Bäume fällen - was ist erlaubt? - KGV "Leipzig-Stünz"
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MEIN SCHÖNER GARTEN<br />
Postfach 1520, 77605 Offenburg<br />
Telefon 0781/84-2592, Fax 0781/84-2254<br />
E-Mail: garten@burda.com<br />
Internet: www.mein-schoener-garten.de<br />
Ihr Recht im Garten: <strong>Bäume</strong> <strong>fällen</strong> – <strong>was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erlaubt</strong>?<br />
Früher wurden Baumfrevler, die <strong>Bäume</strong><br />
grundlos fällten oder beschädigten, mit<br />
dem Tode bestraft. Später wurde den Tätern<br />
dann nur noch ein Ohr abgeschlagen.<br />
Diese Zeiten sind heute vorbei. Auch die<br />
preußische Chaussee-Ordnung aus dem<br />
Jahre 1803, wonach ein Baumfrevler zur<br />
öffentlichen Straßenarbeit an einem<br />
Schubkarren angekettet wurde, gilt selbstverständlich<br />
nicht mehr. Aber auch heute<br />
soll ein empfindliches Bußgeld abschrecken.<br />
Wenn Sie nicht nur ein kleines junges<br />
Bäumchen mit geringem Stammdurchmesser<br />
<strong>fällen</strong> wollen, sondern einen richtigen<br />
Baum, sollten Sie sich auf jeden Fall<br />
vorher bei Ihrer Gemeinde über die<br />
Rechtslage erkundigen. Fällen Sie einen<br />
Baum ohne Genehmigung, riskieren Sie,<br />
bestraft zu werden. Erkundigen Sie sich<br />
bei Ihrer Gemeinde nach örtlichen Baumschutzverordnungen<br />
und beantragen Sie<br />
unbedingt eine Ausnahmegenehmigung<br />
zum Fällen. Diese Genehmigung erhalten<br />
Sie z. B. dann, wenn der Baum krank <strong>ist</strong><br />
und droht, beim nächsten Sturm umzustürzen.<br />
Wenn kranke <strong>Bäume</strong> beim nächsten<br />
Sturm auf das Nachbargrundstück zu<br />
fallen drohen, kann Ihr Nachbar gegebenenfalls<br />
verlangen, dass die entsprechenden<br />
<strong>Bäume</strong> gefällt werden. Kontrollieren<br />
Sie regelmäßig Ihren Baumbestand auf<br />
Schäden und Krankheiten, um nicht auch<br />
für Schäden durch das Umstürzen eines<br />
Baumes zu haften.<br />
Die Diskussion des Umweltschutzes <strong>ist</strong> ein<br />
hinreichender Anlass für jeden, der einen<br />
Baum <strong>fällen</strong> möchte, über die rechtliche<br />
Qualität seines Verhaltens nachzudenken.<br />
Die Gerichte werden kaum zu Gunsten<br />
desjenigen entscheiden, der un<strong>erlaubt</strong> einen<br />
Baum gefällt hat. Unwissenheit<br />
schützt bekanntlich vor Strafe nicht. Das<br />
OLG Düsseldorf hat schon 1981 darauf<br />
hingewiesen, dass die Probleme des Umweltschutzes<br />
seit Jahren in den Medien<br />
(Presse, Rundfunk und Fernsehen) behandelt<br />
werden und mittlerweile in das Bewusstsein<br />
der Bevölkerung gerückt sind.<br />
Ebenso wird seit langem die Bedeutung<br />
von <strong>Bäume</strong>n in den Grünanlagen der<br />
Städte als „grüne Lungen“ betont und die<br />
Begrünung der Städte und Gemeinden<br />
gefördert. Es kann demnach nicht angenommen<br />
werden, dass die Belange des<br />
Umweltschutzes dem Durchschnittsbürger<br />
verborgen geblieben sind.<br />
Wer un<strong>erlaubt</strong> einen Baum fällt oder einen<br />
Ast absägt, bekommt in vielen Kommunen<br />
dafür ein Bußgeld auferlegt. Rechtsgrundlage<br />
für das Bußgeld sind die von<br />
der Kommune erlassenen Baumschutzsatzungen<br />
oder Baumschutzverordnungen,<br />
die ihre Rechtsgrundlage wiederum in<br />
§ 18 Bundesnaturschutzgesetz finden.<br />
Geschützt werden teilweise schon <strong>Bäume</strong><br />
mit einem Durchmesser von zwanzig Zentimetern!<br />
Die Gerichte stellen auch keine<br />
allzu hohen Anforderungen an die Wirksamkeit<br />
von erlassenen Baumschutzverordnungen<br />
und -satzungen. Im Zweifel<br />
werden die darin getroffenen Regelungen<br />
als zulässig angesehen. Eine Baumschutzverordnung<br />
oder -satzung anzugreifen,<br />
wird sich also me<strong>ist</strong> nicht lohnen.<br />
Sondereigentum und<br />
Sondernutzungsrecht<br />
Auch wenn der Baum auf Ihrem Gartengrundstück<br />
steht und laut Baumschutzverordnung<br />
gefällt werden darf, sollten Sie<br />
darauf achten, ob Sie wirklich Eigentümer<br />
des Baumes sind. Ganz sicher können sich<br />
nur die Eigentümer von frei stehenden<br />
Einfamilienhäusern sein. Für Eigentümergemeinschaften<br />
gilt es, Sondereigentum<br />
von einem Sondernutzungsrecht zu unterscheiden.<br />
Schauen Sie unbedingt in Ihrem<br />
notariellen Kaufvertrag nach! Bei einer<br />
Wohneigentumsanlage, die aus mehreren<br />
Eigentumswohnungen besteht, haben die<br />
Eigentümer der Erdgeschosswohnungen<br />
oft nur ein Sondernutzungsrecht an den<br />
Gärten! Die Grenzbepflanzung wird in der<br />
Regel von der Eigentümergemeinschaft<br />
gepflanzt und bezahlt sein. Die auf<br />
„Ihrem“ Garten“ stehenden <strong>Bäume</strong><br />
gehören dann der Gemeinschaft. Diese<br />
<strong>Bäume</strong> dürfen nur gefällt werden, wenn<br />
ein Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung<br />
gefasst wurde. Mit dem<br />
Sondernutzungsrecht hat der stolze Besitzer<br />
nämlich kein vollwertiges Eigentum erworben<br />
und kann mit dem „eigenen Garten“<br />
nicht nach Belieben verfahren. Oft<br />
bestimmt die Eigentümergemeinschaft<br />
aber nicht, wie der Garten auszusehen<br />
hat. Der Besitzer kann „seinen“ Garten<br />
dann so gestalten, wie es ihm gefällt. Das<br />
Sondernutzungsrecht <strong>ist</strong> aber nicht mehr<br />
als eine bloße Gebrauchsregelung. Der<br />
Besitzer kann lediglich die anderen Miteigentümer<br />
oder deren Mieter von der Mitbenutzung<br />
„seines“ Gartens abhalten. Er<br />
<strong>ist</strong> zum sorgsamen Umgang mit dem Gemeinschaftseigentum<br />
verpflichtet. Er darf<br />
daher einen Baum schneiden und auslichten,<br />
wenn es der Instandhaltung des Baumes<br />
dient. Maßnahmen über die Instandhaltung<br />
und Instandsetzung eines Baumes<br />
hinaus darf der Besitzer nicht treffen. Ein<br />
ganz bestimmter Baum darf erst gefällt<br />
werden, wenn die Mehrheit das beschließt.<br />
Wer eigenmächtig ohne gültigen<br />
Mehrheitsbeschluss einen Baum fällt,<br />
kann sich schadensersatzpflichtig machen.<br />
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG)<br />
sieht auch Strafen vor, wenn das Gemeinschaftseigentum<br />
missachtet und beeinträchtigt<br />
wird. Wenn ein Eigentümer entgegen<br />
der Mehrheit in der Eigentümerversammlung<br />
meint, dass ein bestimmter<br />
Baum aus einem wichtigen Grund trotzdem<br />
entfernt werden muss, so kann er<br />
nach § 43 WEG das Gericht anzurufen,<br />
um auf diesem Wege einen anderen Eigentümerbeschluss<br />
zu erreichen.<br />
Der Grenzbaum<br />
Steht ein Baum unmittelbar auf der<br />
Grundstücksgrenze, wird also der Stamm<br />
von der Grundstücksgrenze durchschnitten,<br />
spricht man von einem Grenzbaum.<br />
Die gedachte Grenzlinie muss an der Stelle<br />
durch den Stamm laufen, an der er aus<br />
dem Boden tritt. Auf die Wurzeln kommt<br />
es nicht an! An einem Grenzbaum haben
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Ihr Recht im Garten: <strong>Bäume</strong> <strong>fällen</strong> – <strong>was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erlaubt</strong>?<br />
die Nachbarn Miteigentum. Nicht nur die<br />
Früchte des Baumes gehören beiden<br />
Nachbarn zu gleichen Teilen, sondern jeder<br />
Nachbar kann auch verlangen, dass<br />
der Baum gefällt wird. Der andere Nachbar<br />
muss zwar zustimmen, kann das Fällen<br />
im Ergebnis aber nur selten verhindern, da<br />
er triftige Gründe vorbringen muss. Der<br />
Nachbar muss trotzdem in jedem Fall vor<br />
dem Fällen um Zustimmung gebeten werden.<br />
Wird der Grenzbaum ohne Zustimmung<br />
gefällt, kann man sich schadensersatzpflichtig<br />
machen. Wenn der Nachbar<br />
die Zustimmung verweigert, ohne einen<br />
triftigen Grund dafür zu haben, können<br />
Sie seine Zustimmung gerichtlich einklagen<br />
und den Baum dann <strong>fällen</strong>.<br />
Das Holz des Grenzbaumes gehört beiden<br />
Nachbarn gemeinsam. So kann jeder<br />
Nachbar z. B. die Hälfte des Stammes klein<br />
hacken und als Brennholz für seinen Kamin<br />
verwenden. Aber Achtung: Auch die<br />
Kosten der Fällaktion müssen beide Nachbarn<br />
gemeinsam tragen! Wenn Sie der<br />
Grenzbaum nicht stört und Sie die Kosten<br />
nicht tragen wollen, dann können Sie auf<br />
Ihre Rechte am Grenzbaum verzichten.<br />
Dann muss derjenige, der die Beseitigung<br />
des Grenzbaumes fordert, die Kosten der<br />
Fällaktion allein tragen. Natürlich bekommt<br />
der Nachbar, der die Kosten für<br />
das Fällen des Baumes allein trägt, dann<br />
das ganze Holz. Ein Grenzbaum darf nicht<br />
gefällt werden, wenn er als Grenzzeichen<br />
dient und den Umständen des Einzelfalles<br />
nach nicht durch ein anderes zweckmäßiges<br />
Grenzzeichen ersetzt werden kann.<br />
Wann muss ein Baum gefällt werden?<br />
Stürzt bei einem Sturm ein Baum auf ein<br />
parkendes Auto, stellt sich schnell die Frage,<br />
wer für den Schaden aufkommen<br />
muss. Grundsätzlich muss immer derjenige<br />
für Schäden einstehen, der verantwortlich<br />
<strong>ist</strong>. Der Eigentümer haftet, wenn er<br />
versäumt hat, rechtzeitig einen umsturzgefährdeten<br />
Baum zu <strong>fällen</strong>.<br />
Den Schaden verursacht hat der Grundstückseigentümer<br />
aber noch nicht, weil er<br />
den Baum gepflanzt oder aufgezogen hat.<br />
Auch die bloße Stellung als Eigentümer eines<br />
umgestürzten Baumes reicht für eine<br />
Haftung nicht immer aus. Solange die<br />
<strong>Bäume</strong> gegen die normalen Einwirkungen<br />
der Naturkräfte widerstandsfähig sind,<br />
haftet der Eigentümer in der Regel nicht.<br />
Es empfiehlt sich daher, die <strong>Bäume</strong> auf<br />
dem eigenen Grundstück regelmäßig zu<br />
untersuchen. Schäden, die durch ein Naturereignis<br />
wie etwa einen Sturm ausgelöst<br />
wurden, sind dem Eigentümer eines<br />
Baumes nur dann zuzurechnen, wenn er<br />
sie durch sein Verhalten erst ermöglicht<br />
hat. Aus diesem Grund muss der Grundstückseigentümer<br />
den Baumbestand regelmäßig<br />
auf Krankheiten und Überalterung<br />
kontrollieren. Wenn ein Baum erkennbar<br />
krank oder instabil war und nicht<br />
entfernt wurde, muss der Eigentümer für<br />
die Sturmschäden aufkommen. Der Maßstab<br />
für die normalen Einwirkungen der<br />
Natur <strong>ist</strong> dabei nicht an Jahrhundertstürmen<br />
wie zum Beispiel dem Orkan „Wiebke“<br />
zu messen. Solche Naturereignisse<br />
müssen nicht eingeplant werden. Solange<br />
ein Baum also gegen die normalen Einwirkungen<br />
der Naturkräfte widerstandsfähig<br />
<strong>ist</strong>, haftet der Eigentümer nicht.<br />
Anforderungen an eine<br />
Baumschutzverordnung<br />
DER FALL: Der Beschwerdeführer wollte<br />
auf seinem mit zahlreichen <strong>Bäume</strong>n bewachsenen<br />
Grundstück ein Mehrfamilienwohnhaus<br />
mit 36 Wohnungen errichten.<br />
Obwohl ein großer Teil der vorhandenen<br />
<strong>Bäume</strong> unter die geltende Baumschutzsatzung<br />
fiel und eine Ausnahmegenehmigung<br />
nicht beantragt worden war, ließ er<br />
die <strong>Bäume</strong> <strong>fällen</strong>. Ein Mitarbeiter der Stadt<br />
schritt ein, nachdem nur noch etwa die<br />
Hälfte der <strong>Bäume</strong> stand. Am nächsten Tag<br />
fällte der Beschwerdeführer eigenhändig<br />
die restlichen <strong>Bäume</strong>. Deshalb wurde von<br />
der Gemeinde gegen den Beschwerdeführer<br />
ein Bußgeld verhängt. Von den gefällten<br />
<strong>Bäume</strong>n fielen 37 Stück als schützenswert<br />
unter die Baumschutzsatzung. Der<br />
Beschwerdeführer hielt das verhängte<br />
Bußgeld für rechtswidrig: Ihm sei nicht<br />
klar gewesen, dass er die <strong>Bäume</strong> nicht <strong>fällen</strong><br />
durfte. Die Baumschutzsatzung sei<br />
nicht bestimmt genug. Die Satzung verwendet<br />
seiner Meinung nach Formulierungen,<br />
die nicht allgemein verständlich<br />
sind. Die Satzung lautet wörtlich: „Diese<br />
Satzung regelt den Schutz des Baumbestandes<br />
innerhalb der im Zusammenhang<br />
bebauten Ortsteile und des Geltungsbereichs<br />
der Bebauungspläne.“ Das OLG<br />
Düsseldorf wollte der Beschwerde nicht<br />
stattgeben. Das Gericht hatte aber selbst<br />
Zweifel, ob aus der Baumschutzverordnung<br />
genau genug entnommen werden<br />
kann, in welchem Gebiet keine <strong>Bäume</strong> gefällt<br />
werden dürfen. Deshalb hat das OLG<br />
Düsseldorf dem BGH die Frage der Bestimmtheit<br />
zur Entscheidung vorgelegt.<br />
DAS URTEIL: Der BGH hat mit Beschluss<br />
vom 15.03.1996, Az. 3 StR 506/95 dem<br />
OLG Düsseldorf bestätigt, dass die Beschwerde<br />
gegen das Bußgeld abgewiesen<br />
werden kann. Die Baumschutzsatzung <strong>ist</strong><br />
bestimmt genug. Der Gesetzgeber <strong>ist</strong><br />
zwar verpflichtet, die Voraussetzungen<br />
der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben,<br />
dass die Tragweite des Handelns aus<br />
der Strafnorm zu erkennen <strong>ist</strong>. Es reicht<br />
aber aus, wenn das, <strong>was</strong> verboten <strong>ist</strong>, sich<br />
durch Auslegung ermitteln lässt. Zum einen<br />
muss vorhersehbar sein, welches Verhalten<br />
verboten <strong>ist</strong> und somit bestraft<br />
werden kann. Zum anderen soll sichergestellt<br />
sein, dass der Gesetzgeber selbst<br />
entscheidet, <strong>was</strong> strafbar <strong>ist</strong>. Bei der Bezugnahme<br />
auf den Geltungsbereich der<br />
Bebauungspläne handelt es sich um eine<br />
zulässige „dynamische Verweisung“. Es<br />
sind eben die jeweils gültigen Bebauungspläne<br />
bei der Gemeinde zu erfragen. Die<br />
Formulierung „innerhalb der im Zusammenhang<br />
bebauten Ortsteile“ entspricht<br />
exakt dem, <strong>was</strong> im Baugesetzbuch steht.<br />
Der BGH sah kein Problem darin, dass ein<br />
unbestimmter Rechtsbegriff verwendet<br />
wird. Verfassungsrechtlich geboten sei<br />
nicht eine Vorschrift, die um jeden Preis<br />
optimal bestimmt <strong>ist</strong>. Eine Vorschrift muss<br />
auch praktisch handhabbar sein. Wer ein<br />
Haus bauen möchte, muss bei der Gemeinde<br />
nachfragen, ob ein im Zusammenhang<br />
bebauter Ortsteil vorliegt. Ebenso<br />
muss im Vorfeld bei der Gemeinde erfragt<br />
werden, ob ein Baum gefällt werden kann.<br />
Sicherungspflicht bei Holzfällerarbeiten<br />
DER FALL: Eine Holzfällerkolonne hat neben<br />
einer Kreisstraße <strong>Bäume</strong> gefällt. Ein<br />
Arbeiter, der den Verkehr vor Gefahren<br />
warnen sollte, trug keine auffällige Kleidung<br />
und hatte keine Warnflagge bei sich.<br />
Er gab dem Kläger nur ein Handzeichen.<br />
Der Kläger verlangsamte hierauf seine<br />
Fahrt bis auf Schrittgeschwindigkeit. Er<br />
hielt aber nicht an, sondern fuhr in Schrittgeschwindigkeit<br />
weiter. Der PKW des Klägers<br />
wurde daraufhin von einem umstürzenden<br />
Baum, den der Beklagte gerade<br />
gefällt hatte, getroffen. Der Pkw wurde<br />
stark beschädigt. Der Kläger selbst blieb<br />
unverletzt und kam mit dem Schrecken<br />
davon. Der Beklagte wusste, dass der Arbeiter<br />
keine Warnweste trug und keine<br />
Warnflagge oder andere Gegenstände bei<br />
sich hatte, die auf eine Gefahrenstelle hinweisen.<br />
Er wusste auch, dass keinerlei<br />
Warnzeichen oder sonstige Warneinrich-
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Ihr Recht im Garten: <strong>Bäume</strong> <strong>fällen</strong> – <strong>was</strong> <strong>ist</strong> <strong>erlaubt</strong>?<br />
tungen aufgestellt worden waren. Die<br />
Holzfällerarbeiten waren für den Verkehr<br />
von der Straße aus nicht erkennbar.<br />
DAS URTEIL: Das OLG Hamm, Urteil vom<br />
10.03.1989, Az. 9 U 144/88 sprach dem<br />
Kläger einen Schadensersatzanspruch gegen<br />
den Holzfäller zu. Der Beklagte hat<br />
den PKW schuldhaft zerstört. Werden<br />
<strong>Bäume</strong> in der Nähe einer Straße gefällt, <strong>ist</strong><br />
das immer gefährlich. Die <strong>Bäume</strong> können<br />
auf die Straße fallen und Verkehrsteilnehmern<br />
verletzen oder Fahrzeuge beschädigen.<br />
Wegen dieser besonderen Gefahrenlage<br />
sind Holzfäller verpflichtet, Verkehrsteilnehmer<br />
ausreichend zu sichern und zu<br />
warnen. Sie müssen sich vergewissern,<br />
dass von ihnen beauftragte Gehilfen den<br />
Verkehr geeignet warnen. Gegen diese Sicherungspflicht<br />
hat der Beklagte fahrlässig<br />
verstoßen. Ein gewissenhafter Holzfäller<br />
hätte erkennen müssen, dass die von dem<br />
Arbeiter vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen<br />
nicht ausreichten. Bloße Handzeichen<br />
sind nicht geeignet, dass Verkehrsteilnehmer<br />
auch tatsächlich vor der Gefahrenstelle<br />
halten. Der Beklagte hätte<br />
dafür sorgen müssen, dass die „Sicherungsposten“<br />
für den Verkehr als solche<br />
zu erkennen gewesen wären. Er konnte<br />
deshalb nicht ohne weiteres damit rechnen,<br />
dass Verkehrsteilnehmer anhalten.<br />
Hinzu kommt, dass die Unfallstelle in einem<br />
unbebauten Waldstück gelegen <strong>ist</strong>.<br />
Das Gericht hält es für möglich, dass Verkehrsteilnehmer<br />
zum Beispiel aus Angst<br />
vor einem Überfall in dem Waldstück die<br />
Anhaltezeichen des Arbeiters nicht beachten<br />
würden. Nach Auffassung des Gerichts<br />
hätte bei dieser Sachlage ein normal<br />
sorgfältiger Holzfäller sich nicht auf die<br />
Anhalteversuche des „Sicherungspostens“<br />
als Schutzmaßnahmen verlassen<br />
dürfen. Er hätte daher keine <strong>Bäume</strong> <strong>fällen</strong><br />
dürfen, die auf die Straße stürzen könnten.<br />
Der Kläger selbst hat sich nicht<br />
schuldhaft verhalten. Ihm kann nicht angelastet<br />
werden, dass er nicht angehalten<br />
hat. Das Gericht hat hier berücksichtigt,<br />
dass das Handzeichen des Arbeiters missgedeutet<br />
werden konnte.<br />
Der Orkan Wiebke<br />
DER FALL: Die Parteien sind Eigentümer<br />
benachbarter Grundstücke. Am Abend<br />
des 26.2.1990 stürzten während eines ungewöhnlich<br />
starken Unwetters („Orkan<br />
Wiebke“) bei Sturmböen mit Windstärken<br />
von neun bis zehn zwei ausgewachsene<br />
Fichten vom Grundstück der Beklagten<br />
auf das Grundstück des Klägers. Die umgestürzten<br />
Fichten beschädigten das Garagendach<br />
und das Vordach der Hauseingangstür.<br />
Der Kläger <strong>ist</strong> der Meinung, die<br />
beiden Fichten hätten rechtzeitig entfernt<br />
werden müssen. Sie seien erkennbar an<br />
Rotfäule erkrankt gewesen. Deshalb hätten<br />
sie den Windböen nicht standgehalten.<br />
Er verlangte von der Beklagten<br />
11018,69 DM. Diese Summe <strong>ist</strong> von ihm<br />
aufgewendet worden, um die Schäden zu<br />
beseitigen. Der Kläger hatte mit dieser<br />
Forderung bereits in zwei Vorinstanzen<br />
verloren.<br />
DAS URTEIL: Der BGH (Urteil vom<br />
23.04.1993, Az. V ZR 250/92) hat die<br />
Klage ebenfalls abgewiesen. Mangels Verschuldens<br />
hat die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflicht<br />
nicht verletzt. Ein nachbarrechtlicher<br />
Ausgleichsanspruch gegen<br />
die Beklagte wurde ebenfalls abgelehnt.<br />
Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch<br />
tritt an die Stelle des ursprünglichen Abwehranspruchs<br />
nach § 1004 BGB. Dies<br />
setzt aber voraus, dass der Kläger überhaupt<br />
einen solchen Anspruch hatte. Dazu<br />
hätte die Beklagte als Störer verantwortlich<br />
sein müssen. Nach der Rechtsprechung<br />
des BGH reicht die bloße Stellung<br />
als Eigentümer des Grundstücks, von dem<br />
die Einwirkung ausgeht, dazu nicht aus.<br />
Der Grundstückseigentümer <strong>ist</strong> nur dann<br />
Störer, wenn er die durch Naturereignisse<br />
ausgelösten Schäden durch eigenes Handeln<br />
ermöglicht hat. Dasselbe gilt, wenn<br />
er die Schäden herbeigeführt hat, weil er<br />
es pflichtwidrig unterlassen hat, alles Erforderliche<br />
zu tun, um den Schaden zu<br />
vermeiden. Weitere Voraussetzung für die<br />
Zurechnung eines Schadens <strong>ist</strong> aber auch,<br />
dass der vom Eigentümer geschaffene<br />
oder verschuldete Zustand eine konkrete<br />
Gefahrenquelle für das Nachbargrundstück<br />
bildete. Das bloße Anpflanzen und<br />
Aufziehen von widerstandsfähigen <strong>Bäume</strong>n<br />
begründet allein keine Gefahrenquelle.<br />
Daran ändert auch der Umstand nichts,<br />
dass bei Naturkatastrophen Schäden nicht<br />
auszuschließen sind. Derartige Ereignisse<br />
sind zwar denkbar, normalerweise aber<br />
nicht zu erwarten. Solange die auf dem<br />
Grundstück angepflanzten <strong>Bäume</strong> gegenüber<br />
normalen Einwirkungen der Naturkräfte<br />
hinreichend widerstandsfähig<br />
sind, geht von ihnen keine ernsthafte Gefahr<br />
für das Nachbargrundstück aus. Der<br />
Grundstückseigentümer <strong>ist</strong> im Sinne des<br />
§1004 BGB deshalb erst dann verantwortlich,<br />
wenn von ihm unterhaltene <strong>Bäume</strong><br />
infolge Krankheit oder Überalterung ihre<br />
Widerstandskraft eingebüßt haben. Das<br />
Gericht kam zur Überzeugung, dass die<br />
Fichten ausreichend widerstandfähig waren.<br />
Der Stamm brach erst während des<br />
ungewöhnlich starken Sturms. Zu diesem<br />
Zeitpunkt aber konnte die Beklagte die<br />
Gefahr, die von den <strong>Bäume</strong>n ausging,<br />
nicht mehr beseitigen. Aus diesem Grunde<br />
kann sie nicht als Störerin angesehen werden.<br />
Die Beklagte wäre aber zum Beispiel dann<br />
für einen Schaden verantwortlich, wenn<br />
die Wurzeln der Fichte ein Ab<strong>was</strong>serrohr<br />
des Nachbarn beschädigt hätten. Dann<br />
hat die natürliche Entwicklung des Wurzelbereichs<br />
den Schaden verursacht. Die<br />
Wurzeln wachsen nur deshalb, weil der<br />
Eigentümer dies zulässt. Er weiß, dass<br />
Wurzeln wachsen. Er könnte die Wurzeln,<br />
die in das Ab<strong>was</strong>serrohr allmählich hineinwachsen,<br />
jederzeit abschneiden.<br />
Bei einem Orkanschaden wird der Schaden<br />
dagegen erst durch ein von außen<br />
einwirkendes besonderes Naturereignis<br />
ausgelöst. Der Orkan kann nicht mittelbar<br />
auf den Willen der Beklagten zurückgeführt<br />
werden. Et<strong>was</strong> anderes gilt natürlich,<br />
wenn bei einem gewöhnlichen Sturm ein<br />
kranker Baum auf das Nachbargrundstück<br />
fällt und der Baumeigentümer vorher<br />
nichts unternommen hat, um einen Schaden<br />
abzuwenden.<br />
Diese Informationen wurden sorgfältig von der Redaktion unter Mitwirkung der Kanzlei Prof. Schweizer zusammengestellt. Wie für alle rechtlichen<br />
Abhandlungen gilt jedoch, dass Gerichte im Einzelfall aufgrund weiterer Umstände anders urteilen und dass deshalb die Verfasser keine Haftung übernehmen<br />
können. Stand 29.11.2005/br