FA-Brief 6/2008 - Landesverband für Ambulantes Operieren Bayern ...
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Facharztbrief<br />
06/08 Seite 5<br />
Rede Ministerin Schmidt (Fortsetzung)<br />
Da hilft nur, Schritt <strong>für</strong> Schritt die<br />
Probleme anzugehen und gemeinsam<br />
nach Lösungen zu suchen.<br />
Herr Baum, Sie haben selbst früher<br />
an solchen Lösungen und<br />
Vorschlägen im BMG gearbeitet.<br />
Mich beunruhigt vor allem die<br />
Tatsache, dass sich diese schwierige<br />
Lage am stärksten beim Pflegepersonal<br />
auswirkt. Im Krankenhaus<br />
kann die Arbeit am Patienten<br />
nur in guter Kooperation zwischen<br />
Ärzten und Pflegepersonal geleistet<br />
werden. Ich sehe aber mit großer<br />
Sorge, dass das Pflegepersonal<br />
deutlich abgebaut wird.<br />
Zugleich werden junge Ärztinnen<br />
und Ärzte fachfremd eingesetzt.<br />
Sie verbringen erhebliche Zeit mit<br />
nichtärztlichen Tätigkeiten. Und sie<br />
müssen die Lücken einer verfehlten<br />
Personalpolitik füllen. Ich appelliere<br />
deshalb an alle verantwortlichen<br />
Führungskräfte im Krankenhaus,<br />
<strong>für</strong> einen adäquaten Personaleinsatz<br />
Sorge zu tragen und<br />
moderne Managementmethoden<br />
einzuführen. Ich will mich nicht<br />
inhaltlich zu den laufenden Tarifverträgen<br />
äußern. Dies ist Sache<br />
der Gewerkschaften und der Arbeitgeber.<br />
Ich appelliere aber<br />
nachdrücklich an die Verhandlungspartner,<br />
die Situation aller<br />
Beschäftigten und nicht nur einzelner<br />
Berufsgruppen im Krankenhaus<br />
bei den Tarifverhandlungen<br />
zu<br />
berücksichtigen.<br />
Ich weiß, dass es kein einfaches<br />
Patentrezept <strong>für</strong> die adäquate<br />
Finanzierung der Personalkosten<br />
im Krankenhaus gibt. Ich habe<br />
diese Frage oft mit meinen Mitarbeitern<br />
diskutiert. Unter DRG-<br />
Bedingungen kann es kein Zurück<br />
zur Pflegepersonal-Regelung im<br />
Sinne einer einheitlichen und bundesweit<br />
gültigen Personalbemessung<br />
geben. Wir haben auch geprüft,<br />
ob es möglich ist, Personalkostenanteile<br />
festzuschreiben.<br />
Aber das wäre nicht in Einklang<br />
mit dem pauschalierten DRG-<br />
System. Unabhängig davon müssen<br />
Personalkosten, insbesondere<br />
auch bei aufwändig zu pflegenden<br />
Patienten, im DRG-System angemessen<br />
abgebildet werden. Vor<br />
diesem Hintergrund ist es vorrangig<br />
eine zentrale Aufgabe des<br />
Krankenhausmanagements, in den<br />
jeweiligen Häusern eine qualitativ<br />
hoch stehende Pflege sicher zu<br />
stellen. Das ist eine Grundvoraussetzung<br />
<strong>für</strong> eine gute Krankenhausbehandlung.<br />
Ich bin offen <strong>für</strong><br />
Vorschläge, wie wir einen solchen<br />
Weg unterstützen können.<br />
Die zentrale Herausforderung <strong>für</strong><br />
die Krankenhauspolitik betrifft die<br />
Gestaltung des künftigen ordnungspolitischen<br />
Rahmens <strong>für</strong> die<br />
Finanzierung der Krankenhäuser.<br />
Wie im ambulanten Bereich brauchen<br />
wir mehr Handlungsfreiraum<br />
<strong>für</strong> die Krankenhäuser. Das überkommene<br />
Bedarfsplanungssystem<br />
mit Kontrahierungszwang erstickt<br />
jede Eigeninitiative. Wir brauchen<br />
mehr Wettbewerb als Motor <strong>für</strong><br />
Innovation, Qualität und Effizienz.<br />
Deshalb bin ich überzeugt, dass es<br />
<strong>für</strong> planbare und standardisierbare<br />
Leistungen die Möglichkeit zum<br />
Abschluss von Einzelverträgen<br />
zwischen Krankenhäusern und<br />
Krankenkassen geben muss.<br />
Wer über die Krankenhäuser redet,<br />
darf die Investitionskosten<br />
nicht außen vor lassen. Wer die<br />
Investitionen im Vergleich der<br />
Bundesländer in der Zeitreihe<br />
quantifiziert, sieht auf einem Blick,<br />
dass die Länder ihrer Investitionsfinanzierungsverpflichtung<br />
nicht<br />
ausreichend nachkommen. Alle<br />
Länder haben in den letzten Jahren<br />
ihre Finanzmittel gekürzt, und<br />
zwar unabhängig davon, wer die<br />
jeweilige Regierungsverantwortung<br />
hat. Fakt ist auch, dass zwischen<br />
den Ländern erhebliche Unterschiede<br />
im Finanzierungsumfang<br />
bestehen. Absolut am stärksten<br />
rückläufig waren im Zeitraum 1994<br />
bis 2006 die Zahlungen in Nordrhein-Westfalen,<br />
Berlin, Sachsen<br />
und in <strong>Bayern</strong>. Ich will zur Illustration<br />
einige Zahlen nennen: in NRW<br />
von 608 Mio. € auf 472 Mio. €, in<br />
Berlin von 285 Mio. € auf 99 Mio. €<br />
in <strong>Bayern</strong> von 664 Mio. € auf 452<br />
Mio. €. Das niedrige Niveau der<br />
Fördermittel je Fall in zahlreichen<br />
Ländern verschärft diese Situation.<br />
Ich sehe derzeit kein Konzept der<br />
Länder, wie diese ihrer Verantwortung<br />
in Zukunft gerecht werden<br />
wollen. Aber wenn sie immer wieder<br />
ihre Zuständigkeit <strong>für</strong> die Gestaltung<br />
der Krankenhauslandschaft<br />
betonen, muss man auch über<br />
andere Wege nachdenken und<br />
nicht immer nur Steuermittel des<br />
Bundes fordern. Jedenfalls ist es<br />
<strong>für</strong> mich nicht hinnehmbar, dass<br />
die Krankenhäuser unbedingt<br />
notwendige Investitionen aus ihren<br />
DRG-Einnahmen finanzieren und<br />
gleichzeitig Pflegepersonal abbauen.Die<br />
reflexartige Forderung nach<br />
mehr Geld von den Krankenkassen<br />
oder sogar aus dem Bundeshaushalt,<br />
nach Abschaffung des<br />
Sanierungsbeitrags – der ja Ende<br />
des Jahres ohnehin ausläuft und<br />
der Verweis auf den Investitionsstau<br />
in zweistelliger Milliardenhöhe<br />
helfen nicht weiter. Im Gegenteil:<br />
Wer den Status quo fortführen will,<br />
gefährdet die Existenz vieler Krankenhäuser<br />
oder leistet einen Beitrag<br />
zur Privatisierung heute noch<br />
öffentlicher Häuser und gefährdet<br />
damit möglicherweise die von allen<br />
hoch geschätzte pluralistische<br />
Struktur der Krankenhausträger.<br />
Ohne eine ausreichende Investitionsfinanzierung<br />
muss den Häusern,<br />
die keinen finanzstarken<br />
Eigentümer haben und denen der<br />
Weg an die Kapitalmärkte versperrt<br />
ist, zwangsläufig die Luft<br />
ausgehen.