Mysterium - Mysterien - Mysterienkulte - Internetloge.de
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Es ist, um <strong>de</strong>m Verständnis antiker <strong>Mysterien</strong> nahezukommen, ungemein<br />
wichtig, dieses Delphi nicht mit hineinzumengen. Da ist keinerlei Esoterik mit<br />
dabei. Es waren wohl einmal <strong>de</strong>lphische <strong>Mysterien</strong> auch vorhan<strong>de</strong>n. Spuren<br />
fin<strong>de</strong>n sich davon, aber <strong>de</strong>r Orakelbetrieb wur<strong>de</strong> sehr bald eine mehr<br />
geschäftliche Angelegenheit, fast ähnlich, nur immerhin wesentlich stilvoller in<br />
<strong>de</strong>r Regie als das Wirken so vieler mo<strong>de</strong>rner Wahrsager und Hellseher. Nie ist<br />
das »Nichterfassenkönnen« <strong>de</strong>ssen, was <strong>Mysterium</strong> heißt, tiefer ausgedrückt<br />
wor<strong>de</strong>n, als in jener gewaltigen Szene in »Faust« II, in <strong>de</strong>r Faust und Mephisto<br />
auf <strong>de</strong>r »finsteren Galerie« über das Reich <strong>de</strong>r Mütter sprechen. Für <strong>de</strong>n »Nur-<br />
Intellekt« Mephisto ist es absolute Einsamkeit, und die Bewegtheit <strong>de</strong>r Uri<strong>de</strong>en<br />
erscheint ihm als eine »Unterhaltung <strong>de</strong>s ewigen Sinnes«, das Ganze rational<br />
ein Nichts, weil es nicht stofflich ist. Faust aber spricht das aus, was <strong>de</strong>s<br />
Eingeweihten aller Zeiten Sehnsucht ist und was allein ihn zum Eingeweihten<br />
machen kann:<br />
»In <strong>de</strong>inem Nichts hoff ich, das All zu fin<strong>de</strong>n.« 29<br />
Darum, weil <strong>de</strong>r Faust Goethes ein Einweihungsmysterium darstellt (namentlich<br />
in seinem so wenig verstan<strong>de</strong>nen, wun<strong>de</strong>rbaren 2. Teil), läßt Goethe auch in <strong>de</strong>r<br />
»Klassischen Walpurgisnacht« <strong>de</strong>n sehnsuchtsvoll das Licht suchen<strong>de</strong>n Faust<br />
auf <strong>de</strong>m altgriechischen Symbol <strong>de</strong>r Sehnsucht, auf <strong>de</strong>m Kentauren Chiron, zu<br />
Manto in die Höhle unter <strong>de</strong>m Olymp tragen. Und Manto sagt bezeichnend<br />
genug:<br />
»Den lieb' ich, <strong>de</strong>r Unmögliches begehrt.<br />
Tritt ein, Verwegener, sollst dich freuen,<br />
Der dunkle Gang führt zu Persephoneien.« 30<br />
Der Myste, <strong>de</strong>r zu Persephone hinabsteigt, wird zu einem Wissen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r<br />
geistigen Welt. Er wird nicht »aufgeklärt« im Sinne einer rationalistischen<br />
Worterklärung <strong>de</strong>ssen, was jenseits aller Wortmöglichkeit liegt.<br />
Hier sehen wir das innerste Wesen <strong>de</strong>r <strong>Mysterien</strong>: Wissen durch Steigerung <strong>de</strong>r<br />
Erlebnismöglichkeit. Wissen bis zu <strong>de</strong>m Gra<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Goethe am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Faust<br />
in das Wort zusammenfaßt:<br />
»Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.«<br />
In diesen Worten ist die gewaltigste Umkehrung <strong>de</strong>s rationalistischen<br />
Grundprinzips gegeben. Nicht das rational Reale ist das objektiv Reale, nicht<br />
29 Die Szene "Finstere Galerie" "Faust" II, i zeigt Kenntnisse Goethes vom Ritual <strong>de</strong>r eleusinischen <strong>Mysterien</strong>.<br />
Denn die Stelle, wo Mephisto sagt: "Ein glühen<strong>de</strong>r Dreifuß tut dir endlich kund" bis zu <strong>de</strong>m Satz: "umschwebt<br />
von Bil<strong>de</strong>rn aller Kreatur", bezieht sich auf Vorgänge im Raum <strong>de</strong>s Lebensbaumes und vor Pluto, wie wir sie<br />
kurz in diesem Abschnitt geschil<strong>de</strong>rt haben.<br />
30 Goethe hat in unvergleichlicher Pietät vor <strong>de</strong>m einst Heiligsten darauf verzichtet, die Einweihungsszene "an<br />
<strong>de</strong>r Schwelle <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>s" preiszugeben. Er hatte Skizzen dazu gemacht, sie aber wie<strong>de</strong>r gestrichen.<br />
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