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Ausarbeitung des Vortrages von Prof. Dr. B. Enders

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Warum die Musikwissenschaft, die sich mit vielen physikalischen Objekten und<br />

Funktionalitäten befaßt, z.B. Instrumentenakustik, Raumakustik, mit physiologischen<br />

Vorgängen und psychologischen Phänomenen (z.B. beim Hören und Spielen), mit<br />

informatischen und medientechnologischen Fragestellungen, heute als<br />

Geisteswissenschaft zählt, kann ich mit historischen Gründen erklären, warum<br />

dagegen die Mathematik, die sich ausschließlich mit logischen Symbolen beschäftigt,<br />

die sich durch deduktive Methoden und einem axiomatischen Aufbau abstrakter<br />

Strukturen auszeichnet, heute zu den Naturwissenschaften gehört, weiß ich nicht.<br />

Ursprünglich war der Computer nur eine Art Rechenknecht, z.B. für<br />

Tabellenkalkulationen, später konnte er eben auch Texte verarbeiten, dann Graphiken,<br />

wie z.B. Noten, und Sounds, letzten En<strong>des</strong> alles, was sich irgendwie in Symbolen und<br />

Zahlen ausdrücken bzw. codieren läßt.<br />

Heute kann man ihn als multifunktionale und omnipräsente Denkmaschine betrachten,<br />

wenn man mit Denken nur den softwarebasierten Umgang mit Informationen aller<br />

Art meint. Und mit geeigneter Soundkarte und musikspezifischen Interfaces wird aus<br />

ihm ein omnipotentes Musikinstrument. Und sogar Taschenrechner können Musik<br />

erzeugen, wie die deutsche Elektronikformation Kraftwerk schon in den 80er Jahren<br />

wußte.<br />

Tetraktys der reinen Intervallproportionen<br />

"Alles ist Zahl", sagten die Pythagoräer - eine Gruppe <strong>von</strong> naturwissenschaftlich<br />

geprägten Denkern, gleichermaßen Philosophen, Mathematiker, Musikwissenschaftler<br />

und Politiker. Sie schätzten die Musik als Teil einer auf allgemein gültigen<br />

Zahlengesetzlichkeiten (= logos) beruhenden (organischen wie anorganischen)<br />

Weltordnung, deren harmonikale Struktur sich mit Hilfe eines einfachen Monochords,<br />

also einer über einem Resonanzkasten aufgespannten, klingenden Saite, hörbar,<br />

sinnfällig, also unmittelbar erfahrbar machen läßt. Das Monochord war hier kein<br />

Musik- sondern ein Meßinstrument.<br />

Weil Intervalle identisch mit Zahlenverhältnissen sind, geschieht dabei nichts anderes,<br />

"als daß eine intellektuell erfaßbare Zahlenquantität in eine seelisch erlebbare<br />

Sinnesqualität verwandelt wird", wie es ein zeitgenössischer Vertreter <strong>des</strong><br />

harmonikalen Pythagorismus ausdrückt. Für das pythagoräische Denken ist ein<br />

Zahlenverhältnis und das entsprechende musikalisches Intervall ein und dasselbe. Es<br />

ist nur folgerichtig, wenn die Welt <strong>des</strong> Klangs genau nach den gleichen harmonischen<br />

Prinzipien aufgebaut ist wie die Gesetze der Physik, der Astronomie und der<br />

Mathematik - und umgekehrt. "Alles ist Zahl", so lautet die Quintessenz. Die<br />

Sphärenmusik der pythagoräischen Schule ist real, denn gemeint ist tatsächlich, daß<br />

im Weltall Musik erklingt, hervorgerufen durch die naturgesetzlich geordneten<br />

Bahnen der Himmelskörper. Die Musik dient vorrangig zur wissenschaftlichen

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