2005 Mitglied des<br />
Alban Berg Quartetts. Sie studierte bei<br />
Prof. Thomas Kakuska. Sie war<br />
Solobratschistin beim Wiener<br />
Kammerorchester, beim RSO Wien und bei<br />
den Münchner Philharmonikern. Seit 1994<br />
widmet sich Isabel Charisius bevorzugt der<br />
Kammermusik. Sie musizierte u.a. mit Lisa<br />
Leonskaja, Tabea Zimmermann, Heinrich<br />
Schiff und Maurizio Pollini.<br />
In Zukunft wird sie im Waldstein-<br />
Ensemble weiter mit Gerhard Schulz<br />
musizieren, sowie mit Lilia Bayrova und<br />
Noam Greenberg. Als Solistin spielte sie<br />
u.a. in der Münchner Philharmonie und<br />
beim Lucerne Festival unter der Leitung<br />
von James Levine.<br />
An der Musikhochschule in Luzern ist sie<br />
Professor für Viola und Kammermusik und<br />
unterrichtet wie ihre Quartettkollegen an<br />
der Musikhochschule in Köln. Zudem gibt<br />
sie regelmäßig Meisterkurse für Viola und<br />
für Kammermusik an der Britten-Pears<br />
School in Aldeburgh, am Royal Northern<br />
College of Music in Manchester, an der<br />
Universität der Künste in Berlin, beim<br />
Schleswig Holstein Musik<strong>festival</strong> und an<br />
der Dutch String Quartet Academy in<br />
Amsterdam.<br />
CHRISTOPHER<br />
JEPSON<br />
VIOLONCELLO<br />
Christopher Jepson wurde 1982 in<br />
Guildford, England geboren. Im Alter von<br />
zehn Jahren bekam er den ersten<br />
Cellounterricht. Als Vierzehnjähriger erhielt<br />
er ein Stipendium für ein Studium bei<br />
Leonid Gorokhov am Royal College of<br />
Music in London.<br />
Später studierte er bei Alexander<br />
Boyarsky, bei dem er seine Ausbildung mit<br />
Auszeichnung abschloss. Anschließend<br />
setzte er sein Studium bei Hans-Jakob<br />
Eschenburg an der Hanns-Eisler<br />
Hochschule für Musik in Berlin fort.<br />
Meisterklassen bei Yfrah Neaman, Yehudi<br />
Menuhin, David Geringas und Natalia<br />
Gutman vervollständigten seine<br />
künstlerische Ausbildung.<br />
Christopher Jepson war Solocellist im<br />
Orchester des Royal College of Music,<br />
sowie stellvertretender Solocellist im<br />
Festivalensemble der Bachakademie<br />
Stuttgart. Er trat mit dem Moskauer<br />
Virtuosi Ensemble auf und gab Konzerte in<br />
Spanien, Kroatien und Großbritannien.<br />
Zusammen mit dem Guildford Symphony<br />
Orchestra spielte er vor kurzem das<br />
Cellokonzert von Dvořák und mit dem<br />
Woking Symphony Orchestra das<br />
Doppelkonzert von Johannes Brahms.<br />
Seit 2008 ist Christopher Jepson<br />
Mitglied der Cellogruppe des Deutschen<br />
Symphonie-Orchester Berlin.<br />
24 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
MARTIN MENKING<br />
VIOLONCELLO<br />
Martin Menking wurde 1967 in Münster<br />
geboren und erhielt seinen ersten<br />
Cellounterricht bei Helmut Krack. Er<br />
studierte bei Heinrich Schiff an der<br />
Musikhochschule in Basel und schloss<br />
seine Studien bei David Geringas an der<br />
Musikhochschule in Lübeck ab. Seine<br />
musikalische Ausbildung rundete er bei<br />
Meisterkursen von Künstlern wie Yo-yo Ma,<br />
Boris Pergamenschikow, Janos Starker,<br />
Siegfried Palm, Isaac Stern, dem Beaux<br />
Arts Trio und dem Alban-Berg-Quartett ab.<br />
Er war dreifacher erster<br />
Bundespreisträger des Wettbewerbs<br />
„Jugend Musiziert“ und gewann später<br />
zahlreiche nationale und internationale<br />
Wettbewerbe, besonders als<br />
Kammermusiker.<br />
1995 trat er seine erste Stelle als<br />
stellvertretender Solocellist beim<br />
Sinfonieorchester des NDR Hamburg an<br />
und wechselte 1996 zu den Berliner<br />
Philharmonikern. Als Mitglied der<br />
„12 Cellisten der Berliner Philharmoniker“<br />
ist er seit einigen Jahren auch deren<br />
Geschäftsführer.<br />
Seit 1992 ist er Mitglied des „Consortium<br />
Classicum“ und des „Miro-Trio“. Zahlreiche<br />
CD-Aufnahmen und Reisen durch die<br />
ganze Welt machen ihn zu einem äußerst<br />
gefragten Kammermusiker.<br />
LENA NEUDAUER<br />
VIOLINE<br />
Lena Neudauer, 1984 in München geboren,<br />
gab bereits mit 10 Jahren ihr erstes Konzert<br />
mit Orchester, kam kurz darauf in die<br />
Klasse von Helmut Zehetmair an das<br />
Mozarteum in Salzburg, um später bei<br />
Thomas Zehetmair und zuletzt bei Christoph<br />
Poppen zu studieren. Wertvolle<br />
Impulse erhielt sie von Felix Andrievsky,<br />
Ana Chumachenco, Midori Goto, Nobuko<br />
Imai und Seiji Ozawa. Schon früh errang<br />
Lena Neudauer internationale Aufmerksamkeit<br />
und musizierte mit Orchestern wie<br />
dem Münchener Kammerorchester, den<br />
Nürnberger, Brandenburger sowie Münchner<br />
Symphonikern, der Deutschen Kammerakademie<br />
Neuss, den Salzburg<br />
Chamber Soloists, dem Orchestre National<br />
de Belgique oder der Polnischen Kammer -<br />
philharmonie.<br />
Seit einigen Jahren widmet sich Lena<br />
Neudauer regelmäßig auch der Neuen<br />
Musik und arbeitete u.a. mit dem Ensemble<br />
Intercontemporain und Pierre Boulez sowie<br />
dem Österreichischen Ensemble für Neue<br />
Musik. In ihrer künstlerischen Tätigkeit<br />
nimmt die Kammermusik ebenfalls eine<br />
wichtige Rolle ein. So gastierte sie bei<br />
Festivals wie Mozartwoche Salzburg, Festspiele<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein<br />
Musik Festival, Braunschweig<br />
Classix, Festival der Nationen in Bad<br />
Wörishofen und Festival Musical Olympus<br />
in St. Petersburg.<br />
Lena Neudauer spielt auf einer Geige<br />
von Lorenzo Guadagnini aus dem Jahr<br />
1743.<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
25
ALVARO PARRA<br />
VIOLINE<br />
Alvaro Parra begann mit sieben Jahren<br />
Geige zu spielen. Er kam 1996 aus seiner<br />
Heimat Chile nach Deuschland und<br />
studierte bis 2001 an der Hochschule für<br />
Musik „Hanns Eisler“ in Berlin bei Stephan<br />
Picard und Michael Mücke. Danach folgten<br />
zwei Jahre an der Orchester-Akademie der<br />
Berliner Philarmoniker, wo er bei Toru<br />
Yasunaga und Thomas Timm Unterricht<br />
erhielt.<br />
2005 wurde er zu einer Professur an die<br />
„Universidad Católica“ in Santiago de Chile<br />
berufen. 2007 erhielt er den „Victor Tevah“-<br />
Preis vom Orquesta Sinfónica de Chile für<br />
den Auftritt als Solist im Brahms’<br />
Doppelkonzert für Violine, Violoncello und<br />
Orchester.<br />
Seit 2008 lebt Alvaro Parra wieder in<br />
Berlin, ist Mitglied der ersten Geigen beim<br />
Konzerthausorchester Berlin und widmet<br />
sich mit besonderer Vorliebe der<br />
Kammermusik.<br />
RAHEL MARIA<br />
RILLING<br />
VIOLINE<br />
Rahel Rilling, geboren in Stuttgart, erhielt<br />
ihren ersten Violinunterricht im Alter von<br />
4 Jahren. Sie studierte bei Wolf-Dieter<br />
Streicher in Stuttgart, bei Yair Kless in<br />
Tel Aviv, bei Michael Mücke an der Hanns-<br />
Eisler Musikhochschule Berlin und bei<br />
Nora Chastain an der Musikhochschule<br />
Zürich/Winterthur. Zusätzliche musikalische<br />
Impulse erhielt sie bei Meisterkursen von<br />
Zakhar Bron, Joseph Silverstein und<br />
Mauritio Fuks.<br />
Rahel Rilling war drei Jahre lang<br />
Stimmführerin der 2. Violinen beim<br />
Sinfonieorchester des NDR in Hamburg.<br />
Als Konzertmeisterin ist sie heute beim<br />
Oregon Bach Festival sowie im Bach-<br />
Collegium Stuttgart tätig.<br />
Rahel Rilling ist solistisch und<br />
<strong>kammermusik</strong>alisch sehr aktiv und zu Gast<br />
bei diversen Festivals in den USA,<br />
Südamerika und Europa. 2006 gründete sie<br />
ihr eigenes Kammermusik<strong>festival</strong><br />
Hohenstaufen bei Stuttgart. Ferner gab sie<br />
Meisterkurse an mehreren<br />
Musikhochschulen in Venezuela.<br />
Als Solistin konzertierte sie im In- und<br />
Ausland, u.a. mit dem Orquestra Sinfonica<br />
di Milano „Giuseppe Verdi“, dem Simon<br />
Bolivar Orchester in Caracas, dem<br />
Stuttgarter Kammerorchester und dem<br />
Sinfonieorchester des NDR Hamburg.<br />
Rahel Rilling spielt eine Violine von Tomaso<br />
Balestrieri, Cremona, aus dem Jahre 1767.<br />
26<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
SARA MARIA<br />
RILLING<br />
VIOLA<br />
Sara Maria Rilling wurde in Stuttgart<br />
geboren. Ihre erste musikalische<br />
Ausbildung erhielt sie auf dem Klavier.<br />
Während der Schulzeit bekam sie<br />
Bratschenunterricht bei Friedrich Rüstig<br />
und Enrique Santiago an der<br />
Musikhochschule in Stuttgart.<br />
Nach dem Abitur begann sie ihr<br />
Violastudium in Salzburg bei Jürgen Geise<br />
und setzte es in Berlin bei Professor Erich<br />
Krüger und Stefan Fehlandt fort. Ihr Diplom<br />
absolvierte sie in Weimar bei Erich Krüger.<br />
Weitere musikalische Impulse erhielt sie in<br />
Meisterklassen mit Hariolf Schlichtig,<br />
Jürgen Kussmaul, Paul Coletti und Thomas<br />
Kakuska. Seit vielen Jahren ist sie Mitglied<br />
im Bach-Collegium Stuttgart unter<br />
Helmuth Rilling, gründete das Robert Kahn<br />
Trio und ist Mitglied des Orpheus Chamber<br />
Ensemble.<br />
Sie konzertierte im Israel Philharmonic<br />
Orchestra und spielte unter Dirigenten wie<br />
Claudio Abbado, Krzysztof Penderecki,<br />
Gustavo Dudamel und Zubin Mehta.<br />
Nach ihrem Studium lebte sie einige<br />
Jahre in Venezuela, um dort Kindern aus<br />
den Armenvierteln durch Musik ein<br />
anderes soziales Bewusstsein zu geben.<br />
Außerdem war sie dort als Kammer -<br />
musikerin und Solistin tätig. Solistische und<br />
<strong>kammermusik</strong>alische Auftritte führten sie<br />
auch nach Kolumbien, Israel, in die<br />
Vereinigten Staaten und nach Japan.<br />
PAUL RIVINIUS<br />
PIANOFORTE<br />
Paul Rivinius, Jahrgang 1970, bekam seinen<br />
ersten Klavierunterricht im Alter von fünf<br />
Jahren. Seine Lehrer waren zunächst Gus -<br />
taf Grosch in München sowie Alexander<br />
Sellier, Walter Blankenheim und Nerine<br />
Barrett an der Musikhochschule Saar -<br />
brücken. Nach dem Abitur studierte er zusätzlich<br />
Horn bei Marie-Luise Neunecker<br />
an der Frankfurter Musikhochschule und<br />
setzte sein Klavierstudium bei Raymund<br />
Havenith fort. 1994 belegte er die Meisterklasse<br />
von Gerhard Oppitz an der Musikhochschule<br />
München, die er 1998 mit Auszeichnung<br />
abschloss.<br />
Paul Rivinius war langjähriges Mitglied<br />
im Bundesjugendorchester und im Gustav-<br />
Mahler-Jugendorchester. Darüber hinaus<br />
feierte er beachtliche Erfolge mit dem 1986<br />
gegründeten Clemente Trio, das nach mehreren<br />
Auszeichnungen 1998 den renommierten<br />
ARD-Wettbewerb in München gewann<br />
und anschließend als ausgewähltes<br />
„rising star“-Ensemble in den zehn wichtigsten<br />
Konzertsälen der Welt gastierte, so<br />
u.a. in der New Yorker Carnegie Hall und in<br />
der Wigmore Hall London. Außerdem spielt<br />
Paul Rivinius mit seinen Brüdern Benjamin,<br />
Gustav und Siegfried im „Rivinius Klavier-<br />
Quartett“ sowie zusammen mit Musikern<br />
des Deutschen Symphonie-Orchesters<br />
Berlin im Akanthus Ensemble. Seit 2004 ist<br />
er Pianist des Mozart Piano Quartet. Paul<br />
Rivinius unterrichtet als Professor für Kammermusik<br />
an der Musikhochschule „Hanns<br />
Eisler“ in Berlin.<br />
<strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong><br />
27
DANIEL RÖHN<br />
VIOLINE<br />
Daniel Röhn, 1979 geboren, führt in dritter<br />
Generation eine musikalische Familientradition<br />
weiter, die sein Großvater Erich Röhn<br />
als Erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker<br />
unter Wilhelm Furtwängler begann.<br />
Einer frühen geigeri schen Ausbildung<br />
durch seinen Vater Andreas Röhn<br />
folgten Studien bei Ana Chumachenco an<br />
der Münchner Musik hoch schule. Rat und<br />
Inspiration fand er außerdem bei Yuri<br />
Bashmet, Ivry Gitlis, Ruggiero Ricci und<br />
Pinchas Zukerman.<br />
Als Solist konzertierte Daniel Röhn bereits<br />
mit zahlreichen Orchestern (z.B. Radio-Sinfonieorchester<br />
Stuttgart, Sym pho -<br />
nieorchester des Bayerischen Rund funks,<br />
Königliche Philharmoniker Stockholm) in<br />
vielen europäischen Ländern, den USA,<br />
Mexiko und Asien. Im Namen der „rising<br />
stars“ führte ihn eine Tournee durch viele<br />
der bedeutenden Konzertsäle Europas und<br />
in die Carnegie Hall.<br />
Als Kammermusiker war er bei verschiedenen<br />
Festivals zu Gast (Rheingau, Schleswig-Holstein,<br />
Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Deauville etc.) Seiner Debütaufnahme mit<br />
Mendelssohns Violinkonzert folgte eine mit<br />
dem „diapason d’or“ ausgezeichnete CD<br />
mit Schubert, Paganini und Waxman.<br />
JANUSZ WIDZYK<br />
KONTRABASS<br />
Janusz Widzyk wurde im polnischen<br />
Zywiec geboren und spielt seit seinem<br />
13. Lebensjahr Kontrabass. Er studierte zunächst<br />
an der Musikakademie in Krakau<br />
und setzte 1996 sein Studium an der Hochschule<br />
für Musik in Köln fort. 1998 gewann<br />
er den ersten Preis beim Internationalen<br />
Musikwettbewerb in Genf.<br />
1997 engagierte ihn das Orchester der<br />
Beethovenhalle Bonn als Solo-Bassisten,<br />
drei Jahre später übernahm Janusz Widzyk<br />
die gleiche Position beim NDR-Symphonieorchester<br />
in Hamburg. Seit 2001 gehört er<br />
zur Kontrabassgruppe der Berliner Philharmoniker.<br />
Darüber hinaus konzertiert er als<br />
Solist und Kammermusiker in Polen, der<br />
Schweiz, Finnland, Deutschland, Italien und<br />
Venezuela.<br />
Janusz Widzyk, der seine Vorliebe zur<br />
Kammermusik in der 2001 gegründeten<br />
Philharmonischen Camerata Berlin beweist,<br />
spielt einen Kontrabass von Nándor<br />
Brückner.<br />
28 <strong>kammermusik</strong><strong>festival</strong><strong>hohenstaufen</strong>
IMPRESSUM<br />
© Kammermusik Festival Hohenstaufen<br />
Künstlerische Leitung: Rahel Maria Rilling<br />
Organisation: Dr. Ulrich Grill<br />
Inhalt, Gestaltung, Redaktion: Holger Schneider<br />
Layout, Herstellung: Werner Böttler<br />
Logo, Titelgrafik: StudioKrimm Berlin<br />
www.<strong>hohenstaufen</strong>-<strong>festival</strong>.de