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In der rS<br />
Nickerchen auf der Holzbank: Alle Rekruten leiden unter Schlafmangel.<br />
Orangensaftpackungen und Energy-Drink-Dosen – ein Schlaraffenland.Die<br />
Rekruten schaufeln ihre Tabletts voll, stopfen sich schon<br />
während des Anstehens Sandwiches in den Mund, als könnten sie<br />
jeden Moment aus diesem Traum aufwachen, in dem sie genau 45<br />
Minuten verweilen dürfen, bevor sie zurückkehren in den kalten<br />
Rekrutenalltag mit Teeund Brot undVierfruchtkonfitüre, und sogar<br />
Oberst Drexel lässt sich verleiten, nach einem bescheidenen Teller<br />
mit Rührei und Speck fünf Butterbrezeln in die Taschen seines<br />
Kampfanzugs zu stecken, «als zweites Frühstück»,sagt er.<br />
AGA-Finale –das Problem vor der Tastatur (W 6)<br />
«Obergefreiter!» –«Definitivnicht!» –«Tschuldigung, Oberwachtmeister!<br />
Ichhab da eine Frage!» ruft Rekrut Iseli und nestelt an seinerGasmaske.<br />
Gleich muss er zumABC-Test antreten, dem Schutz<br />
vor atomaren, biologischen und chemischen Gefahren. Auf dem<br />
weitläufigen Areal des Waffenplatzes sind Posten eingerichtet, an<br />
denen in der sechsten Woche die Rekruten zum Abschluss der<br />
allgemeinen Grundausbildung geprüft werden. Die ganze Schule<br />
tritt zum AGA-Finale an, 452 Rekruten, darunter auch die 128 der<br />
Kompanie 2. Sie müssen Karten lesen, Verbände anlegen, das Gewehr<br />
auseinandernehmen, die Gasmaskeanziehen und ihr Wissen<br />
über die Armee unter Beweis stellen. Weralle Tests besteht, darf<br />
bereits am Freitagmorgen in den Urlaub –einen Tagfrüher als die<br />
anderen.<br />
Die Rekruten stehen in einer Reihe,Iseli neben Roos,mit dem er<br />
im selben Zwölferzimmer schläft. «Wenn wir schon hier sind, machen<br />
wirdas Beste draus»,sagen die beiden, die sich gut verstehen.<br />
DerVollschutz ist angezogen, alle Klettbündchen sind geschlossen.<br />
In dreissig Sekunden muss nun noch einem verletzten Kameraden<br />
die Schutzmaske übergezogen werden. Der Schweiss tropft unter<br />
der Gummimaske indie brennenden Augen. Iseli zerrt an Roos<br />
herum, dann zeigt sein Daumen nach oben. Im Ernstfall hielte die<br />
Ausrüstung 12 Minuten flüssigen Kampfstoffen stand, 24 Minuten<br />
beiGas. Jetzt aber heisst es «Packung erstellen!»,und nachdem alle<br />
ihre Ausrüstung im Rucksack verstaut haben, geht es im Gänsemarsch<br />
zum nächsten Posten,während eine andereGruppemit dem<br />
Lastwagen zur Kaserne hochgefahren wird,wosie zum Wissenstest<br />
antreten muss.<br />
Im 4.Kapitel des Dienstreglements steht: «Militärische Ausbildung<br />
und Erziehung haben das Ziel, die Angehörigen der Armee auf<br />
den Krieg und auf die Bewältigung anderer Krisensituationen<br />
vorzubereiten.» Und wer die Angehörigen der Armee sind, wird<br />
definiert in Kapitel 2, Absatz 5: «Unsere Armee ist grundsätzlich<br />
nach dem Milizprinzip organisiert. Sie beruht auf dem Grundsatz<br />
der Militärdienstpflicht für alle Schweizer Bürger.Schweizerinnen<br />
können sich freiwillig zum Militärdienst melden.» Die allgemeine<br />
Wehrpflicht wurde 1848 in der ersten Bundesverfassung der<br />
Schweiz festgeschrieben, wieinden meisteneuropäischenLändern<br />
im 19.Jahrhundert. Seit dem Endedes Kalten Krieges haben jedoch<br />
viele auf Freiwilligen- und Berufsarmeen umgestellt.Auch die Volksinitiative<br />
«Ja zur Aufhebung der Wehrpflicht» folgt diesem Trend.<br />
Die Gruppefür eine Schweiz ohne Armee(GSoA) hat sie im Januar<br />
2012 eingereicht. Aber bisher scheiterten alle armeekritischen<br />
GSoA-Initiativenander Urne.<br />
FolIo 3/2013