Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
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Kasuistik<br />
Akutsymptomatik nach Selbstbehandlung<br />
mit einem Kräuterpräparat<br />
25<br />
Beschreibung:<br />
Ein 23-Jähriger klagte nach seiner Rückkehr aus Indien<br />
über folgende, seit fünf Tagen bestehende Beschwerden:<br />
diffuse Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall und<br />
anschließende Obstipation. Außerdem hatte der Patient<br />
eine Tachykardie von 110/min und eine Abwehrspannung<br />
des Abdomens. Die Laboruntersuchung ergab folgende<br />
pathologisch erhöhten Werte: Bilirubin 46 μmol/L, ALT<br />
129 IU/L. Die Bestimmung einer Reihe weiterer klinischchemischer<br />
Messgrößen, Blutbild und Hepatitisserologie<br />
sowie Leberbiopsie, Ultraschall des Abdomens und<br />
Röntgen von Abdomen und Thorax ergaben Normalbefunde<br />
(Ann. Clin. Biochem. 2001; 38: 408–10).<br />
Der qualitative Porphyrin-Screening-Test im Urin war<br />
positiv. Nachfolgende Bestimmungen führten zu folgenden<br />
Ergebnissen:<br />
Gesamtporphyrinkonzentration im Urin: 2017 nmol/L<br />
(normal: 320 nmol/L)<br />
Gesamtporphyrinkonzentration im Stuhl: 435 nmol/g<br />
(normal: < 200 nmol/g)<br />
Zinkprotoporphyrinkonzentration im Blut: 145 μmol/mol<br />
Hb (normal: < 70μmol/mol Hb)<br />
Bleikonzentration: 3,7 μmol/L (normal: < 0,5 μmol/L)<br />
und ergaben die Diagnose akute Blei-Intoxikation. Ein<br />
nachfolgendes Gespräch mit der Frau des Patienten<br />
erbrachte, dass ihr Mann bei dem vorausgegangenen<br />
Indienbesuch zur Behandlung einer vagen Beschwerdesymptomatik<br />
ein Ayurveda-Präparat eingenommen<br />
hatte. Schwermetalle, insbesondere Blei, sind relativ<br />
häufig in Ayurveda-Präparaten vorhanden.<br />
Kommentar:<br />
Akute Oberbauchschmerzen sprechen mehr für eine<br />
akute Blei-Exposition, Unterbauchschmerzen dagegen für<br />
eine chronische. Folgende Symptome können bei einer<br />
Blei-Intoxikation auftreten: Muskelschwäche, Müdigkeit,<br />
Verwirrtheit, kolikartige abdominale Beschwerden,<br />
Obstipation und manchmal Diarrhoe und Erbrechen. Blei<br />
stört die Hämsynthese durch Hemmung der -ALA-<br />
Dehydratase und damit die Kondensation von zwei<br />
Molekülen -Aminolävulinsäure im Zytosol zu Porphobilinogen.<br />
Die Folge davon ist eine erhöhte Urinausscheidung<br />
der -Aminolävulinsäure.<br />
Außerdem hemmt Blei die Ferrochelatase und damit den<br />
letzten Schritt der Hämsynthese, nämlich den Einbau des<br />
zweiwertigen Eisens an der Matrixoberfläche der inneren<br />
Mitochondrien-Membran in den Protoporphyrin-Ring.<br />
Die Folge davon ist der Einbau von eisenfreiem Protoporphyrin<br />
und bei Eisenmangel von Zinkprotoporphyrin in<br />
die Erythrozyten. Eine Hemmung der Koproporphyrin-<br />
Oxidase als Ursache einer erhöhten Porphyrinausscheidung<br />
wird kontrovers diskutiert (Clin. Chem. 1990; 36:<br />
1870, Environ. Health perspect. 2005; 113: 1669–74). <br />
Abb. 1: Johanniskraut<br />
© Dr. Willmar Schwabe