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Kinder aus alkoholbelasteten Familien Children from Alcohol ...

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Außerdem erweisen sich die meisten Symptome für <strong>Kinder</strong> <strong>aus</strong> Suchtfamilien als nicht<br />

spezifisch und kovariieren erheblich mit anderen Variablen. Auf vielen Ebenen ist mit<br />

differentiellen Effekten zu rechnen, so daß die möglichen Transmissionswege und die zu<br />

erwartenden Störungen als facettenreich und multidimensional zu bewerten sind. Dies ist eine<br />

Tatsache, der die meisten bisherigen Studien nicht <strong>aus</strong>reichend gerecht wurden. So wäre es<br />

z.B. dringend erforderlich zwischen väterlichem und mütterlichem Alkoholismus zu<br />

unterscheiden, die Abhängigkeit beider Elternteile und mehrerer Generationen sowie mehr<br />

oder weniger großer Teile der Verwandtschaft und der persönlichen Lebensumwelt zu<br />

berücksichtigen sowie kombinierte Abhängigkeitsformen (z.B. von Benzodiazepinen und<br />

Alkohol) miteinzubeziehen und verschiedene Formen von Alkoholismus zu unterscheiden. Es<br />

wäre dabei wünschenswert, sowohl die zahlreichen klinischen Erfahrungen als auch die<br />

subjektiven Theorien der betroffenen <strong>Kinder</strong> zum Problemverhalten der Eltern zukünftig<br />

stärker in prospektive Forschungsprogramme einzubringen.<br />

Aufschlußreich für die Prävention kindlicher Verhaltensstörungen in Suchtfamilien ist<br />

insbesondere der Forschungsbereich der Resilienz. Damit ist jene Fähigkeit gemeint, trotz<br />

widriger Umstände psychische Gesundheit zu bewahren oder zu entwickeln. Durch eine<br />

Studie von Werner (1986) liegen differenzierte Ergebnisse zur Resilienz und protektiven<br />

Faktoren für <strong>Kinder</strong> in Suchtfamilien vor. Im einzelnen ergaben sich folgende individuell<br />

wichtige protektive Faktoren: Ein Temperament, das positive Aufmerksamkeit seitens der<br />

Umwelt hervorruft; durchschnittliche Intelligenz sowie mündliche und schriftliche<br />

Kommunikationsfähigkeit; stärkere allgemeine Leistungsorientierung; Fähigkeit zur<br />

Verantwortungsübernahme; Positives Selbstwertgefühl; internale Kontrollüberzeugung;<br />

Glaube an Selbsthilfemöglichkeiten.<br />

Als protektive Faktoren <strong>aus</strong> dem interaktionalen Bereich kommen hinzu: Viel<br />

Aufmerksamkeit seitens der Umwelt und keine längeren Trennungen während des<br />

Kleinkindalters; keine weiteren Geburten in den beiden ersten Lebensjahren; keine schweren<br />

elterlichen Konflikte bis zum zweiten Lebensjahr.<br />

Manche der potentiell wichtigen Zusammenhänge sind noch unzureichend erforscht. Dazu<br />

zählen u.a. die häufige Koinzidenz von familialem Alkoholismus und familialer Gewalt.<br />

Vorsichtige Schätzungen gehen davon <strong>aus</strong>, daß etwa jede dritte Gewalttat unter<br />

Alkoholeinfluß begangen wird (Klein, 1995), was für den Bereich der innerfamiliären Gewalt<br />

ein nicht zu unterschätzendes psychisches Deformationsrisiko der <strong>Kinder</strong> in sich birgt. Auch<br />

der Zusammenhang zwischen familialem Alkoholismus und Eßstörungen, insbesondere bei<br />

Töchtern, ist weiter aufzuhellen. Die zeitliche Stabilität kindlicher Verhaltensstörungen im<br />

Kontext suchtbelasteter <strong>Familien</strong> ist bislang ebenfalls kaum erforscht, obwohl es - wie Curran<br />

& Chassin (1996) meinen - Hinweise darauf gibt, daß kindliches Problemverhalten in diesen<br />

Kontexten über die Zeit hinweg sehr stabil bleibt. Auch die Weitergabe alkoholbezogener<br />

Störungen über mehrere Generationen (vertikale bzw. diagonale Transmission) oder über<br />

mehrere Verwandte der gleichen Generation (horizontale Transmission) ist ein ernsthaftes<br />

Risiko für <strong>Kinder</strong> in suchtbelasteten <strong>Familien</strong>. Zumindest scheint es Hinweise zu geben, daß<br />

mit der Zahl der alkoholabhängigen Verwandten auch das Störungsrisiko für <strong>Kinder</strong> zunimmt<br />

(vgl. Sher, 1991). Im Extremfall kann in größeren Sippen bzw. Verwandtschaftsbeziehungen<br />

übermäßiges Trinken zur Normalität und kontrolliertes Trinken und Abstinenz zum<br />

abweichenden Verhalten werden. In diesem Falle wird die familiale Konstruktion von<br />

Normalität für die <strong>Kinder</strong> der nachwachsenden Generation zum Imitations- und oft zum<br />

Erkrankungsrisiko.

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