01.11.2013 Aufrufe

Gartenrecht: Partylärm und Grillgeruch - was ist erlaubt?

Gartenrecht: Partylärm und Grillgeruch - was ist erlaubt?

Gartenrecht: Partylärm und Grillgeruch - was ist erlaubt?

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kennziffer 0272 • Seite 1 von 3<br />

DOWNLOAD-SERVICE<br />

MEIN SCHÖNER GARTEN<br />

Postfach 1520, 77605 Offenburg<br />

Telefon 0781/84-2592, Fax 0781/84-2254<br />

E-Mail: garten@burda.com<br />

Internet: www.mein-schoener-garten.de<br />

Ihr Recht im Garten: <strong>Partylärm</strong> <strong>und</strong> <strong>Grillgeruch</strong> – <strong>was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erlaubt</strong>?<br />

Grillpartys können den Nachbarfrieden beträchtlich<br />

stören. Der Grillme<strong>ist</strong>er freut sich<br />

über Steaks <strong>und</strong> heiße Würstchen, der<br />

Nachbar ärgert sich über Geruch, Qualm<br />

<strong>und</strong> Lärm. Leider bietet das Gesetz hier nur<br />

bedingt Hilfe, da nicht generell geregelt <strong>ist</strong>,<br />

wie <strong>und</strong> wann gegrillt <strong>und</strong> gefeiert werden<br />

darf.<br />

Nur in den Landesimmissionsschutzgesetzen<br />

von Brandenburg <strong>und</strong> Nordrhein-<br />

Westfalen wird ausdrücklich verboten, im<br />

Freien zu grillen, wenn dadurch die Nachbarschaft<br />

erheblich belästigt wird. Festgestellt<br />

muss dann nur noch werden, ob die<br />

Belästigung wirklich „erheblich“, das heißt<br />

nicht hinnehmbar <strong>ist</strong>. Die Gesetze beider<br />

Länder sehen bei Zuwiderhandlungen sogar<br />

ein Bußgeld vor.<br />

In anderen B<strong>und</strong>esländern gilt: Wenn der<br />

Nachbar wegen der erheblichen Geruchs<strong>und</strong><br />

Rauchbelästigung seine Fenster geschlossen<br />

halten muss, oder wenn er sich<br />

gar nicht mehr in seinem Garten aufhalten<br />

kann, dann kann er gegen seinen Nachbarn<br />

einen Unterlassungsanspruch nach<br />

§§ 906, 1004 Bürgerliches Gesetzbuch<br />

(BGB) geltend machen. Weil aber das Gesetz<br />

nicht ausdrücklich regelt, <strong>was</strong> in jedem<br />

Einzelfall zulässig <strong>ist</strong>, beurteilen die Gerichte<br />

je nach den örtlichen Gegebenheiten<br />

sehr unterschiedlich. Die Bandbreite, wann<br />

Grillen <strong>erlaubt</strong> <strong>ist</strong>, reicht beispielsweise von<br />

höchstens zweimal im Jahr bis zweimal die<br />

Woche.<br />

Darf ich auch als Mieter grillen?<br />

Gehört ein Balkon oder Garten zur vermieteten<br />

Wohnung, so kann ihn der Mieter<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich nach seiner freien Verfügung<br />

nutzen, d. h. er darf Blumenkästen aufstellen,<br />

Rankgitter befestigen, die sogenannte<br />

„kleine Wäsche trocknen“, selbstverständlich<br />

rauchen <strong>und</strong> auch Gäste empfangen.<br />

Die Grenze des vertragsgemäßen Gebrauches<br />

des Balkons <strong>ist</strong> dort erreicht, wo Mitmieter<br />

gestört werden bzw. die Bausubstanz<br />

beeinträchtigt <strong>und</strong> dadurch Rechte<br />

des Hauseigentümers verletzt werden. Soweit<br />

im Mietvertrag nicht ausdrücklich et<strong>was</strong><br />

anderes geregelt <strong>ist</strong>, <strong>ist</strong> das Grillen im<br />

Rahmen der genannten Beschränkungen<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich zulässig. Wenn jedoch zu erwarten<br />

<strong>ist</strong>, dass andere Mieter durch<br />

Rauch <strong>und</strong> Geruch belästigt werden, kann<br />

der Vermieter das Grillen auf dem Balkon<br />

verbieten. Verwendet der Mieter aber einen<br />

Elektrogrill, auf dem ohne Rauchentwicklung<br />

die Steaks innerhalb von fünf Minuten<br />

gar sind, wird sich normalerweise<br />

niemand daran stören. Ob hier der Vermieter<br />

überhaupt noch das Grillen verbieten<br />

kann, kommt dann auf die Umstände<br />

des Einzelfalles an, etwa wenn die Bausubstanz<br />

beeinträchtigt wird. Gewöhnlich<br />

wird ein solches Grillen aber zulässig sein.<br />

Um unnötigen Ärger wegen dem Grillen<br />

zu vermeiden, kann sich der Vermieter elegant<br />

aus der Affäre ziehen, wenn er einen<br />

neuen Mietvertrag abschließt. Ein Gartengrill<br />

auf dem Balkon einer Mietwohnung<br />

gehört nämlich gr<strong>und</strong>sätzlich nicht mehr<br />

zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache<br />

<strong>und</strong> kann im Mietvertrag ausdrücklich<br />

verboten werden.<br />

Welchen Lärm muss man tolerieren?<br />

Weder Lärmschutzverordnungen noch das<br />

Bürgerliche Gesetzbuch verbieten allgemein,<br />

dass mehrmals im Jahr im eigenen<br />

Garten oder auf dem Balkon Feste gefeiert<br />

werden dürfen. Andererseits gilt natürlich<br />

das Gebot der nachbarschaftlichen Rücksichtnahme.<br />

Niemand kann sich darauf berufen,<br />

dass er in der freien Entfaltung seiner<br />

Persönlichkeit beeinträchtigt <strong>ist</strong>, weil er<br />

nicht oft <strong>und</strong> laut genug feiern darf. Ein<br />

Recht auf Lärm <strong>ist</strong> im Gesetz nicht vorgesehen.<br />

Andererseits sind Gartenfeste in<br />

Wohngebieten der Ausdruck einer üblichen<br />

Geselligkeit <strong>und</strong> müssen deshalb in<br />

gewissen Grenzen von den anderen Nachbarn<br />

toleriert werden. Das Gebot der<br />

Rücksichtnahme <strong>ist</strong> durch den feiernden<br />

Nachbarn aber insbesondere dann zu beachten,<br />

wenn beispielsweise alte <strong>und</strong> kranke<br />

Menschen in der Nachbarschaft wohnen<br />

oder aber der örtliche Bereich sehr eng<br />

bebaut <strong>ist</strong>. Die Gerichte haben sich in manchen<br />

Fällen nicht einmal daran gestört,<br />

dass mehr als 20 Gäste bei der Gartenparty<br />

waren. Nach 22 Uhr muss der Gastgeber<br />

aber dafür sorgen, dass die Nachtruhe<br />

eingehalten wird. Musikgeräusche, egal ob<br />

durch Gesang, Radio oder Fernsehgeräte<br />

erzeugt, dürfen nur so laut sein, dass sie<br />

nicht in benachbarte Wohnungen eindringen.<br />

Es muss die so genannte Zimmerlautstärke<br />

vorherrschen. Bei nächtlichem<br />

Lärm <strong>und</strong> nächtlichen Ruhestörungen<br />

droht den Feiernden sonst sogar ein Bußgeld<br />

bis zu 5000 EUR. Auch besondere<br />

Ausnahmen wie etwa Fasching, Hochzeiten<br />

oder Silvester rechtfertigen es in aller<br />

Regel nicht, dass die Feier im Freien bis in<br />

die frühen Morgenst<strong>und</strong>en ausgedehnt<br />

wird. Auch hier muss Rücksicht auf die<br />

Nachbarn genommen werden, wie sonst<br />

auch. Ausnahmen gelten aber für Karnevalsveranstaltungen<br />

in dafür typischen Regionen.<br />

Hier haben die Gerichte stets die<br />

geltenden Gesetzte übersehen <strong>und</strong> waren<br />

in der Begründung ihrer Urteile erfinderisch.<br />

Unter anderem haben sie sich darauf<br />

berufen, dass Karneval feiern in diesen Regionen<br />

seit langer Zeit üblich <strong>ist</strong>.<br />

Tagsüber muss ein Wohnungsnachbar dulden,<br />

dass auf dem Balkon nebenan oder<br />

im mitgemieteten Garten ein Fest mit üblicher<br />

Geräuschbelästigung gefeiert wird.<br />

Die Grenze wird aber auch gezogen, wenn<br />

unzumutbar beeinträchtigt wird.<br />

Was kann man tun, wenn man gestört<br />

wird?<br />

Wenn ab 22 Uhr eine ungestörte Nachtruhe<br />

nicht in Sicht <strong>ist</strong>, kann man den Wohnungsnachbarn<br />

auffordern, das Fest in die<br />

Wohnung zu verlagern <strong>und</strong> Zimmerlautstärke<br />

einzuhalten. Daneben haben Sie<br />

auch die Möglichkeit, die Polizei wegen<br />

der Ruhestörung zu alarmieren. Auch der<br />

Vermieter <strong>ist</strong> verpflichtet, den vertragsgemäßen<br />

Gebrauch der Wohnung ohne<br />

Störungen zu ermöglichen. Deshalb können<br />

Mieter, die sich von Nachbarn unzu-


DOWNLOAD-SERVICE • Kennziffer 0272 • Seite 2 von 3<br />

Ihr Recht im Garten: <strong>Partylärm</strong> <strong>und</strong> <strong>Grillgeruch</strong><br />

mutbar gestört fühlen <strong>und</strong> dies auch belegen<br />

können, von ihrem Vermieter verlangen,<br />

dass die Störung, also z. B. der Lärm,<br />

beseitigt wird. Es bleibt dann gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

dem Vermieter überlassen, mit geeigneten<br />

Maßnahmen dafür zu sorgen, dass der beschuldigte,<br />

störende Mieter das beanstandete<br />

Verhalten einstellt. In manchen Fällen<br />

rechtfertigt die Beeinträchtigung sogar eine<br />

Mietminderung. Und rein theoretisch<br />

könnte der gestörte Mieter auch fr<strong>ist</strong>los<br />

kündigen bzw. den Störer auf Schadensersatz<br />

verklagen, wenn seine Ges<strong>und</strong>heit<br />

durch das Verhalten des Nachbarn nachweislich<br />

beeinträchtigt würde. Vor der Einleitung<br />

solcher Schritte sollte man jedoch<br />

auf jeden Fall mit einem Rechtsanwalt<br />

Kontakt aufnehmen!<br />

Tipp: Neben der Möglichkeit, die Polizei zu<br />

rufen, wenn Sie durch unzulässigen Lärm<br />

gestört werden, können Sie auch zivilrechtlich<br />

gegen den Lärmverursacher vorgehen.<br />

Dies kann vorteilhaft sein, da die<br />

Polizei nicht in jedem Fall einschreiten<br />

muss, sondern nach ihrem Ermessen handelt.<br />

Zivilrechtlich kommt neben einer Klage<br />

eine so genannte „strafbewehrte Unterlassungserklärung“<br />

in Betracht. Mit ihr<br />

können Sie sich gegen künftige Wiederholungsfälle<br />

schützen. Stellen Sie also Ihren<br />

lärmenden Nachbarn vor die Wahl: Entweder<br />

werden Sie gegen ihn klagen oder er<br />

gibt eine strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />

ab. Darin verpflichtet sich Ihr<br />

Nachbar, bei jeder weiteren Störung eine<br />

Vertragsstrafe, z. B. 150 Euro, an Sie zu<br />

zahlen.<br />

Die strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />

wird heute von Gerichten allgemein anerkannt.<br />

Für Sie hat sie den Vorteil, dass sie<br />

die Gefahr weiterer Störungen vermindert.<br />

Und auch Ihr Nachbar stellt sich mit der<br />

Abgabe einer solchen Unterlassungserklärung<br />

nicht schlechter. Im Gegenteil: Er<br />

spart sich sogar die mit einem Prozess verb<strong>und</strong>enen<br />

Kosten <strong>und</strong> Unannehmlichkeiten.<br />

Einen Mustertext für eine dementsprechende<br />

Unterlassungs- <strong>und</strong> Verpflichtungserklärung<br />

finden Sie im Internet zum<br />

Download unter www.mein-schoenergarten.de.<br />

Bei weiteren Fragen zum Vorgehen<br />

<strong>und</strong> Verfahren, sollten Sie den Rat<br />

eines Rechtsanwalts einholen.<br />

Nachfolgend ein paar Beispielsfälle:<br />

Bußgeld wegen Ruhestörung<br />

DER FALL: Der Kläger Hans M.* <strong>ist</strong> Eigentümer<br />

eines Vier-Familienhauses. In<br />

diesem Haus bewohnt er eine im ersten<br />

Stock gelegene Wohnung. Hier feierte seine<br />

Ehefrau am 27. 8. 1988 ihren Geburtstag.<br />

Zur Feier, die bereits am Nachmittag<br />

begann, erschienen sechzehn Gäste. Diese<br />

hielten sich überwiegend im Wohn-/Esszimmer<br />

auf, das nach hinten zur Gartenseite<br />

gelegen <strong>ist</strong>. Von diesem Zimmer aus<br />

kann der zur Wohnung gehörende Balkon<br />

betreten werden. Sowohl die Balkontür als<br />

auch die Fenster waren während der Feier<br />

geöffnet. Zur Unterhaltung der Gäste<br />

spielte Musik von einem Kassettenrekorder.<br />

Es wurde getanzt <strong>und</strong> auch gesungen.<br />

Der infolge dieser Geräuschentwicklung<br />

auftretende Lärm war deutlich wahrzunehmen.<br />

Bewohner der angebauten<br />

Nachbarhäuser konnten trotz geschlossener<br />

Fenster nicht einschlafen oder wurden<br />

aus dem Schlaf geweckt. Aufgr<strong>und</strong> von<br />

Anwohnerbeschwerden schritt die Polizei<br />

nach 22 Uhr ein <strong>und</strong> forderten Hans M.<br />

zur Einhaltung der Nachtruhe auf. Nachdem<br />

kurzzeitig der Kassettenrekorder leiser<br />

gestellt wurde, erschienen die beiden Polizeibeamten<br />

aufgr<strong>und</strong> erneuter Beschwerden<br />

von Nachbarn über Lärmstörungen<br />

ein zweites Mal gegen 1.30 Uhr. Sie forderten<br />

Hans M. nochmals auf, die<br />

Nachtruhe einzuhalten. Dieser zeigte sich<br />

uneinsichtig <strong>und</strong> behauptete, dass es ihm<br />

zustehe, einmal im Monat auch nach 22<br />

Uhr lautstark feiern zu dürfen. Die nächtliche<br />

Ruhestörung hatte Folgen: Das Amtsgericht<br />

hatte den Wohnungsinhaber wegen<br />

vorsätzlichen Verstoßes gegen das Immissionsschutzgesetz<br />

von Nordrhein-<br />

Westfalen zu einer Geldbuße von 100 Euro<br />

verurteilt. Hiergegen wendet sich Hans<br />

M. nun in diesem Verfahren.<br />

DAS URTEIL: Das OLG Düsseldorf hat ausdrücklich<br />

festgestellt, dass der Inhaber der<br />

Wohnung dafür verantwortlich <strong>ist</strong>, dass<br />

von einer von ihm in der Wohnung veranstalteten<br />

Geburtstagsfeier kein Lärm ausgeht,<br />

der die Nachtruhe stört (Beschluss<br />

vom 15. 1. 1990, Az. 5 Ss (OWi) 475/89).<br />

Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts<br />

lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Sie <strong>ist</strong><br />

nachvollziehbar, frei von Denkfehlern <strong>und</strong><br />

Widersprüchen <strong>und</strong> verstößt nicht gegen<br />

Erfahrungssätze. Wann eine Störung der<br />

Nachtruhe vorliegt, richtet sich nach der<br />

Intensität des Lärms <strong>und</strong> nach dem<br />

Gebietscharakter (Industriegebiet, Gewerbegebiet,<br />

gemischte Nutzung, reines<br />

Wohngebiet), in dem sich der Lärm auswirkt.<br />

Soweit der Kläger Hans M. die Auffassung<br />

vertritt, er dürfe einmal im Monat<br />

auch nach 22 Uhr lautstark feiern <strong>und</strong> damit<br />

die Nachtruhe stören, <strong>ist</strong> diese Meinung<br />

rechtsirrig. Eine entsprechende „Erlaubnis“<br />

ergibt sich weder aus den Vorschriften<br />

des Landesimmissionsschutzgesetzes<br />

noch aus Art. 2 I Gr<strong>und</strong>gesetz (GG).<br />

Dieses Gr<strong>und</strong>recht auf freie Entfaltung der<br />

Persönlichkeit gibt dem Wohnungsinhaber<br />

nicht das Recht, „einmal im Monat durch<br />

lautstarkes Feiern die Nachtruhe zu<br />

stören“. Im vorliegenden Fall war der<br />

Wohnungseigentümer auch gehalten, wegen<br />

der vorrangigen schutzwürdigen Belange<br />

seiner Nachbarschaft den von den<br />

feiernden Gästen <strong>und</strong> von dem von ihm<br />

selbst abgespielten Kassettenrekorder ausgehenden<br />

Lärm durch geeignete Maßnahmen<br />

zu unterbinden. Dies wäre ihm auch<br />

ohne weiteres möglich gewesen.<br />

Holzkohlegrill im Garten einer<br />

Wohnungseigentumsanlage<br />

DER FALL: Die beteiligten Parteien sind<br />

beide Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.<br />

Der Antragsgegnerin Sigrid F.*<br />

gehört eine im Erdgeschoss gelegene<br />

Wohnung mit Garten (Sondernutzungsfläche,<br />

ca. 25x20 Meter). Die Antragstellerin<br />

Helga J.* hat eine Wohnung mit Balkon<br />

im 2. Obergeschoss über der Wohnung<br />

von Sigrid F. <strong>und</strong> stört sich erheblich daran,<br />

wie diese ihren Garten nutzt. Sigrid F. hat<br />

in ihrem Garten aus vier Holzpfosten eine<br />

2 m hohe, untereinander mit dünnen<br />

Drähten verb<strong>und</strong>ene Kletterhilfe aufgestellt,<br />

an der wildwachsender Wein rankt.<br />

Außerdem grillt sie in den Sommermonaten<br />

in ihrem Garten. Über die Häufigkeit<br />

des Grillens <strong>und</strong> die dabei eingehaltene<br />

Entfernung zur Wohnung von Helga J. besteht<br />

zwischen den Parteien Streit. Helga J.<br />

hat beantragt, 1. Sigrid F. zu verpflichten,<br />

die Kletterhilfe zu beseitigen, <strong>und</strong> 2. Sigrid<br />

F. zu verbieten, im Garten zu grillen.<br />

DAS URTEIL: Das Bayerische Oberlandesgericht<br />

hat entschieden, dass die Frage, ob<br />

das Grillen auf Holzkohlenfeuer im Garten<br />

einer Wohnungseigentumsanlage uneingeschränkt<br />

zu verbieten, zeitlich oder örtlich<br />

begrenzt zu erlauben oder ohne Einschränkungen<br />

zu gestatten <strong>ist</strong>, von den<br />

Gegebenheiten des Einzelfalles abhängt<br />

(Beschluss vom 18. 3. 1999, Az. 2Z BR<br />

6/99). Maßgebend sind insbesondere La-<br />

* alle Namen von der Redaktion geändert


DOWNLOAD-SERVICE • Kennziffer 0272 • Seite 3 von 3<br />

Ihr Recht im Garten: <strong>Partylärm</strong> <strong>und</strong> <strong>Grillgeruch</strong><br />

ge <strong>und</strong> Größe des Gartens, die Häufigkeit<br />

des Grillens <strong>und</strong> das verwendete Grillgerät.<br />

Welche Entscheidung zu treffen <strong>ist</strong>, obliegt<br />

in erster Linie der Beurteilung durch den<br />

Tatrichter.<br />

Im konkreten Fall bedeutet dies:<br />

Zu 1.: Die Antragsstellerin Helga J. kann<br />

nicht verlangen, dass die Kletterhilfe beseitigt<br />

wird. Ein Sondernutzungsrecht an einer<br />

Gartenfläche umfasst die Befugnis,<br />

diese gärtnerisch zu gestalten. Erleidet kein<br />

anderer Wohnungseigentümer durch die<br />

gärtnerische Gestaltung im Sondernutzungsbereich<br />

einen Nachteil, muss der<br />

Sondernutzungsberechtigte zu dieser<br />

Maßnahme keine Zustimmung der übrigen<br />

Wohnungseigentümer einholen. Dies<br />

gilt auch dann, wenn die Gestaltungsmaßnahme<br />

eine bauliche Veränderung darstellt,<br />

die über eine ordnungsmäßige Instandhaltung<br />

oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen<br />

Eigentums hinausgeht.<br />

Das Gericht konnte eine optische Beeinträchtigung<br />

durch die Kletterhilfe nicht erkennen.<br />

Zu 2.: Das Gericht hat der Antragsgegnerin<br />

Sigrid F. untersagt, in ihrem Garten mit einem<br />

Holzkohlengrill öfter als fünfmal im<br />

Jahr <strong>und</strong> in einem Bereich, der weniger als<br />

etwa 25 m von der Wohnung der Antragstellerin<br />

entfernt <strong>ist</strong>, zu grillen. Der darüber<br />

hinausgehende Antrag <strong>ist</strong> nicht begründet.<br />

Beim Grillen auf Holzkohlenfeuer verbreiten<br />

sich Rauch <strong>und</strong> beißender Geruch. Beides<br />

kann andere Wohnungseigentümer<br />

über ein hinnehmbares Maß hinaus beeinträchtigen.<br />

Bei den Gegebenheiten des<br />

vorliegenden Falls stellt ein uneingeschränktes<br />

Grillen auf Holzkohlenfeuer einen<br />

Verstoß gegen die Pflichten des Wohnungseigentümers<br />

dar. Ausreichend erscheint<br />

jedoch eine Regelung, die das Grillen<br />

zeitlich <strong>und</strong> örtlich begrenzt. Sigrid F.<br />

darf auf Holzkohlenfeuer nur am äußersten<br />

Ende ihres Gartens, d. h. etwa 25 m<br />

von der Wohnung von Helga J. entfernt,<br />

grillen. Helga J. muss hinnehmen, wenn im<br />

Jahr höchstens fünfmal gegrillt wird. Eine<br />

solche Regelung beeinträchtigt auch Sigrid<br />

F. nicht unzumutbar, zumal sie selbst behauptet,<br />

in den vergangenen Sommern jeweils<br />

zum Teil nur zwei- bis dreimal im<br />

Freien gegrillt zu haben.<br />

Verletzung eines Kindes bei<br />

einer Familien-Grillparty<br />

DER FALL: Die Klägerin <strong>ist</strong> die gesetzliche<br />

Krankenkasse der Schülerin Lisa R.*, die<br />

am 2. 6. 1994 im Alter von 11 Jahren bei<br />

einem Grillunfall schwer verletzt wurde.<br />

Die Familien des Beklagten Paul W.* <strong>und</strong><br />

der verletzten Schülerin hatten sich zum<br />

Grillen verabredet. Paul W. versuchte mit<br />

Hilfe von flüssigem Spiritus die Grillkohle in<br />

Gang zu setzen. Am 8. 2. 1995 unterzeichnete<br />

Paul W. vor dem Notar folgende Erklärung:<br />

„Die Betriebskrankenkasse hat<br />

anlässlich eines Schadensfalles vom 2. 6.<br />

1994 Aufwendungen für die Behandlung<br />

ihres Mitgliedes gehabt. Ich erkenne an,<br />

der Betriebskrankenkasse sämtliche Aufwendungen,<br />

die diese anlässlich dieses<br />

Schadens hatte <strong>und</strong> noch hat, zu schulden.“<br />

Der Krankenkasse der Verletzten<br />

sind Kosten in Höhe von 30.000 EUR entstanden,<br />

die sie jetzt einklagt. Der Beklagte<br />

Paul W. meint, dass er nicht in voller<br />

Höhe haftet, weil man sich gemeinsam<br />

zum Grillen verabredet habe. Er behauptet,<br />

er habe die Umstehenden aufgefordert,<br />

während des Zündvorganges zurückzutreten.<br />

Dem sei die Verletzte Lisa R.<br />

nicht nachgekommen. Deswegen <strong>und</strong> weil<br />

ihr Vater den Grill in Brand gesetzt habe,<br />

habe sie ihre Verletzungen überwiegend<br />

selbst verschuldet.<br />

DAS URTEIL: Das OLG Hamm hat Paul W.<br />

in voller Höhe verurteilt (Urteil vom 15. 12.<br />

1997, Az. 6 U 66/96). Wenn im Rahmen<br />

einer Familien-Grillparty einer der beiden<br />

anwesenden Väter nach einem fehlgeschlagenen<br />

ersten Anzündversuch Spiritus<br />

zum Anzünden verwendet, hat er zuvor<br />

die Kinder aus dem Gefahrenbereich zu<br />

entfernen; er <strong>ist</strong> dem verletzten fremden<br />

Kind selbst dann zum Schadensersatz verpflichtet,<br />

wenn sich der Spiritus nicht an<br />

der noch vorhandenen Glut entzündet hat,<br />

sondern von dem Vater dieses Kindes entzündet<br />

worden <strong>ist</strong>. Ein elfjähriges Kind trifft<br />

kein Mitverschulden, wenn es sich nicht<br />

rechtzeitig aus dem Gefahrenbereich entfernt.<br />

Es muss sich deshalb auch nicht das<br />

mitwirkende Verschulden des eigenen Vaters<br />

zurechnen lassen.<br />

Grillen auf dem Balkon<br />

DER FALL: Ulrich S.* hat eine Dachwohnung<br />

an die Beklagten Andreas <strong>und</strong> Ines<br />

D.* vermietet. Mit der Klage gegen seine<br />

Mieter macht er die Zahlung von 150 EUR<br />

rückständiger Miete geltend. Familie D.<br />

beruft sich allerdings darauf, dass sie die<br />

Miete mindern könne <strong>und</strong> deswegen nicht<br />

rückzahlen müsse. Sie behauptet, dass sie<br />

durch die Grillfeste der anderen Mieter auf<br />

den Balkonen des Mehrfamilienhauses<br />

derart beeinträchtigt wurde, dass sie ihre<br />

Dachterrasse gar nicht mehr richtig nutzen<br />

konnte. Herr <strong>und</strong> Frau D. stören sich an<br />

der Rauchentwicklung sowie den Fett<strong>und</strong><br />

Bratendünsten. Bei geöffnetem Fenster<br />

schlägt sich der Rauch in ihrer Dachterrassenwohnung<br />

nieder <strong>und</strong> kann nicht<br />

ohne Schwierigkeiten wieder weggelüftet<br />

werden. Nachdem man sich sowieso vor<br />

Gericht gegenüber steht, haben die Beklagten<br />

nun auch noch eine Widerklage<br />

gegen ihren Vermieter erhoben: Ulrich S.<br />

soll dafür sorgen, dass keine Grillfeste auf<br />

den Balkonen mehr stattfinden.<br />

DAS URTEIL: Das AG Bonn urteilte, dass<br />

der Anspruch des Mieters auf vertragsgemäßen,<br />

also mangelfreien Gebrauch der<br />

Mietsache nicht ohne jegliche Einschränkung<br />

gewährt werden kann (Urteil vom<br />

29. 4. 1997, Az. 6 C 545-96). Einschränkungen<br />

ergeben sich nämlich einerseits aus<br />

dem Gebot gegenseitiger, nachbarschaftlicher<br />

Rücksichtnahme <strong>und</strong> zum anderen<br />

aus dem Gr<strong>und</strong>satz, dass geringfügige Beeinträchtigungen<br />

entschädigungslos hinzunehmen<br />

sind. Deshalb schießt das Klagebegehren<br />

der Beklagten Andreas <strong>und</strong><br />

Ines D. deutlich über das Ziel hinaus. Das<br />

Grillen im Freien <strong>ist</strong> inzwischen, so das Gericht,<br />

als sozial üblich anerkannt <strong>und</strong> kann<br />

auch in der Stadt, auch wenn es hier sehr<br />

stark verdichtete Wohngebiete gibt, nicht<br />

gänzlich untersagt werden. Das Gebot der<br />

gegenseitigen Rücksichtnahme gilt wechselseitig.<br />

Jegliches Grillen kann nicht untersagt<br />

werden, ständiges Grillen muss nicht<br />

akzeptiert werden. Das Gericht hält es aber<br />

für einen angemessenen Interessenausgleich,<br />

wenn in den Monaten April bis September<br />

auf den Balkonen nur einmal im<br />

Monat gegrillt wird <strong>und</strong> die in der Dachwohnung<br />

lebenden Beklagten 48 St<strong>und</strong>en<br />

vor dem Grillen informiert werden. Deshalb<br />

<strong>ist</strong> eine Mietminderung nicht gerechtfertigt.<br />

Diese Informationen wurden sorgfältig von der<br />

Redaktion unter Mitwirkung der Kanzlei Prof.<br />

Schweizer zusammengestellt. Wie für alle rechtlichen<br />

Abhandlungen gilt jedoch, dass Gerichte im<br />

Einzelfall aufgr<strong>und</strong> weiterer Umstände anders urteilen<br />

<strong>und</strong> dass deshalb die Verfasser keine Haftung<br />

übernehmen können. Stand:16. 6. 2003/kf

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!