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Textbuch - ZDF Fernsehgottesdienst

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TEXTBUCH<br />

Evangelischer Gottesdienst im Zweiten Deutschen Fernsehen<br />

Sendetitel:<br />

Übertragungsort:<br />

Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Evangelischen Kirche<br />

in Unterhaus / Millstätter See<br />

Sendedatum: 09. März 2008<br />

Sendezeit: 9:30 – 10:15 Uhr<br />

Mitwirkende:<br />

Musikalische Gestaltung<br />

Konzeption:<br />

Redaktion:<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca<br />

Lektor: Christian Kohl<br />

Darstellende: Andrea Koch, Johanna<br />

Lerchner und Kurt Oberlerchner als Kinder;<br />

Franz Koch als Vater.<br />

Singgemeinschaft Unterhaus<br />

Leitung: Christine Rubenthaler<br />

Harfe: Teresa Angerer<br />

Querflöte: Johanna Claus<br />

Organistin: Hiltrud Glawischnig<br />

Dr. Christoph Weist<br />

Stephan Fritz<br />

Thomas Bogensberger<br />

Ingo Witt<br />

Kontaktadresse zur Gemeinde:<br />

Stand:<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca<br />

Unterhaus 15<br />

A-9871 Seeboden am Millstätter See<br />

Sendefassung


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Vorfilm<br />

Lied: Übar dö Stapflan aufe zan Betn<br />

Übar dö Stapflan aufe zan Betn<br />

Übar dö Stapflan hinter zan Betn<br />

andan: wo aner liegt, muaßt ihn tragn<br />

über di Stapflan aufe zan Betn<br />

Betn, Betn<br />

Übersetzung ins Hochdeutsche:<br />

Über die Stufen hinauf zum Beten,<br />

Über die Stufen hinüber zum Beten,<br />

dorthin, wo jemand liegt (begraben), mußt du ihn tragen<br />

über die Stufen hinauf zum Beten<br />

Beten, Beten<br />

Auch heute gehen wieder viele den Weg hinauf zu ihrer Kirche!<br />

Günther Mittergradnegger (+1992)<br />

"Über die Stufen, hinauf zum Beten." - So hat es der Chor gerade in dem schönen<br />

Kärntnerlied gesungen.<br />

Manchmal geht man mit fröhlichem Herzen den Weg hinauf zur Kirche: Besonders<br />

dann, wenn eine Taufe oder Hochzeit oder anderer Festgottesdienst gefeiert<br />

wird.<br />

Manchmal geht man den Weg aber auch mit schwerem Herzen: Vor allem dann,<br />

wenn ein trauriger Anlass ist.<br />

Es gibt aber auch Situationen, wo man so traurig, so niedergeschlagen ist, wo<br />

man am Boden liegt; wo man vielleicht nicht mehr aufblicken und gehen kann. In<br />

so einer Situation müssen die Anderen einen tragen. Und dann darf man sich<br />

auch mittragen lassen.<br />

"Wenn einer liegt, mußt ihn tragen", so heißt es in dem Lied.<br />

Wenn wir jetzt in die Kirche gehen, dann tun wir das - mit Freud oder Leid im<br />

Herzen - gerade in der Passionszeit im Blick auf Jesus Christus hin.<br />

Ich lade Sie herzlich ein, gemeinsam mit uns diesen Gottesdienst nun zu feiern.<br />

Orgelvorspiel<br />

Begrüßung<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Ich begrüße Sie sehr herzlich zu unserem<br />

Gottesdienst! Alle, die Sie hier in der Kirche sind, und alle, die Sie über das<br />

Fernsehen mit dabei sind!<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 1


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Im biblischen Wochenspruch steht: Jesus ist nicht gekommen, um sich dienen<br />

zu lassen. Sondern er ist gekommen, um uns zu dienen! (Mt 20,28)<br />

Christian Kohl: So feiern wir diesen Gottesdienst in der Gewissheit, dass Gott<br />

mitten unter uns gegenwärtig ist:<br />

Der Vater, der diese Welt und uns ins Leben gerufen hat.<br />

Der Sohn, der uns zu einem sinnvollen, erfüllten Leben befreit.<br />

Und die Heilige Geisteskraft, die uns ermutigt und befähigt, das Leben zu lieben<br />

und zu gestalten.<br />

Amen.<br />

Lied: Gott ist gegenwärtig, EG 165, 1+8<br />

1. Gott ist gegenwärtig.<br />

Lasset uns anbeten<br />

und in Ehrfurcht vor ihn treten.<br />

Gott ist in der Mitte.<br />

Alles in uns schweige<br />

und sich innigst vor ihm beuge.<br />

Wer ihn kennt,<br />

wer ihn nennt,<br />

schlag die Augen nieder;<br />

kommt, ergebt euch wieder.<br />

8. Herr, komm in mir wohnen,<br />

laß mein' Geist auf Erden<br />

dir ein Heiligtum noch werden;<br />

komm, du nahes Wesen,<br />

dich in mir verkläre,<br />

daß ich dich stets lieb und ehre.<br />

Wo ich geh,<br />

sitz und steh,<br />

laß mich dich erblicken<br />

und vor dir mich bücken.<br />

Text: Gerhard Tersteegen (1697 - 1769), Melodie: Wunderbarer König (Nr. 327)<br />

Psalmgebet (Kyrie)<br />

Christian Kohl: Lasst uns beten:<br />

Gott, du bist unsere Hilfe, denn dir ist nicht fremd, was uns Kummer macht in<br />

der Tiefe unserer Seelen.<br />

Du kennst die Unruhe, die uns umtreibt, du weißt um die Not unserer Herzen.<br />

So lass uns doch spüren dein Licht und deine Wahrheit, dein Recht und deine<br />

Rettung, jetzt, in diesem Gottesdienst, und alle Zeit unseres Lebens, damit wir<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 2


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

dich loben voll Freude und Dank.<br />

Amen.<br />

Lied: Wohin soll ich mich wenden, EG 802,1+3<br />

1. Wohin soll ich mich wenden,<br />

Wenn Gram und Schmerz mich drücken ?<br />

Wem künd' ich mein Entzücken,<br />

Wenn freudig pocht mein Herz ?<br />

Zu dir, zu dir, o Vater,<br />

Komm' ich in Freud' und Leiden,<br />

Du sendest ja die Freuden,<br />

Du heilest jeden Schmerz.<br />

3. Doch darf ich dir mich nahen,<br />

mit mancher Schuld beladen?<br />

Wer auf der Erden Pfaden<br />

ist deinem Auge rein?<br />

Mit kindlichem Vertrauen<br />

eil´ ich in Vaters Arme,<br />

fleh´ reuerfüllt:<br />

Erbarme, erbarm´, o Herr, dich mein!<br />

Text: Johann Philipp Neumann (1774-1849), Melodie: Franz Schubert (+1828)<br />

Gnadenzusage<br />

Christian Kohl: Gott denkt an uns. Noch bevor wir ihn begreifen steht uns<br />

Christus zur Seite. Er gibt uns ein Zeichen des Friedens und eröffnet uns ein Leben<br />

in Fülle.<br />

Lied: Ja wer lebt nit gern<br />

1. Ja wer leb' denn nit gern, wanns ums Herz<br />

umablüueht, amal weiß, amal grean, amal roat?<br />

Wann de Freid drübawaht, wiar a wundasams Liad,<br />

is vagessn da bittare Toad.<br />

2. Wann i schaug, wia Dei Herz von da Liab übageaht<br />

und Dei Troast meine Zacha vertreib:<br />

ja, wer leb denn nit gern, wann a gspüart und vasteaht,<br />

wia uns alln dei Nachbaschaft bleib?<br />

3. Und so weicht halt da Tag und so kimp halt de Nacht,<br />

und ka Nacht kann so finsta nit sein.<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 3


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Is dei Stimm in da Früeh, de mei Herz munta macht,<br />

und Dei Liacht hat an ewign Schein.<br />

Übersetzung ins Hochdeutsche:<br />

1. Ja - wer lebt denn nicht gern, wenn es um das Herz<br />

herum blüht, einmal weiß, einmal grün, einmal rot?<br />

Und wenn die Freude darüber weht, wie ein wunderbares Lied,<br />

ist vergessen der bittere Tod.<br />

2. Wenn ich schau, wie dein Herz vor Liebe überquillt (-geht)<br />

und dein Trost meine Tränen vertreibt:<br />

Ja, wer lebt dann nicht gern, wenn er spürt und versteht,<br />

wie du immer unter uns bist.<br />

(wie uns allen deine Nachbarschaft bleibt)<br />

3. Und der Tag vergeht und es folgt die Nacht<br />

und keine Nacht kann so finster sein,<br />

dass deine Stimme am Morgen, nicht mein Herz munter macht<br />

und dein Licht hat einen ewigen Schein.<br />

Anspiel - Rose<br />

Darstellende: Andrea Koch, Johanna Lerchner und Kurt Oberlerchner als Kinder;<br />

Franz Koch als Vater.<br />

Material: Rosenstrauß in Papier, kleiner Tisch, Blumenvase<br />

Bühnenbild: kleiner Tisch in der Mitte, Johanna und Kurt stehen links und<br />

rechts davon.<br />

Ablauf:<br />

Der VATER kommt etwas hektisch aus der Sakristei mit einem noch verpackten<br />

Blumenstrauß in Händen, legt diesen auf den Tisch mit den Worten:<br />

„Kinder, ich muss jetzt schnell fahren, sonst komme ich zu spät. Ich möchte<br />

die Mama nicht warten lassen. Packt mir bitte den Strauß aus und richtet ihn<br />

schön in eine Vase, dann stellt ihr ihn auf den Tisch!“ Im Hinausgehen ruft er<br />

noch:<br />

„Ich bin gleich wieder da!“...<br />

JOHANNA nimmt die Blumen in die Hand und atmet tief ein:<br />

„Hmmhm, wie die riechen, die duften ja durch das Papier hindurch! Halte sie<br />

einmal, Kurti, damit ich sie auswickeln kann.“ Sie gibt sie Kurti in die Hand und<br />

wickelt den Strauß aus.<br />

„Ma, sind die schön!“<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 4


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

ANDREA kommt mit einer Vase in der Hand hinter dem Altar hervor und sagt:<br />

„Wie lange braucht ihr denn noch zum Auspacken, beeilt euch, die Mama ist<br />

sicher jeden Moment da! Gebt her, ich mach das!“ Andrea stellt die Vase auf den<br />

Tisch, nimmt die Rosen und stellt sie dort hinein. „So!“ Beim Zurechtzupfen des<br />

Straußes sticht sie sich plötzlich:<br />

„Au!“ zuckt zurück, betrachtet ihren verletzten Finger und gibt diesen in ihren<br />

Mund.<br />

JOHANNA wendet sich Andrea zu:<br />

„Zeig her!“ schaut dabei mitfühlend.<br />

KURT schaut ebenso interessiert und erstaunt:<br />

„Bhoa! Ganz schön gefährlich, diese Blumen...<br />

...mit Gänseblümchen wäre Dir das nicht passiert.“<br />

Lesung: Phil. 2,3-11<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Hören wir, was der Apostel Paulus an<br />

die Gemeinde in Philippi schreibt: Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre<br />

willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst, und ein<br />

jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.<br />

Seid so unter euch gesinnt, wie es auch der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:<br />

Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott<br />

gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward<br />

den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte<br />

sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz. Darum hat<br />

ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist,<br />

dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und<br />

auf Erden und unter der Erde sind. Und alle Zungen bekennen sollen, dass Jesus<br />

Christus der Herr ist, zur Ehre Gottes, des Vaters. Herr, dein Wort ist unseres<br />

Fußes Leuchte und ein Licht auf unseren Wegen. Amen.<br />

Orgel und Gemeinde: Amen. Amen.<br />

Credo<br />

Wir bekennen gemeinsam unseren christlichen Glauben.<br />

Alle: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels<br />

und der Erde, und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren<br />

Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria,<br />

gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen<br />

in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren<br />

in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von<br />

dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den<br />

Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Verge-<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 5


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

bung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.<br />

Kollektenlied: Ubi-caritas, EG 645<br />

Ubi caritas et amor, ubi caritas, Deus ibi est.<br />

Wo die Liebe wohnt und Güte, wo die Liebe wohnt, da ist unser Gott.<br />

Predigt Teil 1: Lebensdimensionen<br />

Text, Melodie und Satz: Jacques Berthier, Taizé 1981<br />

Satz: Christian Kohl, Unterhaus 2008<br />

Christian Kohl: Rosen und Dornen - beides gehört wohl zusammen. Genauso<br />

wie Licht und Schatten.<br />

Das Leben mit seinen Höhen und Tiefen, mit Freud und Leid.<br />

Jung sein - und alt werden, gesund sein oder krank sein - lachen und weinen: In<br />

diesem Spannungsfeld verläuft unser Leben.<br />

Oft jedoch wünscht man sich, dass das Leben glatt verläuft, dass man verschont<br />

wird von größerem Leid und Unglück und dass man nicht in irgendwelche<br />

Fallen tappt...<br />

Doch neben allen schönen und bunten Erfahrungen gibt es eben auch die dunklen<br />

Momente.<br />

Könnte die Rose nicht Sinnbild sein für unser Leben?<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Am liebsten würde man die Rose glatt<br />

haben, nur Blüte, Stengel und Blätter. Die lästigen Dornen stören doch! Also<br />

brechen wir sie einfach ab.<br />

Aber geht das im Leben auch so? Lassen sich da die lästigen Dornen genauso<br />

einfach abbrechen?<br />

Denken wir z.B. an eine Freundschaft oder an eine Beziehung: Zunächst ist alles<br />

wunderbar, man ist fasziniert von der duftenden Rose und nimmt einzig und<br />

allein die schöne Blüte wahr.<br />

Solange die Beziehung blüht und sorgenfrei verläuft, ist alles o. k.<br />

Aber hält eine Freundschaft oder Beziehung auch dann noch, wenn ich die Dornen-<br />

und Schattenseiten des anderen spüre? Nehme ich den anderen auch mit<br />

seinen Dornenseiten an? Oder lasse ich ihn dann einfach fallen?<br />

Christian Kohl: Ich kann die unangenehmen, schmerzlichen Seiten nicht ausklammern.<br />

Mein Leben besteht nicht nur aus Spaß und ich kann auch nicht immer nur von<br />

Erfolg zu Erfolg eilen.<br />

Es gibt auch die Niederlagen, die Enttäuschungen, die Trauer, den Schmerz:<br />

Wie gehe ich damit um?<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 6


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Musik<br />

Predigt Teil 2: Christusbild<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: In der Passionszeit geht mein Blick<br />

auch auf Jesus Christus hin.<br />

Unser Altarbild zeigt Jesus inmitten seiner Jünger. Sie sitzen um einen Tisch<br />

und feiern das letzte Mahl. Eine lebensfrohe und bunte Darstellung. Eine helle,<br />

einladende und lichtvolle Szene.<br />

Jesus im Zentrum, die Augen der Jünger sind auf ihn gerichtet, nur Judas wendet<br />

sich ab. Keine Frage: Hier ist Jesus als Herr und Meister abgebildet.<br />

Christian Kohl: Aber auf den 2. Blick entdeckt man noch eine andere Szene,<br />

versteckt und eher unscheinbar. In dunklen Farben ist sie gemalt: Eine Schale -<br />

ein Krug...<br />

Es ist die Erzählung von der Fußwaschung.<br />

Nur im Johannesevangelium ist uns diese Geschichte überliefert:<br />

Hören wir daraus die wichtigsten Passagen:<br />

Lesung: Predigttext aus Joh 13, 4.5+12-15<br />

"Achtung: Fett gedruckte Worte verändert"<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Da stand Jesus vom Tisch auf, legte<br />

sein Obergewand ab und nahm einen Schurz und umgürtete sich. Danach goß er<br />

Wasser in ein Becken, fing an, den Jüngern die Füße zu waschen, und trocknete<br />

sie mit dem Schurz, mit dem er umgürtet war.<br />

Als er nun ihre Füße gewaschen hatte, nahm er seine Kleider und setzte sich<br />

wieder nieder und sprach zu ihnen: Wißt ihr, was ich euch getan habe? Ihr nennt<br />

mich Meister und Herr und sagt es mit Recht, denn ich bin's auch. Wenn nun ich,<br />

euer Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr euch<br />

untereinander die Füße waschen. Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr<br />

tut, wie ich euch getan habe.<br />

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.<br />

Musik<br />

Predigt Teil 3: Auslegung des Predigttextes<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Liebe Gemeinde, mitten beim Abendessen<br />

stand Jesus auf und begann seinen Weggefährten die Füße zu waschen und<br />

zu trocknen. Er selbst, er der Herr und Meister! Man kann sich gut vorstellen,<br />

dass die Überraschung und das Erschrecken darüber groß waren! Jesus vertauscht<br />

hier die Rolle des Herren mit der Rolle des Dieners.<br />

Jemanden die Füße waschen - das war und ist der niedrigste Dienst.<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 7


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Die große Abendmahlsdarstellung schließt diese Szene am Rande mit ein.<br />

Jesus wäscht seinen Jüngern den Staub von den Füßen. Aber Füße werden nicht<br />

nur staubig und schmutzig im Leben. Sie tragen auch symbolisch die ganze Last<br />

des Menschen. Sie gehen unzählige Wege: gerade Wege, aber auch so manche<br />

Verirrungen des Lebens.<br />

Indem Jesus seinen Jüngern den Staub von den Füßen wäscht, erniedrigt er sich<br />

nicht nur vor ihnen. Sondern er nimmt sie so an, wie sie sind.<br />

Genauso nimmt er mich an. Auch wenn ich von Dornen zerkratzt und zerstochen<br />

bin. Er nimmt mich an mit meinen dunklen Seiten, mit allem Staub, allem<br />

Dreck, allen Verirrungen. Selbst mit den Dingen, die mir peinlich sind.<br />

Jesus selber hat die Dornenkrone getragen und ausgehalten. Er ist sogar den<br />

Weg bis ans Kreuz gegangen.<br />

Als er zuvor seinen Jüngern die Füße gewaschen hat, hat er uns die hingebende<br />

Liebe gezeigt. ER erniedrigt sich, beugt sich ganz hinunter, bis in den Staub der<br />

Erde. Er zeigt uns: auch dich, der du niedergedrückt bist, auch dich, die du traurig<br />

bist und nur noch die Dornen im Leben spürst und siehst - dich nehme ich an.<br />

Und dieses Beispiel gebe ich euch!<br />

Liebe Gemeinde! Wenn ich mich von Gott so angenommen weiß, dann kann ich<br />

mein Leben in allen Farben und Schattierungen, mit Rosen und Dornen annehmen.<br />

Dann kann ich auch versuchen, meinen Nächsten anzunehmen und dem anderen<br />

mit Liebe und Hingabe begegnen.<br />

Christian Kohl: Liebe Gemeinde, das höchste Geheimnis der Gemeinschaft mit<br />

Gott liegt für viele Christen im Sakrament des Heiligen Abendmahls verborgen.<br />

Aber beginnt denn meine Begegnung mit dem Heiligen Gott erst am Tisch des<br />

Herrn?<br />

Wie kann ich mit dem Heiligen, mit dem Göttlichen in Berührung kommen? Das<br />

ist eine zentrale Frage in allen Religionen. Da gibt es oft eine lange Liste von<br />

Dingen, die ich als Mensch erst absolvieren muss, ehe ich zum "Allerheiligsten"<br />

vorgelassen werde.<br />

Was für ein Licht wirft doch die Erzählung von der Fußwaschung auf diese Frage!<br />

Denn da wird eines sofort klar: Die Gottesbegegnung beginnt nicht erst bei der<br />

Tischgemeinschaft - sie beginnt bereits bei der Fußwaschung.<br />

Nicht ich muss mich erst der Nähe Gottes würdig erweisen: Nein, Gott kommt<br />

mir entgegen!<br />

Aber er kommt mir nicht nur als Lichterglanz von oben entgegen, sondern er<br />

begegnet mir schon ganz unten: Mitten im Dornengestrüpp meines Lebens, in<br />

meiner Schuld, mitten in den Sorgen meines Alltags.<br />

Liebe Gemeinde, was für eine befreiende Botschaft!<br />

Ich muss nicht erst aus den Niederungen dieser Welt entfliehen, ein Geistwe-<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 8


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

sen werden oder sonst irgendwie esoterisch abheben.<br />

Ich darf so zu Gott kommen, wie ich bin: Mit all meinen Schwächen, mit all<br />

meiner Schuld, mit all meinem Schmerz.<br />

Freilich, eines dürfen wir nicht übersehen: Jesus sagt nicht: "Ach, nicht so<br />

schlimm, eure schmutzigen Füße, kommt ruhig mit ungewaschenen Füßen an<br />

meinen Tisch!"<br />

Gott ist Heilig.<br />

Aber ich muss nicht erst heil werden, um ihm begegnen zu können. Nein, er<br />

nimmt mich an, so wie ich bin. Er dient mir, er wäscht mir die Füße und macht<br />

mich heil.<br />

Musik<br />

Predigt Teil 4: Dornen und Rosen<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Ein arabisches Sprichwort sagt:<br />

Ärgere dich nicht, daß der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue dich, daß<br />

der Dornenstrauch Rosen trägt.<br />

Ein Rosenstock, der gerade nicht blüht, ist ja keine besonders schöne Pflanze,<br />

und dann hat sie auch noch all diese spitzen Dornen!<br />

Trotzdem gibt es für einen wahren Gärtner nichts Schöneres, als einen Rosenstock<br />

zu pflanzen und ihn zu hegen und zu pflegen.<br />

Viele Rosenbüsche blühen z.B. nur zweimal im Jahr. Und doch würde kein<br />

Mensch auf die Idee kommen, sie auszureißen und wegzuwerfen, weil sie ja nur<br />

so selten blühen.<br />

Im Gegenteil: es gibt nichts wundervolleres, als die Zeit wo sich die ersten<br />

Knospen bilden. Und dann der lang herbeigesehnte Moment, wenn sich die erste<br />

Blüte entfaltet.<br />

Liebe Gemeinde, genauso ist es mit unserem Leben.<br />

Mag uns vieles im Leben vielleicht noch so unansehnlich erscheinen und wir uns<br />

immer wieder an den spitzen Dornen stechen:<br />

Es kommt der Moment, wo sich wieder eine duftende Blüte entfaltet, und dann<br />

ist alle Mühe und aller Ärger vergessen. Diese kostbaren Augenblicke sind es, für<br />

die wir leben.<br />

Wir können auch anderen helfen, solche dankbaren, wunderbaren Augenblicke<br />

wieder wahrzunehmen. Wir sollen den anderen, wenn er auf dornigen, mühevollen<br />

Wegen unterwegs ist, liebevoll unterstützen und begleiten. Und den, der<br />

nicht mehr aufblicken und gehen kann, mittragen.<br />

Rosen und Dornen. Beides gehört zusammen.<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 9


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Die Dornen weisen uns hin auf die Mühen des irdischen Lebens.<br />

Aber die Rosenblüten in ihrer vollkommenen und einmaligen Schönheit erinnern<br />

uns an die Macht der Liebe. An die Liebe, die alles überwindet und sogar<br />

über den Tod hinaus Bestand hat. Eine Liebe, die den österlichen Horizont im<br />

Blick hat. Amen.<br />

Lied: So hoch is ka Berg<br />

1. So hoach is ka Berg und so tiaf is ka<br />

Tal, daß aufn nit fliagat a<br />

Vogl amal, daß oachn nit<br />

glangat a Sunnenstrahl, daß<br />

oachn nit glangat a Sunnenstrahl<br />

2. Ka Nacht is so lang, ka tag is so<br />

laar, ka sünd is so groaß und ka<br />

Toad is so schwar, dass hinta mein<br />

Sterbn ka leben nit war, daß<br />

hinta mein Sterbn ka leben nit war.<br />

3. A Riegl, a Reidn, a Rosnstockblüeh.<br />

I geah und i sing volla<br />

Freid wia noch nia! Da Moargnstern<br />

leichtet so schean in de Früah, da<br />

Moargnstern leichtat so schean in da Früah.<br />

Übersetzung ins Hochdeutsche:<br />

1. So hoch ist kein Berg und so tief ist kein<br />

Tal, dass hinauf nicht ein Vogel fliegen und hinunter nicht<br />

ein Sonnenstrahl gelangen könnte, dass<br />

hinunter nicht ein Sonnenstrahl gelangen könnte<br />

2. Keine Nacht ist so lang, kein Tag ist so<br />

leer, keine Sünde ist so groß und kein<br />

Tod ist so schwer, dass es nach meinem<br />

Sterben kein Leben mehr gäbe, dass<br />

es nach meinem Sterben kein Leben mehr gäbe.<br />

3. Ein Hügel, eine Kehre (Kurve), die Blüte eines Rosenstocks.<br />

Ich gehe und singe voll Freude. Der Morgenstern<br />

leuchtet so schön.<br />

Der Morgenstern leuchtet so schön.<br />

Sepp Ortner<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 10


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Fürbitten<br />

Christian Kohl: Lasst uns im Gebet unsere Anliegen vor Gott bringen:<br />

Gott, wir bitten für alle, die auf mühsamen und dornigen Wegen unterwegs<br />

sind, für alle, die von Sorgen und Nöten bedrückt sind:<br />

Andrea: Wir bitten dich für die Einsamen und Verlassenen.<br />

Kurt: Wir bitten dich für die Kranken und Hungernden.<br />

Johanna: Wir bitten dich für die Traurigen und Verzweifelten.<br />

Johanna Claus: Gott, wir bitten für die Starken, dass sie die Schwachen mittragen.<br />

Wir bitten für die Einflussreichen und Mächtigen, dass sie den Menschen und<br />

deiner Schöpfung verantwortlich dienen.<br />

Franz Koch: Gott, wir bitten um deinen Geist, den Geist deiner Liebe, der die<br />

Welt verwandeln kann.<br />

Wir bitten um Kraft und Mut, dass wir im Blick auf Jesus Christus leben können.<br />

Amen.<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Unsere Bitten und unsern Dank nehmen<br />

wir in das Gebet auf, das uns Christus gelehrt hat:<br />

Vater Unser<br />

Alle: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme,<br />

dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns<br />

heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.<br />

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.<br />

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.<br />

Schlusslied: Komm, Herr, segne uns, EG 170, 1-3<br />

1. Komm, Herr, segne uns, daß wir uns nicht trennen,<br />

sondern überall uns zu dir bekennen.<br />

Nie sind wir allein, stets sind wir die Deinen.<br />

Lachen oder Weinen wird gesegnet sein.<br />

2. Keiner kann allein Segen sich bewahren.<br />

Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen.<br />

Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,<br />

schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.<br />

Text und Melodie: Dieter Trautwein 1978<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 11


Auf den zweiten Blick – Dornen und Rosen<br />

Segen (aronitisch)<br />

Pfarrerin Mag. Dagmar Wagner-Rauca: Wir bitten um Gottes Segen:<br />

So geht nun hin und haltet Ausschau nach den Rosenblüten in eurem Leben.<br />

Habt Geduld, und vertraut auf die verwandelnde Kraft der Liebe Gottes.<br />

Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse leuchten sein Angesicht<br />

über dir und sei dir gnädig; der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir<br />

Frieden.<br />

Orgel und Gemeinde: Amen. Amen. Amen.<br />

Lied: Was is und was sein wird<br />

Was is und was sein wird, tragt das Wort "Amen"<br />

Wer kinnat mehr sagn wann er geglabt hat.<br />

Wann er darf gehen untan Segn<br />

hinter Dein Wort nach dreimal das Amen<br />

Amen, Amen<br />

Übersetzung ins Hochdeutsche:<br />

Was ist und was sein wird, trägt das Wort "Amen".<br />

Wer könnte mehr sagen, wenn er geglaubt hat.<br />

Wenn man unter deinem Segen gehen darf<br />

und nach deinem Wort lebt, dann folgt dreimal Amen<br />

Amen, Amen<br />

Orgelnachspiel<br />

Günther Mittergradnegger (+1992)<br />

<strong>Textbuch</strong> 09. März 2008 Seite 12

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