FA-Brief 6/2008 - Landesverband für Ambulantes Operieren Bayern ...
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Facharztbrief<br />
06/08 Seite 9<br />
Formalien zur Feststellung von Unterversorgung<br />
Berlin – „Formale Voraussetzungen<br />
schaffen“, heißt es in der<br />
Juristensprache, wenn die Bedarfsplanungsrichtlinie<br />
im Hinblick<br />
auf den Bedarf geändert wird.<br />
Diesen Akt hat der Gemeinsame<br />
Bundesausschuss (G-BA) am 13.<br />
März vollzogen.<br />
„Das Problem der Unterversorgung<br />
ist damit nicht gelöst“, kommentiert<br />
Karin Stötzner, Patientenvertreterin<br />
beim G-BA, am Tag danach vor<br />
der Presse. Der Gesetzgeber hatte<br />
der Selbstverwaltung in dem seit<br />
2007 geltenden Vertragsarztrechtsänderungsgesetz<br />
diese<br />
Aufgabe übertragen. Die Zweifel<br />
an der Lösung des Problems Unterversorgung<br />
sind berechtigt. Es<br />
wurden allgemeine Voraussetzungen<br />
beschlossen, nach denen die<br />
Landesausschüsse der Ärzte und<br />
Krankenkassen einen zusätzlichen<br />
lokalen Versorgungsbedarf feststellen<br />
können. Wie heute auch<br />
schon sind Kassenärztliche Vereinigungen<br />
als Inhaber des Sicherstellungsauftrags<br />
in der Lage,<br />
ihren Vertragsärzten Sicherstellungszuschläge<br />
zu zahlen. Die<br />
Krankenkassen können <strong>für</strong> diese<br />
„Buschzulagen“ nicht extra zur<br />
Kasse gebeten werden. Für die<br />
Beurteilung des örtlichen Versorgungsgrades<br />
hatte die Kassenärztliche<br />
Bundesvereinigung (KBV)<br />
laut G-BA-Vorsitzendem Dr. Rainer<br />
Hess folgenden Vorschlag<br />
unterbreitet: Bei einem statistischen<br />
Versorgungsgrad von weniger<br />
als 50 Prozent (fachärztliche<br />
Versorgung) und weniger als 75<br />
Prozent (hausärztliche Versorgung)<br />
wäre von Unterversorgung<br />
auszugehen. Der KBV-Vorschlag<br />
wurde abgelehnt. „Wir können<br />
nicht, wenn statistische Zahlen<br />
unterschritten werden, das mit<br />
Zahlungen verbinden“, meint Hess.<br />
Eine Automatisierung bei statistischer<br />
Unterschreitung à la KBV<br />
wird es also nicht geben. Stattdessen<br />
werden die Landesausschüsse<br />
der Ärzte und Krankenkassen<br />
den Grad der Versorgung an den<br />
vom G-BA formulierten allgemeinen<br />
formalen Voraussetzungen<br />
messen können. Bei Redaktionsschluss<br />
waren diese noch nicht<br />
eingestellt. Nachzulesen sind<br />
diese auf der G-BA-Website<br />
(www.g-ba.de). Worin die „erforderlichen<br />
Maßnahmen“ bestehen,<br />
Ärzte in strukturschwache Gebiete<br />
zu locken, bleibt nach wie vor<br />
offen. Das weiß auch der G-BA<br />
und warnt deshalb vor zu hohen<br />
Erwartungen: Die Zahlung von<br />
Sicherstellungszuschlägen sei<br />
„kein Garant“ im Kampf gegen die<br />
Unterversorgung.<br />
lib<br />
G-BA: Mindestmengen: Beweis muss noch erbracht werden<br />
Berlin – Als „dünne Evidenzlage“<br />
könnte man das bezeichnen, was<br />
der Gemeinsame Bundesausschuss<br />
(G-BA) in einer Pressekonferenz<br />
am 14. März zu der Mindestmengen-Regelung<br />
präsentiert.<br />
Public-Health-Experte Prof. Dr.<br />
Max Geraedts von der Uni Düsseldorf<br />
ist mit der Begleitforschung<br />
zum Thema betraut. Denn was<br />
sich plausibel anhört, muss erst<br />
einmal belegt werden. Außer zur<br />
Kniegelenk-Totalendoprothesen-<br />
Operation (Knie-TEP) ließen sich<br />
bislang keine „wissenschaftlich<br />
fundierten Aussagen zur Angemessenheit<br />
der Mindestmengen<br />
insgesamt“ treffen. Das Prinzip<br />
„Übung macht den Meister“ sieht<br />
Prof. Geraedts allerdings bei der<br />
Knie-TEP bestätigt. Wer die Mindestmenge<br />
von 50 Eingriffen pro<br />
Jahr erfülle, könne eine „deutlich<br />
bessere Behandlungsqualität vorweisen<br />
als Krankenhäuser, die<br />
diese OP weniger häufig durchführten.<br />
Dabei bezieht sich der<br />
Wissenschaftler auf die im BQS-<br />
Qualitätsbericht ausgewiesenen<br />
Ergebnisse, die vor allem Auskunft<br />
über Wundinfektionen geben.<br />
Sektorenübergreifend wird nichts<br />
gemessen. Wie gut die Prothese<br />
im Hinblick auf Beweglichkeit und<br />
Beschwerdefreiheit im Alltag (!)<br />
und nicht im Krankenhausalltag<br />
sitzt, weiß kein Mensch – auch<br />
nicht die Wissenschaft. An dieser<br />
Stelle betont G-BA-Vorsitzender<br />
Dr. Rainer Hess die Notwendigkeit<br />
der sektorenübergreifenden Qualitätsmessung.<br />
Insgesamt gilt, so Geraedts, dass<br />
man keine Kausalzusammenhänge<br />
herstellen kann. Als wichtigstes<br />
Ergebnis nennt er: „Wir müssen an<br />
der Ergebnismessung arbeiten.“<br />
Dass sich in einigen Bereichen<br />
wegen der Zentrenbildung (Transplantationsmedizin)<br />
die Steuerung<br />
über Mindestmengen erledigt hat,<br />
unterstreicht der Wissenschaftler.<br />
In diesen Fällen würden Benchmarks<br />
zählen. Die offenkundig<br />
noch sehr dürftige Mindestmengen-Beweislage<br />
freut den Mindestmengen-Gegner<br />
Georg Baum.<br />
Als Vertreter der Deutschen Krankenhausgesellschaft<br />
erhebt er<br />
Einwände gegen die Belegung<br />
ganzer Leistungsbereiche mit<br />
Mindestmengen. Er sieht angesichts<br />
des Knie-Tep-Berichts sogar<br />
„Ernüchterung“ eintreten. Dass<br />
Mindestmengen auch im Verdacht<br />
stehen, eine Mengenausweitung<br />
zu initiieren, gab eine Patientenvertreterin<br />
zu bedenken.<br />
lib