Gartenrecht: Partylärm und Grillgeruch - was ist erlaubt?
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MEIN SCHÖNER GARTEN<br />
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Telefon 0781/84-2592, Fax 0781/84-2254<br />
E-Mail: garten@burda.com<br />
Internet: www.mein-schoener-garten.de<br />
Ihr Recht im Garten: <strong>Partylärm</strong> <strong>und</strong> <strong>Grillgeruch</strong> – <strong>was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erlaubt</strong>?<br />
Grillpartys können den Nachbarfrieden beträchtlich<br />
stören. Der Grillme<strong>ist</strong>er freut sich<br />
über Steaks <strong>und</strong> heiße Würstchen, der<br />
Nachbar ärgert sich über Geruch, Qualm<br />
<strong>und</strong> Lärm. Leider bietet das Gesetz hier nur<br />
bedingt Hilfe, da nicht generell geregelt <strong>ist</strong>,<br />
wie <strong>und</strong> wann gegrillt <strong>und</strong> gefeiert werden<br />
darf.<br />
Nur in den Landesimmissionsschutzgesetzen<br />
von Brandenburg <strong>und</strong> Nordrhein-<br />
Westfalen wird ausdrücklich verboten, im<br />
Freien zu grillen, wenn dadurch die Nachbarschaft<br />
erheblich belästigt wird. Festgestellt<br />
muss dann nur noch werden, ob die<br />
Belästigung wirklich „erheblich“, das heißt<br />
nicht hinnehmbar <strong>ist</strong>. Die Gesetze beider<br />
Länder sehen bei Zuwiderhandlungen sogar<br />
ein Bußgeld vor.<br />
In anderen B<strong>und</strong>esländern gilt: Wenn der<br />
Nachbar wegen der erheblichen Geruchs<strong>und</strong><br />
Rauchbelästigung seine Fenster geschlossen<br />
halten muss, oder wenn er sich<br />
gar nicht mehr in seinem Garten aufhalten<br />
kann, dann kann er gegen seinen Nachbarn<br />
einen Unterlassungsanspruch nach<br />
§§ 906, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch<br />
(BGB) geltend machen. Weil aber das Gesetz<br />
nicht ausdrücklich regelt, <strong>was</strong> in jedem<br />
Einzelfall zulässig <strong>ist</strong>, beurteilen die Gerichte<br />
je nach den örtlichen Gegebenheiten<br />
sehr unterschiedlich. Die Bandbreite, wann<br />
Grillen <strong>erlaubt</strong> <strong>ist</strong>, reicht beispielsweise von<br />
höchstens zweimal im Jahr bis zweimal die<br />
Woche.<br />
Darf ich auch als Mieter grillen?<br />
Gehört ein Balkon oder Garten zur vermieteten<br />
Wohnung, so kann ihn der Mieter<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich nach seiner freien Verfügung<br />
nutzen, d. h. er darf Blumenkästen aufstellen,<br />
Rankgitter befestigen, die sogenannte<br />
„kleine Wäsche trocknen“, selbstverständlich<br />
rauchen <strong>und</strong> auch Gäste empfangen.<br />
Die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauches<br />
des Balkons <strong>ist</strong> dort erreicht, wo Mitmieter<br />
gestört werden bzw. die Bausubstanz<br />
beeinträchtigt <strong>und</strong> dadurch Rechte<br />
des Hauseigentümers verletzt werden. Soweit<br />
im Mietvertrag nicht ausdrücklich et<strong>was</strong><br />
anderes geregelt <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> das Grillen im<br />
Rahmen der genannten Beschränkungen<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich zulässig. Wenn jedoch zu erwarten<br />
<strong>ist</strong>, dass andere Mieter durch<br />
Rauch <strong>und</strong> Geruch belästigt werden, kann<br />
der Vermieter das Grillen auf dem Balkon<br />
verbieten. Verwendet der Mieter aber einen<br />
Elektrogrill, auf dem ohne Rauchentwicklung<br />
die Steaks innerhalb von fünf Minuten<br />
gar sind, wird sich normalerweise<br />
niemand daran stören. Ob hier der Vermieter<br />
überhaupt noch das Grillen verbieten<br />
kann, kommt dann auf die Umstände<br />
des Einzelfalles an, etwa wenn die Bausubstanz<br />
beeinträchtigt wird. Gewöhnlich<br />
wird ein solches Grillen aber zulässig sein.<br />
Um unnötigen Ärger wegen dem Grillen<br />
zu vermeiden, kann sich der Vermieter elegant<br />
aus der Affäre ziehen, wenn er einen<br />
neuen Mietvertrag abschließt. Ein Gartengrill<br />
auf dem Balkon einer Mietwohnung<br />
gehört nämlich gr<strong>und</strong>sätzlich nicht mehr<br />
zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache<br />
<strong>und</strong> kann im Mietvertrag ausdrücklich<br />
verboten werden.<br />
Welchen Lärm muss man tolerieren?<br />
Weder Lärmschutzverordnungen noch das<br />
Bürgerliche Gesetzbuch verbieten allgemein,<br />
dass mehrmals im Jahr im eigenen<br />
Garten oder auf dem Balkon Feste gefeiert<br />
werden dürfen. Andererseits gilt natürlich<br />
das Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme.<br />
Niemand kann sich darauf berufen,<br />
dass er in der freien Entfaltung seiner<br />
Persönlichkeit beeinträchtigt <strong>ist</strong>, weil er<br />
nicht oft <strong>und</strong> laut genug feiern darf. Ein<br />
Recht auf Lärm <strong>ist</strong> im Gesetz nicht vorgesehen.<br />
Andererseits sind Gartenfeste in<br />
Wohngebieten der Ausdruck einer üblichen<br />
Geselligkeit <strong>und</strong> müssen deshalb in<br />
gewissen Grenzen von den anderen Nachbarn<br />
toleriert werden. Das Gebot der<br />
Rücksichtnahme <strong>ist</strong> durch den feiernden<br />
Nachbarn aber insbesondere dann zu beachten,<br />
wenn beispielsweise alte <strong>und</strong> kranke<br />
Menschen in der Nachbarschaft wohnen<br />
oder aber der örtliche Bereich sehr eng<br />
bebaut <strong>ist</strong>. Die Gerichte haben sich in manchen<br />
Fällen nicht einmal daran gestört,<br />
dass mehr als 20 Gäste bei der Gartenparty<br />
waren. Nach 22 Uhr muss der Gastgeber<br />
aber dafür sorgen, dass die Nachtruhe<br />
eingehalten wird. Musikgeräusche, egal ob<br />
durch Gesang, Radio oder Fernsehgeräte<br />
erzeugt, dürfen nur so laut sein, dass sie<br />
nicht in benachbarte Wohnungen eindringen.<br />
Es muss die so genannte Zimmerlautstärke<br />
vorherrschen. Bei nächtlichem<br />
Lärm <strong>und</strong> nächtlichen Ruhestörungen<br />
droht den Feiernden sonst sogar ein Bußgeld<br />
bis zu 5000 EUR. Auch besondere<br />
Ausnahmen wie etwa Fasching, Hochzeiten<br />
oder Silvester rechtfertigen es in aller<br />
Regel nicht, dass die Feier im Freien bis in<br />
die frühen Morgenst<strong>und</strong>en ausgedehnt<br />
wird. Auch hier muss Rücksicht auf die<br />
Nachbarn genommen werden, wie sonst<br />
auch. Ausnahmen gelten aber für Karnevalsveranstaltungen<br />
in dafür typischen Regionen.<br />
Hier haben die Gerichte stets die<br />
geltenden Gesetzte übersehen <strong>und</strong> waren<br />
in der Begründung ihrer Urteile erfinderisch.<br />
Unter anderem haben sie sich darauf<br />
berufen, dass Karneval feiern in diesen Regionen<br />
seit langer Zeit üblich <strong>ist</strong>.<br />
Tagsüber muss ein Wohnungsnachbar dulden,<br />
dass auf dem Balkon nebenan oder<br />
im mitgemieteten Garten ein Fest mit üblicher<br />
Geräuschbelästigung gefeiert wird.<br />
Die Grenze wird aber auch gezogen, wenn<br />
unzumutbar beeinträchtigt wird.<br />
Was kann man tun, wenn man gestört<br />
wird?<br />
Wenn ab 22 Uhr eine ungestörte Nachtruhe<br />
nicht in Sicht <strong>ist</strong>, kann man den Wohnungsnachbarn<br />
auffordern, das Fest in die<br />
Wohnung zu verlagern <strong>und</strong> Zimmerlautstärke<br />
einzuhalten. Daneben haben Sie<br />
auch die Möglichkeit, die Polizei wegen<br />
der Ruhestörung zu alarmieren. Auch der<br />
Vermieter <strong>ist</strong> verpflichtet, den vertragsgemäßen<br />
Gebrauch der Wohnung ohne<br />
Störungen zu ermöglichen. Deshalb können<br />
Mieter, die sich von Nachbarn unzu-
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Ihr Recht im Garten: <strong>Partylärm</strong> <strong>und</strong> <strong>Grillgeruch</strong><br />
mutbar gestört fühlen <strong>und</strong> dies auch belegen<br />
können, von ihrem Vermieter verlangen,<br />
dass die Störung, also z. B. der Lärm,<br />
beseitigt wird. Es bleibt dann gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
dem Vermieter überlassen, mit geeigneten<br />
Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der beschuldigte,<br />
störende Mieter das beanstandete<br />
Verhalten einstellt. In manchen Fällen<br />
rechtfertigt die Beeinträchtigung sogar eine<br />
Mietminderung. Und rein theoretisch<br />
könnte der gestörte Mieter auch fr<strong>ist</strong>los<br />
kündigen bzw. den Störer auf Schadensersatz<br />
verklagen, wenn seine Ges<strong>und</strong>heit<br />
durch das Verhalten des Nachbarn nachweislich<br />
beeinträchtigt würde. Vor der Einleitung<br />
solcher Schritte sollte man jedoch<br />
auf jeden Fall mit einem Rechtsanwalt<br />
Kontakt aufnehmen!<br />
Tipp: Neben der Möglichkeit, die Polizei zu<br />
rufen, wenn Sie durch unzulässigen Lärm<br />
gestört werden, können Sie auch zivilrechtlich<br />
gegen den Lärmverursacher vorgehen.<br />
Dies kann vorteilhaft sein, da die<br />
Polizei nicht in jedem Fall einschreiten<br />
muss, sondern nach ihrem Ermessen handelt.<br />
Zivilrechtlich kommt neben einer Klage<br />
eine so genannte „strafbewehrte Unterlassungserklärung“<br />
in Betracht. Mit ihr<br />
können Sie sich gegen künftige Wiederholungsfälle<br />
schützen. Stellen Sie also Ihren<br />
lärmenden Nachbarn vor die Wahl: Entweder<br />
werden Sie gegen ihn klagen oder er<br />
gibt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />
ab. Darin verpflichtet sich Ihr<br />
Nachbar, bei jeder weiteren Störung eine<br />
Vertragsstrafe, z. B. 150 Euro, an Sie zu<br />
zahlen.<br />
Die strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />
wird heute von Gerichten allgemein anerkannt.<br />
Für Sie hat sie den Vorteil, dass sie<br />
die Gefahr weiterer Störungen vermindert.<br />
Und auch Ihr Nachbar stellt sich mit der<br />
Abgabe einer solchen Unterlassungserklärung<br />
nicht schlechter. Im Gegenteil: Er<br />
spart sich sogar die mit einem Prozess verb<strong>und</strong>enen<br />
Kosten <strong>und</strong> Unannehmlichkeiten.<br />
Einen Mustertext für eine dementsprechende<br />
Unterlassungs- <strong>und</strong> Verpflichtungserklärung<br />
finden Sie im Internet zum<br />
Download unter www.mein-schoenergarten.de.<br />
Bei weiteren Fragen zum Vorgehen<br />
<strong>und</strong> Verfahren, sollten Sie den Rat<br />
eines Rechtsanwalts einholen.<br />
Nachfolgend ein paar Beispielsfälle:<br />
Bußgeld wegen Ruhestörung<br />
DER FALL: Der Kläger Hans M.* <strong>ist</strong> Eigentümer<br />
eines Vier-Familienhauses. In<br />
diesem Haus bewohnt er eine im ersten<br />
Stock gelegene Wohnung. Hier feierte seine<br />
Ehefrau am 27. 8. 1988 ihren Geburtstag.<br />
Zur Feier, die bereits am Nachmittag<br />
begann, erschienen sechzehn Gäste. Diese<br />
hielten sich überwiegend im Wohn-/Esszimmer<br />
auf, das nach hinten zur Gartenseite<br />
gelegen <strong>ist</strong>. Von diesem Zimmer aus<br />
kann der zur Wohnung gehörende Balkon<br />
betreten werden. Sowohl die Balkontür als<br />
auch die Fenster waren während der Feier<br />
geöffnet. Zur Unterhaltung der Gäste<br />
spielte Musik von einem Kassettenrekorder.<br />
Es wurde getanzt <strong>und</strong> auch gesungen.<br />
Der infolge dieser Geräuschentwicklung<br />
auftretende Lärm war deutlich wahrzunehmen.<br />
Bewohner der angebauten<br />
Nachbarhäuser konnten trotz geschlossener<br />
Fenster nicht einschlafen oder wurden<br />
aus dem Schlaf geweckt. Aufgr<strong>und</strong> von<br />
Anwohnerbeschwerden schritt die Polizei<br />
nach 22 Uhr ein <strong>und</strong> forderten Hans M.<br />
zur Einhaltung der Nachtruhe auf. Nachdem<br />
kurzzeitig der Kassettenrekorder leiser<br />
gestellt wurde, erschienen die beiden Polizeibeamten<br />
aufgr<strong>und</strong> erneuter Beschwerden<br />
von Nachbarn über Lärmstörungen<br />
ein zweites Mal gegen 1.30 Uhr. Sie forderten<br />
Hans M. nochmals auf, die<br />
Nachtruhe einzuhalten. Dieser zeigte sich<br />
uneinsichtig <strong>und</strong> behauptete, dass es ihm<br />
zustehe, einmal im Monat auch nach 22<br />
Uhr lautstark feiern zu dürfen. Die nächtliche<br />
Ruhestörung hatte Folgen: Das Amtsgericht<br />
hatte den Wohnungsinhaber wegen<br />
vorsätzlichen Verstoßes gegen das Immissionsschutzgesetz<br />
von Nordrhein-<br />
Westfalen zu einer Geldbuße von 100 Euro<br />
verurteilt. Hiergegen wendet sich Hans<br />
M. nun in diesem Verfahren.<br />
DAS URTEIL: Das OLG Düsseldorf hat ausdrücklich<br />
festgestellt, dass der Inhaber der<br />
Wohnung dafür verantwortlich <strong>ist</strong>, dass<br />
von einer von ihm in der Wohnung veranstalteten<br />
Geburtstagsfeier kein Lärm ausgeht,<br />
der die Nachtruhe stört (Beschluss<br />
vom 15. 1. 1990, Az. 5 Ss (OWi) 475/89).<br />
Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts<br />
lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Sie <strong>ist</strong><br />
nachvollziehbar, frei von Denkfehlern <strong>und</strong><br />
Widersprüchen <strong>und</strong> verstößt nicht gegen<br />
Erfahrungssätze. Wann eine Störung der<br />
Nachtruhe vorliegt, richtet sich nach der<br />
Intensität des Lärms <strong>und</strong> nach dem<br />
Gebietscharakter (Industriegebiet, Gewerbegebiet,<br />
gemischte Nutzung, reines<br />
Wohngebiet), in dem sich der Lärm auswirkt.<br />
Soweit der Kläger Hans M. die Auffassung<br />
vertritt, er dürfe einmal im Monat<br />
auch nach 22 Uhr lautstark feiern <strong>und</strong> damit<br />
die Nachtruhe stören, <strong>ist</strong> diese Meinung<br />
rechtsirrig. Eine entsprechende „Erlaubnis“<br />
ergibt sich weder aus den Vorschriften<br />
des Landesimmissionsschutzgesetzes<br />
noch aus Art. 2 I Gr<strong>und</strong>gesetz (GG).<br />
Dieses Gr<strong>und</strong>recht auf freie Entfaltung der<br />
Persönlichkeit gibt dem Wohnungsinhaber<br />
nicht das Recht, „einmal im Monat durch<br />
lautstarkes Feiern die Nachtruhe zu<br />
stören“. Im vorliegenden Fall war der<br />
Wohnungseigentümer auch gehalten, wegen<br />
der vorrangigen schutzwürdigen Belange<br />
seiner Nachbarschaft den von den<br />
feiernden Gästen <strong>und</strong> von dem von ihm<br />
selbst abgespielten Kassettenrekorder ausgehenden<br />
Lärm durch geeignete Maßnahmen<br />
zu unterbinden. Dies wäre ihm auch<br />
ohne weiteres möglich gewesen.<br />
Holzkohlegrill im Garten einer<br />
Wohnungseigentumsanlage<br />
DER FALL: Die beteiligten Parteien sind<br />
beide Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.<br />
Der Antragsgegnerin Sigrid F.*<br />
gehört eine im Erdgeschoss gelegene<br />
Wohnung mit Garten (Sondernutzungsfläche,<br />
ca. 25x20 Meter). Die Antragstellerin<br />
Helga J.* hat eine Wohnung mit Balkon<br />
im 2. Obergeschoss über der Wohnung<br />
von Sigrid F. <strong>und</strong> stört sich erheblich daran,<br />
wie diese ihren Garten nutzt. Sigrid F. hat<br />
in ihrem Garten aus vier Holzpfosten eine<br />
2 m hohe, untereinander mit dünnen<br />
Drähten verb<strong>und</strong>ene Kletterhilfe aufgestellt,<br />
an der wildwachsender Wein rankt.<br />
Außerdem grillt sie in den Sommermonaten<br />
in ihrem Garten. Über die Häufigkeit<br />
des Grillens <strong>und</strong> die dabei eingehaltene<br />
Entfernung zur Wohnung von Helga J. besteht<br />
zwischen den Parteien Streit. Helga J.<br />
hat beantragt, 1. Sigrid F. zu verpflichten,<br />
die Kletterhilfe zu beseitigen, <strong>und</strong> 2. Sigrid<br />
F. zu verbieten, im Garten zu grillen.<br />
DAS URTEIL: Das Bayerische Oberlandesgericht<br />
hat entschieden, dass die Frage, ob<br />
das Grillen auf Holzkohlenfeuer im Garten<br />
einer Wohnungseigentumsanlage uneingeschränkt<br />
zu verbieten, zeitlich oder örtlich<br />
begrenzt zu erlauben oder ohne Einschränkungen<br />
zu gestatten <strong>ist</strong>, von den<br />
Gegebenheiten des Einzelfalles abhängt<br />
(Beschluss vom 18. 3. 1999, Az. 2Z BR<br />
6/99). Maßgebend sind insbesondere La-<br />
* alle Namen von der Redaktion geändert
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Ihr Recht im Garten: <strong>Partylärm</strong> <strong>und</strong> <strong>Grillgeruch</strong><br />
ge <strong>und</strong> Größe des Gartens, die Häufigkeit<br />
des Grillens <strong>und</strong> das verwendete Grillgerät.<br />
Welche Entscheidung zu treffen <strong>ist</strong>, obliegt<br />
in erster Linie der Beurteilung durch den<br />
Tatrichter.<br />
Im konkreten Fall bedeutet dies:<br />
Zu 1.: Die Antragsstellerin Helga J. kann<br />
nicht verlangen, dass die Kletterhilfe beseitigt<br />
wird. Ein Sondernutzungsrecht an einer<br />
Gartenfläche umfasst die Befugnis,<br />
diese gärtnerisch zu gestalten. Erleidet kein<br />
anderer Wohnungseigentümer durch die<br />
gärtnerische Gestaltung im Sondernutzungsbereich<br />
einen Nachteil, muss der<br />
Sondernutzungsberechtigte zu dieser<br />
Maßnahme keine Zustimmung der übrigen<br />
Wohnungseigentümer einholen. Dies<br />
gilt auch dann, wenn die Gestaltungsmaßnahme<br />
eine bauliche Veränderung darstellt,<br />
die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung<br />
oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen<br />
Eigentums hinausgeht.<br />
Das Gericht konnte eine optische Beeinträchtigung<br />
durch die Kletterhilfe nicht erkennen.<br />
Zu 2.: Das Gericht hat der Antragsgegnerin<br />
Sigrid F. untersagt, in ihrem Garten mit einem<br />
Holzkohlengrill öfter als fünfmal im<br />
Jahr <strong>und</strong> in einem Bereich, der weniger als<br />
etwa 25 m von der Wohnung der Antragstellerin<br />
entfernt <strong>ist</strong>, zu grillen. Der darüber<br />
hinausgehende Antrag <strong>ist</strong> nicht begründet.<br />
Beim Grillen auf Holzkohlenfeuer verbreiten<br />
sich Rauch <strong>und</strong> beißender Geruch. Beides<br />
kann andere Wohnungseigentümer<br />
über ein hinnehmbares Maß hinaus beeinträchtigen.<br />
Bei den Gegebenheiten des<br />
vorliegenden Falls stellt ein uneingeschränktes<br />
Grillen auf Holzkohlenfeuer einen<br />
Verstoß gegen die Pflichten des Wohnungseigentümers<br />
dar. Ausreichend erscheint<br />
jedoch eine Regelung, die das Grillen<br />
zeitlich <strong>und</strong> örtlich begrenzt. Sigrid F.<br />
darf auf Holzkohlenfeuer nur am äußersten<br />
Ende ihres Gartens, d. h. etwa 25 m<br />
von der Wohnung von Helga J. entfernt,<br />
grillen. Helga J. muss hinnehmen, wenn im<br />
Jahr höchstens fünfmal gegrillt wird. Eine<br />
solche Regelung beeinträchtigt auch Sigrid<br />
F. nicht unzumutbar, zumal sie selbst behauptet,<br />
in den vergangenen Sommern jeweils<br />
zum Teil nur zwei- bis dreimal im<br />
Freien gegrillt zu haben.<br />
Verletzung eines Kindes bei<br />
einer Familien-Grillparty<br />
DER FALL: Die Klägerin <strong>ist</strong> die gesetzliche<br />
Krankenkasse der Schülerin Lisa R.*, die<br />
am 2. 6. 1994 im Alter von 11 Jahren bei<br />
einem Grillunfall schwer verletzt wurde.<br />
Die Familien des Beklagten Paul W.* <strong>und</strong><br />
der verletzten Schülerin hatten sich zum<br />
Grillen verabredet. Paul W. versuchte mit<br />
Hilfe von flüssigem Spiritus die Grillkohle in<br />
Gang zu setzen. Am 8. 2. 1995 unterzeichnete<br />
Paul W. vor dem Notar folgende Erklärung:<br />
„Die Betriebskrankenkasse hat<br />
anlässlich eines Schadensfalles vom 2. 6.<br />
1994 Aufwendungen für die Behandlung<br />
ihres Mitgliedes gehabt. Ich erkenne an,<br />
der Betriebskrankenkasse sämtliche Aufwendungen,<br />
die diese anlässlich dieses<br />
Schadens hatte <strong>und</strong> noch hat, zu schulden.“<br />
Der Krankenkasse der Verletzten<br />
sind Kosten in Höhe von 30.000 EUR entstanden,<br />
die sie jetzt einklagt. Der Beklagte<br />
Paul W. meint, dass er nicht in voller<br />
Höhe haftet, weil man sich gemeinsam<br />
zum Grillen verabredet habe. Er behauptet,<br />
er habe die Umstehenden aufgefordert,<br />
während des Zündvorganges zurückzutreten.<br />
Dem sei die Verletzte Lisa R.<br />
nicht nachgekommen. Deswegen <strong>und</strong> weil<br />
ihr Vater den Grill in Brand gesetzt habe,<br />
habe sie ihre Verletzungen überwiegend<br />
selbst verschuldet.<br />
DAS URTEIL: Das OLG Hamm hat Paul W.<br />
in voller Höhe verurteilt (Urteil vom 15. 12.<br />
1997, Az. 6 U 66/96). Wenn im Rahmen<br />
einer Familien-Grillparty einer der beiden<br />
anwesenden Väter nach einem fehlgeschlagenen<br />
ersten Anzündversuch Spiritus<br />
zum Anzünden verwendet, hat er zuvor<br />
die Kinder aus dem Gefahrenbereich zu<br />
entfernen; er <strong>ist</strong> dem verletzten fremden<br />
Kind selbst dann zum Schadensersatz verpflichtet,<br />
wenn sich der Spiritus nicht an<br />
der noch vorhandenen Glut entzündet hat,<br />
sondern von dem Vater dieses Kindes entzündet<br />
worden <strong>ist</strong>. Ein elfjähriges Kind trifft<br />
kein Mitverschulden, wenn es sich nicht<br />
rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich entfernt.<br />
Es muss sich deshalb auch nicht das<br />
mitwirkende Verschulden des eigenen Vaters<br />
zurechnen lassen.<br />
Grillen auf dem Balkon<br />
DER FALL: Ulrich S.* hat eine Dachwohnung<br />
an die Beklagten Andreas <strong>und</strong> Ines<br />
D.* vermietet. Mit der Klage gegen seine<br />
Mieter macht er die Zahlung von 150 EUR<br />
rückständiger Miete geltend. Familie D.<br />
beruft sich allerdings darauf, dass sie die<br />
Miete mindern könne <strong>und</strong> deswegen nicht<br />
rückzahlen müsse. Sie behauptet, dass sie<br />
durch die Grillfeste der anderen Mieter auf<br />
den Balkonen des Mehrfamilienhauses<br />
derart beeinträchtigt wurde, dass sie ihre<br />
Dachterrasse gar nicht mehr richtig nutzen<br />
konnte. Herr <strong>und</strong> Frau D. stören sich an<br />
der Rauchentwicklung sowie den Fett<strong>und</strong><br />
Bratendünsten. Bei geöffnetem Fenster<br />
schlägt sich der Rauch in ihrer Dachterrassenwohnung<br />
nieder <strong>und</strong> kann nicht<br />
ohne Schwierigkeiten wieder weggelüftet<br />
werden. Nachdem man sich sowieso vor<br />
Gericht gegenüber steht, haben die Beklagten<br />
nun auch noch eine Widerklage<br />
gegen ihren Vermieter erhoben: Ulrich S.<br />
soll dafür sorgen, dass keine Grillfeste auf<br />
den Balkonen mehr stattfinden.<br />
DAS URTEIL: Das AG Bonn urteilte, dass<br />
der Anspruch des Mieters auf vertragsgemäßen,<br />
also mangelfreien Gebrauch der<br />
Mietsache nicht ohne jegliche Einschränkung<br />
gewährt werden kann (Urteil vom<br />
29. 4. 1997, Az. 6 C 545-96). Einschränkungen<br />
ergeben sich nämlich einerseits aus<br />
dem Gebot gegenseitiger, nachbarschaftlicher<br />
Rücksichtnahme <strong>und</strong> zum anderen<br />
aus dem Gr<strong>und</strong>satz, dass geringfügige Beeinträchtigungen<br />
entschädigungslos hinzunehmen<br />
sind. Deshalb schießt das Klagebegehren<br />
der Beklagten Andreas <strong>und</strong><br />
Ines D. deutlich über das Ziel hinaus. Das<br />
Grillen im Freien <strong>ist</strong> inzwischen, so das Gericht,<br />
als sozial üblich anerkannt <strong>und</strong> kann<br />
auch in der Stadt, auch wenn es hier sehr<br />
stark verdichtete Wohngebiete gibt, nicht<br />
gänzlich untersagt werden. Das Gebot der<br />
gegenseitigen Rücksichtnahme gilt wechselseitig.<br />
Jegliches Grillen kann nicht untersagt<br />
werden, ständiges Grillen muss nicht<br />
akzeptiert werden. Das Gericht hält es aber<br />
für einen angemessenen Interessenausgleich,<br />
wenn in den Monaten April bis September<br />
auf den Balkonen nur einmal im<br />
Monat gegrillt wird <strong>und</strong> die in der Dachwohnung<br />
lebenden Beklagten 48 St<strong>und</strong>en<br />
vor dem Grillen informiert werden. Deshalb<br />
<strong>ist</strong> eine Mietminderung nicht gerechtfertigt.<br />
Diese Informationen wurden sorgfältig von der<br />
Redaktion unter Mitwirkung der Kanzlei Prof.<br />
Schweizer zusammengestellt. Wie für alle rechtlichen<br />
Abhandlungen gilt jedoch, dass Gerichte im<br />
Einzelfall aufgr<strong>und</strong> weiterer Umstände anders urteilen<br />
<strong>und</strong> dass deshalb die Verfasser keine Haftung<br />
übernehmen können. Stand:16. 6. 2003/kf