Lebenszeichen - WDR 5
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Ich weiß, was du fühlst –<br />
Emotionale Intelligenz<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
Von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
18.01.2009<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Ein Mann sitzt mir gegenüber , hat einen hochroten Kopf, ärgert sich<br />
furchtbar und sagt in erregtem Ton zu mir, “nun seien Sie man<br />
sachlich”. Und meine klassische Antwort .darauf- Auf keinen Fall,<br />
warum soll ich sachlich sein? Erstens sind wir beide keine Sachen,<br />
außerdem ärgern Sie sich schon furchtbar die ganze Zeit, Sie haben<br />
einen ganz dicken Hals. Und ich werde jetzt auch sauer. Also vielleicht<br />
reden wir erst mal darum, warum wir sauer sind.<br />
Das hat meistens eine totale Verblüffung zur Folge, und diesen<br />
Verblüffungseffekt kann man dann sehr gut nutzen. Manchmal muss<br />
man einfach anfangen zu lachen, oder man muss nur sagen, also , ich<br />
glaube, wir können nicht weitermachen, wir müssen eine Tasse Kaffee<br />
trinken, einmal um den Tisch gehen oder an die frische Luft. Ja,<br />
manchmal hilft das, einfach Pause machen.<br />
SPRECHERIN<br />
Eine schlechte Stimmung, eine emotionale Irritation erkennen und darauf reagieren<br />
erleichtert die Kommunikation, erspart Zeit und Konflikte. Die promovierte Soziologin<br />
und Managerin Ameli Lüders setzt diese Fähigkeit auch dann ein, wenn sie<br />
Widerstand des Gesprächspartners spürt.<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Es gibt immer Menschen, die sagen, jetzt kommen Sie mit Ihrem<br />
Psychokram an und damit verlieren wir die Zeit Umgekehrt ist es. Wenn<br />
der Psychokram gelöst ist, dann gehen die Sachprobleme ganz schnell<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.
Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
Man kann Zeit gewinnen dadurch, dass man menschliche, zugrunde<br />
liegende Konflikte anguckt. Man kann nicht alles lösen, aber<br />
besprechbar machen, oder sagt, dieses können wir nicht lösen, aber<br />
wenn man das nicht auseinander sortiert kriegt, was jetzt das sachlichfachliche<br />
Problem ist und welches das emotionale ist, dann geht’s gar<br />
nicht weiter.<br />
SPRECHERIN<br />
Psychokram… Emotionen… die können schon mal ein ganzes Konzept über den<br />
Haufen werfen.<br />
O-TON Altbundeskanzler Gerhard Schröder<br />
"Glauben Sie im Ernst, dass meine Partei auf ein Gesprächsangebot<br />
von Frau Merkel bei dieser Sachlage einginge, in dem sie sagt, sie<br />
möchte Bundeskanzlerin werden. Also, ich meine, wir müssen die<br />
Kirche doch mal im Dorf lassen. “<br />
SPRECHERIN<br />
Gerhard Schröder in der „Elefantenrunde“ nach der verlorenen Wahl. Sein Unmut<br />
war so groß, dass er alle Diplomatie und jede Höflichkeit beiseite ließ.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Die Gefühle haben Gewalt über uns, wenn wir uns ihrer eigentlich nicht<br />
bewusst sind.<br />
SPRECHERIN<br />
Prof Dr. Niels Galley, Spezialist in der Neuropsychologie:<br />
„Politik darf man nicht durch Emotionen ersetzen wollen, aber Emotionen können die<br />
Politik bestätigen.“ Schrieb Kanzler Willy Brandt. Sein spontaner Kniefall am Ghetto-<br />
Mahnmal in Warschau bewirkte mehr als tausend Worte. Er wurde als Symbol der<br />
geschichtlichen Verantwortung verstanden und hat den Versöhnungsprozess in<br />
Gang gesetzt.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
In wichtigen Momenten sind auch die „starken“ Männer nicht immer Herr der eigenen<br />
Gefühle. General Colin Powell, der zwei Irakkriege geführt hat, verschluckte gerührt<br />
Tränen vor der Kamera, als der Wahlsieg Barack Obamas bekannt wurde.<br />
Angst, Freude, Wut, Ekel, Trauer sind archaische Regungen, sie haben bereits das<br />
Verhalten unserer Vorfahren gesteuert. Über die zuständigen Hirnregionen, in denen<br />
solche Gefühlsregungen ablaufen verfügen auch höhere Primaten und Säugetiere.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Früher war Psychologie und auch Neurowissenschaften waren sehr<br />
stark an den kognitiven Denkvorgängen und an der Arbeit des Gehirns,<br />
die mit Wahrnehmungen einhergeht, verbunden Heute neigt man dazu,<br />
dass tatsächlich das Verhalten des Menschen sehr stark durch seine<br />
Gefühle determiniert ist.<br />
SPRECHERIN<br />
Mentale Intelligenz ist gefordert, wenn man gut mit sich und den anderen zurecht<br />
kommen will, freilich ist sie allein auch kein Garant dafür, dass das klappt. Der<br />
Pädagoge Rolf Göppel macht darauf aufmerksam,<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
...dass es Leute gibt, die durchaus klug sind, in der Lage sind<br />
hochkomplexe theoretische Probleme zu lösen und dennoch im Alltag,<br />
im Umgang mit anderen Menschen sich oft sehr unbeholfen anstellen.<br />
SPRECHERIN<br />
„Emotionale Intelligenz“ nannte der amerikanische Psychologe und Herausgeber der<br />
Zeitschrift Psychology Today, Daniel Goleman, die Fähigkeit, mit eigenen und<br />
fremden Gefühlen klug umzugehen, sorgte sein Buch mit diesem Titel für Furore.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
Und der Erfinder selbst ist gar nicht David Goleman, sondern Salovey<br />
und Meyer, die schon ein paar Jahre vorher dieses Konzept entwickelt<br />
haben und mit fünf Dimensionen beschrieben haben:<br />
SPRECHERIN<br />
Selbstbewusstheit, Selbstmotivation, Selbststeuerung, soziale Kompetenz und<br />
Empathie sind die Komponenten der emotionalen Intelligenz.<br />
Sven Jennessen, Professor für Körperbehindertenpädagogik:<br />
O-TON Prof. Sven Jennessen<br />
Sie bestimmt letztendlich das Miteinander aller Menschen , je<br />
emotionaler intelligent Menschen sich verhalten können, umso besser<br />
gelingt das Miteinander im sozialen Kontext.<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
Ob es präzise als Intelligenz zu bezeichnen ist, kann man streiten, aber<br />
diese Bezeichnung hat sich durchgesetzt.<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Genau so wie das in einer Ehe und in einer Familie nützlich ist, und im<br />
ganz normalen täglichen Leben, im Nachbarschaftsstreit, genauso<br />
nützlich und wichtig ist es in der Arbeit.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Man stelle sich Manager vor. Dessen Aufgabe, je weiter er nach oben<br />
kommt in der Hierarchie, wird seine Aufgabe mehr und mehr<br />
Menschenführung. Und bei Menschenführung ist ganz klar, dass er ja<br />
die Gefühle und die Zustände seiner Mitarbeiter , denen er Anweisung<br />
zu geben hat, relativ gut erkennen muss Und erfolgreicher wird er sein,<br />
wenn er das kann, auf diese Gefühle eingehen.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Ich habe mit einer Gruppe hoch qualifizierter Spezialisten<br />
zusammengearbeitet, die sich auf Grund langer Zusammenarbeit und<br />
einer ungünstigen Situation sehr zerstritten hatten miteinander und wo<br />
es alle möglichen alten Gegnerschaften, fast Feindschaften und<br />
Verletzungen auch gab, die zum Teil schon lange da waren und nie<br />
aufgearbeitet waren und unterschwellig offensichtlich eine Rolle<br />
spielten. Und als ich zu der Gruppe kam, wusste ich eigentlich davon<br />
nichts. Ich konnte nur beobachten, dass die Diskussionen, die geführt<br />
wurden, die fachlich sehr qualifizierten Diskussionen auf einem sehr<br />
hohen Niveau, sehr unfruchtbar geführt wurden, sehr lange dauerten,<br />
einen Konsens in der Gruppe herzustellen, war fast unmöglich Immer<br />
wieder gab es Kriegsschauplätze, wo es eigentlich um ganz anderes<br />
ging. Und in der Zeit habe ich die Technik entwickelt, nicht so sehr auf<br />
die inhaltlichen Argumente dieser Männer - es waren alles Männer - zu<br />
lauschen, sondern sie zu beobachten, wie sie eigentlich agierten.<br />
SPRECHERIN<br />
Was sagte ihre Körpersprache, ihre Haltung, der Gesichtsausdruck, der Klang der<br />
Stimme, die Tonlage, das Tempo der Sprache? Wiederholen sich bestimmte<br />
Reaktionen, gibt es feste Muster? Oft haben ja dieselben Emotionen einen ganz<br />
anderen Ausdruck. Wut kann sich auch leise äußern, Angst hinter Schreien<br />
verbergen.<br />
Ameli Lüders konnte ihre Mitarbeiter durch ihre Verhaltensbeobachtungen sehr gut<br />
einschätzen.<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Und da hat sich bei mir in vielen Fällen die Vermutung entwickelt, dass<br />
es um andere Fragestellungen ging Also ja um Verletzungen, um die<br />
Hackordnung in der Gruppe, um Prestigefragen, um Reputation, um<br />
Rivalitäten Und erst , als es uns gelungen ist, im Laufe der Zeit diese<br />
Dinge miteinander anzusprechen, zum Teil unter vier Augen, zum Teil<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
in Kleingruppen, und zum Teil in der gesamten Gruppe, nachdem<br />
Vertrauen da war, nachdem klar war, dass solche Offenheit nicht<br />
missbraucht wurde, dass es kein Nachteil, sondern Vorteil ist. Und<br />
nachdem dieser Prozess zu einer bestimmten Reife gelangt war, sind<br />
die ganzen Sach- und Fachprobleme sehr viel effizienter und schneller<br />
abgewickelt worden Das heißt, die Sitzungen sind kürzer geworden,<br />
haben Spaß gemacht, es wurde gelacht und die Ergebnisse waren viel<br />
besser Die Effizienz hat sich enorm gesteigert, dadurch dass am<br />
Anfang investiert wurde in Offenheit, in Vertrauen und in den<br />
Zusammenhalt der Gruppe.<br />
SPRECHERIN<br />
Auf die Mitarbeiter eingehen, Ihnen Empathie zeigen, hilft auch dann, wenn sie mit<br />
ihrer Arbeit nicht vorankommen. Denn hinter schlechten Ergebnissen steckt oft nicht<br />
Faulheit oder mangelnde Fachkompetenz:<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Manchmal hat das mit dem Team, mit Kollegen zu tun, mit der Arbeit<br />
selbst zu tun, aber häufig hat das mit privaten und persönlichen Dingen<br />
zu tun, die oft dann durch die Bürosituation von mir angesprochen<br />
werden konnten, aber gar nicht gelöst werden konnten. Aber schon die<br />
Tatsache, dass man es weiß, und darauf Rücksicht nimmt, kann<br />
manchmal etwas ändern und bessern. Oder man kann sich zusammen<br />
Lösungen überlegen, dass jemand in der konkreten Situation flexible<br />
Arbeitsstunden bekommen kann oder andere Aufgabe bekommt. . Oder<br />
dass es Antipathien zwischen Kollegen gibt, die aus irgendwelchen<br />
Gründen nicht leicht aus dem Wege zu räumen sind, wo man sagt, OK,<br />
hat keinen Zweck, dass ihr zusammen arbeitet. Man muss die<br />
Konstellation verändern. Auch das kann es geben.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Ist irgendwas? Was fühlst Du jetzt? Worüber bist Du eigentlich<br />
enttäuscht?<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Gerade in Paarbeziehungen ist sehr wichtig, dass man so Allaussagen<br />
und Kategorisierungen vermeidet Also Schubladen, in die man den<br />
anderen packt, aus denen er nicht mehr raus kann Das erzeugt alleine<br />
die Wut. Das ist ganz klar. Nein, erst das Verständnis und Benennung<br />
der Gefühle ohne Bewertung denn …Du bist, Du hast, Du kannst sind<br />
schon überwiegend Bewertungen. Eine Diagnose beendet einen<br />
Dialog, eine Frage eröffnet einen<br />
SPRECHERIN<br />
Anne Ludwig:<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Ich glaube, je öfter ich die Erfahrung gemacht habe, dass Situationen<br />
der Spannung, Überspannung danach entstanden sind, desto weniger<br />
war ich in der Lage, diese Fragen selber zu stellen. Was fühlst Du<br />
eigentlich? Was brauchst Du eigentlich? Die Antwort könnte auch sein,<br />
ich brauche Dich hier gar nicht!<br />
SPRECHERIN<br />
An der Unfähigkeit, mit eigenen Gefühlen und denen des Partners umzugehen,<br />
gehen Beziehungen in die Brüche. Das weiß die Sozialwissenschaftlerin Anne<br />
Ludwig, Mitte Fünfzig aus eigener Erfahrung.<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Wir haben darüber aus meiner Sicht in seiner sehr verquasten Weise<br />
gesprochen Im Sinne von Gefühle und Bedürfnisse einklagen. Aber<br />
nicht zeigen.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
SPRECHERIN<br />
Nach zwanzig Jahren Ehe:<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Meinen eigenen Mann habe ich irgendwann auch gar nicht<br />
wiedererkannt War nur der Zyniker der Gesellschaft, und jedes Thema,<br />
was angeschnitten worden ist von mir, wurde eher sarkastisch<br />
kommentiert. Als ich dachte, ich komme mit Worten nicht mehr weiter,<br />
habe ich meine Gefühle mal hingeschrieben… Ich habe es gemacht,<br />
weil es war eine schwierige Situation wo ich dachte, da muss man jetzt<br />
darüber reden, und reden ging ja so schwierig und dann habe ich<br />
gebeten, das zu lesen, und hinterher mir darauf eine Antwort zu geben.<br />
SPRECHERIN<br />
Aber auch mit dem was sie ihm aufgeschrieben hatte, konnte ihr Partner nichts<br />
anfangen.<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Und dann kam als erste Frage: “Möchtest Du da methodisch oder<br />
inhaltlich darüber reden?” Das hat mir gezeigt, mein Versuch , meine<br />
Gefühle, meine Irritationen, meine Probleme an den Mann zu bringen,<br />
war gescheitert b Und ich war dann auch zu. Ich fand das so<br />
abwertend. Eine andere Situation war, wenn ich versuchte, meine<br />
Gefühle zu beschreiben, kamen auch sehr wertende Äußerungen: „Das<br />
wäre jetzt kein Argument, das wäre ganz subjektive Meinung bloß!“ Na<br />
klar, war ja nur von mir, die Meinung<br />
SPRECHERIN<br />
Sich in den anderen einfühlen, seine Gefühle widerspiegeln - das geht nicht nur mit<br />
Worten:<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Anfassen, streicheln, Kuss geben, die Methoden sehr unterschiedlich<br />
SPRECHERIN<br />
Anteilnahme zeigen und Respekt bezeugen – das bewirkt mehr in einer Beziehung<br />
als Mauern, Schimpfen, Anklagen, Bewerten oder Gefühle abstreiten. Wer so<br />
reagiert, der verdeckt damit oft die dahinter stehenden Gefühle, wie Angst,<br />
Verletztheit, Scham, Wut.<br />
Ihre zweite Beziehung erlebt die Soziologin Anne Ludwig ganz anders:<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Wir können sehr viel über Gefühle reden Weil das war für mich ganz<br />
neu, dass ein Mann mal sagt, was er sich wünscht! Und zwar nicht mit<br />
Worten, sondern mit allem, mit Gesten, und mit den Augen und mit den<br />
Händen und mit dem ganzen Körper Einfach da sein und Nähe zeigen.<br />
Und das ist sehr viel einfacher damit umzugehen, weil ich muss nicht<br />
rätseln, was könnte ihm jetzt gut tun, oder ihm tut, weil er mir das zeigt<br />
Ich sehe an den Augen, ich sehe, dass er Spaß hat, dass er traurig ist.<br />
SPRECHERIN<br />
Ihr neuer Partner unterstützt sie in ihren Vorhaben, weiß, womit er ihr eine Freude<br />
machen kann, zeigt ihr, dass er sie liebt.<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
In ganz vielen kleinen Gesten: Es sind nicht nur Gespräche. Ganz<br />
vorsichtiges Nachfragen, und sagen “Heute hast Du schon sehr viele<br />
Stunden gearbeitet, sollen wir nicht mal einen Sekt trinken? Also<br />
Äußerungen , die mich nachempfinden lassen, dass er sich freut, wenn<br />
ich jetzt komme und dass er mit mir anstoßen kann.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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18.01.2009<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
Es passiert, denke ich , auch nicht selten, .dass ich Ärger in meinem<br />
Institut gehabt habe und dann mit grummeliger, muffiger Stimmung<br />
nach Hause komme und vielleicht meine Frau oder meine Kinder die<br />
wundern sich, was mit mir los ist, und dann gibt‘s ja gleich einen<br />
Konflikt, und ich ärgere mich darüber und spüre gar nicht, dass ich<br />
selber auf Grund dieser Belastung und von mir aus auch Frustrationen<br />
jetzt mit so einer Missstimmung nach Hause komme, sondern projiziere<br />
das gleiche auf die anderen ß Wenn ich mir dann klarmache, bevor ich<br />
zu Hause die Tür betrete oder durchschreite, wie bin ich eigentlich<br />
selber drauf, was steckt in mir, was bringe ich mit an negativen<br />
Gefühlen, und vielleicht bewusst versuche, hier das erstmal vor der<br />
Haustür abzuladen oder vielleicht auch gleich zu sagen „ Leute , heute<br />
habe ich irgendwie viel Ärger gehabt, behandelt mich pfleglich, Wenn<br />
ich das zunächst für mich klar hab und das dann auch kommunizieren<br />
kann, dann kann vielleicht so eine Situation entschärft werden.<br />
SPRECHERIN<br />
Was fühle ich jetzt? Wie kann ich das mitteilen? Wie wirke ich auf andere?<br />
Sich von den Gefühlen nicht überrollen zu lassen, sie zu reflektieren, hilft Konflikte<br />
und Stress zu vermeiden. Dann kann man selbst in schwierigen Situationen meistens<br />
anstatt mit Ärger mit Verständnis und Hilfe rechnen.<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
Nicht sich nur über den anderen und dessen Unverschämtheit zu<br />
ärgern, sondern immer zu sehen, was ist mein Anteil am Konflikt<br />
gewesen.<br />
SPRECHERIN<br />
Wo aber kann man das lernen: einen bewussten Umgang mit Gefühlen? Wie trainiert<br />
man seine emotionale Intelligenz?<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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18.01.2009<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Die Benennung und das Umgehen mit vor allem den eigenen Gefühlen<br />
ist sehr stark von der frühkindlichen Kommunikation zwischen den<br />
Beziehungspersonen - meist der Mutter und dem Kind - abhängig Dort<br />
lernt das Kind seine Emotionen zu benennen und auch mit ihnen<br />
umzugehen.<br />
SPRECHERIN<br />
Positiven Einfluss auf das Kind haben Eltern, die<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
in der Lage sind, mitzuschwingen, sich in das Kind einzufühlen, sich<br />
mit ihm zu freuen, auch zu verstehen und zu trösten, wenn es Kummer<br />
hat sei es in der Schule, sei es mit Freunden , so dass einfach in der<br />
Familie so ein emotionaler Resonanzboden für alle diese Dinge da ist.<br />
Natürlich ist es wünschenswert, dass es in der Familie so etwas wie<br />
eine fröhliche Grundstimmung gibt, wo alle ganz klar sich dessen<br />
bewusst sind und bisweilen auch, sei es in Sprache, sei es in Gesten,<br />
zeigen, dass sie sich wertschätzen und wirklich von Herzen gerne<br />
mögen, dass sie sich nicht gleichgültig sind.<br />
SPRECHERIN<br />
Gerade das hat in der Familie von Anne Ludwig gefehlt. Darin sieht sie unter<br />
anderem die Ursache für ihre gescheiterte Ehe.<br />
O-TON Anne Ludwig<br />
Bei uns war nicht eine emotionale Stimmung im Sinne auch von<br />
liebevoller Stimmung, wo man rauslassen kann, was man denkt .Ich<br />
glaube, dass wir beide auch große Schwierigkeiten gehabt hatten<br />
deshalb über Gefühle zu reden, weil wir es beide als Kind nicht gelernt<br />
haben …. Da wurde nicht gesprochen, aber gleichzeitig es war eine<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
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von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
hohe emotionale Erwartung, die dazu geführt hat, dass wir<br />
Schwierigkeiten danach hatten bei Problemen über Gefühle zu reden.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Bei unserer Tochter kann ich mich sehr gut erinnern, wenn sie wach<br />
wurde und alleine gelassen war, hat sie natürlich gebrüllt- Kaum haben<br />
wir das gehört, . die Mutter hat gesagt, aber liebe Celia, natürlich sind<br />
wir hier, und wir kommen gleich, und daraufhin war die Celia sofort<br />
beruhigt und zufrieden.<br />
SPRECHERIN<br />
Die direkte Reaktion hilft dem Kind seine Gefühle richtig einzuordnen. Auch wenn es<br />
gerade Missfallen erregt hat.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
„Ich sehe, dass Du wütend bist, aber es geht nicht.“<br />
SPRECHERIN:<br />
Für die emotionale Entwicklung von Kindern sind diese emotionalen Resonanzen<br />
geradezu unabdingbar:<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
So hat man zum Beispiel festgestellt, dass die Kinder, die<br />
vernachlässigt worden sind , diese soziale, emotionale Kommunikation<br />
nicht hatten, dass sie tatsächlich dass sie in ganz bestimmten<br />
Hormonen, wie Oxitozyn und Prolaktin später geringere Werte haben,<br />
was dazu führt, dass sie weniger Pflegeverhalten zeigen und damit<br />
eben nicht so gute Eltern werden.<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
Dass die Kinder schon einerseits Mitspracherecht haben, aber dass die<br />
Kinder nicht in die Situation geraten, dass sie alleine im Mittelpunkt<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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18.01.2009<br />
stehen, und alles muss sich um ihre Interessen drehen, und sie das<br />
Gefühl haben, sie sind der Nabel und Mittelpunkt der Welt.<br />
SPRECHERIN<br />
Kann man emotionale Intelligenz auch später noch entwickeln?<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Eine ganze Menge habe ich von meinen Kindern gelernt Und zwar<br />
habe ich gelernt, “Mach doch nicht so ein böses Gesicht”, haben die da<br />
verkündet. Also haben sie aus meinem mir subjektiv nur als konzentriert<br />
und aufmerksamen Gesicht, haben sie Böses abgelesen. Und bevor sie<br />
das richtig benennen konnten, haben sie natürlich im Grunde zu viel<br />
Angst vor meinem Gesicht gehabt und ich habe das gar nicht gemerkt<br />
dass sozusagen mein konzentriertes Nachdenken den Kindern als<br />
Angst erschien. Das musste ich lernen erst.<br />
O-TON Dr. Ameli Lüders<br />
Das hängt mit einer normalen Lebenserfahrung zusammen und ich<br />
glaube, dass Frauen einen leichteren Zugang haben und dass es ihnen<br />
eher auch erlaubt ist, ihre Gefühle mit in die Arbeit oder in die<br />
Konferenz hineinzubringen.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Frauen können besser Emotionen erkennen im Gesicht und damit<br />
umgehen. Ich habe als Emotionshandling ganze Menge durch meine<br />
Frau gelernt. Sie hat auch wohl viel zu häufig Bösigkeit in meinem<br />
Ausdruck gesehen, wenn ich nur nachdenklich oder konzentriert war.<br />
Ansonsten hat sie mir beigebracht, dass das Verbergen von Gefühlen<br />
sehr häufig ein Nachteil ist Das kann manchmal von Vorteil sein, wenn<br />
man dem anderen nicht seine Ängste mitteilt, aber meistens ist es ein<br />
Nachteil, wenn der andere nicht weiß, wie man sich fühlt . Wenn man<br />
sich von ihm verletzt fühlt auch zu sagen, auch in dieser Form, dann<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
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Ich weiß, was du fühlst – Emotionale Intelligenz<br />
von Marietta Morwaska-Büngeler<br />
L e b e n s z e i c h e n<br />
18.01.2009<br />
lässt sich das sehr häufig sehr besser klären als wenn man mauert, aus<br />
dem Feld geht oder aggressiv reagiert.<br />
SPRECHERIN<br />
Auch die Gruppe der Gleichaltrigen ist ein wichtiges Korrektiv.<br />
Inzwischen gibt es einige Programme, wie z. B. Faustlos oder Circle Time, damit die<br />
Kinder im Schulalter lernen, mit ihren Gefühlen und den Gefühlen ihrer Mitmenschen<br />
besser umzugehen. Die promovierten Erziehungswissenschaftler Nicole Kastirke und<br />
Sven Jennessen haben sehr gute Erfahrungen mit Circle Time gemacht, dieses<br />
Trainingsprogramm haben sie in diversen Schulen durchgeführt.<br />
O-TON Prof. Nicole Kastirke<br />
Circle Time läuft so ab, dass alle Kinder im Kreis sitzen. Und die<br />
Lehrerin dafür sorgt, dass es eine sichere Atmosphäre gibt.<br />
SPRECHERIN<br />
In der vertrauten Atmosphäre lernen Kinder die Gefühle zu spüren, zu erkennen, zu<br />
benennen und damit umzugehen. Zum Beispiel Wut.<br />
O-TON Prof. Sven Jennessen<br />
Eine Circle Time Sitzung zum Thema Wut gestalten und würden dann<br />
versuchen, Kinder erspüren zu lassen, was ist eigentlich Wut, wie fühlt<br />
sich das bei mir an, welche Möglichkeiten habe ich damit umzugehen ,<br />
wie gehe ich damit um, wie kommt es aber bei anderen an, wenn ich<br />
bestimmte Wege wähle und dann gemeinsam nach den Alternativen<br />
suchen in der Gruppe<br />
O-TON Prof Nicole Kastirke<br />
Und dann wir das so beginnen, dass in einer ersten Sitzung vielleicht<br />
erst mal gefragt wird, bist Du schon mal wütend gewesen und<br />
beschreib doch diese Situation, dass die Kinder Beispiele haben Dann<br />
würden wir ganz viel auch auf den Körper achten und gucken, ob die<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen<br />
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder<br />
vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.<br />
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18.01.2009<br />
Kinder formulieren können – viele Kinder können ja das gar nicht- wo<br />
sich Wut fühlen lässt im Körper was der Körper macht Diese ersten<br />
Zugänge würden eine Weile dauern Dann in späteren Sitzungen<br />
würden wir vielleicht Rollenspiele machen mit Kindern, wie eine<br />
Situation anders gelöst werden kann , wenn man wütend ist Aber auch<br />
mal Wut zulassen, einmal wütend sein alle zusammen und Wut auch<br />
ausdrücken und gucken, ob es verschiedene Arten gibt, Wut<br />
auszudrücken Wichtig ist, dass die Kinder selber auf die Ideen kommen<br />
O-TON Prof. Sven Jennessen<br />
Wir haben es konkret in Liverpool kennengelernt, in einem Bezirk, der<br />
auch stark von sozialer Armut geprägt ist und wo man da versucht hat<br />
auch, Kinder dabei zu unterstützen, in ihrer emotionalen Kompetenz zu<br />
entwickeln<br />
O-TON Prof GAllEY<br />
Die Streitschlichtungen, die heute im Schulraum gang und gäbe sind,<br />
sind immer der Ausdruck dessen, dass die Kinder nicht gelernt haben,<br />
im Elternhaus ihre Gefühle zu benennen und ihrem Gegenüber klar zu<br />
machen, woran sie leiden Da sind immer die Sicherungen<br />
durchgebrannt und da ist immer sofort gehandelt worden, und meist<br />
eben aggressiv gehandelt worden und dann eskaliert das.<br />
SPRECHERIN<br />
Streit unter Jugendlichen hat von außen betrachtet oft nichtige Ursachen – es geht<br />
nicht um das fehlende Geo-Dreieck, den Schubser auf dem Pausenhof oder die<br />
falsche Information über die Vertretungsstunde.<br />
O-TON Mirko Vossen<br />
Der hat mir jetzt mein Mäppchen gestohlen, und dann haben sie mit<br />
meinen Stiften rumgeworfen, und dann sind die Stifte kaputtgegangen.<br />
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SPRECHERIN<br />
….es geht um verweigerte Hilfe, Ausgrenzung, Nicht-dazu-gehören, Abwertung,…<br />
verunsichertes Selbstbewusstsein …<br />
O-TON Mirko Vossen<br />
Die sind dann oft schon wütend auf die anderen, gerade am Anfang<br />
und dann lassen sie sich nicht ausreden. Es kommen auch gerade am<br />
Anfang , obwohl wir sagen, dass wir das nicht möchten,<br />
Beschimpfungen, dann muss dass unterbunden werden erstmal.<br />
O-TON Violetta Kistowski<br />
Wir sind neutral, wir machen keine Strafen, wir reden mit denen<br />
einfach, und meistens finden wir dann eine schöne Lösung.<br />
O-TON Eva Spohr<br />
Wir lassen uns erst auf diesen Schüler ein wir bringen auch direkt .den<br />
Konfliktpartner mit ein, so dass die beiden Schüler sich erstmal in<br />
diesem Raum begegnen, alleine für sich mit uns zusammen. Und dass<br />
sie zuerst von ihrem Standort erzählen, was passiert ist und danach<br />
versuchen wir dann erstmal, wenn wir zum Beispiel merken, dass da<br />
sagen wir, das Beispiel, das Mäppchen wurde geklaut, dass wir seine<br />
Gefühle versuchen zu beschreiben dem Konfliktpartner und dass der<br />
sich dann erstmal versetzen soll in die Rolle.<br />
O-TON Mirko Vossen<br />
Manchmal schmollen die erstmal ein bisschen und sitzen und gucken<br />
sich nicht an, oder dass sie dann unbedingt ihre Position erzählen<br />
wollen den anderen nicht ausreden lassen wollen.<br />
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O-TON Eva Spohr<br />
Bei vielen Konflikten ist es ja auch so, dass man in seiner Position<br />
einfach so verhärtet ist, dass man gar nicht auf die anderen zugehen<br />
möchte .<br />
SPRECHERIN<br />
Mirko Vossen, Violetta Kistowski, Eva Spohr engagieren sich seit zwei Jahren in der<br />
Streitschlichtungstelle an dem Kölner Gymnasium in der Kreutzgasse.<br />
O-TON Violetta Kistowski<br />
Wir hatten letztens einen Fall, das war ein Mädchen, das sich nicht an<br />
ihrem Platz wohlgefühlt. Und dann fragen wir sie zunächst, ob sie uns<br />
die Situation beschreiben kann, gehen auf ihre Gefühle ein. Wir fragen<br />
„was fühlst Du denn dabei, wenn Dich jemand immer stört“, „wie<br />
reagierst Du dadrauf“? Manche können sich nicht so ausdrücken, dann<br />
bieten wir ihnen bestimme Emotionen an: Also sagen wir „Bist Du<br />
wütend“? „Bist Du traurig?“, und nach und nach öffnen sich die meisten<br />
Kinder und erzählen uns dann das auch.<br />
SPRECHERIN<br />
Lernen, über Gefühle zu reden, die eigenen und die vermuteten des Streitpartners,<br />
lernen, sich in den anderen hineinzuversetzen, Lösungen finden, die beiden Seiten<br />
nicht nur das Gefühl geben, Gerechtigkeit zu erfahren sondern akzeptiert zu sein –<br />
das alles macht diese Streitschlichtungsverfahren zu einem wichtigen emotionalen<br />
Lernprozess für alle Beteiligten.<br />
Streitschlichtungstellen wie die am Kölner Gymnasium Kreuzgasse gibt es<br />
inzwischen an vielen Schulen. Elfi Weißig, Psychotherapeutin und Lehrerin macht<br />
seit damit gute Erfahrungen. Wenn Kinder arrogant wirken, stören, - auch im<br />
Unterricht kann es oft helfen, erst einmal zu klären, welche Gefühle dabei mitspielen:<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2008<br />
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18.01.2009<br />
O-TON Elfi Weißig<br />
"Was willst Du mir damit eigentlich sagen? Fühlst Du dich von mir<br />
vernachlässigt, nicht gesehen, habe ich irgendwo mal einen Satz<br />
gesagt, den Du missverstanden hast oder der Dich verletzt hat?" Und<br />
dann kommen Kinder sehr schnell und sagen „ Ja, da haben Sie meine<br />
Hausaufgaben nicht beachtet oder da haben Sie mich übersehen, oder<br />
Sie haben mir da eine schlechte Note gegeben, ich fühle mich aber<br />
besser“ Und dann kommen wir ins Gespräch und dann sind wir bei dem<br />
Eigentlichen, was dahinter ist und nicht das Verhalten, was im<br />
Vordergrund ist.<br />
SPRECHERIN<br />
Emotionale Intelligenz heißt jedoch nicht, absolute Kontrolle über unsere Gefühle zu<br />
haben:<br />
O-TON Prof. Dr. Rolf Göppel<br />
Die Kunst wäre tatsächlich dann die Dinge in Spannung zu halten, in Balance zu<br />
halten, keiner Seite absolute Oberhand zu geben, weder nur die Emotionen<br />
vollkommen rauszulassen, ohne jede rationale Kontrolle, und auch nicht nur wie ein<br />
Roboter rein rationale Antworten und Handlungsweisen zu haben, sondern ich<br />
denke, gerade in dieser Spannung, in dieser Mischung, in dieser Balance liegt<br />
unsere Menschlichkeit.<br />
O-TON Prof. Dr. Niels Galley<br />
Je mehr Gefühle man hat, desto reicher ist man.<br />
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