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In der rS<br />
Beim verstörten Fahrer des Unfallwagens werden ein Alkoholund<br />
ein Drogentest gemacht. Beide sind negativ. Über eine Stunde<br />
dauert das Verhör mit dem Fahrer.Die <strong>RS</strong> muss er weitermachen,<br />
gleichzeitig wird von Schulkommandant Drexel eine Voruntersuchung<br />
angeordnet. Gegen den Fahrer wird ein Strafverfahren eröffnet.<br />
Beschuldigt sind der Fahrer und zwei Vorgesetzte. Erst im<br />
Sommer 2013 wird das Urteil des Militärgerichts erwartet.<br />
Notfallärzte und Polizei führen die Liste der Verletzten. 25 von<br />
26 haben etwas abbekommen, meist leichte Blessuren. 16 werden<br />
in die umliegenden Spitäler verteilt. 2werden die Rekrutenschule<br />
abbrechen müssen. Ein Care-Team wird aufgeboten, die Eltern<br />
der Rekruten werden informiert. Roos schickte seiner Mutter eine<br />
SMS, es gehe ihm gut. Er wird anderntags beim 5-Kilometer-Marsch<br />
dabei sein.<br />
In der Küche –ohne Mampf kein Kampf (W 10)<br />
DerObergefreite Herb, einer der beiden Küchenchefs in der Kaserne<br />
Neuchlen,kennt mittlerweile die Vorlieben seiner Truppe: Fisch<br />
wird nur gegessen, wenn er paniert ist, Gemüse ist generell unbeliebt,<br />
und Linsen sind für die meisten Wehrmänner «ein Saufrass».<br />
Manche würden am liebsten jeden TagKebab essen, sagt Herb, oder<br />
Pizza oder Hamburger.Als Küchenchef habe eraber den Auftrag,<br />
für eine abwechslungsreiche und ausgewogene Verpflegung zu sorgen.<br />
So stehe es im Reglement.<br />
In der Küche gilt Reglement 60.006d, das 340 Seiten starke Militärkochbuch.<br />
Das 2009 neu aufgelegte Standardwerk versammelt<br />
alle Rezepte, nach denen in den Schweizer Armeeküchen gekocht<br />
wird.Wie eh und je enthält es traditionelle Schweizer Gerichte wie<br />
Rekrut Roos: Träger des Sportabzeichens.<br />
Älplermagronen,Walliser Rösti,Suppemit Spatz.Hinzugekommen<br />
sind im Lauf der Zeit Lasagne, Nasigoreng, Ragoût mexikanische<br />
Art. Die Militärküche solle nicht nur jeden Soldaten täglich mit<br />
mindestens 3500 Kalorien versorgen, heisst es im Kochbuch, sondern<br />
auch die Moral der Truppe stärken. Oder wie esein Küchengehilfe<br />
ausdrückt: «Ohne Mampf kein Kampf.»<br />
In Neuchlen werden mittags und abends über 550 Mahlzeiten zubereitet;<br />
neben den hier stationierten Wehrmännern wird auch die<br />
5.Kompanie in Bronschhofen versorgt. Meistens gibt es ein fixes<br />
Menu; wird Schweinefleisch serviert, ist für die Wehrmänner muslimischen<br />
Glaubens eine Alternative,meist Poulet, vorgesehen. Die<br />
Vegetarier müssen sich mit einer Extraportion Gemüse, Beilagen<br />
oder Salat begnügen.<br />
Seit 5Uhr in der Früh steht Küchenchef Herb mit vier Rekruten<br />
in dergrosszügigen, weiss geplättelten Küche. Nach dem Frühstück<br />
–Brot, Butter,Konfitüreund Milchkaffee –hat die Mannschaft mit<br />
der Zubereitung des Mittagessens begonnen: Ossobuco alla milanese<br />
mit Hörnli und Salat. Ausnahmsweise gibt es auch ein Dessert:<br />
Tiramisù.<br />
Das Tagesbudget für die Verpflegung beträgt 8Franken 50 pro<br />
Mann. Das gilt auch für Wochenenden und Feiertage, so dass der<br />
Küchenchef gelegentlich etwasmehr ausgeben kann. So wieheute.<br />
DerMetzger hat 110 Kilo Kalbshaxen geliefert. Sie werden gewürzt<br />
und auf einer heissen Eisenplatte Stück um Stück angebraten; um<br />
9Uhr schmoren sie bereits mit 12 Kilo Rüebli, 15 Kilo Sellerie, 12<br />
Kilo Zwiebeln, 5Kilo Tomatenextrakt, 10 Liter Weisswein und 50<br />
Knoblauchzehen in Kipppfannen so gross wie Badewannen. Küchenchef<br />
Herb hat seine Lehre im«Schwanen» in Wil gemacht,<br />
einem kleinen Stadtrestaurant. Die Quantitäten, mit denen er es im<br />
Militärzutun hat, sindnatürlich andere. Undauchdie Gerätesind<br />
grösser –der Schwingbesen ist länger als ein Baseballschläger.Oft<br />
muss das Essen ins Feld geliefert werden. Es wird in Wärmekisten<br />
transportiert, ist aber trotzdem nurnochlauwarm,wennesbei den<br />
Wehrmännern ankommt.<br />
Heute gibt sich Herb besonders Mühe, denn es ist hoher Besuch<br />
angesagt: Chefadjutant Zwahlen aus Bern wird zur Inspektion<br />
erwartet. Zwahlen ist Chef der Fachausbildung Verpflegung der<br />
Schweizer Armeeund kontrolliert die 31 Verpflegungszentren, von<br />
denen Neuchlen eines ist. Dabei geht es um die Einhaltung von<br />
Reglementen und Hygienevorschriften, aber auch um die Qualität:<br />
Das beste Verpflegungszentrum der Armee wird von ihm mit der<br />
jährlich verliehenen «Gamelle d’or» ausgezeichnet.<br />
Punkt 10 Uhrsteht der Inspektor im Eingang zur Küche. Zwahlen,<br />
ein jovialer Berner, scheintbesterLaune zu sein –was vielleicht<br />
auch daran liegt, dass dies sein letzter Besuch in der Ostschweiz ist.<br />
Der Chefadjutant wird demnächst pensioniert. 50000 Kilometer<br />
habeerJahr für Jahr mit seinem Dienstwagen zurückgelegt, erzählt<br />
er.Der Militärküchengeruchwerde ihmallerdingsschonein wenig<br />
fehlen.<br />
Als Zwahlen selbst in der Küche seinen Militärdienst leistete,<br />
wurde das meiste noch selber gemacht,auch die Fleischvögel.Heute<br />
kaufen sie die Militärköche beim Metzger ein. «Convenience hält<br />
mehr und mehr auch in der Militärküche Einzug»,sagt Zwahlen.<br />
Kein Rekrut wird heute mehr zum Kartoffelschälen verknurrt, die<br />
Rösti und der Gratin kommen fixfertig an. Der Salat wird gerüs-<br />
FolIo 3/2013