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Abbott Times - ABBOTT Diagnostics

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<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />

20. Jahrgang – Nr. 2/2010<br />

FOCUS Aktuelle Aspekte<br />

zur Syphilisdiagnostik<br />

FORUM Impfen in Deutschland –<br />

ein kontroverses Thema<br />

PRODUKT Die mSystem-Familie<br />

in der molekularen Diagnostik<br />

ARCHITECT Vitamin D<br />

Put science on your side.


Editorial<br />

Trends in der Klinischen Bakteriologie<br />

Wie die Entwicklung der Klinischen Chemie gezeigt hat,<br />

führten methodische und technische Fortschritte wie<br />

Immunverfahren, Miniaturisierung oder Informationstechnologie<br />

zur Entwicklung hochempfindlicher Bestimmungsverfahren<br />

von Vielkanalanalysatoren mit einem breiten<br />

Analysenspektrum, einem hohen Probendurchsatz und<br />

zeitnaher Befundübermittlung. Dies hat die diagnostischen<br />

Möglichkeiten der Labormedizin erweitert und im<br />

Vergleich zum Beginn der Automatisierung die Erstellung<br />

eines Mehrfachen an Laborergebnissen ohne Personalaufstockung<br />

ermöglicht. Ein weiterer Vorteil dieser<br />

Geräteentwicklung war eine signifikante Senkung der<br />

Analytik-bedingten Fehlerrate.<br />

Weitere wichtige Fortschritte sind mit der Einführung der<br />

Gaschromatographie-Massenspektrometrie und der<br />

molekularbiologischen Verfahren gekommen. Letztere<br />

stehen allerdings noch eher am Anfang ihres Potenzials.<br />

Die Verkürzung der „Turnaround-Zeiten“ (TAT) war schon<br />

seit längerer Zeit ein starker Trend und eine der Triebfedern<br />

für die Automatisierung der klinisch-chemischen<br />

Analytik. Die Tatsache, dass die überwiegende Anzahl der<br />

Bestimmungen aus einem Material (Serum/Plasma)<br />

erstellt wird, erleichterte den Automatisierungsprozess.<br />

In der konventionellen Klinischen Bakteriologie dagegen<br />

kommen unterschiedliche Materialien und Fragestellungen<br />

zur Bearbeitung, die unterschiedlichen Techniken erforderlich<br />

machen, was eine Automatisierung erschwert.<br />

Daher ist es verständlich, dass mit einer Zeitverzögerung<br />

gegenüber der Klinischen Chemie erst einzelne Arbeitsfelder<br />

der Mikrobiologie mechanisiert worden sind – durch<br />

die Einführung von Blutkultur- und Tb-Kulturautomaten<br />

sowie Identifizierungs- und Resistenztestungsautomaten<br />

verschiedener Hersteller. Diese Entwicklungen haben zu<br />

einer deutlichen Verkürzung der TAT für bakteriologische<br />

Untersuchungen geführt. Es besteht aber durchaus<br />

Bedarf an einer weiteren Verkürzung der TAT bei der<br />

Abarbeitung von Blutkulturen, um eine möglichst frühzeitige<br />

erregerspezifische Therapie bei Sepsis einleiten zu<br />

können. Welchen positiven Effekt eine frühzeitige adäquate<br />

Antibiotikatherapie auf das Patienten-„Outcome“<br />

hat, belegen z. B. die Ergebnisse der Untersuchung einer<br />

Gruppe von Intensivpatienten mit Sepsis/schwerer Sepsis<br />

oder septischem Schock. Die kumulativen Überlebensraten<br />

nach acht Tagen betrugen bei adäquater und nicht<br />

adäquater Initialtherapie für die erste Gruppe 92 % bzw.<br />

72 % und für die zweite Gruppe 66 % bzw. 26 %.<br />

Die Molekularbiologie eröffnet mit einer Reihe verschiedener<br />

Verfahren neue diagnostische Möglichkeiten. So<br />

ermöglicht sie den Nachweis von langsam wachsenden<br />

und nicht kultivierbaren Bakterien. Außerdem ist mit<br />

verschiedenen Methodenkombinationen eine Verkürzung<br />

der TAT möglich, wie dies Klouche und Schröder in einer<br />

Übersichtsarbeit am Beispiel des Pathogennachweises in<br />

der Blutkultur gezeigt haben. Eine Keimidentifizierung ist<br />

aus Proben nach vorheriger Kultur oder auch direkt ohne<br />

Kultur möglich. Zur Keimidentifizierung können verschiedene<br />

auf Nukleinsäure- oder Proteinnachweis basierende<br />

Methoden ohne oder nach PCR-Amplifikation in Kombination<br />

mit FISH, Sequenzierung, Array-Technologie oder<br />

MALDI-TOF-Massenspektrometrie zur Anwendung<br />

kommen. Mit diesen Verfahren sind auch Bestimmungen<br />

von Resistenz-, Virulenzfaktor- und Toxingenen möglich,<br />

werden aber nur in Einzelfällen schon in der Routine<br />

angewandt. Zu erwarten ist auch eine Verbesserung der<br />

Diagnostik von Pilzinfektionen mittels molekularbiologischer<br />

Verfahren.<br />

Allerdings ersetzen alle diese technischen Möglichkeiten<br />

derzeit noch nicht die konventionelle Bakteriologie. Es<br />

sind dies die konventionelle bakteriologische Diagnostik<br />

ergänzende Verfahren. In klinischer Erprobung ist derzeit<br />

PLEX-ID von <strong>Abbott</strong>. Diese Technologie ermöglicht eine<br />

breit gefächerte Detektion von Bakterien, Pilzen und Viren.<br />

Nach DNA-Extraktion aus der Probe und anschließender<br />

PCR erfolgt die Identifizierung mittels Massenspektrometrie<br />

auf der Basis von DNA-Profilen und Datenbankabgleich<br />

mit dem PLEX-ID Analyzer. Weitere Vorteile von<br />

PLEX-ID sind hochauflösende Genotypisierung, Resistenz-<br />

und Virulenztestung.<br />

Vor einiger Zeit ist mir zufällig eine Arbeit mit dem Titel<br />

„Clinical Microbiology in the year 2025“ in die Hände<br />

gekommen (J. Clin. Microbiol. 2002; 40: 3889–93).<br />

Die Befürchtung zahlreicher Mikrobiologen, dass die<br />

zunehmende Technisierung der Mikrobiologie mit molekularbiologischen<br />

Verfahren zu einem Verschwinden ihres<br />

Fachs führen könnte, ergab die Anregung zu dieser<br />

Arbeit. Zunächst werden zwei erfundene Kasuistiken mit<br />

„ausgefeilter“ molekularbiologischer Diagnostik beschrieben,<br />

dann wird über die Entwicklung der Laboratoriumsmedizin<br />

und der Klinischen Mikrobiologie wie folgt spekuliert:<br />

Die Entwicklung von Point-of-care-Geräten mit einem<br />

breiten Test-Menu und hoher diagnostischer Richtigkeit<br />

führt zu einer weiten Verbreitung dieser Geräte in Kliniken<br />

und hat eine starke Dezentralisierung der derzeitigen<br />

Labortätigkeit zur Folge. Es werden hochspezialisierte<br />

größere Laboratorien entstehen, die sich ausschließlich<br />

mit komplexen, auf Genomik und Proteomik basierenden<br />

Analysenverfahren und Ergebnisinterpretationen beschäftigen<br />

werden. Außerdem wird im Rahmen dieser Veränderungen<br />

die Labordiagnostik wieder in das Praxislabor<br />

zurückkehren. – Ob diese Entwicklung 2025 eingetroffen<br />

sein wird, sind sich die Autoren selbst nicht sicher. Der<br />

letzte Satz ihrer spekulativen Arbeit lautet nämlich: „Hey,<br />

if we’re wrong, call us in 2025.“


Liebe Leser von <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong>!<br />

Abschied<br />

<br />

Mit dieser Ausgabe möchte ich mich von Ihnen verabschieden.<br />

Ich habe jetzt ein Alter erreicht, das es gebietet,<br />

die interessante und anregende Tätigkeit in der Redaktion<br />

in jüngere Hände zu übergeben. Daher scheide ich nach<br />

neunjähriger Tätigkeit auf eigenen Wunsch mit Ende 2010<br />

aus der Redaktion aus. Es war nie eine Absicht von mir<br />

und der Redaktion, <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> labormedizinischen<br />

Journalen nach Form und Inhalt vergleichbar zu gestalten.<br />

Ich hatte die Freiheit, der klinischen Thematik mehr<br />

Gewicht zu geben, da ich annahm, dass die labororientierte<br />

Literatur den Lesern weitgehend bekannt war. So<br />

habe ich nach Möglichkeit immer eine Fallbeschreibung in<br />

jede Ausgabe eingebracht.<br />

Wenn es eine ausgefallene Kasuistik war, wie z. B.<br />

„Känguruh und Coca-Cola“, dann hatte ich eine Freude<br />

daran. Ich bin auch der Überzeugung, dass gute klinische<br />

Kenntnisse eine wichtige Voraussetzung für eine gute<br />

Laborarbeit und gute Kooperation mit den klinisch tätigen<br />

Kollegen sind. In den Editorials habe ich versucht,<br />

Probleme, die unser Fach betreffen, anzusprechen.<br />

Sie sind mal ordentlich und mal weniger gut gelungen.<br />

Auf Editorials habe ich die meisten Antworten erhalten.<br />

Neuere Entwicklungen in der Mikrobiologie werden genug<br />

Stoff bieten, um <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> auch in Zukunft interessant<br />

zu gestalten. Ihnen, liebe Leser, möchte ich eine trotz aller<br />

Schwierigkeiten befriedigende Tätigkeit im Labor wünschen<br />

und einen Chef, der Sie bei Problemen, mit wem<br />

auch immer, verlässlich unterstützt, und denjenigen, die in<br />

Aus- oder Weiterbildung sind, einen erfolgreichen<br />

Abschluss ihrer Studien.<br />

Den Mitgliedern der Redaktion danke ich für die effektive<br />

Unterstützung meiner Arbeit, die hilfreichen Anregungen<br />

und kollegialen Diskussionen. Der Firma <strong>Abbott</strong> und Herrn<br />

Dr. K.-H. Pick möchte ich ganz besonders dafür danken,<br />

dass <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> in wirtschaftlich schwerer Zeit, in der<br />

Politik und Medien immer von Sparprogrammen berichten,<br />

nie zur Disposition gestanden hat und dass sie mir<br />

in den neun Jahren beim Schreiben immer uneingeschränkte<br />

Freiheit gelassen haben. Meinen Nachfolger<br />

begleiten alle guten Wünsche für eine erfolgreiche Arbeit<br />

und so viel Freude an dieser Tätigkeit, wie ich sie gehabt<br />

habe. <br />

n<br />

FOCUS<br />

Tumormarker bei<br />

Ovarialkarzinomen<br />

FORUM<br />

Vitamin D3: ein Vitamin<br />

gewinnt zunehmend an<br />

Bedeutung<br />

PRODUKT<br />

Urin NGAL –<br />

Neuer diagnostischer<br />

Ansatz bei der akuten<br />

Nierenschädigung<br />

<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />

20. Jahrgang - Nr. 1/2010<br />

Put science on your side.<br />

Focus<br />

Invasion<br />

der Viren<br />

Forum Neutrophil gelatinase<br />

associated lipocalin (NGAL)<br />

als Marker der akuten Nierenschädigung<br />

FORUM Frühdiagnose des akuten<br />

Nierenversagens durch NGAL<br />

PRODUKT ARCHITECT Toxo IgM<br />

<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />

18. Jahrgang - Nr. 2/2008<br />

Produkt ARCHITECT HBc II<br />

Praxisreport Jetzt auch in<br />

der Reproduktionsmedizin:<br />

CELL-DYN Ruby Software 2.0<br />

<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />

19. Jahrgang - Nr. 2/2009<br />

FOCUS Prostataspezifisches<br />

Antigen – neue Erkenntnisse<br />

und alte Probleme<br />

Put science on your side.<br />

<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />

18. Jahrgang - Nr. 1/2008<br />

Forum Myeloperoxidase: ein neuer<br />

diagnostischer Parameter in der<br />

Labormedizin?<br />

Produkt Das neue Hämatologie-<br />

System CELL-DYN Emerald<br />

Praxisreport ARCHITECT c16000 im<br />

Routinelabor: Ein Gesamtlaborkonzept<br />

Klinischer Chemie und Immunologie<br />

Focus<br />

Pro Gastrin Releasing<br />

Peptide (ProGRP)– ein<br />

diagnostischer Biomarker<br />

für das kleinzellige<br />

Lungenkarzinom<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Fast ein Jahrzehnt hat Herr Prof. Dr. Dr. Hermann Wisser<br />

unsere <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> wissenschaftlich begleitet. Seine<br />

große Erfahrung in der Laboratoriumsmedizin, seine tiefen<br />

wissenschaftlichen Kenntnisse und vor allem die Fähigkeit,<br />

„auf den Punkt“ zu argumentieren und zu formulieren, hat<br />

der <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> zu dem Profil verholfen, das Sie als<br />

Leser so schätzen. Die gemeinsame Entwicklung eines<br />

neuen Heftes war immer spannend und von fruchtbaren<br />

Diskussionen und Anregungen in der Redaktionskonferenz<br />

geprägt. Wir werden versuchen, diesen Geist unserer<br />

<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> auch zukünftig zu erhalten.<br />

Unser Dank gilt nicht nur dem Wissenschaftler, sondern<br />

auch dem Menschen, der mit großem Engagement<br />

unserer Zeitschrift zur Seite stand und ein freundschaftlich<br />

zu nennendes offenes Arbeiten ermöglichte.<br />

Prof. Dr. Dr. Hermann<br />

Wisser, Stuttgart<br />

Für die Zukunft wünschen wir Herrn Wisser vor allem<br />

Gesundheit und Erfolg für seine Aktivitäten und freuen<br />

uns, wenn er unserer <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> freundschaftlich<br />

verbunden bleibt. <br />

Das <strong>Abbott</strong>-<strong>Times</strong>-Redaktionsteam<br />

n


Inhaltsverzeichnis<br />

Magazin<br />

5 Infektionen auf Intensivstationen<br />

Inzidenz des Leberzellkarzinoms<br />

6 Neues von Vitamin D<br />

Vitamin D und gute Gesundheit<br />

7 Primäre Prävention mit Aspirin<br />

Vermindertes Kolonkarzinomrisiko?<br />

8 Beschleunigte Sepsisdiagnostik<br />

Ausreißer ein vernachlässigtes Kriterium<br />

9 Karzinom-Screening<br />

Koronare Bypass-Operationen<br />

Focus<br />

10 Aktuelle Aspekte der Syphilisdiagnostik<br />

Forum<br />

18 Impfen in Deutschland – ein kontroverses Thema<br />

Kasuistik<br />

22 Grün gefärbter Urin<br />

Eine ausgefallene Diagnose<br />

Praxisreport<br />

23 Qualität und Effizienz in der infektiologischen Testung<br />

im Labor Dr. von Froreich – Bioscientia GmbH<br />

7<br />

Liebe Leserinnen und Leser von <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong>!<br />

Bitte unterstützen Sie uns darin, <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> immer<br />

besser zu machen! Schicken Sie Ihre Vorschläge und<br />

Kommentare an:<br />

literaturservice@abbott.com<br />

Die aktuelle und ältere Ausgaben der <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

finden Sie im Internet unter<br />

www.abbottdiagnostics.de<br />

Dort können Sie auch gleich unseren <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />

E-Newsletter abonnieren.<br />

Das Redaktionsteam<br />

Labor aktuell<br />

25 25 Jahre HIV-Diagnostik<br />

26 LABS ARE VITAL ist in Deutschland angekommen!<br />

27 KIF6: Neuer Biomarker für die kardiologische<br />

Risikoabschätzung und Steuerung der Statin-Therapie<br />

28 Warum auf Respiratorische Viren testen?<br />

30 Die mSystem-Familie in der molekularen Diagnostik<br />

– vielfältige RealTime-PCR-Assays auf einer einzigen<br />

Geräteplattform<br />

32 Hepatitis-C-Diagnostik – Screening und wichtiger<br />

Wegweiser in der HCV-Therapie<br />

34 Einsatzgebiete des ARCHITECT HCV Ag Assay<br />

35 ARCHITECT Vitamin D – vollautomatische Messung<br />

eines unterschätzten Vitamins<br />

36 Ist der falsche Troponin-Wert wirklich falsch?<br />

37 <strong>Abbott</strong> präsentiert seine Vielseitigkeit<br />

38 Lesezeichen:<br />

Hinweise auf aktuelle medizinische Fachliteratur<br />

39 13. Weltkongress „Controversies in Obstetrics,<br />

Gynecology and Infertility“<br />

© Wikimedia Commons, <strong>Abbott</strong><br />

18 28


Infektionen auf Intensivstationen<br />

Magazin<br />

<br />

Infektionen von Intensivpatienten sind die Hauptursache<br />

von Morbidität und Mortalität. In der European-<br />

Prevalence-of-Infection-in-Intensive-Care (EPIC II)-Studie<br />

wurden an einem für alle Teilnehmer gleichen Tag (und bis<br />

zu 60 Tage nach diesem Tag) demographische, physiologische,<br />

bakteriologische, therapeutische Outcome-<br />

Ergebnisse registriert. An dieser Studie beteiligten sich<br />

1265 Intensivstationen aus 75 Ländern aller Erdteile<br />

(JAMA 2009; 302: 2323–9). In die Auswertung gingen die<br />

Daten von 13.796 Erwachsenen ein. 7087 (51 %) hatten<br />

am Tag der Datenerhebung eine Infektion und 9084 (71 %)<br />

erhielten Antibiotika. Am häufigsten waren mit 64 %<br />

Infektionen des Respirationstraktes, gefolgt von 20 %<br />

Infektionen des Abdominalbereichs und 15 % des Blutes.<br />

In 47 % der positiven Blutkulturen wurden grampositive<br />

Erreger, überwiegend Staph. aureus, und in 62 % gramnegative<br />

Bakterien, überwiegend Pseudomonas-Spezies und<br />

Escherichia coli, und in 17 % Candida nachgewiesen. Die<br />

Mortalität der Patienten mit Infektionen war mit 25 %<br />

signifikant höher als diejenige der ohne Infektion mit 11 %.<br />

Das Gleiche gilt für die Mortalität bezogen auf den Krankenhausbereich<br />

mit 33 % bzw. 15 %. Bezüglich der<br />

Häufigkeiten der Infektionen auf Intensivstationen und der<br />

isolierten Erreger gibt es geographische und regionale<br />

Unterschiede. Allerdings ist die Interpretation solcher<br />

Differenzen schwierig, da die zahlreichen verschiedenen<br />

Einflussfaktoren auf die Patientenversorgung nicht genau<br />

bekannt sind.<br />

n<br />

Inzidenz des Leberzellkarzinoms<br />

den karzinomauslösenden Effekt der Virushepatitis und<br />

können auch ohne deren Vorhandensein ein Leberzellkarzinom<br />

verursachen (JAMA 2010; 303: 2349–50).<br />

Der folgende Bericht des Centers for Disease Control<br />

and Prevention beinhaltet die Inzidenzrate des Leberzellkarzinoms<br />

für den Zeitraum von 2001 bis 2006 in den<br />

USA. Die im Folgenden angegebenen Inzidenzraten<br />

beziehen sich immer auf 100.000 Personen. Die durchschnittliche<br />

Inzidenzrate betrug für den Untersuchungszeitraum<br />

3. Die jährliche Inzidenzrate stieg in den sechs<br />

Jahren von 2,7 auf 3,2. Sie zeigte eine Abhängigkeit von<br />

Alter, Geschlecht und der ethnischen Zugehörigkeit.<br />

Das Leberzellkarzinom ist die dritthäufigste Todesursache<br />

weltweit und die neunthäufigste in den USA. Chronische<br />

HBV- und HCV-Infektionen werden für 78 % der<br />

weltweiten Leberzellkarzinome verantwortlich gemacht.<br />

Alkoholkonsum, Fettleber und Typ-II-Diabetes verstärken<br />

Die höchsten Inzidenzraten in Abhängigkeit vom Alter<br />

ergaben folgende Werte: 2,2 (40–49 Jahre), 6,8 (50–59<br />

Jahre), 9,6 (60–69 Jahre), 13,7 (70–79 Jahre) und 10,0<br />

(≥ 80 Jahre). Die Inzidenzrate für Männer ist mit 5,0 fast<br />

viermal höher als die der Frauen mit 1,3. Die folgenden<br />

Daten belegen die ethnischen Einflüsse. Asiatische<br />

Inselbewohner hatten eine Inzidenzrate von 7,8, Afro-<br />

Amerikaner von 4,2, Indianer/Alaska von 3,2 und Weiße<br />

von 2,8. Allerdings zeigten die stärksten Anstiege im<br />

Untersuchungszeitraum die Weißen. Zur Verbesserung<br />

der Situation werden eine verstärkte HBV-Impfung und<br />

eine verbesserte Versorgung der Patienten mit chronischer<br />

Hepatitis vorgeschlagen.<br />

n<br />

© Wikimedia/Norbert Kaiser, Erysipel/pixelio.de


Magazin<br />

Neues von Vitamin D<br />

Der beste Indikator der Versorgung eines Organismus<br />

mit Vitamin D ist 25-Hydroxyvitamin D (25OHD) wegen<br />

seiner Stabilität und signifikant höheren Konzentration als<br />

1,25 Dihydroxyvitamin D (1,25(OH) 2<br />

D) der aktiven Form<br />

des Vitamins. Vitamin D hat zwei verschiedene Funktionen,<br />

einmal als in der Niere gebildetes Hormon des Knochenstoffwechsels<br />

und zum anderen als von Monozyten und<br />

Macrophagen gebildetes Zytokin mit der Funktion eines<br />

Modulators der Immunabwehr von Mikroorganismen (J.<br />

Clin. Endocrinol. Metab. 2010; 95: 471–8). Eine Reihe von<br />

Studien aus jüngerer Zeit belegt, dass der Vitaminmangel<br />

(25OHD < 30 ng/mL) weit verbreitet ist. So konnte mit<br />

dem National Health and Nutrition Examination Survey<br />

(NHANES) nachgewiesen werden, dass am Ende der<br />

Studie 90 % der Bevölkerung mit dunkler Hautfarbe der<br />

USA und fast drei Viertel der Weißen einen Vitamin-D-<br />

Mangel hatten. Dies war praktisch eine Verdopplung der<br />

Prävalenz im Vergleich zu den zehn Jahre vorher in der<br />

gleichen Population ermittelten Werten. Dieser Mangel hat<br />

eine Reihe von Konsequenzen. So konnte eine Assoziation<br />

von niedriger 25OHD-Serumkonzentration mit verminderter<br />

Knochendichte und erhöhtem Risiko von Frakturen<br />

nachgewiesen werden. Weitere Untersuchungen haben<br />

gezeigt, dass das Vitamin-Zytokin-System für die Bildung<br />

antimikrobieller Peptide durch Monozyten-Makrophagen<br />

mit Aktivierung der Toll-like-Rezeptoren von Bedeutung ist.<br />

Außerdem konnte eine Assoziation von Kolonkarzinom und<br />

KHK mit einem 25OHD-Mangel nachgewiesen werden.<br />

Eine inverse Korrelation von 25OHD-Serum-Konzentration<br />

mit Fettsucht und Insulinresistenz konnte ebenfalls gezeigt<br />

werden. Bei der Substitutionstherapie sind zwei Phasen zu<br />

beachten. Zuerst erfolgt eine Gabe von 500 kIU-1 MIU in<br />

einem Zeitraum von vier Wochen, um eine 25OHD-<br />

Konzentration von > 30 ng/mL zu erreichen, gefolgt von<br />

einer Erhaltungsdosis von 50 kIU pro Monat.<br />

n<br />

Vitamin D und gute Gesundheit<br />

© National Institutes of Health, Österreich Werbung/Himsl<br />

In dieser Arbeit wird die Bedeutung der Vitamin-D-<br />

Versorgung für die verschiedenen Lebensphasen besprochen<br />

(Altern. Med. Rev. 2005; 10: 94–111). In der prä-<br />

und der postnatalen Phase ist wegen der raschen<br />

Knochenentwicklung eine ausreichende Versorgung mit<br />

Vitamin D notwendig. Ein Mangel in der Schwangerschaft<br />

wird mit einem verminderten Geburtsgewicht und vorzeitigen<br />

Wehen in Zusammenhang gebracht. Es wird über<br />

Hinweise berichtet, dass eine ausreichende Versorgung<br />

mit Vitamin D in der Jugend das Risiko, an MS zu erkranken,<br />

mindert.<br />

Über eine zunehmende MS-Rate bei zunehmender<br />

geographischer Breite des Aufenthalts (abnehmende<br />

Sonneneinstrahlung) bei Erwachsenen wird in mehreren<br />

Studien berichtet – ebenso wie von einer inversen Korrelation<br />

von Brust-, Ovarial-, Kolon- und Prostatakarzinom<br />

mit der UVB-Bestrahlung. Vitamin-D-Mangel ist bei der<br />

älteren Bevölkerung häufiger, da sie sich seltener dem<br />

Sonnenlicht aussetzt und die Effizienz der Photoproduktion<br />

des Vitamins in deren Haut geringer ist. Osteoporotische<br />

Frakturen sind ein Altersproblem. Verminderte<br />

Knochendichte, Muskelschwäche und Gleichgewichtsstörungen<br />

sind dafür verantwortlich. Beim Menschen ist die<br />

Haut die Hauptquelle des Vitamins. Die Wirksamkeit des<br />

dafür notwendigen UVB-Sonnenlichts ist abhängig von<br />

der Tages- und Jahreszeit, dem Breitengrad des Aufenthaltsortes,<br />

der Bestrahlungszeit, der Hautfarbe, der<br />

Körperfettmenge und dem Alter. Bei nicht adäquater<br />

Sonnenbestrahlung wird eine tägliche Gabe von 1000 IU<br />

Vitamin D empfohlen.<br />

n


Primäre Prävention mit Aspirin<br />

Magazin<br />

<br />

Während die Wirksamkeit von Aspirin bei der sekundären<br />

Prävention bei bekannten Gefäßerkrankungen gesichert<br />

ist, ist sein Effekt bei der primären Prävention nicht<br />

belegt, wenn man von dem Ergebnis der Untersuchung<br />

von 22.000 Ärzten in den USA absieht. Bei dieser Studie<br />

wurde unter Gabe von Aspirin eine 44%ige Reduktion<br />

der Herzinfarktrate nachgewiesen. Eine Untersuchung<br />

von 5139 britischen Ärzten bestätigte diesen<br />

positiven Effekt nicht. In dieser Studie (JAMA<br />

2010; 303: 841–8 und 880–2) wurden einer<br />

Stichprobe von Männern und Frauen im Alter<br />

zwischen 50 und 75 Jahren ohne bekannte<br />

koronare Gefäßerkrankung mit einem Knöchel-<br />

Arm-Index (KAI) unter 0,95 zur primären<br />

Prävention 100 mg Aspirin pro Tag gegeben.<br />

165.795 Personen wurden angeschrieben,<br />

am KAI-Screening teilzunehmen. 28.980<br />

Personen erklärten sich bereit, an der<br />

Studie teilzunehmen. Davon hatten 4917<br />

einen KAI von ≤ 0,95. 923 lehnten eine<br />

weitere Teilnahme ab. Die verbleibenden<br />

3350 Personen wurden zu gleichen Teilen<br />

(n = 1675) auf die Verum- und die Placebogruppe<br />

verteilt. Die durchschnittliche<br />

Beobachtungszeit betrug 8,2 Jahre. Primäre<br />

Endpunkte waren tödliches und nicht tödliches Koronarereignis,<br />

Schlaganfall und operative Revaskularisation.<br />

Zwei sekundäre Endpunkte waren einmal ein Verbund von<br />

primären Endpunkten, Angina, Claudicatio intermittens<br />

und TIA und als zweiter Endpunkt die Gesamtmortalität.<br />

Auf die Verumgruppe entfielen 181 primäre,<br />

288 sekundäre Endpunkt-Ereignisse<br />

und 176 Todesfälle und auf die<br />

Placebogruppe 176 primäre,<br />

290 sekundäre Endpunkt-<br />

Ereignisse und 186<br />

Todesfälle. Ein Effekt bei<br />

primärer Prävention mit<br />

Aspirin konnte mit<br />

dieser Untersuchung<br />

nicht nachgewiesen<br />

werden. Kritisch ist die<br />

hohe Ausfallquote bei<br />

dieser Studie. Ob der<br />

AKI ein guter Screening-<br />

Test für symptomfreie<br />

Patienten mit erhöhtem<br />

vaskulären Risiko ist,<br />

müsste allerdings noch<br />

nachgewiesen werden. n<br />

Vermindertes Kolonkarzinomkrisiko?<br />

Pyridoxalphosphat, die aktive Form von Vitamin B6 als<br />

Kofaktor von Enzymen, spielt eine wichtige Rolle im<br />

1-Kohlenstoff-Stoffwechsel, der für die Synthese und<br />

Methylierung von DNA von Bedeutung ist. Die Ergebnisse<br />

einer Reihe von Publikationen zur Senkung des Kolonkarzinomrisikos<br />

durch Vitamin B6 sind widersprüchlich. Mit<br />

einer Metanalyse wurde unter Einbeziehung von zwölf<br />

prospektiven Studien eine Klärung versucht (JAMA 2010;<br />

303: 1077–83). Bei acht Studien (n = 6064 Probanden) war<br />

das relative Kolonkarzinomrisiko in Abhängigkeit von Dauer<br />

und Menge der Vitamin-B6-Gabe und in den vier restlichen<br />

(n = 883 Fälle und 1224 Kontrollen) in Abhängigkeit von<br />

der erzielten Vitamin-B6-Serum-/Plasma-Konzentration<br />

bestimmt worden. Für die erste Gruppe der acht Studien<br />

ergaben sich elf auswertbare Kohorten, von denen bei<br />

sechs das Relative Risiko (RR) < 1,0 und bei fünf das RR ><br />

1,0 war. Das RR der gepoolten Daten betrug 0,90 und bei<br />

der zweiten Gruppe mit vier Studien 0,52. Aus der Dosis-<br />

Wirkungsbeziehung zwischen der Vitamin-B6-Konzentration<br />

und dem RR für ein Kolonkarzinom errechnete sich pro<br />

100 μmol/L-Konzentrationsanstieg eine Risikominderung<br />

um 50 %. Die Ausführungen der Autoren sind für mich<br />

insofern widersprüchlich, als in der „Conclusion“ als<br />

Ergebnis der Meta-Analyse eine inverse Assoziation von<br />

Karzinomrisiko mit Vitamin-B6-Einnahme und der Blutkonzentration<br />

besteht. In der „Summary“ am Ende der Arbeit<br />

wird ausgeführt, dass eine inverse Assoziation von Vitamin-<br />

B6-Blutkonzentration mit dem Risiko eines kolorektalen<br />

Karzinoms, aber nicht für die Ergebnisse nach Vitamin-B6-<br />

Einnahme besteht. Nach meiner persönlichen Einschätzung<br />

hat auch diese Meta-Analyse die Frage, ob Vitamin<br />

B6 das Karzinomrisiko mindert, nicht endgültig geklärt, was<br />

auch die Autoren mit ihrem Hinweis auf die Notwendigkeit<br />

weiterer großer Studien mit Vitamin B6 bestätigen. n<br />

© Wikimedia Commons, http://de.wikipedia.org/wiki/Pyridoxin


Magazin<br />

Beschleunigte Sepsisdiagnostik<br />

Eine möglichst schnelle Keimdifferenzierung<br />

ermöglicht bei Kenntnis der Resistenz der bisher isolierten<br />

Keime aus den Einsenderproben eine frühzeitige<br />

gezielte Behandlung. In letzter Zeit kamen neben den bisher<br />

üblichen Blutkulturverfahren molekularbiologische<br />

und massenspektrometrische Verfahren zum Einsatz.<br />

Letztere sind zwar methodisch aufwändiger und teurer,<br />

liefern aber das Ergebnis der Keimidentifizierung nach<br />

kürzerer Zeit.<br />

In der vorliegenden Studie (Lancet 2010; 375: 224–30)<br />

wurden 3318 Proben von Patienten mit klinisch begründetem<br />

Verdacht auf Vorliegen einer Sepsis mittels Blutkultur<br />

und mit dem Prove-it-Sepsis-Test (Mobidiag, Helsinki)<br />

in zwei verschiedenen Laboratorien (UK und Finnland)<br />

untersucht.<br />

Der Prove-it-Sepsis-Test ist ein PCR-Microarray-Verfahren,<br />

das 50 verschiedene Bakterien-Spezies erfasst. Von<br />

den 3318 Proben ergaben 2107 (64 %) ein positives<br />

Blutkulturergebnis. 1807 (86 %) der 2107 positiven<br />

Blutkulturen waren mit dem Prove-it-Test positiv. Bezogen<br />

auf die Kulturergebnisse als Gold-Standard hatte der<br />

Prove-it-Sepsis-Test eine diagnostische Sensitivität von<br />

94,7 % und eine diagnostische Spezifität von 98,8 %. Im<br />

Durchschnitt lag das Ergebnis der molekularbiologischen<br />

Methode 18 Stunden früher als das mit Kultur vor. n<br />

Ausreißer ein vernachlässigtes Kriterium<br />

© bergsprinter.wordpress.com, EPA<br />

Kardiales Troponin I ist die bevorzugte Messgröße bei<br />

der Diagnose des akuten koronaren Syndroms. Als<br />

Entscheidungsgrenze wird die 99. Perzentile und ein VK<br />

von 10 % und weniger empfohlen. Die vorliegende Studie<br />

wurde mit dem Ziel durchgeführt zu untersuchen, inwieweit<br />

Ausreißer von Ergebnissen der TnI-Bestimmung über<br />

die analytische Impräzision erklärbar sind (Ann. Clin.<br />

Biochem. 2010; 47: 242–7). Als Ausreißer definiert wurde<br />

die Überschreitung der Differenz von zwei Messergebnissen<br />

einer vorgegebenen kritischen Differenz: CD = 4,95 x<br />

SD analytical<br />

mit einer Wahrscheinlichkeit von 0,0005. Zur<br />

Erfassung der Ausreißer wurden zwei Versuchsreihen<br />

durchgeführt. In der ersten wurden alle Proben mit Messwerten<br />

von TnI > 0,04 µg/L sofort ohne Probenbehandlung<br />

reanalysiert (n = 5265). In der zweiten Versuchsreihe<br />

wurden alle TnI-Anforderungen (n = 881) in Doppelbestimmungen<br />

analysiert. In der ersten Versuchsreihe betrug die<br />

Anzahl der Ausreißer 102 (1,94 %) und in der zweiten<br />

Serie 11 (1,25 %). Die Anzahl der Ausreißer war in beiden<br />

Versuchsreihen signifikant höher als die für eine Wahrscheinlichkeit<br />

von 0,0005 erwartete Anzahl von 2,4 bzw.<br />

0,4. Die Zahl der Ausreißer war unabhängig vom Typus<br />

des Analysengerätes, der Geschwindigkeit der Zentrifugation<br />

der Proben und der Probenart (Serum oder Plasma).<br />

Diese Faktoren erklären somit nicht das Auftreten von<br />

Ausreißern. Die Ausreißerrate für Einfachbestimmungen,<br />

berechnet aus den jeweils ersten Messwerten der Doppelbestimmungen,<br />

ergab für die erste Versuchsreihe einen<br />

Wert von 1,37 % und die zweite einen Wert von 0,55 %.<br />

Die Impräzision von 16,7 % an der Entscheidungsgrenze<br />

der benutzten Methode erklärt die Ausreißer nicht. Diese<br />

waren nämlich nicht um die Entscheidungsgrenze verteilt.<br />

Außerdem war der zweite Messwert der Doppelbestimmungen<br />

immer höher als der erste Messwert. Ausreißer<br />

sind verursacht durch einen Mangel an Stabilität des<br />

Analysensystems. Wichtig ist, die Ausreißerrate als<br />

Stabilitätskriterium des Analysensystems mithilfe von<br />

Doppelbestimmungen zu überprüfen.<br />

n


Karzinom-Screening<br />

Magazin<br />

<br />

In dieser Untersuchung wurde der Frage nachgegangen,<br />

wie häufig bei Patienten mit fortgeschrittenem Karzinom<br />

und verminderter Lebenserwartung weiterhin Mammographie,<br />

Papanicolaou-Test, PSA-Bestimmung und Koloskopie<br />

zum Nachweis neuer Karzinome durchgeführt wurden<br />

(JAMA 2010; 304: 1584–91). Untersucht wurden 87.736<br />

Medicare-Patienten im Alter von 65 Jahren und älter mit<br />

fortgeschrittenen Karzinomen an Lunge (St. IIIb–IV) oder<br />

Pankreas, mit Magen-Speiseröhre-Krebs oder Brustkrebs<br />

(St. IV). Die Kontrollgruppe umfasste 87.307 Medicare-<br />

Patienten ohne Karzinom. Der Untersuchungszeitraum<br />

betrug sieben Jahre. Die mediane Überlebenszeit variierte<br />

zwischen 4,3 Monaten bei der Kohorte mit Pankreaskarzinom<br />

und 16,2 Monaten bei jener mit Mammakarzinom.<br />

Die Fünf-Jahres-Überlebensrate der Mammakarzinomgruppe<br />

betrug 15,5 % und für alle anderen Gruppen 5 %<br />

und weniger. Bei Frauen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom<br />

wurden im Vergleich zur Kontrollgruppe mindestens<br />

eine Mammographie in 8,9 % vs. 22,0 % und ein<br />

Papanicolaou-Test in 5,8 % vs. 12,5 % der Fälle durchgeführt.<br />

Bei Männern mit fortgeschrittenem Karzinom<br />

betrug die Häufigkeit der PSA-Bestimmung 15,0 % und<br />

in der Kontrollgruppe 27,2 %. Bezogen auf alle Karzinompatienten<br />

ergab sich im Vergleich zur Kontrollgruppe die<br />

Koloskopie/Sigmoidoskopie-Häufigkeit von 1,2 % zu<br />

4,7 %. Die Autoren folgern aus den Ergebnissen, dass<br />

bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Personen mit<br />

fortgeschrittenem Karzinom Screening-Untersuchungen<br />

weiter durchgeführt werden, und dies trotz geringer<br />

Wahrscheinlichkeit eines Patienten-Benefits. Diese Aussage<br />

wird aber dadurch eingeschränkt, dass die bestehenden<br />

Daten nicht immer eine eindeutige Festlegung der durchgeführten<br />

Untersuchung als Screening-Test erlauben. n<br />

Koronare Bypass-Operationen<br />

In dieser Studie wird die Häufigkeit der intra- und<br />

postoperativen Transfusionen von EKs, FFPs und TKs bei<br />

primären Koronararterien-Bypass-Operationen mit Herz-<br />

Lungen-Maschine im Jahr 2008 an einer Stichprobe von<br />

102.470 Patienten in 798 Krankenhäusern der USA<br />

bestimmt (JAMA 2010; 304: 1568–75). Für die Krankenhäuser<br />

mit mindestens 100 Operationen und mehr<br />

(82.446 Patienten und 408 Krankenhäuser) variierte die<br />

Gabe der EKs zwischen 7,8 % und 92,8 %, von FFPs<br />

zwischen 0 % und 97,5 % sowie von TKs zwischen 0,4 %<br />

und 90,4 %. EK-Transfusionen waren häufiger bei Frauen,<br />

älteren Patienten und Patienten mit einem verminderten<br />

präoperativen Hämatokrit. Krankenhäuser mit einer<br />

Transfusionshäufikeit an der 99-Perzentil-Grenze der<br />

Häufigkeitsverteilung der Krankenhäuser setzen im<br />

Vergleich zu den Krankenhäusern an der Ein-Perzentil-<br />

Grenze 7,7-mal häufiger EKs, 34,8-mal häufiger FFPs<br />

und 24,3-mal häufiger TKs ein. Es konnte auch gezeigt<br />

werden, dass mit der Zunahme der Operationshäufigkeit<br />

die Transfusionshäufigkeit abnimmt und sie in Krankenhäusern<br />

mit akademischem Status höher ist als in solchen<br />

mit nicht-akademischem Status. Es bestand keine<br />

signifikante Assoziation der Transfusionsraten und der<br />

Mortalität jeglicher Ursache. Bemerkenswert ist, dass die<br />

Ergebnisse dieser Studie im Vergleich zu einer 20 Jahre<br />

früher durchgeführten Untersuchung mit einer Stichprobengröße<br />

von 540 Fällen und 18 Krankenhäusern<br />

bei der Transfusionspraxis keine Verbesserung gezeigt<br />

haben. Die Indikationsstellung für eine Transfusion ist eine<br />

komplexe Entscheidung und kann während der Behandlung<br />

eines Patienten je nach seinem Zustand variieren.<br />

In der Publikation sind einige Arbeiten zitiert, wonach<br />

Programme zur Blutersparnis zu einer Verminderung der<br />

Bluttransfusionsrate beitragen.<br />

n<br />

© PremiaMed, Universitätsklinikum Erlangen


Aktuelle Aspekte zur<br />

Syphilisdiagnostik<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jochen Hagedorn,<br />

Dr. med. Dieter Münstermann<br />

Labor Krone<br />

Konsiliarlabor des RKI für Syphilis-<br />

Diagnostik und -Therapie<br />

FOCUS


12 Focus<br />

Aktuelle Aspekte der Syphilisdiagnostik<br />

Die Syphilis, eine durch Treponema pallidum subspezies<br />

pallidum verursachte, in Stadien verlaufende chronische<br />

Infektionskrankheit ist auch heute noch weltweit von<br />

großer Bedeutung. Nach Schätzungen der WHO aus dem<br />

Jahre 1999 beträgt die jährliche Neuerkrankungsrate rund<br />

zwölf Millionen. Hauptsächlich betroffen sind Südostasien,<br />

Afrika und Südamerika.<br />

In Osteuropa war in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion<br />

Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts ein<br />

starker Anstieg der Syphilis-Neuinfektionen auf bis zu<br />

263/100.000 Einwohner zu beobachten. In der Russischen<br />

Föderation wurden 2008 noch 59 und in Zentraleuropa<br />

zwischen 4,7 und 10,3 Fälle pro 100.000 Einwohner<br />

registriert. In Westeuropa und den USA wurde seit<br />

dem Jahr 2000 ein Wiederanstieg der Syphilis-Neuinfektionen<br />

dokumentiert. Die aktuelle Syphilis-Inzidenz beträgt<br />

in den westlichen Industriestaaten ca. 2–4 pro 100.000<br />

Einwohner/Jahr.<br />

Für Deutschland wurden 2009 3,1 Fälle pro 100.000<br />

Einwohner registriert. Hauptsächlich betroffen sind<br />

Männer. So lag im Jahr 2009 die Syphilis-Inzidenz bei<br />

Männern mit 6 Fällen pro 100.000 Einwohner 16-mal<br />

höher als bei Frauen mit 0,4 pro 100.000 Einwohner.<br />

Von besonderer Relevanz ist heute die Problematik der<br />

Syphilis- und HIV-Ko-Infektion. Die konnatale Syphilis spielt<br />

in Deutschland mit aktuell 2–3 Fällen pro Jahr wegen der<br />

insgesamt niedrigen Infektionsrate bei Frauen, aber vor<br />

allem auch dank der konsequent durchgeführten Mutterschaftsvorsorge-Untersuchungen<br />

kaum noch eine Rolle.<br />

Der Syphiliserreger wird nahezu ausschließlich beim<br />

Geschlechtsverkehr durch direkten Kontakt mit infektiösen<br />

Effloreszenzen des Primär- und Sekundärstadiums<br />

übertragen. In den erscheinungsfreien Phasen der<br />

Frühlatenz besteht aufgrund der geringen Zahl persistierender<br />

Erreger bei Haut- oder Schleimhautkontakt kaum<br />

ein Risiko, wohl aber auf dem Blutweg. Bei ulzerierten<br />

oder nässenden Krankheitsherden im Spätstadium gibt<br />

es keine Infektionsgefahr.<br />

Die diaplazentare Übertragungsrate der Treponemen von<br />

der Mutter auf das Kind beträgt für unbehandelte Schwangere<br />

bei Primärsyphilis 70–100 %, in der Frühlatenz 40 %<br />

und in der Spätlatenz 10 %. Grundsätzlich gilt: Je länger<br />

das Zeitintervall zwischen Infektion und Schwangerschaft,<br />

desto geringer ist das Risiko für das Kind.<br />

Methoden-Konzept<br />

1. Screeningtest ➝ negativ<br />

TPHA-/TPPA-Test oder Immunoassay polyvalent<br />

<br />

fraglich oder positiv<br />

<br />

2. Bestätigungstest ➝ negativ<br />

FTA-ABS-Test polyvalent oder FTA-ABS-Test IgG-spezifisch<br />

oder alternativ IgG-Immunoblot,<br />

alternativ bei TPHA-/TPPA-Screening: Immunoassay (z. B. EIA),<br />

alternativ bei Immunoassay-Screening: TPHA-/TPPA,<br />

<br />

schwach positiv, positiv<br />

<br />

Anmerkungen<br />

Keine weiteren Untersuchungen.<br />

Bei weiter bestehendem klinischem Verdacht auf eine<br />

kürzliche Infektion: Befundkontrolle nach 2 Wochen, ggf. auch<br />

mehrfach (Inkubationszeit bis 90 Tage).<br />

Auch bei nur angedeuteter Reaktivität des Suchtests<br />

Folgeverfahren anschließen.<br />

Meist unspezifischer Befund des Suchtests.<br />

Falls aus klinischer Sicht nicht plausibel, ggf. weiteren, auf<br />

einem anderen Methodenkonzept basierenden Bestätigungstest<br />

durchführen.<br />

3. Beurteilung der Aktivität der Infektion IgM- und Lipoidantikörperdiagnostik sollten bei der Erstuntersuchung<br />

grundsätzlich parallel durchgeführt werden, da sich<br />

die Befunde beider Testgruppen ergänzen!<br />

<br />

19S-IgM-FTA-ABS<br />

alternativ: IgM-EIA, IgM-Blot<br />

<br />

positiv<br />

<br />

Quantifizierung<br />

<br />

negativ<br />

<br />

Lipoidantikörper<br />

VDRL oder analoge Tests<br />

<br />

positiv<br />

<br />

Quantifizierung<br />

<br />

negativ<br />

4. Beurteilung des Gesamtbefundes unter Berücksichtigung der klinischen Fragestellung, der Infektions- und ggf. Behandlungsanamnese<br />

Tab. 1: Serologische Stufendiagnostik der Treponemeninfektionen (Erstuntersuchung)


Focus<br />

13<br />

Abb. 1:<br />

Elektronenmikroskopische Aufnahme von Treponema<br />

pallidum, dem Erreger der Syphilis, auf einer Kultur<br />

Abb. 2:<br />

Typisches Erscheinungsbild der Sekundär-Syphilis, das<br />

üblicherweise auf Handflächen bzw. Fußsohlen auftritt<br />

Die Syphilis verläuft typischerweise in drei Stadien. Nach<br />

einer Inkubationszeit von im Mittel 21 (10–90) Tagen bildet<br />

sich an der Eintrittsstelle des Erregers ein meist schmerzloses<br />

Geschwür, der so genannte Primäreffekt. Parallel<br />

zum Auftreten der lokalen Symptome kommt es zu einer<br />

hämatogenen Streuung der Erreger im gesamten Organismus.<br />

In den frühen Infektionsstadien ist T. pallidum in<br />

bis zu 30 % der Fälle auch im Liquor cerebrospinalis<br />

nachweisbar, eine Tatsache, die insbesondere bei der<br />

Antibiotikatherapie von HIV-Patienten berücksichtigt<br />

werden muss.<br />

Im Sekundärstadium macht sich die Erkrankung durch<br />

Allgemeinsymptome und Hauterscheinungen bemerkbar,<br />

und im Tertiärstadium (Jahre bis Jahrzehnte nach der<br />

Erstinfektion) kann es zur Schädigung des Gehirns und<br />

der Blutgefäße kommen. Phasen, in denen keine Symptome<br />

nachweisbar sind, werden als Latenz bezeichnet.<br />

In Abhängigkeit von der seit der Infektion vergangenen<br />

Zeitspanne wird zwischen der Früh- (je nach Definition<br />

die ersten ein bis zwei Jahre nach der Infektion) und<br />

nachfolgend der Spätlatenz unterschieden. Unter therapeutischen<br />

Aspekten wird in Deutschland das erste Jahr<br />

nach Infektion als Frühsyphilis bezeichnet. Bestehen die<br />

Krankheitszeichen länger als ein Jahr, werden sie als<br />

Spätsyphilis klassifiziert und es ist eine längere Behandlungsdauer<br />

erforderlich.<br />

Syphilisdiagnostik<br />

Die Syphilis ist einer unmittelbaren ätiologischen Diagnostik<br />

meist nicht zugänglich. Ein direkter Erregernachweis<br />

z. B. mittels Dunkelfeldmikroskopie oder indirekter Immunfluoreszenz<br />

gelingt in der Regel nur im Frühstadium der<br />

Infektion. Der diagnostische Stellenwert der Nukleinsäure-<br />

Amplifikationsverfahren (NAT), z. B. der Treponemen-PCR,<br />

ist derzeit nicht abschließend zu beurteilen. Grundsätzlich<br />

ist der Test in Abstrichen, Gewebeproben, Blut, Liquor<br />

cerebrospinalis, Augenkammerwasser oder Amnionflüssigkeit<br />

im Speziallabor möglich. Aufgrund der oftmals geringen<br />

Erregerdichte im Untersuchungsmaterial schließt<br />

jedoch ein negativer Befund eine Infektion nicht aus.<br />

Methode der Wahl für die Laboratoriumsdiagnostik der<br />

Syphilis in allen Infektionsstadien ist der Antikörpernachweis.<br />

Das aktuelle Konzept zur Serodiagnostik der Syphilis<br />

in Deutschland basiert auf den Empfehlungen des ehemaligen<br />

Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahr 1979<br />

und ist heute Bestandteil aller einschlägigen Richtlinien.<br />

Im Rahmen einer Stufendiagnostik (s. Tabelle 1) wird als<br />

Syphilis-Suchtest zunächst ein polyvalenter treponemenspezifischer<br />

Test, der simultan IgG- und IgM-Antikörper<br />

erfasst, ausgeführt, z. B. der Treponema-pallidum-<br />

Hämagglutinations (TPHA)- bzw. -Partikelagglutinations<br />

(TPPA)-Test oder ein Enzymimmuno- oder Chemilumineszenz-Test.<br />

Bei negativem Resultat finden keine weiteren<br />

Untersuchungen statt. Bei fraglichem oder positivem<br />

Ergebnis des Suchtests erfolgt zur Absicherung der<br />

Befundspezifität als Bestätigungsreaktion ein weiterer<br />

T.-pallidum-spezifischer Antikörpertest, der auf einem<br />

anderen Methodenkonzept als der Suchtest basiert.<br />

Klassischer Bestätigungstest ist der FTA-ABS-Test bzw.<br />

der IgG-FTA-ABS-Test oder auch der Immunoblot.<br />

Alternativ kann bei TPHA-/TPPA-Screening auch ein<br />

Immunoassay bzw. bei Immunoassay-Screening der<br />

TPHA-/TPPA-Test eingesetzt werden. Sind der Such- und<br />

der Bestätigungstest positiv, gilt eine Treponemeninfektion<br />

als gesichert, unabhängig vom möglichen Infektionsstadium.<br />

Eine Abgrenzung der Syphilis von den nichtvenerischen<br />

Treponematosen (Yaws, Bejel, Pinta) ist<br />

aufgrund der engen Antigenverwandschaft der gesichert<br />

humanpathogenen Treponemen (T. pallidum subsp.<br />

pallidum, T. pallidum subsp. endemicum, T. pallidum<br />

subsp. pertenue und Treponema carateum) serologisch<br />

nicht möglich. Diese Tatsache muss bei der Untersuchung<br />

© Wikipedia


14 Focus<br />

von Personen aus entsprechenden Endemiegebieten<br />

beachtet werden. Die Abgrenzung der Krankheitsbilder<br />

erfolgt in der Regel nur anhand klinischer und anamnestischer<br />

Kriterien. Zur Beurteilung der Aktivität der<br />

Infektion und der eventuellen Behandlungsbedürftigkeit<br />

schließen sich dann Untersuchungen zum Nachweis von<br />

nicht-treponemenspezifischen Lipoidantikörpern (VDRL-/<br />

RPR-Test oder Cardiolipin-KBR) und T.-pallidum-spezifischen<br />

IgM-Antikörpern (19S-IgM-FTA-ABS-Test, IgM-EIA<br />

oder IgM-Immunoblot) an.<br />

Bei der Syphilis-Erkennung galten viele Jahre der TPHAbzw.<br />

der TPPA-Test als Tests der Wahl. In den letzten<br />

Jahren sind jedoch zahlreiche alternative Testverfahren<br />

für den Treponemen-Antikörpernachweis, insbesondere<br />

Enzym-linked Immunosorbent Assays (ELISA) und<br />

Chemilumineszenzassays, entwickelt worden. Diesem<br />

Trend ist insofern Rechnung getragen worden, als<br />

Immunoassays alternativ zum TPHA-/TPPA-Test für die<br />

Syphilis-Routinediagnostik und als Suchtest im Rahmen<br />

der Mutterschaftsvorsorge zugelassen wurden. Dies<br />

entspricht auch den europäischen Consensus-Empfehlungen<br />

zur Syphilisdiagnostik von 2001, die z. B. den<br />

TPHA-Test und den Syphilis-ELISA sowohl als Screeningals<br />

auch als Bestätigungsteste benennen. Die deutschen<br />

Diagnostik-Empfehlungen von 1979 lassen diese Erweiterung<br />

des Testspektrums mit der Feststellung zu, dass<br />

für das Syphilis-Screening der TPHA oder vergleichbar<br />

sensitive und spezifische Testverfahren angewendet<br />

werden können. Daraus leitet sich die Forderung ab, dass<br />

die Eignung eines Immunoassays als Syphilis-Screeningtest<br />

z. B. für die Mutterschaftsvorsorge in Deutschland im<br />

Vergleich zum TPHA-/TPPA-Test geprüft sein sollte, was<br />

allein durch die CE-Zertifizierung nicht sichergestellt wird.<br />

Eine entsprechende Vergleichsuntersuchung soll im<br />

Folgenden für den TPPA-Test und den Architect<br />

Syphilis TP Assay kurz zusammenfassend dargestellt<br />

werden: Der TPPA-Test ist ein in der Regel manuell<br />

durchgeführter indirekter Agglutinationstest. Er verwendet<br />

als Antigen ein Ultraschallhomogenat von T. pallidum<br />

(Nichols-Stamm), das an Gelatinepartikel gebunden ist.<br />

Der Test erfasst simultan IgG- und IgM-Antikörper. Er<br />

reagiert meist in der dritten Woche nach der Infektion<br />

positiv. Die Testauswertung erfolgt durch visuelle Beurteilung<br />

der Agglutinationsbilder. Ein subjektiver Einflussfaktor<br />

bei der Beurteilung ist möglich, wobei die Erfahrung des<br />

Untersuchers eine wichtige Rolle spielt. Der Test kann<br />

qualitativ oder quantitativ durchgeführt werden. In der<br />

Praxis wird heute im positiven Fall der TPPA-Titer in einem<br />

zweiten Testansatz bestimmt, da die Titerhöhe im Kontext<br />

mit den weiteren Befunden über die Beurteilung der<br />

Aktivität der Infektion zur Befundbewertung herangezogen<br />

und bei Verlaufsuntersuchungen die Antikörperkinetik<br />

mitbewertet werden kann. Die Testspezifität wird je nach<br />

Studiendesign zwischen 98 % und 100 % angegeben.<br />

Die Testsensitivität im Stadium I der Syphilis beträgt im<br />

Mittel 76 % (69 %–90 %), in den weiteren Krankheitsstadien<br />

100 %. Auch Antikörper-Restbefunde nach ausreichend<br />

behandelter Infektion werden in der Regel erkannt.<br />

Der Architect Syphilis TP ist ein Chemilumineszenz-<br />

Mikropartikelimmunoassay (CMIA, Abb. 4). Als Antigen<br />

werden mit den rekombinanten Treponemenantigenen Tp<br />

15, Tp 17 und Tp 47 beschichtete Mikropartikel eingesetzt.<br />

In der Probe vorhandene Treponemen-Antikörper<br />

werden an die beschichteten Partikel gebunden und<br />

nachfolgend über eine Chemilumineszenz-Reaktion<br />

detektiert. Die Messung erfolgt in relativen Lichteinheiten<br />

(RLE). Die Menge der Treponemenantikörper in der Probe<br />

ist direkt proportional zu den vom optischen System des<br />

Architect-Immunoassay-Gerätes gemessenen RLE.<br />

Der Nachweis von Antikörpern in der Probe erfolgt durch<br />

den Vergleich des aus der Reaktion entstehenden Chemilumineszenz-Signals<br />

mit dem Grenzwertsignal der letzten<br />

Kalibrierung des Syphilis-Tests. Ist das Chemilumineszenzsignal<br />

der Probe größer oder gleich dem Grenzwert­<br />

ARCHITECT Syphilis TP vs. TPPA<br />

22.0<br />

ARCHITECT Syphilis TP<br />

20.0<br />

TPPA<br />

18.0<br />

16.0<br />

14.0<br />

12.0<br />

10.0<br />

3.0<br />

2.5<br />

2.0<br />

1.5<br />

Grenzwert<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

Zeit (Monate)<br />

+<br />

Inkubation<br />

Waschschritt<br />

Mit rekombinanten Treponemapallidum<br />

(TP)-Antigenen<br />

(TpN15, TpN17, TpN47)<br />

beschichtete Mikropartikel<br />

Patientenprobe mit<br />

Antikörpern gegen TP<br />

S/CO<br />

+<br />

Pre-Trigger/Trigger<br />

Akridinium-markiertes Konjugat<br />

(Anti-Human-IgG und Anti-Human-IgM)<br />

Inkubation<br />

Chemilumineszenz-Reaktion<br />

Waschschritt<br />

Abb. 3:<br />

Der ARCHITECT Syphilis TP Assay zeigt den gleichen<br />

Verlauf wie der TPPA-Test an, nur mit höheren Signalen.<br />

Abb. 4:<br />

Testprinzip des ARCHITECT Syphilis TP Assay


Focus<br />

15<br />

signal, gilt die Probe als reaktiv für Treponemenantikörper.<br />

Der Test ist für die qualitative, simultane Erfassung von<br />

IgG- und IgM-Antikörpern konzipiert, lässt aber durch die<br />

Berechnungsformel Chemilumineszenzsignal der Probe<br />

dividiert durch das Grenzwertsignal (S/CO) eine semiquantitative<br />

Abschätzung des Antikörpergehalts der<br />

Probe zu. S/CO-Werte ≥ 1,0 gelten als positiv, Werte<br />

< 1,0 als negativ. Ein Grenzbereich ist herstellerseits nicht<br />

vorgesehen. Im Vergleich zu den TPHA-/TPPA-Tests<br />

bieten der Architect-Syphilis-TP-Test und andere<br />

Immunoassays mit vergleichbarem Methodenkonzept die<br />

Vorteile einer deutlich geringeren Arbeitsbelastung für das<br />

Personal und die Sicherstellung einer objektiven Testauswertung.<br />

Zudem können bei komplexen Untersuchungsanforderungen,<br />

wie z. B. in der Mutterschaftsvorsorge,<br />

am gleichen Arbeitsplatz zahlreiche Parameter untersucht<br />

werden, ohne dass eine Unterverteilung der Probe<br />

erforderlich ist.<br />

In eigenen Studien wurde die relative Leistungsfähigkeit<br />

des Architect-Syphilis-TP- im Vergleich zum TPPA-Test<br />

geprüft. So fanden sich bei der Austestung von 1338<br />

nicht vorselektierten Proben aus der Mutterschaftsvorsorge<br />

fünf übereinstimmend positive Resultate für beide<br />

Testsysteme. Von den verbleibenden 1333 Proben<br />

reagierten 6 Proben im TPPA und 4 andere Proben im<br />

Syphilis-TP-Test falsch positiv. Dies entspricht einer<br />

praktisch identischen Testspezifität für den TPPA- und<br />

den Syphilis-TP-Test von 99,6 % bzw. 99,7 %.<br />

Die Verteilung der S/CO-Werte im Negativbereich<br />

zeigt eine sehr gute Diskriminierung negativer Befunde<br />

bezogen auf den vorgegebenen Grenzwert von 1,0.<br />

1324/1333 (99,3 %) der Proben zeigten S/CO-Werte<br />

< 0,5, 5 (0,4 %) Proben fanden sich im Bereich 0,5–0,99<br />

und 4 (0,3 %) Proben reagierten mit S/CO-Werten > 1,0<br />

falsch positiv.<br />

Diese Befunde demonstrieren, dass Serumproben von<br />

Schwangeren problemlos mit dem Architect Syphilis<br />

TP Assay getestet werden können. Identische Erfahrungen<br />

haben wir zwischenzeitlich auch bei der Austestung<br />

eines großen Kollektivs HIV-positiver Proben<br />

gemacht.<br />

Für die orientierende Beurteilung der Testsensitivität<br />

wurden 144 Proben von Syphilispatienten aus allen<br />

Infektionsstadien mit TPPA-Titern von 1 : 80 bis<br />

> 1 : 20.480 geprüft. Die relative Sensitivität des Architect-Syphilis-TP-Tests<br />

wurde mit 98,6 % (142/144<br />

Proben) ermittelt. Bei den falsch negativen reagierenden<br />

Proben handelte es sich um eine schwach positive Probe<br />

mit einem TPPA-Resttiter von 1 : 320 und einem S/CO-<br />

Wert von 0,93 relativ nahe am Cutoff sowie um ein Serum<br />

aus der frühen Serokonversionsphase bei akuter Infektion<br />

mit einem S/CO-Wert von 0,81 (s. auch Fall Nr. 1, Tab. 3).<br />

Somit waren beide Proben deutlich stärker reaktiv als die<br />

Vielzahl der Negativproben. Aufgrund dieser Erfahrung<br />

haben wir uns intern entschlossen, aus Sicherheitsgründen<br />

Proben mit S/CO-Werten zwischen 0,50 und 0,99<br />

Abb. 5:<br />

Albrecht Dürer: Darstellung eines Syphilitikers (1496)<br />

© Wikipedia


16 Focus<br />

mit dem TPPA-Test und einem IgM-Antikörper-spezifischen<br />

Test (19S-IgM-FTA-ABS-Test) zu überprüfen.<br />

Mit diesem modifizierten Testkonzept wären alle positiven<br />

Proben gefunden worden. Bei der Austestung von<br />

mehreren tausend Routineproben hat sich zwischenzeitlich<br />

bestätigt, dass bei Einführung eines Graubereichs<br />

ca. 4 von 1.000 Proben nachgetestet werden müssen,<br />

ein im Interesse einer sicheren Diagnostik vertretbarer<br />

Aufwand.<br />

Die nächste Frage betrifft den Aspekt der quantitativen<br />

Titerbestimmung. Die Höhe des TPHA-/TPPA-Titers dient<br />

zum einen der Bewertung des serologischen Gesamtbefundes,<br />

da hohe Antikörpertiter häufiger mit einer aktiven<br />

oder latenten Infektion korreliert sind als niedrige Titer. Im<br />

Rahmen der Mutterschaftsvorsorge gibt es die Empfehlung,<br />

bei TPHA-/TPPA-Titern ab 1 : 5120 und unklarer<br />

Infektions- und Behandlungsanamnese auch bei negativem<br />

IgM- und/oder Lipoidantikörper-Befund aus Sicherheitsgründen<br />

eine Therapie zu erwägen.<br />

Bei Verlaufskontrollen nach der Therapie einer Syphilis<br />

stützen rückläufige oder konstante TPHA-/TPPA-Titer als<br />

ergänzende Information zur Kinetik der eigentlichen<br />

Aktivitätsparameter (Lipoid- und spezifische IgM-Antikörper)<br />

die Annahme einer effektiven Therapie. Kommt es bei<br />

Verlaufskontrollen zu einem Wiederanstieg der Antikörper,<br />

ist eine Re-Infektion oder auch eine Reaktivierung einer<br />

latenten Infektion wahrscheinlich. Aus den genannten<br />

Gründen ergibt sich die Frage, wie weit S/CO-Werte des<br />

Architect-Syphilis-TP-Tests mit TPHA-/TPPA-Titern<br />

korrelieren bzw. wann man bei Architect-Syphilis-<br />

TP-S/CO-Werten von einem hohen Titer sprechen kann.<br />

Eine direkte Korrelation ist nicht zu erwarten, da beide<br />

Tests unterschiedliche Antigenspektren präsentieren und<br />

je nach Zusammensetzung des Antikörperspektrums in<br />

der individuellen Probe differente Reaktionen zu erwarten<br />

sind.<br />

Abb. 6: Geschichte des Syphilus, Stich von Jan Sadeler<br />

aus dem 16. Jahrhundert<br />

Abb. 7: William Hogarth: A Harlot’s Progress. Ärzte<br />

diskutieren die Behandlung, während der Patient stirbt<br />

Medianwerte, 25-% - und 75-% -Bereiche der ARCHITECT-Syphilis-TP-<br />

S/CO-Werte im Vergleich zu den TPPA-Titerkategorien (n = 451)<br />

40<br />

Architect-Syphilis-TP-S/CO<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

MEDIAN<br />

25%<br />

75%<br />

0<br />

80<br />

160<br />

320<br />

640<br />

1280<br />

2560<br />

5120<br />

10.240<br />

20.480<br />

>20.480<br />

TPPA-Titer<br />

Tab. 2: Korrelation von 451<br />

TPPA-positiven Proben<br />

© Wikipedia


Focus<br />

17<br />

Tabelle 2 zeigt den Versuch einer solchen Korrelation bei<br />

Auswertung von 451 TPPA-positiven Proben. Nach den<br />

bisherigen Erfahrungen würden wir vorschlagen, für den<br />

Architect-Syphilis-TP-Test S/CO-Werte > 15–20 als<br />

hoch positiv zu klassifizieren und vergleichbar einem<br />

TPPA-Titer ≥ 1 : 5120 zu werten. Diese Klassifizierung gilt<br />

vor allem für Proben mit länger persistierendem IgG-<br />

Antikörperbefund. In den frühen Serokonversionsphasen<br />

ist die Korrelation deutlich schlechter. Hier finden sich<br />

oftmals schon hoch positive TPHA-/TPPA-Titer bei noch<br />

relativ niedrigen Syphilis-TP-S/CO-Werten (s. Beispiele<br />

1–3, Tab. 3). Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass<br />

in dem Architect-Assay spezifische IgG-Antikörper<br />

besser detektiert werden als spezifische IgM-Antikörper.<br />

Tabelle 3 demonstriert am Beispiel einer Re-Infektion<br />

(Fall Nr. 6), dass es möglich ist, mittels der Architect-<br />

Syphilis-TP-S/CO-Werte Antikörperkinetiken darzustellen,<br />

aus denen bei Verlaufsuntersuchungen ähnliche Informationen<br />

zum Infektionsverlauf abzuleiten sind wie aus den<br />

TPHA-TPPA-Titerkinetiken.<br />

Die kurz dargestellten Daten belegen, dass der Architect-Syphilis-TP-Test<br />

als Syphilis-Screeningtest gut<br />

geeignet ist, eine dem TPHA-/TPPA-Test vergleichbare<br />

Sensitivität und Spezifität aufweist und sowohl für die<br />

Bewertung einzelner Befundkonstellationen als auch für<br />

Verlaufsstudien gute Informationen gibt. Nach dem gegenwärtigen<br />

Stand würden wir aber vorschlagen, bei positivem<br />

Architect-Syphilis-TP-Screening-Resultat unabhängig<br />

vom Konzept der weiteren Bestätigungsdiagnostik (z. B.<br />

mit FTA-ABS-Test, Immunoblot o. Ä.) den TPHA-/TPPA-<br />

Titer vorläufig weiter zu bestimmen, da für die Bewertung<br />

dieser Befunde die längste Erfahrung besteht.<br />

Literatur erhalten Sie bei den Verfassern:<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jochen Hagedorn,<br />

Dr. med. Dieter Münstermann<br />

Labor Krone<br />

Siemensstraße 40<br />

D-32105 Bad Salzuflen<br />

Konsiliarlabor des RKI für Syphilis-Diagnostik und<br />

Therapie <br />

Produktname Beschreibung Bestellnummer<br />

ARCHITECT Syphilis<br />

TP Reagenzienpackung<br />

ARCHITECT Syphilis<br />

TP Reagenzienpackung<br />

ARCHITECT Syphilis<br />

TP Kalibrator<br />

ARCHITECT Syphilis<br />

TP Kontrollen<br />

1 x 100 Tests 8D06-27<br />

1 x 500 Tests 8D06-37<br />

1 Fläschchen (4 ml) 8D06-02<br />

2 Fläschen (positiv<br />

und negativ, 8 ml)<br />

8D06-11<br />

n<br />

Fall-Nr. Befundstatus Architect<br />

Syphilis TP<br />

S/CO<br />

1 Syphilis-Erstinfektion<br />

Primärstadium, Serokonversion<br />

< 14 Tage<br />

2 Syphilis-Erstinfektion<br />

Primärstadium<br />

3 Syphilis-Erstinfektion<br />

Primärstadium<br />

4 Syphilis-Erstinfektion<br />

Sekundärstadium<br />

5 Spätlatente Syphilis,<br />

Migrantin aus Russland,<br />

schwanger<br />

6 Restbefund nach<br />

ausreichend behandelter<br />

Syphilis<br />

15 Monate später<br />

Re-Infektion, klinisch<br />

Primärstadium<br />

7 HIV-pos., Antikörperpersistenz<br />

nach länger<br />

(Jahre) zurückliegender<br />

Re-Infektion<br />

8 Mutterschaftsvorsorge,<br />

Restbefund einer<br />

ausreichend behandelten<br />

Syphilis<br />

TPPA-Titer<br />

FTA-ABS-IgG-<br />

Titer<br />

19S-IgM-FTA-<br />

ABS<br />

0,81 1280 Positiv 40 n. d.<br />

6,10 5120 Positiv 640 8<br />

7,70 20.480 Positiv 640 16<br />

31,32 > 20.480 Positiv 1280 64<br />

30,73 > 20.480 Positiv < 10 8<br />

RPR/VDRL-<br />

Titer<br />

3,7 320 Positiv < 10 negativ<br />

35,92 > 20.480 Positiv 10 64<br />

Tab. 3: Beispiele für Befundkonstellationen im Rahmen der Syphilisdiagnostik<br />

27,97 20.480 Positiv < 10 negativ<br />

10,17 1280 Positiv > 10 negativ


18 Forum<br />

Impfen in Deutschland –<br />

ein kontroverses Thema<br />

Impfen ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Dies<br />

zeigte sich im letzten Jahr durch das Chaos um die Vogelgrippe-Impfung.<br />

Die Ereignisse haben zu viel Aufregung<br />

geführt und dem Impfgedanken in gewisser Weise<br />

geschadet. Genauso wie die Diskussion um die Papillomvirus-Impfung,<br />

bei der nicht nur von militanten Impfgegnern,<br />

sondern auch von tatsächlichen Experten Argumente<br />

aufgegriffen wurden, deren Richtigkeit fraglich ist.<br />

Die Impfungen, um die es vonseiten der Impfgegner und<br />

Impfskeptiker immer wieder Debatten gibt, sind die von<br />

der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-<br />

Instituts empfohlenen 15 Standardimpfungen gegen:<br />

Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae<br />

Typ b, Poliomyelitis, Hepatitis B, Pneumokokken, Meningokokken,<br />

Masern, Mumps, Röteln, Varizellen, Humane<br />

Papillomviren. Kinder bekommen in den ersten beiden<br />

Lebensjahren alle Grundimpfungen. Jugendliche erhalten<br />

neuerdings die HPV-Impfung und eventuell Nachimpfungen,<br />

falls Impfungen im Kindesalter verpasst wurden.<br />

Erwachsene benötigen Auffrischimpfungen, da kein<br />

Impfschutz ein Leben lang hält. Über 60-Jährige sollten<br />

sich darüber hinaus gegen Influenza und Pneumokokken<br />

impfen lassen (Tab. 1).<br />

Impfgegner äußern immer wieder Bedenken gegenüber<br />

diesen Impfungen. Im Folgenden werden die Ursachen<br />

dieser Hauptbedenken erörtert und wie man ihnen<br />

begegnen kann.<br />

Tab. 1: Impfempfehlung der STIKO<br />

Kinder Jugendliche Erwachsene<br />

n Tetanus<br />

n Diphtherie<br />

n Pertussis<br />

n Poliomyelitis<br />

n Haemophilus<br />

influenzae<br />

Typ b<br />

n Hepatitis B<br />

n Pneumokokken<br />

n Meningokokken<br />

n Masern<br />

n Mumps<br />

n Röteln<br />

n Varizellen<br />

n HPV<br />

(Mädchen)<br />

Auffrischimpfungen<br />

n Tetanus<br />

n Diphtherie<br />

n Pertussis<br />

n Poliomyelitis<br />

Nachholimpfungen<br />

n Hepatitis B<br />

n Masern<br />

n Mumps<br />

n Röteln<br />

n Varizellen<br />

Auffrischimpfungen<br />

n Tetanus<br />

n Diphtherie<br />

Ab 60 Jahren<br />

n Influenza<br />

n Pneumokokken<br />

Eines der Argumente, die immer wieder aufgegriffen<br />

werden, ist: „Die meisten Infektionskrankheiten sind doch<br />

verschwunden und Impfungen deswegen nicht mehr<br />

nötig.“ Tatsache ist, dass wir Infektionen nicht mehr in<br />

dem Maße haben wie noch vor 100 Jahren. Dies zeigen<br />

auch die Daten des Robert Koch-Instituts (Tab. 2).<br />

Bei nur vier Fällen in sechs Jahren könnte man sagen,<br />

dass es die Diphtherie nicht mehr gibt. Warum also sein<br />

Kind impfen lassen? Ein gutes Beispiel dafür ist Russland,<br />

wo es bis zu den 80er-Jahren immer wieder Diphtherie-<br />

Fälle gab. Dann wurde die Impfung eingeführt und es<br />

traten kaum noch Diphtherie-Fälle auf. Da der Impfstoff zu<br />

leichten Befindlichkeitsstörungen führte, ließen in der<br />

Folge immer mehr Eltern ihre Kinder nicht mehr impfen.<br />

Dies zeigte so lange keine Auswirkungen, bis in den 90ern<br />

der Zusammenbruch der UdSSR erfolgte. Dadurch kam<br />

es zu etlichen Bevölkerungsverschiebungen. Zudem war<br />

der Afghanistan-Krieg zu Ende und die Soldaten, von<br />

denen einige an Diphtherie erkrankt waren, kehrten<br />

zurück. Die Folge war eine explosionsartige Ausbreitung<br />

der Diphtherie mit 140.000 Infizierten und 4000 Verstorbenen.<br />

Das zeigt, dass die Krankheit nicht verschwunden<br />

war – im Gegenteil, sie kann sehr schnell wieder kommen<br />

und sich in einer nicht geimpften Population rasch<br />

ausbreiten. Die meisten Infektionskrankheiten sind also<br />

nur verschwunden, weil geimpft wird.<br />

Viele Infektionskrankheiten sind nur verschwunden,<br />

weil geimpft wird! Sie können bei nachlassender<br />

Impfbereitschaft wieder auftauchen.<br />

Ein anderes Argument, das man häufig hört, ist: „Besser<br />

als gegen Kinderkrankheiten zu impfen ist, sie durchzumachen.“<br />

Diese Meinung hat die bekannten „Masern-Partys“<br />

zur Folge. Bei diesen Partys werden bewusst gesunde,<br />

nicht gegen Masern geimpfte Kinder mit akut an Masern<br />

erkrankten Kindern zusammengeführt. Ziel ist die Ansteckung<br />

der nicht geimpften Kinder mit Masern, damit diese<br />

die Krankheit und die der Erkrankung meistens folgende<br />

Immunität entwickeln. Das hat vielleicht vor 100 Jahren<br />

Sinn gemacht, weil man umso weniger schwer erkrankt,<br />

je früher man die Erkrankung durchgemacht hat (wenn es<br />

nicht gerade im 1. Lebensjahr ist). Heutzutage ergibt das<br />

natürlich keinen Sinn mehr, da auch eine für so harmlos<br />

gehaltene Maserninfektion zu einer schweren Komplikation<br />

wie der Masernenzephalitis führen kann.<br />

Im Jahr der Fußballweltmeisterschaft 2006 fand in<br />

Deutschland eine Masernepidemie statt. Es wurden<br />

insgesamt 2307 Masernfälle gemeldet. Davon mussten<br />

344 Erkrankte stationär aufgenommen werden. Darunter<br />

gab es 45 Fälle von Mittelohrentzündung, 51 Fälle von


Forum<br />

19<br />

Masernpneumonie, sieben Fälle von Enzephalitis, einen Fall<br />

von Meningitis und einen Todesfall. 89 % der Erkrankten<br />

waren nicht geimpft und 5 % hatten nur eine Impfung, von<br />

der man weiß, dass sie nicht zu 100 % vor einer Infektion<br />

schützt. Ob die Masernimpfung nun sinnvoll ist, lässt sich<br />

ganz einfach beantworten, wenn man bedenkt, welche<br />

Folgen von Maserninfektionen wir ohne Impfung hätten.<br />

Folgen von Maserinfektionen ohne Impfung pro<br />

Jahr<br />

Ca. 56.000 Fälle von Mittelohrentzündung<br />

Ca. 24.500 Fälle von Lungenentzündung<br />

Ca. 525 Fälle von Gehirnentzündung<br />

Ca. 70 Todesfälle<br />

Es ist klar, dass ohne Impfung die Mehrzahl von Kindern<br />

an Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln oder<br />

Keuchhusten erkranken würde. Diese Infektionen führen<br />

zwar nicht zu sehr schweren Krankheiten, aber es gibt<br />

Komplikationen, die man nicht vernachlässigen darf.<br />

Außerdem wäre die Krankheitslast in der Bevölkerung<br />

enorm hoch, wenn wir all diese Erkrankungen noch<br />

hätten.<br />

Daher sollte man darauf drängen, diese Krankheiten<br />

durch Impfen zu eliminieren, wie es in den USA und<br />

Schweden schon passiert ist.<br />

Ohne Impfungen würde die Mehrzahl aller Kinder an<br />

Kinderkrankheiten wie Masern, Mumps, Röteln und<br />

Keuchhusten erkranken.<br />

Auch wenn schwere Komplikationen bei diesen<br />

Krankheiten relativ selten sind, wäre die Krankheitslast<br />

in der Bevölkerung sehr hoch!<br />

Tab. 2:<br />

Häufigkeit impfpräventabler Infektionskrankheiten in<br />

Deutschland (RKI 2003–2009)<br />

Erkrankung<br />

Fälle/Jahr<br />

Tetanus 10–15<br />

Diphtherie 0–4<br />

Pertussis Ca. 12.000<br />

Poliomyelitis 0<br />

Hämophilus-infl.-Typ-b-Inf. 10–20<br />

(invas. Kleinkinder)<br />

Hepatitis B 800**<br />

Masern 150–2300<br />

Mumps Ca. 400<br />

Röteln Ca. 200<br />

Varizellen* Ca. 700.000<br />

Invasive-Pneumokokken- Ca. 430<br />

Infektionen (Kinder)*<br />

Meningokokken-Infektionen<br />

Ca. 230<br />

Typ C<br />

(Kinder)*<br />

* vor Einführung der Impfung<br />

** gemeldete Fälle<br />

Das letzte und wichtigste Argument ist: „Impfungen haben<br />

oft schwere Nebenwirkungen und stellen eine Gefährdung<br />

da.“ Eine Umfrage bei Krankenhauspersonal hat gezeigt,<br />

dass sich 40 % nicht gegen Influenza impfen lassen, weil<br />

sie Angst vor den Nebenwirkungen haben. Einerseits ist<br />

die Angst vor Nebenwirkungen historisch bedingt, denn<br />

schon zu Jenners Zeiten hatte das Impfen einen schlechten<br />

Ruf. Die 1976 abgeschaffte Pockenimpfung hatte<br />

wirklich unangenehme Nebenwirkungen. Bei 500.000<br />

damals Erstgeimpften kam es zu 500 schweren Komplikationen,<br />

zu 16 lebensbedrohlichen Komplikationen und<br />

einem Verstorbenen.<br />

Daran erinnern sich die Menschen und wenn sie es nicht<br />

selbst erlebt haben, wird ihnen davon erzählt. Da der Laie<br />

nicht zwischen einer Pocken- und einer Tetanusimpfung<br />

Abb. 1:<br />

Schematische Darstellung des Röteln-Viruspartikel<br />

Abb. 2:<br />

Charles Bell: Opisthotonus bei Tetanuserkrankung (1809)<br />

© <strong>Abbott</strong>, Wikipedia


20 Forum<br />

Jahr 1996:<br />

700<br />

Hepatitis-B-Impfung<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

Jahr 2000:<br />

6-fach-Impfung<br />

Jahr 2006:<br />

Pneumokokken-<br />

Meningokokken-<br />

Impfung<br />

Das zeigt eindeutig, dass der Plötzliche Kindstod nicht auf<br />

Impfungen zurückzuführen ist. Eine zeitliche Koinzidenz als<br />

Beweis für einen Kausalzusammenhang zu deuten ist<br />

eben falsch! Ein anderes Beispiel für diese Missdeutung ist<br />

der angebliche Zusammenhang zwischen der Hepatitis-B-<br />

Impfung und dem Auftreten von Multipler Sklerose in<br />

Frankreich. Dort wurden zuerst die Jugendlichen geimpft.<br />

Erstmanifestationen der Multiplen Sklerose finden häufig<br />

im Jugendalter statt. Diese beiden Faktoren kamen<br />

zusammen und haben dazu geführt, dass man fälschlicherweise<br />

angenommen hat, die Impfung würde Multiple<br />

Sklerose auslösen.<br />

0<br />

602 507 482 429 367 372 323 298 259 228 215 193<br />

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Jahr<br />

Statistisches Bundesamt<br />

Abb. 3: Plötzlicher Kindstod in Deutschland – Todesfälle<br />

1998 bis 2009<br />

unterscheidet, ist das sicher ein Grund, warum Impfungen<br />

generell einen schlechten Ruf haben. Zusätzlich zu der<br />

historisch bedingten Angst vor dem Impfen findet man im<br />

Internet wesentlich mehr Seiten, die über Folgeschäden<br />

von Impfungen berichten, als Seiten, die über positive<br />

Aspekte informieren.<br />

Auf diesen Seiten findet man als mögliche Folgen des<br />

Impfens den Querschnitt eines Pathologiebuches, z. B.<br />

Autismus, Schlafsucht, Schlafumkehr, Hyperaktivität,<br />

Apathie, Plötzlicher Kindstod usw. Diese Fülle an Nebenwirkungen<br />

lässt schon an der Richtigkeit zweifeln. Der<br />

Plötzliche Kindstod wird immer wieder als Folge des<br />

Impfens genannt. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass aus<br />

einem zeitlichen ein kausaler Zusammenhang gemacht<br />

wird. Ein Rechenbeispiel belegt das Gegenteil. Man kann<br />

davon ausgehen, dass pro Jahr etwa 550.000 Kinder<br />

mindestens drei Mal geimpft werden (im 3., 4. und 5.<br />

Monat). Das wären 80 % von 685.000 (Geburtenrate<br />

2007). Im Jahr 2005 gab es ca. 300 Fälle von Plötzlichem<br />

Kindstod. Damit ereignen sich pro Jahr rein rechnerisch<br />

folgende Todesfälle: Etwa 73 der Säuglinge sterben<br />

innerhalb von vier Wochen nach der Impfung. Das ist<br />

schon ein meldepflichtiges Ereignis, ohne dass ein Kausalzusammenanhang<br />

angeführt werden muss. Innerhalb einer<br />

Woche nach einer Impfung sterben ca. 17 Kinder und<br />

ca. zwei Kinder einen Tag nach einer Impfung, ohne dass<br />

ein kausaler Zusammenhang besteht, rein statistisch, per<br />

Zufall. Natürlich ist das für Eltern, die ihr Kind kurz nach<br />

der Impfung auf diese Weise verlieren, nicht verständlich –<br />

vor allem, wenn das Kind auf die Impfung nur leichte<br />

Reaktionen gezeigt hat.<br />

In Abb. 3 sieht man deutlich, dass die Fälle von Plötzlichem<br />

Kindstod abnehmen, seit die Kinderärzte massiv<br />

für die Rückenlage bei Säuglingen plädieren. Und das,<br />

obwohl 1996 die Hepatitis-B-Impfung, 2000 die Sechsfach-Impfung<br />

und 2006 die Pneumokokken-Meningokokken-Impfung<br />

eingeführt wurde.<br />

Eine zeitliche Koinzidenz wird als Kausalzusammenhang<br />

missdeutet!<br />

Bei hoher Impffrequenz tritt ein zeitlicher Zusammenhang<br />

mit bestimmten Erkrankungen rein statistisch<br />

häufiger auf.<br />

Natürlich haben Impfungen manchmal Nebenwirkungen.<br />

Es kann sein, dass man nichts merkt oder man hat lokale<br />

Reizungen an der Einstichstelle, wie z. B. Rötungen oder<br />

Schwellungen mit leichten Schmerzen. Es können auch<br />

systemische Reaktionen auftreten, wie leichtes Fieber,<br />

Kopfschmerzen, Übelkeit oder Abgeschlagenheit. Nach<br />

einer Impfung mit Lebendimpfstoffen kann es zu einer<br />

abgeschwächten Erkrankung, die das Impfvirus verhindern<br />

soll, kommen, z. B. zu Impfmasern.<br />

Natürlich gibt es auch „echte“ Komplikationen nach einer<br />

Impfung, z. B. Allergien gegen Spuren von Antibiotika,<br />

Konservierungsstoffe oder Stabilisatoren, die in den<br />

Impfstoffen enthalten sind. Daher muss ein Arzt vorher<br />

abklären, ob bei seinen Patienten Allergien gegen diese<br />

Inhaltsstoffe vorliegen. In extrem seltenen Fällen können<br />

Impfungen auch bestimmte Formen der Enzephalitis,<br />

Arthritis, Neuritis oder eine Thrombopenie auslösen. Dies<br />

sind auch Krankheiten, die im Anschluss an verschiedene<br />

Infektionen (postinfektiös) auftreten können. Betrachtet<br />

man die Daten zu Verdachtsfällen von Impfkomplikationen<br />

des Paul-Ehrlich-Instituts aus dem Jahr 2004/2005, so<br />

kann man errechnen, dass es zu einer Komplikation pro<br />

100.000 Impfdosen kommt. Das heißt: Ein Arzt, der pro<br />

Tag zehn Impfungen macht, erlebt in 40 Jahren eine<br />

Komplikation – das ist wirklich selten!<br />

Heute verwendete Impfstoffe sind sehr gut verträglich!<br />

Schwere Komplikationen sind extrem selten.<br />

Bleibende Schäden oder gar Todesfälle als gesicherte<br />

Folge einer heute eingesetzten Impfung sind bisher<br />

nicht vorgekommen.<br />

Warum also haben Impfungen so ein schlechtes Image?<br />

Es gibt Menschen, die behaupten, Impfungen generell<br />

schlecht zu vertragen, und sie verbreiten das auch in ihrer<br />

Umgebung. Je nachdem, wie viel Einfluss diese Personen<br />

auf ihr Umfeld haben, wird diese Meinung übernommen.<br />

Wie eine derartige Meinung zustandekommen kann, zeigt


Forum<br />

21<br />

Abb. 4:<br />

Schematische Darstellung des Hepatitis-B-Viruspartikel<br />

das folgende Beispiel: In einer plazebokontrollierten<br />

Studie, welche die Wirksamkeit des Influenza-Impfstoffs<br />

untersuchte, wurden auch Nebenwirkungen dokumentiert.<br />

Man erhielt folgendes Ergebnis (Tab. 4):<br />

Tab. 4: Nebenwirkungen nach Influenza-Impfung.<br />

Placebokontrollierte Doppelblindstudie bei 849 Personen<br />

Symptom<br />

Fieber<br />

Müdigkeit<br />

Wetterfühligkeit<br />

Muskel-und<br />

Gelenkbeschwerden<br />

Kopfschmerzen<br />

Schmerzen an<br />

der Impfstelle<br />

Geimpfte<br />

Gruppe (%)<br />

6,2<br />

18,9<br />

16,0<br />

6,2<br />

10,8<br />

63,8<br />

Plazebogruppe<br />

(%)<br />

6,1<br />

19,4<br />

17,5<br />

5,7<br />

14,4<br />

24,1<br />

allerdings die Impfquoten bei Jugendlichen. Hier fehlen<br />

Auffrischimpfungen und speziell die HPV (Humane Papillomviren)<br />

-Impfung für Mädchen wird nur sehr zögerlich<br />

angenommen. Bei Erwachsenen fehlen häufig die Impfungen<br />

gegen Influenza und Pneumokokken. Für diese<br />

ungenügenden Impfraten gibt es ganz unterschiedliche<br />

Gründe: Impfungen werden häufig einfach vergessen, aber<br />

nicht wenige Menschen lassen sich aus aus Angst vor<br />

Nebenwirkungen nicht impfen. Was kann man nun tun,<br />

um die Impfraten zu erhöhen? Zunächst einmal sollten die<br />

Zielgruppen immer wieder an die Notwendigkeit des<br />

Impfens erinnert werden, Jugendliche z. B. in der Schule,<br />

im Sportverein und bei jedem Arztbesuch. Außerdem sollte<br />

generell mehr Aufklärung über die Wirksamkeit und<br />

Verträglichkeit von Impfungen betrieben werden. Sehr<br />

wichtig ist schließlich aber auch, die Ausbildung der Ärzte<br />

auf diesem Gebiet zu verbessern, z. B. durch eine Wiedereinführung<br />

des 1976 abgeschafften Impfkurses oder durch<br />

entsprechende Weiterbildungen. Denn nur wenn die Ärzte<br />

gute Impfkenntnisse haben, können sie ihre Patienten gut<br />

aufklären und beraten.<br />

Literatur erhalten Sie beim Verfasser:<br />

Prof. Dr. med. Wolfgang Jilg<br />

Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene<br />

Universität Regensburg<br />

Franz-Josef-Strauß-Allee 11<br />

D-93053 Regensburg n<br />

Interessanterweise wies die Plazebogruppe bis auf die<br />

Schmerzen an der Impfstelle genau die gleiche Häufigkeit<br />

der abgefragten Erscheinungen auf. Wie lässt sich dieses<br />

Phänomen erklären? Nun, es handelt sich bei diesen<br />

Reaktionen um Befindlichkeitsstörungen, die bei den<br />

meisten Menschen immer wieder auftreten, aber normalerweise<br />

kaum registriert werden. In diesem Fall wurden<br />

die Probanden darauf hingewiesen, sich nach der Impfung<br />

genau zu beobachten und eventuell auftretende<br />

Störungen zu dokumentieren. Das Gleiche sehen wir auch<br />

bei Menschen, die Angst vor Impfungen haben: Auch sie<br />

beobachten sich nach einer Impfung ganz genau, registrieren<br />

somit alles, was sie sonst nicht bemerken würden,<br />

und nehmen dann an, es sei durch die Impfung verursacht.<br />

Das heißt also: Harmlose, normalerweise nicht<br />

wahrgenommene Befindlichkeitsstörungen werden der<br />

Impfung angelastet.<br />

Trotz aller Impfskepsis ist die Durchimpfungsrate bei<br />

Kindern aber nach wie vor hoch und steigt sogar leicht an,<br />

was zeigt, dass Impfungen prinzipiell gut angenommen<br />

und für wichtig erachtet werden. Ungenügend sind<br />

Abb. 5: Mädchen mit deformiertem rechtem Bein als<br />

Folge einer Kinderlähmung<br />

© <strong>Abbott</strong>, Wikipedia


22<br />

Kasuistik<br />

Grün gefärbter Urin<br />

Beschreibung:<br />

Von der 88-jährigen Patientin, die bewusstlos zur Notaufnahme<br />

gebracht wurde, war folgende Vorgeschichte<br />

bekannt: Zustand nach Hysterektomie und Radiotherapie<br />

vor 30 Jahren, eine sich zehn Jahre später entwickelnde<br />

neurogene Blasendysfunktion, einseitige Hydronephrose<br />

nach strahlenbedingter Obstruktion des Ureters, bilaterale<br />

femorale Angioplastie, eine TIA und eine Streptokokken-<br />

B-Sepsis. Therapie: Aspirin, ACE-Hemmer. Bei der<br />

Notaufnahme hyperventilierte sie (20 Atemzüge/Min.), sie<br />

war hypoton (110/60 mm Hg) und die Körpertemperatur<br />

betrug 33° C.<br />

Es bestand eine Arrhythmie bei Vorhofflimmern. Die<br />

Blutgasanalyse ergab folgende Messwerte: pH 7,08,<br />

pCO 2<br />

14 mm Hg, HCO 3<br />

- 3,8 mmol/L und pO 2<br />

139 mm<br />

Hg unter Sauerstoffgabe. Mittels Katheter wurden 1300<br />

mL purulent aussehender grüner Blasenurin gewonnen.<br />

Die Urinkultur war negativ. Folgende Serumkonzentrationen<br />

wurden bestimmt: Natrium 147 mmol/L, Chlorid<br />

127 mmol/L, Kalium 4,3 mmol/L. Die Anionenlücke war<br />

mit 16 mmol/L normal. Zur Rehydratation erhielt die<br />

Patientin 1250 mL Kochsalzlösung und wegen der<br />

bestehenden metabolischen Azidose mit inkompletter<br />

respiratorischer Kompensation 200 mL 8,4%ige<br />

NaHCO 3<br />

- -Lösung. Eine Kontrolluntersuchung der Elektrolytkonzentrationen<br />

ergab: Natrium 159 mmol/L, Chlorid<br />

131 mmol/L und Kalium 3,4 mmol/L.<br />

Trotz Austausch der Kochsalzlösung durch eine 5%ige<br />

Glukoselösung mit 4 mmol/L Kalium stieg in den nächsten<br />

zwei Tage die Serum-Konzentrationen von Natrium<br />

und Chlorid auf 170 mmol/L bzw. auf 143 mmol/L an.<br />

Eine cystoskopische Untersuchung der Blase ergab einen<br />

Defekt in der Blasenwand mit einer im CT nachweisbaren<br />

vesikojejunalen Fistel als Folge der vorausgegangenen<br />

Radiotherapie.<br />

Kommentar:<br />

Letzterer Befund bestätigte den Verdacht auf einen<br />

Reuptake von Natrium und Chlorid aus dem im Darm<br />

vorhandenen Urin. Die Schleimhautmembran des Ileums<br />

und Kolons enthält ein Transportprotein, welches das<br />

intraluminale Chlorid gegen Bikarbonat austauscht.<br />

Natrium wird aktiv absorbiert, mit nachfolgender Kaliumausscheidung.<br />

Diese Vorgänge erklären die Entstehung<br />

der hyperchlorämischen Azidose. Die bei der Aufnahme<br />

noch normale Kaliumkonzentration ist möglicherweise<br />

durch die leicht eingeschränkte Nierenfunktion der<br />

Patientin und die Therapie mit ACE-Hemmern bedingt.<br />

Die zunehmende Hypernatriämie, Hyperchlorämie und<br />

Hypokaliämie ist eine Folge der Infusion von Kochsalzund<br />

Natriumbikarbonatlösung zu Beginn der Therapie.<br />

Zu beachten ist, dass sich eine enterovesikale Fistel auch<br />

noch Jahre nach einer Beckenbestrahlung bilden kann.<br />

Literatur<br />

Bolmers M. D. M., van Lieshout J. J., Linthorst G. E.,<br />

Soeters M. R., Nio Y. C. Green urine, but no infection.<br />

Lancet 2009; 347: 1566<br />

n<br />

Eine ausgefallene Diagnose<br />

Beschreibung:<br />

Eine 31-jährige Patientin kam zur Notaufnahme wegen<br />

seit drei Tagen bestehender heftiger Bauchschmerzen.<br />

Sie hatte keine Übelkeit, kein Erbrechen oder Fieber. Die<br />

neutrophilen Leukozyten waren nicht, die CRP-Konzentration<br />

war mit 9,7 mg/L aber deutlich erhöht. Ein CT des<br />

Abdomens ergab Zeichen einer Peritonitis. Bei einer<br />

diagnostischen Laparoskopie wurden in der rechten<br />

unteren Hälfte des Abdomens zahlreiche weiße Flecken<br />

und Knötchen gesehen. Deren histologische Untersuchung<br />

ergab Knötchen von kernlosen abgeschilferten<br />

Zellen, eingebettet in ein fibröses Stroma und umgeben<br />

von einem entzündlichen Infiltrat. Der immunhistochemische<br />

Nachweis von Zytokeratin bewies, dass die<br />

kernlosen Zellen epithelialer Natur waren. Basierend auf<br />

den erhobenen Befunden und der anamnestisch bekannten<br />

Entbindung mit Kaiserschnitt drei Wochen vor<br />

der Notaufnahme wurde das Vorliegen einer Vernixcaseosa-Peritonitis<br />

diagnostiziert.<br />

Kommentar:<br />

Vernix caseosa ist ein gelbweißes käseartiges Material,<br />

das die Haut des Föten bedeckt. Es besteht aus Talg,<br />

Wollhaaren und abgeschilferten Hautschuppen und<br />

schützt die Haut des Föten vor der Einwirkung des<br />

Mekoniums und der Amnionflüssigkeit. Sowohl Mekonium<br />

als auch Hautschuppen können eine Entzündungsreaktion<br />

induzieren.<br />

Die Symptome einer Vernix-caseosa-Peritonitis entsprechen<br />

denen eines akuten Abdomens und können 3 bis 35<br />

Tage nach einem Kaiserschnitt auftreten. Ursache ist das<br />

Eindringen von Amnionflüssigkeit in die Bauchhöhle, was<br />

aber meistens komplikationslos verläuft.<br />

Literatur<br />

Wisanto E., De’Hondt M., Aerts R., Geboes K., De<br />

Hertogh G., Sagaert X. A cheesy diagnosis. Lancet 2010;<br />

376: 564 n


Qualität und Effizienz in der<br />

infektiologischen Testung im Labor<br />

Dr. von Froreich – Bioscientia GmbH<br />

Praxisreport<br />

23<br />

Abb. 1:<br />

Dr. Rolf Meyer-Kawohl,<br />

technischer Leiter für die<br />

Serologie und Immunologie<br />

im Labor<br />

Dr. von Froreich –<br />

Bioscientia GmbH<br />

Das Labor Dr. von Froreich – Bioscientia GmbH ist<br />

eines der größten Laboratorien in Hamburg und war eines<br />

der ersten zertifizierten und akkreditierten Laboratorien in<br />

Deutschland. Hohe klinische Kompetenz, effiziente<br />

Diagnosefindung und eine hohe analytische Qualität sind<br />

die Grundlage für die erfolgreiche Entwicklung des Labors<br />

und nicht zuletzt für die Erfüllung aller Anforderungen der<br />

einsendenden Ärzte.<br />

Hohe analytische Qualität ist auch für die infektiologische<br />

Testung unerlässlich. Diese wird im Labor Dr. von Froreich<br />

– Bioscientia GmbH zum Großteil auf den <strong>Abbott</strong>-ARCHI-<br />

TECT-i2000SR-Systemen durchgeführt. Über die Erfahrungen<br />

mit den Systemen sprach <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> mit dem<br />

technischen Laborleiter für die Serologie und Immunologie,<br />

Herrn Dr. rer. nat. Rolf Meyer-Kawohl.<br />

<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> (AT): Sehr geehrter Herr Dr. Meyer-<br />

Kawohl, als langjähriger Mitarbeiter des Labors Dr. von<br />

Froreich – Bioscientia GmbH sind Sie als technischer<br />

Leiter insbesondere für die infektiologische Testung<br />

verantwortlich. Was sind Ihre Kriterien, die Sie an die<br />

infektiologische Testung stellen?<br />

Meyer-Kawohl (M-K): Als Einsendelabor stehen für uns<br />

vor allem die schnelle Abarbeitung, eine konsistente<br />

Qualität und nicht zuletzt auch die Wirtschaftlichkeit im<br />

Fokus. Unsere Einsender wissen zudem die Übermittlung<br />

eines Großteils der Ergebnisse am Tag des Probeneingangs<br />

und die hohe Qualität der Ergebnisse zu schätzen.<br />

AT: Wie definieren Sie Qualität?<br />

M-K: Selbstverständlich müssen wir die gesetzlichen<br />

Vorgaben für die interne und externe Qualitätskontrolle<br />

erfüllen und darüber hinaus die Vorgaben im Rahmen der<br />

Akkreditierung. Mindestens ebenso wichtig wie die<br />

formale Erfüllung der Qualitätskontrollkriterien ist die<br />

Qualität der Teste hinsichtlich ihrer Sensitivität, Spezifität<br />

und Reproduzierbarkeit. Hier ist es uns wichtig, mit einem<br />

Hersteller zu arbeiten, der über eine lange Erfahrung in<br />

der Infektionsdiagnostik verfügt. Dies ist insbesondere<br />

deshalb von Bedeutung, da wir in unserem Patientenkollektiv<br />

recht häufig Neuinfektionen bei HIV und den<br />

Hepatitiden feststellen. Bei HIV erfolgt die Diagnose einer<br />

Infektion auch öfters über den Antigen-Anteil des kombinierten<br />

HIV-Tests, also der Nachweis von sehr frischen<br />

Neuinfektionen. Insgesamt sind die Erfahrungen in der<br />

Praxis mit den ARCHITECT-Testen sehr gut, mit einer nur<br />

geringen Rate falsch positiver oder negativer Ergebnisse.<br />

AT: Welches Testmenü haben Sie auf den ARCHITECT-<br />

Systemen?<br />

M-K: Dies ist die vollständige Hepatitis-Testung mit HAV,<br />

HBV und HCV, die HIV-Diagnostik sowie die CMV-,<br />

Toxoplasmose- und Röteln-Testung. Zusätzlich beabsichtigen<br />

wir, den automatisierten Syphilis-Test einzuführen,<br />

um die TPHA-Testung abzulösen. Über die Infektionsdiagnostik<br />

hinaus bestimmen wir auch einige andere<br />

Parameter, wie Tumormarker und Hormone sowie Anti-<br />

CCP, auf den i2000SR-Systemen.<br />

AT: Wie sind Ihre praktischen Erfahrungen mit den<br />

ARCHITECT-Systemen?<br />

M-K: Die ARCHITECT-Systeme zeichnen sich durch<br />

einen hohen Durchsatz aus, so dass die Ergebnisse innerhalb<br />

der Zeitvorgaben erstellt werden. Unsere Mitarbeiter<br />

im Labor schätzen vor allem die sehr einfache Bedienung<br />

mit der intuitiven Software und den geringen Wartungsaufwand.<br />

Darüber hinaus ist für uns das gesamte Paket,<br />

das uns <strong>Abbott</strong> liefert, wichtig. Hier ist vor allem der<br />

schnelle und kompetente Service, ob telefonisch oder vor<br />

Ort, und die verlässliche Belieferung mit Reagenzien und<br />

anderen Materialien zu nennen. Insgesamt haben wir<br />

inzwischen drei ARCHITECT-i2000SR-Systeme im Einsatz,<br />

da wir die Analytik sukzessiv ausgeweitet haben. Wir<br />

überlegen, zwei Systeme zu einem i4000SR-System zu<br />

konsolidieren, um eine weitere Effizienzsteigerung zu<br />

erzielen.<br />

AT: Haben Sie noch abschließende Anmerkungen oder<br />

Wünsche?<br />

M-K: Aufgrund der deutlichen Vorteile, die uns die<br />

automatisierte Testung auf den ARCHITECT-Systemen<br />

bietet, wäre eine Erweiterung der infektiologischen<br />

Palette, wie z. B. um EBV, für uns von Nutzen.<br />

AT: Herr Dr. Meyer-Kawohl, vielen Dank für das<br />

informative Gespräch.<br />

n


24 Labor aktuell<br />

28<br />

34<br />

25<br />

26<br />

25 Jahre HIV-Diagnostik<br />

LABS ARE VITAL ist in Deutschland<br />

angekommen!<br />

27<br />

28<br />

KIF6: Neuer Biomarker für die<br />

kardiologische Risikoabschätzung<br />

und Steuerung der Statin-Therapie<br />

Warum auf Respiratorische Viren<br />

testen?<br />

30<br />

32<br />

34<br />

35<br />

36<br />

37<br />

38<br />

39<br />

Die mSystem-Familie in der molekularen<br />

Diagnostik – vielfältige<br />

RealTime-PCR-Assays auf einer<br />

einzigen Geräteplattform<br />

Hepatitis-C-Diagnostik – Screening<br />

und wichtiger Wegweiser in der<br />

HCV-Therapie<br />

Einsatzgebiete des ARCHITECT<br />

HCV Ag Assay<br />

ARCHITECT Vitamin D –<br />

vollautomatische Messung<br />

eines unterschätzten Vitamins<br />

Ist der falsche Troponin-Wert<br />

wirklich falsch?<br />

<strong>Abbott</strong> präsentiert seine<br />

Vielseitigkeit<br />

Lesezeichen: Hinweise auf aktuelle<br />

medizinische Fachliteratur<br />

13. Weltkongress „Controversies<br />

in Obstetrics, Gynecology and<br />

Infertility“<br />

35<br />

37<br />

© Archiv <strong>Abbott</strong>, Wikipedia/ayako


25 Jahre HIV-Diagnostik<br />

Labor aktuell<br />

25<br />

Weltweit gibt es rund 33 Millionen HIV-positive<br />

Menschen. In Deutschland sind knapp 65.000 Menschen<br />

infiziert; jedes Jahr kommen rund 3000 hinzu. Die Krankheit<br />

ist eine Pandemie – sie tritt auf allen Kontinenten auf.<br />

Besonders viele Menschen sind in den Ländern des<br />

südlichen Afrika (Sub-Sahara) erkrankt. Steigende Infektionszahlen<br />

werden aus Osteuropa und Asien berichtet.<br />

Neben der Erforschung und Entwicklung effektiver<br />

Therapien muss daher weiter intensiv Prävention betrieben<br />

und sollten akute Infektionen so früh wie möglich diagnostiziert<br />

werden, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.<br />

Die ersten Auswirkungen des HI-Virus bemerkte man im<br />

Zeitraum von Oktober 1980 bis Mai 1981. In dieser Zeit<br />

wurde von fünf homosexuellen Männern berichtet, die unter<br />

einer Pneumocystis-carinii-Pneumonie litten. Zwei dieser<br />

Männer sind daran gestorben. Alle fünf Erkrankten hatten<br />

eine latente oder akute CMV-Infektion (Cytomegalie-Virus)<br />

und Candida-Befall im mucosalen Bereich. 1982 bekam<br />

das CDC (Centers for Disease Control) einen Bericht über<br />

ein 20 Monate altes Kleinkind, das nach mehreren Bluttransfusionen<br />

einen zellulären Immundefekt und opportunistische<br />

Infektionen entwickelt hatte. Außerdem wurde in<br />

diesem Jahr über eine Häufung von Pneumocystis-carinii-<br />

Fällen und Karposi-Sarkoma bei Homosexuellen berichtet.<br />

Ende 1982 wurde die Krankheit als „Erworbenes Immunschwäche-Syndrom“<br />

(AIDS) bezeichnet. Als Risikogruppen<br />

wurden folgende Personen identifiziert: homo- und bisexuelle<br />

Männer, intravenös Drogenabhängige, Haitianer und<br />

Hämophilie-Patienten. Man ging davon aus, dass das<br />

infektiöse Agens sexuell und über Blut übertragen wird.<br />

Im Mai 1983 gelang es der Arbeitsgruppe von Dr. Luc<br />

Montagnier, ein Retrovirus aus Patienten mit AIDS zu<br />

isolieren. Montagnier nannte es „Lymphadenopathieassoziiertes<br />

Virus“ (LAV), heute bekannt als HIV-1: Gruppe M<br />

(„Major“, „Montagnier“). Ein Jahr später, im Mai 1984,<br />

konnten Dr. Robert Gallo und seine Mitarbeiter ein Retrovirus<br />

aus den Lymphknoten eines an AIDS verstorbenen Patienten<br />

isolieren und Gallo nannte es „Humanes T-lymphotrophes<br />

Virus“ (HTLV-III). Er konnte zeigen, dass HTLV-III der Grund<br />

für AIDS ist. Außerdem etablierte er die Grundlage eines<br />

Screening-Tests, indem er zeigte, dass die Antikörper von<br />

AIDS-Patienten an HTLV-III Proteine binden. 1985 entstand<br />

die endgültige Nomenklatur und aus LAV und HTLV-III wurde<br />

HIV (Humanes Immundefizienz-Virus).<br />

Nachdem der Erreger der Krankheit identifiziert war, konnte<br />

die Entwicklung eines Screening-Tests beginnen. Am<br />

19. Juni 1984 erhielt <strong>Abbott</strong> eine Virus-Zellkultur vom NCI<br />

(National Cancer Institute). Von Juni bis Oktober begann die<br />

Virusproduktion und die Etablierung einer Virusinaktivierung.<br />

Zusätzlich wurde nach dem besten Testformat für einen<br />

HIV-Screening-Test geforscht. Das Endresultat war ein<br />

Indirekter-Antikörper-Enzymimmunoassay, bei dem die<br />

Polystyrenpartikel mit viralem Lysat beschichtet waren.<br />

Das Konjugat bestand aus einem Anti-human-lgG-Antikörper<br />

an den eine Peroxidase gekoppelt war. Von Oktober bis<br />

November 1984 begannen die klinischen Studien. Dazu<br />

wurden mehr als 20.000 US-Blutspender gescreent.<br />

Es zeigte sich, dass 0,14 % davon mit HIV infiziert waren.<br />

Im Dezember 1984 wurde der <strong>Abbott</strong>-Test bei der FDA<br />

(Food and Drug Administration) eingereicht. Am 2. März<br />

1985 erhielt <strong>Abbott</strong> die Zulassung für den ersten HIV-Test<br />

für das Blutspender-Screening und zur Diagnose, den<br />

<strong>Abbott</strong> HTLV-III EIA. Seitdem hat sich das HI-Virus stetig<br />

weiterentwickelt und dazu geführt, dass <strong>Abbott</strong> ebenfalls<br />

immer weiter forscht, um das Virus zu detektieren.<br />

1986 wurde ein HIV-verwandtes Virus aus einem westafrikanischen<br />

Patienten isoliert, das HIV-2. Außerdem wurden neue<br />

Subtypen von HIV-1 gefunden: 1990 Subtyp O („Outlier“),<br />

1998 Subtyp N („Near M“) und 2009 Subtyp P.<br />

1994 wurde das globale HIV-Überwachungsprogramm zur<br />

Identifizierung/Charakterisierung von HIV-Varianten von<br />

<strong>Abbott</strong> eingeführt. Die primären Ziele dieses Programms<br />

sind: (1) das Monitoring und Auftreten von neuen Virus-<br />

Stämmen, (2) die Etablierung gut charakterisierter Probenpanels.<br />

Der Nutzen des Überwachungsprogramms ist<br />

vielfältig. Es liefert eine wissenschaftliche Grundlage für die<br />

Entwicklung von neuen Reagenzien und Testformaten.<br />

Verschiedene Panels helfen bei der Evaluierung der Testperformance<br />

und führen zu einer verlässlichen Detektion aller<br />

HIV-Infektionen. Seit das HI-Virus 1981 erstmals in den<br />

Blickpunkt der Wissenschaftler rückte, hat sich viel verändert.<br />

Inzwischen können moderne Testverfahren das<br />

Virusgenom in verschwindend geringer Zahl nachweisen<br />

und Antikörpertests selbst winzige Antikörpermengen<br />

aufspüren. Wenn vom HIV-Test gesprochen wird, ist<br />

gewöhnlich der Antikörpernachweis gemeint. Ein solcher<br />

HIV-Test erfasst Antikörper, die das Immunsystem der<br />

Infizierten gegen das Virus gebildet hat. Diese Antikörper<br />

werden meist innerhalb von drei bis zwölf Wochen nach<br />

einer Infektion gebildet. Mittlerweile sind Tests der vierten<br />

Generation verfügbar, die durch den kombinierten Nachweis<br />

von HIV-Antigen und -Antikörpern das diagnostische<br />

Fenster durchschnittlich auf 14 bis 17 Tage nach der<br />

Infektion verkürzen. Neben dem möglichst frühzeitigen<br />

Nachweis einer Infektion ist die Erkennung aller Subtypen<br />

für die Sicherheit eines HIV-Tests wesentlich. Die unterschiedlichen<br />

Subtypen des HI-Virus (HIV-1: Gruppe M:<br />

Subtypen A–K, Gruppe N, Gruppe O und P; HIV-2: Subtypen<br />

A–F) weisen grundsätzlich zwar ein spezifisches<br />

geographisches Verteilungsmuster auf, durch die Dynamik<br />

bei der Verbreitung von HIV werden sie sich aber langfristig<br />

vermischen. Ein frühzeitiges Erkennen einer HIV-Infektion ist<br />

daher sehr wichtig, um ein Weitertragen der Infektion zu<br />

verhindern, aber auch, um Behandlungsmöglichkeiten<br />

optimal zu nutzen. Ein rechtzeitiger Beginn der Therapie<br />

kann die Lebenserwartung entscheidend verlängern. n


26 Labor aktuell<br />

LABS ARE VITAL ist in Deutschland<br />

angekommen!<br />

Am 4. August war der offizielle Startschuss<br />

für das von <strong>Abbott</strong> initiierte<br />

Programm: An diesem Tag trafen sich<br />

Vertreter der DGKL (Deutsche Vereinte<br />

Gesellschaft für Klinische Chemie und<br />

Laboratoriumsmedizin) und <strong>Abbott</strong> zur<br />

Unterzeichnung des Kooperationsvertrags.<br />

Gemeinsam machen sie sich stark, den<br />

Stellenwert des Labors zu verdeutlichen und<br />

den Menschen im medizinischen Labor ein<br />

Gesicht zu geben. Die Initiative will den<br />

unverzichtbaren und häufig lebenswichtigen<br />

Beitrag der Labordiagnostik für das Gesundheitswesen<br />

deutlich und öffentlich machen.<br />

„Labormedizin leistet heute einen unverzichtbaren<br />

Beitrag in der Gesundheitsversorgung.<br />

Sie unterstützt Krankenhäuser, niedergelassene<br />

Ärzte und Patienten dabei, Krankheiten schnell zu<br />

erkennen und Leben zu retten. Das beste Beispiel dafür<br />

ist die schnelle Erkennung des Herzinfarkts durch den<br />

Marker Troponin“, so Dr. Jens Klabunde, Geschäftsführer<br />

der DGKL.<br />

Nachdem diese Partnerschaft über eine Pressemitteilung<br />

bekannt gegeben war, ging es gleich in die zweite Phase<br />

– der gemeinsame Auftritt zur Jahrestagung der DGKL in<br />

Mannheim stand bevor.<br />

LABS ARE VITAL präsentierte sich mit der deutlichen<br />

Botschaft: „Lauter werden. Dass alle hören, wie wichtig<br />

Laborarbeit ist.“<br />

Neben Informationsmaterial und Pfefferminz in Reagenzgläsern<br />

gab es die neue Internetseite www.LabsAreVital.de<br />

zu bestaunen und Interessierte konnten sich vor Ort<br />

registrieren, um in der Folge über die Initiative informiert<br />

zu werden. Zusätzlich hatten die Besucher die Möglichkeit,<br />

bei der Aktion „Werden Sie Botschafter für Labs<br />

Are Vital Deutschland“ mitzumachen. Gesucht werden<br />

Laborfachkräfte, die sich für das Programm einsetzen<br />

wollen. Wer wollte, konnte sich im Laborkittel fotografieren<br />

lassen und wird – mit etwas Glück – Teil der neuen<br />

Informationsbroschüre.<br />

WERDEN SIE AKTIV!<br />

Besuchen Sie www.LabsAreVital.de und registrieren Sie sich<br />

auf unserer neuen deutschsprachigen Seite. Erfahren Sie in<br />

regelmäßigen Abständen Neues zur Initiative und bleiben Sie<br />

über den Veranstaltungskalender und unsere Nachrichten auf<br />

dem aktuellsten Stand.<br />

Gemeinsam können wir etwas bewirken!<br />

Parallel zur Jahrestagung der DGKL stellte Labs Are<br />

Vital ihre neue deutschsprachige Website vor. Für alle<br />

Laborfachkräfte und Interessierte finden sich auf www.<br />

LabsAreVital.de zahlreiche Berichte aus dem Laboralltag,<br />

Veranstaltungshinweise und eine Webgalerie. Außerdem<br />

ist im Mitgliederbereich – in dem sich jeder Interessierte<br />

anmelden kann – eine Materialsammlung beispielsweise<br />

für Poster und Vorlagen für Veranstaltungen zu finden.<br />

„Laborarbeit fristet regelrecht ein Schattendasein“, sagte<br />

Dr. Karl-Heinz Pick, Manager Regulatory & Scientific<br />

Affairs bei <strong>Abbott</strong>, als Vertreter für Labs Are Vital. „Wir<br />

möchten Laborfachkräfte auch durch die neue Website<br />

dazu motivieren, selbst aktiv zu werden und dabei zu<br />

helfen, die Karrieremöglichkeiten in diesem Bereich<br />

bekannter zu machen.“<br />

Der Kongress wurde zudem genutzt, um weitere Verbände<br />

und Organisationen für die Initiative zu gewinnen – Ziel<br />

ist es, in den nächsten Monaten weitere Partnerschaften<br />

zu bilden. Denn nur gemeinsam können wir etwas<br />

bewegen! n<br />

Ziele von LABS ARE VITAL:<br />

n Herausstellung des Wertes der in der Labormedizin tätigen<br />

Mitarbeiter sowohl innerhalb des Gesundheitssystems als<br />

auch in der breiten Öffentlichkeit<br />

n Adressieren von Problemen, die es in der Labormedizin<br />

heute gibt – Schwierigkeiten, qualifizierte Nachwuchskräfte<br />

hevorzubringen, ökonomische Probleme durch immer weiter<br />

abgesenkte Budgets und Rückerstattungen der erbrachten<br />

Leistungen<br />

n Entstehenlassen einer Gemeinschaft der Laborfachkräfte<br />

zum Austausch von Ideen, Katalysatorwirkung für eine<br />

bessere Zukunft der Labormedizin


KIF6: Neuer Biomarker für die<br />

kardiologische Risikoabschätzung<br />

und Steuerung der Statin-Therapie<br />

Labor aktuell<br />

27<br />

<strong>Abbott</strong> Molecular und das amerikanische Unternehmen Celera sind eine Vermarktungsvereinbarung<br />

für den KIF6-Genotypisierungsassay außerhalb der USA eingegangen.<br />

Der molekularbiologische Test identifiziert Patienten mit einem erhöhten<br />

Risiko für Koronare Herzkrankheiten (KHK), die gleichzeitig signifikant von einer<br />

Statin-Therapie profitieren. Der KIF6-Genotypisierungsassay kann so helfen, einen<br />

möglichen Herzinfarkt zu verhindern.<br />

Koronare Herzkrankheiten (KHK) sind die häufigste<br />

Todesursache in den Industrieländern. Zu den Risikofaktoren<br />

zählen vor allem Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck<br />

und ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel. Gefährdete<br />

Patienten, bei denen eine Änderung der Lebensgewohnheiten<br />

(Sport, ausgewogenes Essen, Stressabbau) nicht<br />

den gewünschten Effekt erzielt, werden in der Regel mit<br />

Statinen behandelt, die den Cholesteringehalt im Blut<br />

senken.<br />

Inzwischen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass<br />

auch eine genetische Besonderheit das Risiko ansteigen<br />

lässt. Die so genannte KIF6-Genvariante stellt zwar nur<br />

eine winzige Veränderung im Erbmaterial dar, hat jedoch<br />

drastische Auswirkungen: Menschen, die Träger der KIF6-<br />

Genvariante sind, haben ein um etwa 55 % erhöhtes<br />

Risiko für eine KHK und damit für Folgeerscheinungen<br />

wie Angina Pectoris oder Herzinfarkte.<br />

In Nachuntersuchungen zu einer großen Statin-Studie<br />

(CARE) lag diese Genvariante auf Platz drei der größten<br />

Risikofaktoren, direkt hinter Rauchen und Diabetes und<br />

noch vor erhöhten LDL-Cholesterinwerten (Iakoubova<br />

et al. J. Am. Coll. Cardiol. 2008; 51: 435–443).<br />

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass rund<br />

0<br />

5<br />

10<br />

15<br />

0<br />

5<br />

10<br />

Abb. 1:<br />

Einfluss der<br />

KIF6-Genvariante<br />

auf das KHK-<br />

Ereignis-Risiko<br />

Abb. 2:<br />

Einfluss der<br />

KIF6-Genvariante<br />

auf die Wirksamkeit<br />

von Atorvastatin<br />

(80 mg) und<br />

Pravastatin<br />

(40 mg)<br />

Death or major CV events<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Pravastatin (40 mg)<br />

719Arg KIF6 Carriers<br />

Months of follow-up<br />

719Arg Non-carriers<br />

Atorvastatin (80 mg)<br />

Pravastatin (40 mg)<br />

p ≤ 0.001<br />

Atorvastatin (80 mg)<br />

p = 1.0<br />

0<br />

0 3 6 9 12 15 18 21 24 27 30<br />

Months of follow-up<br />

60 % der weiße Bevölkerung Bevölkerung Träger der<br />

KIF6-Genvariante sind. Sie haben somit zwar ein erhöhtes<br />

Risiko für KHK, gleichzeitig sprechen sie aber auch besser<br />

auf die entsprechende Behandlung mit Statinen an. Durch<br />

Statin-Therapie kann das Risiko eines Infarkts bei Trägern<br />

der KIF6-Genvariante um bis zu 10 % sinken (Abb. 1; Li<br />

et al. Am. J. Cardiol. 2010; 106: 994–998). Diese Zahl<br />

zeigt auch, wie wichtig es für den Arzt und seinen Patienten<br />

ist, über den KIF6-Status informiert zu sein.<br />

Die Wirksamkeit verschiedener Statine wurde in der<br />

PROVE IT-Studie durch Vergleich von Atorvastatin (80 mg)<br />

und Pravastatin (40 mg) untersucht. Die Ergebnisse<br />

belegen, dass bei Trägern der KIF6-Genvariante unter<br />

Atorvastatin-Therapie deutlich weniger KHK-Ereignisse<br />

auftraten als bei Pravastatin (Abb 2; Iakoubova et al.<br />

J. Am. Coll. Cardiol. 2008; 51: 449–455).<br />

Das amerikanische Unternehmen Celera entwickelte vor<br />

rund zwei Jahren einen entsprechenden KIF6-Biomarker<br />

für den amerikanischen Markt. Der Test hat schnell<br />

Akzeptanz gefunden und trägt dort heute zur kardiologischen<br />

Risikoabschätzung bei. Bisher war er jedoch<br />

außerhalb der USA nicht erhältlich. <strong>Abbott</strong> Molecular wird<br />

den KIF6-Genotypisierungsassay künftig exklusiv auf<br />

dem <strong>Abbott</strong> m2000-PCR-System außerhalb der USA<br />

vertreiben. n


28 Labor aktuell<br />

Warum auf respiratorische Viren testen?<br />

Virusinfektionen der Atemwege stellen weltweit ein erhebliches medizinisches<br />

Problem dar. Die klinische Diagnose erweist sich als schwierig, da verschiedene<br />

respiratorische Viren ähnliche klinische Symptome hervorrufen können.<br />

Auch die Entdeckung neuer bedeutender respiratorischer Viren in den letzten<br />

Jahren ist klinisch eine Herausforderung. Außerdem können die häufig auftretenden<br />

Mischinfektionen oder Koinfektionen einen wesentlichen Einfluss auf die<br />

Behandlung und Genesung haben. Luminex hat genau dafür einen innovativen<br />

molekulardiagnostischen Multiplex-Assay, den xTAG RVP FAST, entwickelt, der<br />

von <strong>Abbott</strong> Molecular angeboten wird.<br />

Richtige Diagnose – gezielte Therapie<br />

Bei der Untersuchung eines Patienten kann man auf<br />

zahlreiche respiratorische Krankheitserreger (viral und<br />

bakteriell) stoßen. Ein Arzt muss wissen, welcher Erreger<br />

der Infektion zugrunde liegt, um eine wirksame Behandlung<br />

zu verordnen (Virostatikum oder Antibiotikum) und<br />

die Verbreitung der Infektion einzuschränken. Leider lässt<br />

sich die Ursache einer Atemwegsinfektion mit herkömmlichen<br />

Methoden nur schwer bestimmen. Viele Ärzte<br />

schicken Patienten mit grippeähnlichen Symptomen ohne<br />

Behandlung nach Hause. Oder sie behandeln mit ungeeigneten<br />

Medikamenten, statt einen diagnostischen Test<br />

anzuwenden.<br />

Es überrascht nicht weiter, dass eine Studie des New<br />

England Journal of Medicine mit an Grippe erkrankten<br />

Kindern gezeigt hat, dass bei lediglich 28 % der stationär<br />

behandelten und 17 % der ambulant behandelten Kinder<br />

die richtige Diagnose gestellt wurde (Poehling et al. 2006<br />

N. Engl. J. Med. 355 (1): 31–40).<br />

Wirtschaftliche Bedeutung der Atemwegsinfektionen<br />

Influenza breitet sich weltweit rasch in saisonalen Epidemien<br />

aus und stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung<br />

in Form von Krankenhauskosten oder Produktivitätseinbußen<br />

dar. In den USA wurde z. B. kürzlich geschätzt,<br />

dass Grippeepidemien die Wirtschaft jährlich 71–167 Mrd.<br />

Dollar kosten (http://www.who.int/csr/disease/influenza/<br />

en/).<br />

Für sehr junge und ältere Menschen sowie für Menschen,<br />

die an Lungenerkrankungen, Diabetes, Krebs, Nierenoder<br />

Herzerkrankungen leiden, stellen Atemwegsinfektionen<br />

ein großes Risiko dar. Bei diesen Menschen kann<br />

eine Infektion zu schweren Komplikationen bei bestehenden<br />

Grunderkrankungen oder sogar zu Pneumonie und<br />

zum Tod führen. Im Rahmen jährlicher Grippeepidemien<br />

sind 5–15 % der Bevölkerung von Infektionen der oberen<br />

Atemwege betroffen. Es wird davon ausgegangen, dass<br />

diese Epidemien jährlich weltweit in drei bis fünf Millionen<br />

Fällen zu schweren Erkrankungen und zu 250.000 bis<br />

500.000 Todesfällen führen. In den Industrieländern treten<br />

die meisten derzeit mit Grippe assoziierten Todesfälle bei<br />

älteren Menschen über 65 Jahren auf (http://www.who.<br />

int/csr/disease/influenza/en/). Viruserkrankungen der<br />

oberen Atemwege kommen häufig vor, rund sechs bis<br />

neun Infektionen treten pro Jahr bei Kindern und zwei bis<br />

vier Infektionen bei Jugendlichen und Erwachsenen auf.<br />

Infektionen der unteren Atemwege sind zwar seltener,<br />

jedoch mit höheren Kosten verbunden. Die wirtschaftliche<br />

Tab. 1:<br />

Sensitivität und Spezifität von xTAG RVP FAST (n = 1518)<br />

Virus (Analyt) Sensitivität Spezifität<br />

Menschliche Influenza A 93,24 % 95,62 %<br />

H1-Subtyp von Influenza A 100 % 96,95 %<br />

H3-Subtyp von Influenza A 95,83 % 96,69 %<br />

Menschliche Influenza B 93,10 % 98,22 %<br />

RSV 91,20 % 98,06 %<br />

Parainfluenza 1 80 % 99,26 %<br />

Parainfluenza 2 76 % 99,33 %<br />

Parainfluenza 3 76,29 % 98,87 %<br />

Entero-Rhinovirus* 100 % 89,20 %<br />

Adenovirus 97,10 % 98,90 %<br />

Metapneumovirus 97,22 % 98,87 %<br />

* Klinische Proben konnten nicht durch bidirektionale Ablaufplanung nach<br />

Enterovirus bewertet werden.


Labor aktuell<br />

29<br />

respiratorischen Viren innerhalb von vier Stunden einschließlich<br />

Nukleinsäureextraktion. Diese Multiplex-PCR<br />

zeichnet sich durch hohe Sensitivitäten und Spezifitäten<br />

für den Nachweis der verschiedenen Viren bzw. Subtypen<br />

aus (Tab. 1 und Tab. 2).<br />

Der xTAG RVP FAST erfolgt in 3 Schritten:<br />

Luminex 200 System<br />

Bedeutung dieser Atemwegsinfektionen lässt sich nur<br />

schwer einschätzen. Klar ist jedoch, dass das unnötige<br />

Verschreiben von Antibiotika und die damit verbundene<br />

steigende Resistenz der Bakterien große finanzielle<br />

Auswirkungen haben. Eine rasche Diagnose der respiratorischen<br />

Viren bei Krankenhauspatienten kann dagegen<br />

in verschiedenen Bereichen von großem Vorteil sein:<br />

Krankenhausaufenthalte werden um 50 %, die Einnahme<br />

von Antibiotika um 30 % und die Anwendung unnötiger<br />

diagnostischer Verfahren um 20 % reduziert. Aus Sicht des<br />

öffentlichen Gesundheitswesens können molekulardiagnostische<br />

Tests eine verbesserte Überwachung von<br />

Krankheiten in der Bevölkerung gewährleisten, da sich<br />

diese Methoden durch hohe Sensitivität und Spezifität<br />

auszeichnen (Henrickson. 2005 Pediatr. Ann. 34 (1): 24–31).<br />

Diagnose von Atemwegsinfektionen<br />

Die derzeitigen diagnostischen Möglichkeiten sind<br />

entweder schnell und unzuverlässig oder langsam, dafür<br />

aber sensitiv. Mit den Standardtestmethoden (EIA, DFA<br />

und Kultur) werden nicht alle relevanten Erreger erfasst,<br />

so dass manche Infektionen oder Mischinfektionen<br />

übersehen werden können. Aus diesem Grund werden oft<br />

verschiedene Methoden zeitaufwändig und teuer kombiniert<br />

oder hauseigene RealTime-PCR-Methoden eingesetzt.<br />

Letztere sind nicht standardisiert und zeigen große<br />

Unterschiede im Spektrum der detektierten Erreger.<br />

Mit dem CE-zertifizierten Multiplex-Nukleinsäuretest xTAG<br />

RVP FAST von Luminex wird diese Lücke geschlossen.<br />

Der von <strong>Abbott</strong> Molecular angebotene Test ermöglicht<br />

effizient und zuverlässig den Nachweis der 18 häufigsten<br />

Tab. 2: Sensitivität und Spezifität von xTAG RVP FAST im<br />

Vergleich zur RealTime-RT-PCR (n = 285)<br />

Virus (Analyt) Sensitivität Spezifität<br />

Parainfluenza 4 100 % 99,65 %<br />

Entero-Rhinovirus* 96,49 % 89,47 %<br />

Coronavirus OC43 100 % 98,57 %<br />

Coronavirus NL63 100 % 100 %<br />

Coronavirus HKU1 100 % 100 %<br />

Coronavirus 229E Nicht geprüft 100 %<br />

Menschlicher Bocavirus 100 % 98,19 %<br />

* Von 57 positiven klinischen Echtzeit-RT-PCR-Proben waren 49 Rhinoviren und 8<br />

Enteroviren.<br />

1. Multiplex-Tag-RT-PCR<br />

Nach der Nukleinsäurenextraktion<br />

wird der Virusextrakt<br />

amplifiziert. Für jeden Virus-/<br />

Subtyp entstehen spezifische<br />

Tag-markierte und biotinylierte<br />

PCR-Amplicons.<br />

2. Hybridisierung/Detektion<br />

Das PCR-Amplicon wird zum xMAP Bead-Mix und zur<br />

Reporter-Substanz gegeben. Der xMAP Bead-Mix<br />

besteht aus verschiedenen<br />

farbmarkierten Kügelchen<br />

(Beads), die jeweils für eine<br />

bestimmte Virus-Zielsequenz<br />

spezifische Anti-Tag-Markierungen<br />

tragen. Bindet das zu<br />

analysierende PCR-Produkt<br />

über eine Tag/Anti-Tag-<br />

Hybridisierung an das entsprechende Bead, wird durch<br />

den gebildeten Komplex mithilfe der Reporter-Substanz<br />

nach Anregung durch Laserlicht Fluoreszenz emittiert.<br />

10 Unique Infrared Dye Concentrations<br />

3. Analyse<br />

In einer Doppelmessung<br />

identifiziert das Luminex-Gerät<br />

die Farbcodierung der<br />

jeweiligen Bead-Sorte (roter<br />

Strahl) und misst parallel die<br />

im Falle einer spezifischen<br />

Hybridisierung am selben<br />

Bead entstehende Fluoreszenz (grüner Strahl). Das<br />

Ergebnis gibt Auskunft über die An- bzw. Abwesenheit<br />

der viralen Zielregion in der Probe.<br />

Der xTAG RVP FAST ermöglicht auf<br />

einfache Weise eine schnelle und<br />

zuverlässige Differentialdiagnose<br />

einer viralen Atemwegsinfektion,<br />

welche die komplexen Testalgorithmen<br />

mit kombinierten<br />

Methoden ablöst. Er<br />

ermöglicht somit eine<br />

verbesserte Patientenversorgung<br />

und Infektionskontrolle,<br />

trägt zur<br />

Vermeidung unnötiger<br />

Kosten bei, vermindert<br />

Antibiotika-<br />

Resistenzen und stellt<br />

ein hocheffektives<br />

neues Hilfsmittel zur<br />

Überwachung dar. n<br />

10 Unique Red Dye Concentrations


30 Labor aktuell<br />

Die mSystem-Familie in der molekularen<br />

Diagnostik – vielfältige RealTime-PCR-<br />

Assays auf einer einzigen Geräteplattform<br />

Die molekulare Diagnostik bietet hochsensitive Testverfahren<br />

für die Detektion und Quantifizierung von<br />

Erregern infektiöser Erkrankungen. Sie basieren auf der<br />

Polymerasekettenreaktion (PCR), die definierte Abschnitte<br />

des Genoms vervielfältigt – amplifiziert – und diese in<br />

Echtzeit mittels Fluoreszenz detektiert.<br />

Einsatzgebiete sind beispielsweise das Therapiemonitoring<br />

bei HIV- oder Hepatitis-Patienten. Aber auch bei der<br />

Detektion von anderen sexuell übertragbaren Infektionen<br />

wird die RealTime-PCR eingesetzt: bei Infektionen mit<br />

Chlamydia trachomatis oder Neisseria gonorrhoeae.<br />

Neueste Testverfahren unterstützen jetzt sogar die<br />

Diagnostik bei Krebserkrankungen. So spürt der <strong>Abbott</strong><br />

RealTime High Risk HPV Assay die aggressiven Varianten<br />

des Humanen Papillomvirus auf, während der mS9-Test<br />

einen neuen Biomarker zur einfachen Früherkennung von<br />

Darmkrebs in Blutproben, methyliertes Septin 9, nachweist.<br />

Die mSystem-Familie für die molekulare Diagnostik<br />

ist die einzige Geräteplattform, auf der alle vorgenannten<br />

Testverfahren gleichermaßen abgearbeitet<br />

werden können. Das Labor benötigt also nicht mehr<br />

unterschiedliche Instrumente für verschiedene Parameter.<br />

Das ist günstig für den Platzbedarf und spart Service- und<br />

Wartungskosten. Die mSystem-Familie ist darüber hinaus<br />

die einzige Geräteplattform, die für laboreigene Testverfahren<br />

offen ist. Diese können nun ebenfalls automatisiert<br />

und qualitätsgesichert abgearbeitet werden.<br />

Die mSystem-Familie passt sich den Laborgegebenheiten<br />

und dem jeweiligen Probendurchsatz optimal an. Je nach<br />

Anzahl der Proben pro Testverfahren und Lauf kann die<br />

Extraktion und Aufreinigung der Nukleinsäuren aus dem<br />

Probenmaterial sowie das Zusammengeben der Komponenten<br />

für die PCR-Reaktion manuell oder automatisch<br />

erfolgen. Die automatische Probenvorbereitung erfolgt<br />

entweder auf dem m24sp-Gerät für einen mittleren<br />

Probendurchsatz von 1–24 Proben pro Lauf oder auf dem<br />

m2000sp-Gerät für einen großen Probendurchsatz von<br />

bis zu 96 Proben pro Lauf. Der hohe Automatisierungsgrad<br />

sorgt dafür, dass nur noch wenige Schritte manuell<br />

durchgeführt werden müssen. Dadurch werden wichtige<br />

Arbeitsabläufe standardisiert sowie die Verwechslungsund<br />

Kontaminationsgefahr reduziert.<br />

Ein großer Vorteil ist zudem die Möglichkeit, sowohl<br />

Primärröhrchen als auch Sekundärröhrchen für das<br />

Ausgangsmaterial einzusetzen. Je nach zur Verfügung<br />

stehender Probenmenge können ferner verschiedene<br />

Extraktionsprotokolle mit unterschiedlichen Ausgangsvolumina<br />

ausgewählt werden. Für spezielle Probenmaterialien<br />

gibt es über die Standardprotokolle hinaus eine<br />

ganze Reihe von Open-Mode-Protokollen, die individuell<br />

für spezifische Proben eingesetzt werden können. Zudem<br />

besteht die Möglichkeit, je nach Assay RNA, DNA oder<br />

beide gemeinsam zu extrahieren.<br />

Die Amplifikation und Detektion erfolgt anschließend im<br />

m2000rt-Gerät. Eine einfache Ergebnisinterpretation und<br />

-ausgabe verschafft einen schnellen Überblick über die<br />

Daten. Eventuelle Kommentare zu den Ergebnissen oder<br />

Arbeitsschritten sind übersichtlich vermerkt. Jedoch<br />

können bei Bedarf problemlos auch alle Rohdaten sowie<br />

die einzelnen Amplifikationskurven eingesehen werden.<br />

Das maxCycle-Programm erlaubt die gleichzeitige<br />

Abarbeitung von HIV- und HCV-Proben am m2000sp und<br />

m2000rt. Das führt zu einer erheblichen Verkürzung der<br />

Abarbeitungszeit und trägt zu einem effizienten Einsatz<br />

der Laborressourcen bei.<br />

Abb. 1:<br />

Individuelle<br />

Lösungen für<br />

jedes PCR-<br />

Labor (l.)<br />

Abb. 2:<br />

Die mSystem-<br />

Familie von<br />

<strong>Abbott</strong> bietet ein<br />

breit gefächertes<br />

Testangebot (r.)


Labor aktuell<br />

31<br />

Abb. 3–5: Laden der Reagenzien und<br />

Primärröhrchen<br />

Laden der Mastermix-Reagenzien<br />

Verschluss der Platte und Platzieren in<br />

den m2000rt<br />

Ferner kann die Option <strong>Abbott</strong>Link, eine Datenverbindung<br />

für die Online-Fehlerdiagnose und die Echtzeitinformation<br />

über den Gerätestatus, am m2000-System eingerichtet<br />

werden. Auf diese Weise können technische Störungen<br />

durch Vorbeugung vermieden bzw. innerhalb von kurzer<br />

Zeit erkannt und behoben werden – ein zusätzliches Plus<br />

in puncto Gerätezuverlässigkeit.<br />

Einheitliche Reagenzien und gleiche Verbrauchsmaterialien<br />

ermöglichen einen optimalen Umstieg von der<br />

manuellen Extraktion auf den m24sp und schließlich auf<br />

den m2000sp, wodurch mit steigendem Probendurchsatz<br />

der Automatisierungsgrad ganz unkompliziert den Erfordernissen<br />

angepasst werden kann. Selbstverständlich<br />

sind die Mess-Ergebnisse am Ende von der Extraktionsmethode<br />

unabhängig, so dass diesbezüglich keine<br />

Anpassungen erforderlich sind. Äußerst vorteilhaft ist die<br />

Möglichkeit, Kalibrationskurven zu speichern. Das spart<br />

im Laboralltag Zeit und Geld!<br />

Die <strong>Abbott</strong>-RealTime-Assays zeichnen sich durch ihr<br />

besonderes Design und ihre breiten Messbereiche aus.<br />

Die zum Einsatz kommenden Sonden binden in hochkonservierten<br />

Regionen des Genoms und sind auf die<br />

jeweiligen Fragestellungen speziell zugeschnitten. Sie<br />

besitzen, wo es wie bei HIV notwendig ist, eine hohe<br />

Variabilitätstoleranz, können aber auch in anderen Fällen,<br />

z. B. beim Hepatitis-C-Virus, zwischen verschiedenen<br />

Genotypen sicher differenzieren. Die Messbereiche<br />

erstrecken sich über mehrere log-Stufen. So können<br />

sowohl im unteren Viruslast-Bereich auftretende Resistenzen<br />

frühzeitig bemerkt als auch die hohen Viruskonzentrationen<br />

zu Beginn der Therapie ohne vorherige Verdünnung<br />

sicher bestimmt werden.<br />

Qualitätssicherung und zuverlässige Ergebnisse<br />

stehen bei der mSystem-Familie im Fokus. Das wird<br />

während der Ergebnisauswertung durch verschiedene<br />

Validitätsprüfungen für die Geräteleistung und die Testergebnisse<br />

gewährleistet. Jede einzelne Amplifikationskurve<br />

wird mithilfe der maxRatio-Funktion überprüft, um<br />

beispielsweise zwischen spezifischer und nicht-spezifischer<br />

Amplifikation zu unterscheiden und damit die<br />

Ergebnissicherheit zu erhöhen. Eine Barcodierung der<br />

Probenröhrchen ermöglicht ferner die Probenidentifikation<br />

und Probennachverfolgung während des gesamten<br />

Testablaufs. Ein Datentransfer vom m2000sp zum<br />

m2000rt ermöglicht am Ende die sichere Zuordnung der<br />

Patientendaten zu den jeweiligen Ergebnissen. Über eine<br />

Schnittstelle können die Daten schließlich in das laboreigene<br />

Datenmanagementsystem übertragen werden.<br />

Sogar laboreigene Testverfahren können mithilfe der<br />

LDA-Option (LDA = LaborDefinierte Anwendungen)<br />

automatisiert und qualitätsgesichert abgearbeitet<br />

werden. Die intuitive LDA-Software ermöglicht die<br />

Programmierung dieser zusätzlichen PCR-Anwendungen.<br />

Neben dem Themocycler-Profil legt der Anwender auch<br />

die Ergebnisauswertung und -bewertung selbst fest.<br />

Sicherheit bietet die Tatsache, dass alle Veränderungen<br />

nur durch den Laboradministrator vorgenommen werden<br />

können.<br />

Die Erfolgsgeschichte der mSystem-Familie begann vor<br />

fünf Jahren mit dem m2000rt. In enger Kooperation mit<br />

unseren Kunden und unter Berücksichtigung der sich<br />

wandelnden Anforderungen im Labor wurde und wird die<br />

mSystem-Familie stetig weiterentwickelt und ausgebaut.<br />

Einzigartig ist, dass neben den <strong>Abbott</strong>-RealTime-Assays<br />

auch laboreigene oder weitere kommerzielle Testverfahren<br />

abgearbeitet werden können! Diese hohe Flexibilität<br />

verbunden mit der Erstklassigkeit der Assays wird von<br />

vielen Kunden geschätzt. <br />

n<br />

Abb. 6:<br />

Gleiche Reagenzien,<br />

gleiche<br />

Verbrauchsmaterialien<br />

und<br />

gleiche Messergebnisse<br />

ermöglichen<br />

die einfache<br />

Anpassung des<br />

Gerätesystems<br />

an ein steigendes<br />

Probenaufkommen.


32 Labor aktuell<br />

Hepatitis-C-Diagnostik – Screening und<br />

wichtiger Wegweiser in der HCV-Therapie<br />

In Deutschland leben schätzungsweise 400.000 bis<br />

500.000 Menschen mit einer chronischen Hepatitis-C-<br />

Virus-Infektion. Da HCV-Infektionen häufig erst spät<br />

diagnostiziert werden, sind sie eine der Hauptursachen für<br />

Leberzirrhose, Leberkarzinom und Leberversagen sowie<br />

dadurch bedingte Transplantationen.<br />

Ein wichtiges Anliegen ist daher die Früherkennung.<br />

Dafür stehen hochspezifische und sensitive HCV-Antikörper-Screeningtests<br />

zur Verfügung. Mittels Nachweis<br />

des HCV-Core-Antigens oder des Virus-Erbmaterials, der<br />

HCV-RNA, im Blut kann zwischen akuter und ausgeheilter<br />

HCV-Infektion unterschieden werden. Die chronische<br />

Hepatitis C wird derzeit standardmäßig mit einer Kombination<br />

aus pegyliertem Interferon alpha und Ribavirin<br />

behandelt, was immerhin bei der Hälfte der Patienten zur<br />

vollständigen Ausheilung führt.<br />

Bei der Überwachung der Wirksamkeit der antiviralen<br />

Therapie spielt die molekulare Diagnostik eine<br />

zentrale Rolle. Da das Hepatitis-C-Virus in verschiedenen<br />

Genvarianten existiert, die auf die antivirale Therapie<br />

unterschiedlich gut ansprechen, ist die Ermittlung des<br />

jeweils vorliegenden Genotyps vor Behandlungsbeginn<br />

von großer Bedeutung. Zusätzlich wird die Konzentration<br />

der HCV-RNA im Blut, die so genannte Viruslast, zu<br />

Beginn und im Verlauf der Behandlung bestimmt. Die<br />

optimale Behandlungsdauer wird anschließend auf Basis<br />

des ermittelten Genotyps, der Anfangsviruslast sowie ihrer<br />

Abnahme nach Behandlungsbeginn festgelegt.<br />

Hochsensitive Nachweisverfahren für HCV-RNA sind<br />

zur erstklassigen Überwachung der Behandlung von<br />

Patienten mit chronischer Hepatitis C unerlässlich. Nur sie<br />

ermöglichen eine präzise und zuverlässige Quantifizierung<br />

auch von minimalen Restkonzentrationen. Dabei ist<br />

aufgrund der besonderen genetischen Vielfalt des<br />

Hepatitis-C-Virus eine gleichmäßig hohe Sensitivität für<br />

alle Genotypen Grundvoraussetzung des Assays, um alle<br />

HCV-Varianten mit derselben Genauigkeit erfassen und<br />

quantifizieren zu können. Erst dadurch kann eine exzellente<br />

Ergebnisqualität für alle Patienten sichergestellt<br />

werden.<br />

Neue Medikamente, so genannte DAA (Directly Acting<br />

Antiviral)-Wirkstoffe, die zielgerichtet der Vermehrung der<br />

Hepatitis-C-Viren entgegenwirken, werden in Zukunft zu<br />

einer Verbesserung der dauerhaften Ansprechraten<br />

führen. Derzeit befinden sich diese neuen Wirkstoffe noch<br />

in der klinischen Erprobungsphase. Aber bereits die<br />

ersten Ergebnisse haben gezeigt, dass auch bei diesen<br />

neuen Therapien die Bestimmung der anfänglichen<br />

Viruslast und deren Abnahme im Verlauf der Behandlung<br />

Schlüsselfaktoren für die individuelle Festlegung der<br />

Therapiedauer sowie für die Prognose der Therapiewirksamkeit<br />

darstellen.<br />

Die HCV-Resistenzbestimmung wird Expertenmeinungen<br />

zufolge künftig ergänzend zu den bisherigen<br />

Verfahren erforderlich werden, da die Monotherapie mit<br />

DAA-Wirkstoffen die Selektion resistenter Varianten des<br />

Hepatitis-C-Virus begünstigt.<br />

Molekulare HCV-Diagnostik:<br />

HCV-RNA – hochsensitive und präzise Bestimmung der<br />

Viruslast<br />

Derzeitige Richtlinien für das Management und die Therapie<br />

einer Hepatitis-C-Virusinfektion empfehlen die quantitative<br />

und hochsensitive Bestimmung der HCV-RNA zu Beginn,<br />

während und nach Abschluss einer antiviralen Therapie.<br />

Das dauerhafte virologische Ansprechen zeigt sich durch die<br />

Abwesenheit von HCV-RNA 24 Wochen nach Therapieende.<br />

HCV-Genotypisierung<br />

Mithilfe des HCV-Genotyps lässt sich das Ansprechen auf<br />

eine PEG-Interferon/Ribavirin-Kombinationstherapie vorhersagen.<br />

Die Bestimmung des HCV-Genotyps vor Beginn einer<br />

Kombinationstherapie wird daher empfohlen und ermöglicht<br />

die Anwendung des am besten geeigneten Therapieschemas<br />

in Hinblick auf Behandlungsdauer und Zeitpunkt der Viruslastbestimmung.<br />

Immunologische HCV-Diagnostik:<br />

HCV-Antikörper<br />

Der Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen das<br />

Hepatitis-C-Virus kann auf eine ausgeheilte oder eine akute<br />

HCV-Infektion, die auch übertragen werden kann, hindeuten.<br />

Auch wenn die Mehrzahl der HCV-Infizierten keine Symptome<br />

zeigt, kann sich die Infektion zu einer chronischen<br />

Hepatitis und Zirrhose entwickeln sowie das Risiko eines<br />

hepatozellulären Karzinoms wachsen.<br />

HCV-Antigen<br />

Der Nachweis des HCV-Antigens kann bei Anti-HCVpositiven<br />

Patienten zur Differenzierung zwischen einer aktiven<br />

und einer ausgeheilten Infektion eingesetzt werden. Das<br />

Screening von Patienten mit einem erhöhten HCV-Infektionsrisiko<br />

kann eine HCV-Infektion auch schon in der Antikörpernegativen<br />

Fensterperiode detektieren und somit eine weitere<br />

Verbreitung verhindern.<br />

In Verbindung mit der Bestimmung der HCV-RNA-Viruslast<br />

und bei Antigen-Konzentrationen > 20.000 pg/L erlaubt die<br />

Quantifizierung des HCV-Antigens im sehr frühen Stadium<br />

der Behandlung eine Aussage über das Ansprechen der<br />

Therapie.<br />

n


Labor aktuell<br />

33<br />

Screening / Diagnostik<br />

Nicht reaktiv<br />

KEINE HCV-Infektion<br />

Ausnahme:<br />

Akute Hepatitis C und Immunsuppression<br />

Anti-HCV (Immunoassay)<br />

Positiv<br />

HCV-Infektion<br />

Reaktiv<br />

HCV Ag<br />

Negativ<br />

HCV-RNA<br />

Nachweisbar Nicht nachweisbar<br />

Ausgeheilte HCV-Infektion<br />

Vor<br />

Therapie<br />

HCV-RNA-<br />

Ausgangskonzentration<br />

HCV Genotyp 1 (4, 5, 6)<br />

HCV-Genotypisierung<br />

HCV Genotyp 2, 3<br />

Antivirale Therapie<br />

24 – 72 Wochen<br />

Antivirale Therapie<br />

16 – 48 Wochen<br />

HCV-RNA<br />

In den Wochen 4, 12 und 24<br />

Therapie<br />

Abnahme<br />

< 2 log-Stufen<br />

Woche 12<br />

HCV-RNA<br />

Nicht<br />

nach weisbar<br />

Woche 4<br />

HCV-RNA<br />

Nicht<br />

nach weisbar<br />

Woche 12<br />

HCV-RNA<br />

Nicht<br />

nach weisbar<br />

Woche 24<br />

HCV-RNA<br />

Nachweisbar in<br />

Woche 24<br />

Therapieende<br />

Therapie beenden<br />

Kein virologisches<br />

Ansprechen<br />

Therapie<br />

beenden<br />

HCV<br />

GT 1 (4 – 6)<br />

LVL<br />

Woche 24<br />

Therapie<br />

beenden<br />

HCV GT 2, 3<br />

LVL Woche 16<br />

Keine LVL<br />

Woche 24<br />

Therapie<br />

beenden<br />

Woche 48<br />

Therapie<br />

beenden<br />

Woche 72<br />

HCV-RNA<br />

Bei Therapieende und Woche 24 nach Therapieende<br />

LVL = Low baseline viral load (niedrige Viruslast vor Therapiebeginn) < 600.000 – 800.000 IU/ml<br />

Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. med. Christoph Sarrazin, Klinikum J. W. Goethe-Universität Frankfurt,<br />

Medizinische Klinik I, Theodor-Stern-Kai 7, 60590 Frankfurt am Main, Deutschland<br />

Diese Seite enthält allgemeine medizinische Informationen. Kommerzielle Tests dürfen nur nach ihrem in der Packungs beilage aufgeführten Verwendungszweck genutzt werden.<br />

Abb. 1: Diagnose der Hepatitis C


34 Das Produkt<br />

Einsatzgebiete des<br />

ARCHITECT HCV Ag Assay<br />

Es gibt zwei unterschiedliche Indikationsfelder für<br />

den ARCHITECT-HCV-Ag-Test:<br />

9,6 kB R N A<br />

(E inzelstrang, +)<br />

Abb. 1:<br />

Hepatitis-C-Virus-Partikel, schematisch<br />

C ore P rotein<br />

Der ARCHITECT HCV Ag Assay ist ein Chemilumineszenz-Mikropartikelimmunoassay<br />

(CMIA) für die quantitative<br />

Bestimmung des Hepatitis-C-Core-Antigens in<br />

Humanserum und -plasma. Der ARCHITECT HCV Ag<br />

Assay dient als Hilfsmittel bei der Diagnose einer<br />

vermuteten Hepatitis-C-Virusinfektion und zur Überwachung<br />

des Status von infizierten Patienten.<br />

Das HCV-Antigen ist vor der Serokonversion, d. h. vor<br />

dem Auftreten von HCV-Antikörpern nachweisbar. Diese<br />

so genannte Fensterperiode, also die Phase, in der das<br />

Virus nachweisbar ist, aber noch keine Antikörper vorhanden<br />

sind, kann bei HCV bis zu 35 Tage ausmachen. Ein<br />

negativer Antikörper-Nachweis schließt demnach eine<br />

frühe Infektionsphase nicht aus. Das Vorliegen einer<br />

aktiven (akuten oder chronischen) HCV-Infektion ist durch<br />

die Anwesenheit von HCV-Antigen gekennzeichnet<br />

(analog zu HBsAg bei einer aktiven HBV-Infektion). HCV-<br />

Antikörper sind nützliche Indikatoren für eine vergangene<br />

Infektion, zeigen aber nicht eine aktuelle Virämie oder eine<br />

Elimination des Virus im Patienten an.<br />

Anders als der Anti-HCV-Test spricht der HCV-Ag-Test<br />

schon in der Frühphase der Infektion an und erfasst<br />

nur Patienten mit aktiver HCV-Infektion, nicht solche<br />

mit ausgeheilter Infektion. Er ist fast so empfindlich wie<br />

die PCR.<br />

E 1<br />

E 2<br />

Lipiddoppelm em bran<br />

Erkennung oder Ausschluss einer HCV-Infektion<br />

n Hierzu gehört das Screening von Patienten mit einem<br />

erhöhten Risiko für eine HCV-Infektion wie Dialyse-<br />

Patienten und i.v.-Drogenabhängige, zusätzlich zum<br />

oder statt eines Anti-HCV-Screenings.<br />

n Man kann den HCV-Antigen-Test auch zur Nachverfolgung<br />

nach mutmaßlicher HCV-Exposition, z. B. nach<br />

Nadelstichverletzungen oder invasiven Eingriffen mit<br />

möglichen Hygienemängeln, verwenden.<br />

n Außerdem kann man mit dem Test auch eine mögliche<br />

Mutter-Kind-Übertragung nachweisen.<br />

n Darüber hinaus ist der ARCHITECT-HCV-Ag-Test<br />

nützlich, um eine eventuelle Reinfektion nach einer<br />

Lebertransplantation eines HCV-Patienten nachzuweisen.<br />

n Des Weiteren kann der HCV-Ag-Test bei Nichtverfügbarkeit<br />

eines hochempfindlichen Tests für HCV RNA zum<br />

Screening von Organ-, Gewebe- und Blutspendern<br />

eingesetzt werden.<br />

Das zweite Indikationsfeld des ARCHITECT-HCV-Ag-Tests<br />

ist:<br />

Die Beurteilung von HCV-Infektionen<br />

n In diesem Bereich kann der Test zur Spezifitätssicherung<br />

eines positiven Anti-HCV-Befunds und gleichzeitiger<br />

Klärung des Infektions- bzw. Immunitätsstatus, zur<br />

Unterscheidung einer aktiven von einer ausgeheilten<br />

Infektion verwendet werden.<br />

n Eine weitere Verwendung ist als quantitativer Test statt<br />

der (oder zusätzlich zur) PCR für die Beurteilung der<br />

viralen Expressionsaktivität und der Verlaufsbeobachtung<br />

möglich.<br />

n Außerdem kann der ARCHITECT-HCV-Ag-Test als<br />

quantitativer Test zur engmaschigen Therapiekontrolle<br />

der Hepatitis C in Ergänzung der PCR eingesetzt<br />

werden.<br />

n<br />

Bestellinformationen<br />

Produktname Beschreibung Bestellnr.<br />

ARCHITECT HCV Ag 1 x 100 Tests 6L47-25 6L47-25<br />

Reagenzienpackung<br />

ARCHITECT HCV Ag 6 Fläschchen (Kalibrator<br />

6L47-01<br />

Kalibratoren<br />

A–F, je 4 ml)<br />

ARCHITECT HCV Ag<br />

Kontrollen<br />

3 Fläschchen (Negativ,<br />

Positiv 1 und Positiv 2,<br />

je 8 ml)<br />

6L47-10<br />

ARCHITECT i Assay<br />

CD-ROM<br />

(Addition C) Version 6.0<br />

oder höher<br />

8K30-06


Das Produkt<br />

35<br />

ARCHITECT Vitamin D – vollautomatische<br />

Messung eines unterschätzten Vitamins<br />

Vitamin D<br />

Unter dem Begriff Vitamin D fasst man verschiedene<br />

fettlösliche Vitamine zusammen, die den Kalziumhaushalt<br />

regulieren und an der Mineralisation des Knochens<br />

beteiligt sind. Der Körper nimmt Vitamin D aus der<br />

Nahrung auf (Vitamin D2 und D3), kann es aber auch<br />

selbst unter dem Einfluss von Sonnenlicht (UV-Strahlung)<br />

produzieren (nur Vitamin D3). Gesunde Erwachsene<br />

können ihren Bedarf an Vitamin D bei ausreichender<br />

Einwirkung von Sonnenlicht durch die eigene Herstellung<br />

im Körper (Haut) decken. Die Zufuhr mit der Nahrung<br />

(< 10 %) hat nur eine geringe Bedeutung.<br />

Klinische Bedeutung<br />

Über die entsprechenden Zielorgane hinaus konnten<br />

inzwischen in fast allen Organen Vitamin-D-Rezeptoren<br />

nachgewiesen werden, was für eine zentrale Rolle des<br />

Vitamin-D-Hormon-Systems für die Gesundheit des<br />

Menschen spricht. Ein Vitamin-D-Mangel ist in Mitteleuropa<br />

sehr häufig und stellt die bei Weitem häufigste<br />

Hypovitaminose dar. Dies ist besonders in der dunklen<br />

Jahreszeit sowie bei stärker pigmentierten Menschen<br />

relevant. Ein Vitamin-D-Mangel kann durch die orale Gabe<br />

des Vitamins sehr einfach, gut verträglich und kosteneffizient<br />

behoben und so das Auftreten von Folgeerkrankungen<br />

vermieden werden.<br />

Stoffwechselweg von Vitamin D3<br />

Nachdem Vitamin D3 in der Haut gebildet oder über den<br />

Darm aufgenommen wurde, wird es über die Blutbahn in<br />

die Leber transportiert, wo es zu 25-Hydroxy-Vitamin D3<br />

umgewandelt wird. Diese Form – im Serum gemessen –<br />

reflektiert sehr gut den Vitamin-D-Status bzw. den<br />

Versorgungsgrad. Sie ist zwar nur schwach biologisch<br />

aktiv, aber aufgrund der recht hohen Konzentration bereits<br />

an den Zielorganen wirksam.<br />

In der Niere wird 25-Hydroxy-Vitamin D3 umgewandelt in<br />

den biologisch aktivsten Metaboliten 1,25-(OH)2-Vitamin<br />

D3 (Calcitriol). Dieser Prozess ist u. a. durch Kalzium und<br />

Parathormon strikt kontrolliert. Calcitriol stellt zwar den<br />

letztlich aktiven Metaboliten von Vitamin D3 dar, paradoxerweise<br />

werden jedoch bei einem Vitamin-D-Mangel<br />

häufig erhöhte Konzentrationen dieses Stoffes gefunden.<br />

Die Messung von 1,25-(OH)2-Vitamin D besitzt daher<br />

generell keinen Stellenwert in der Erhebung des Vitamin-<br />

D-Status und kann zu irreführenden Resultaten führen.<br />

Stoffwechselweg von Vitamin D2<br />

Vitamin D2 wird nicht im Körper gebildet. Es kann dem<br />

Körper über die Nahrung oder als Medikament zugeführt<br />

werden. Der Stoffwechsel von Vitamin D2 im Körper läuft<br />

sehr ähnlich ab wie der von Vitamin D3, was bei der<br />

Bestimmung von Vitamin D eine gewisse Rolle spielen wird.<br />

Wertelagen<br />

Ein Vitamin-D-Mangel ist definiert durch Werte unter<br />

20 ng/mL. Werte zwischen 21 und 29 ng/mL sind ein<br />

Hinweis auf einen relativen Vitamin-D-Mangel. Werte über<br />

30 ng/mL zeigen eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung<br />

an.<br />

Standardisierung<br />

Es gibt keinen international anerkannten Standard.<br />

Daraus ergeben sich große Unterschiede in den Wertelagen<br />

verschiedener Assays, entprechend sind die<br />

Normalbereiche der Methoden sehr unterschiedlich.<br />

n<br />

Vorläufige Leistungsdaten von ARCHITECT Vitamin D *<br />

Gerätesysteme<br />

ARCHITECT i2000SR, i1000SR, ci4100SR, ci8200SR, ci1600SR<br />

Methode<br />

Verzögerter Kompetitiver Chemielumineszenz-Mikropartikelimmunoassay<br />

Erstes Ergebnis<br />

Nach 36 Minuten<br />

Durchsatz<br />

100 Tests/Stunde<br />

Probenart<br />

Serum (einschließlich Serum aus Serumtrennröhrchen)<br />

Plasma: Kalium-EDTA, Natriumcitrat, Natrium-Heparin, Lithium-Heparin<br />

Stabilität<br />

14 Tage für das Reagenz im System<br />

Probenstabilität<br />

72 Stunden bei 2–8° C<br />

Kalibrationsbereich<br />

0–160 ng/ml<br />

Nachweisgrenze<br />

6,7 ng/ml<br />

Präzision Gesamt-VK < 6 %<br />

Kreuzreaktivität Vitamin D2: ca. 50 %<br />

Vitamin D3: 100 %<br />

Einheiten<br />

ng/mL und nmol/L<br />

Packungsgrößen<br />

1 x 100 Tests und 1 x 500 Tests<br />

* Alle Daten müssen als vorläufig gelten und beziehen sich auf die Leistung des sich in der Entwicklung befindlichen Assays.


36 Das Produkt<br />

Ist der falsche Troponin-Wert<br />

wirklich falsch?<br />

In den letzten Jahren ist die analytische Leistungsfähigkeit<br />

der Troponin-Assays immer weiter verbessert worden.<br />

Entsprechend kommt mittlerweile der Labordiagnostik bei<br />

der Erfassung von Myokardschäden eine Schlüsselrolle<br />

zu, was bei der Neufassung der Definition eines akuten<br />

Myokardinfarktes berücksichtigt worden ist. Ein sicher<br />

gemessener pathologischer Troponin-Wert in Kombination<br />

mit einem Ischämiezeichen sichert die Diagnose<br />

Akuter Herzinfarkt.<br />

Die modernen Troponin-Assays zeichnen sich nicht nur<br />

durch eine hohe Spezifität, sondern auch durch eine hohe<br />

Sensitivität aus. Die verbesserte Sensitivität und die<br />

bessere Präzision im unteren Messbereich öffnen auf der<br />

einen Seite neue Optionen bei der Erfassung kleiner<br />

Myokardschäden und minimaler Anstiege. Andererseits<br />

lassen sich geringgradige Troponin-Erhöhungen nicht<br />

immer eindeutig einem Akuten Koronarsyndrom zuordnen<br />

und können in der Alltagsroutine zu Unklarheiten führen.<br />

Grund hierfür ist die mittlerweile vielfach belegte Tatsache,<br />

dass auch andere Krankheitsbilder zu Myokardnekrosen<br />

und damit zu geringen, aber messbaren Troponin-<br />

Anstiegen führen können. Es ist plausibel anzunehmen,<br />

dass Erkrankungen, die das Herz in Mitleidenschaft<br />

ziehen, auch zur Troponin-Freisetzung aus den Myozyten<br />

führen. Dies ergibt natürlich eine niedrigere Spezifität im<br />

Sinne der Diagnose Herzinfarkt. Man sollte aber bedenken,<br />

dass jede Troponin-Erhöhung, welcher Ursache auch<br />

immer, die Prognose für den Patienten verschlechtert.<br />

Die Mechanismen, die zu der zusätzlichen Belastung des<br />

Herzmuskels führen, können vielfältig sein (Tabelle):<br />

n direkte Schädigung des Herzmuskels<br />

n eingeschränkte Sauerstoffversorgung des Herzens<br />

n erhöhter Sauerstoffverbrauch des Herzens<br />

n erhöhter Sauerstoffverbrauch des Herzens mit gleichzeitig<br />

verminderter Sauerstoffversorgung.<br />

Troponin-Erhöhungen aus den angeführten Gründen<br />

sollten nicht als falsch positiv bewertet werden. Sie wären<br />

nur dann falsch-positiv, wenn man sie automatisch und<br />

ohne weitere Berücksichtigung des klinischen Hintergrundes<br />

einem Akuten Koronarsyndrom zuordnen würde.<br />

Diese Troponin-Erhöhungen weisen zwar Myokardnekrosen<br />

nach, einen Hinweis auf die Ursache geben sie aber<br />

nicht. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob es allein<br />

schon bei erhöhter Wandbelastung zu einer Troponin-<br />

Freisetzung aus dem Zytosol kommen kann. Troponin liegt<br />

zu wenigen Prozent in freier Form im Zytosol vor. Permeabilitätsveränderungen<br />

der Zellwand sollten den Übertritt<br />

von Troponin-Molekülen oder von Troponin-Fragmenten in<br />

die Blutbahn erlauben, ohne dass es zu Nekrosen gekommen<br />

sein muss. Dies würde die häufig vorkommenden<br />

kleinen Troponin-Erhöhungen erklären, die nach wenigen<br />

Stunden nicht mehr nachweisbar sind und bei denen auch<br />

invasiv-diagnostisch keine Nekrosen erkennbar sind –<br />

Prozesse, die also partiell reversibel sind. Patienten, die<br />

aufgrund der in der Tabelle aufgeführten Krankheitsbilder<br />

erhöhte Troponin-Werte aufweisen, zeigen in aller Regel<br />

nicht die für ein Akutes Koronarsyndrom typische Pathophysiologie<br />

mit Plaqueruptur und Thrombusbildung.<br />

Dennoch haben diese Patienten insgesamt eine schlechtere<br />

Prognose und eine erhöhte Mortalität als Patienten,<br />

bei denen in einer vergleichbaren Situation Troponin nicht<br />

erhöht ist.<br />

Ein analytisch richtig ermittelter Troponin-Wert ist nach<br />

dieser Betrachtungsweise grundsätzlich nicht falsch. Er ist<br />

auf jeden Fall ein Hinweis auf eine kardiale Beteiligung mit<br />

einer eher schlechten Prognose für den Patienten. n<br />

Troponin-Erhöhungen ohne akutes Koronarsyndrom<br />

und mögliche Mechanismen<br />

(Beispiele)<br />

Ursache<br />

Möglicher Mechanismus<br />

Direkte Schädigung des Herzmuskels<br />

Myokarditis und Pericarditis<br />

Chemotherapie<br />

Trauma/Polytrauma<br />

Kardioversion<br />

Verminderte Sauerstoffversorgung<br />

Koronarspasmen<br />

Aortendissektion<br />

Schock<br />

Erhöhter Sauerstoffverbrauch<br />

Kardiomyopathie<br />

Linksventrikuläre Hypertrophie<br />

Lungenembolie<br />

Tachykardie<br />

Nichtkardiale Chirurgie<br />

Extreme sportliche Belastung<br />

Entzündliche Prozesse<br />

Direkte Toxizität des<br />

Therapeutikums<br />

Mechanische Belastung<br />

Elektrische Spannung<br />

Ischämie mit Mikronekrosen<br />

Gestörter Blutfluss, Mikroinfarkte<br />

Gestörte Hämodynamik<br />

Erhöhte Wandspannung<br />

Subendokardiale Ischämie<br />

Rechtsherzbelastung<br />

Gestörte Perfusion<br />

Operationsstress, gestörte<br />

Hämodynamik<br />

Ungleichgewicht zwischen<br />

Sauerstoffversorgung und<br />

Verbrauch<br />

Verminderte Sauerstoffversorgung und erhöhter<br />

Sauerstoffverbrauch<br />

Schwere Sepsis/SIRS<br />

Hypertonie<br />

Hypotonie<br />

Akute Herzinsuffizienz<br />

Andere Ursachen<br />

Nierenversagen<br />

Transplantatversagen<br />

Schlaganfall<br />

Linksherzbelastung<br />

Rechtsherzbelastung<br />

Verminderter Perfusionsdruck<br />

Erhöhte Wandbelastung<br />

Unbekannt<br />

Entzündung und Immunreaktion<br />

Erhöhter Katecholamineffekt


Labor aktuell<br />

<strong>Abbott</strong> präsentiert seine Vielseitigkeit<br />

37<br />

Vom 27. August bis zum 1. September 2010 stellen sich auf den Hessischen<br />

Gesundheitstagen in Wiesbaden die verschiedenen Geschäftsbereiche von<br />

<strong>Abbott</strong> in Vorträgen, durch Aktionen und an verschiedenen Ständen vor.<br />

„Wir möchten zeigen, wie vielseitig <strong>Abbott</strong> ist und womit<br />

wir den Menschen in der Region und darüber hinaus<br />

helfen“, sagte Wulff-Erik von Borcke, Geschäftsführer<br />

<strong>Abbott</strong> Deutschland. Um die Vielseitigkeit unter Beweis zu<br />

stellen, präsentierten sich Kollegen aus den Geschäftsbereichen<br />

Ernährung, Diabetes Care, Immunologie und Neonatologie<br />

in einem eigenen <strong>Abbott</strong>-Zelt auf dem Schlossplatz.<br />

Dort erfuhren interessierte Besucher alles über Krankheiten<br />

wie Diabetes, Rheuma oder Morbus Crohn. Außerdem<br />

wurden kostenfreie Bestimmungen des Blutzuckerspiegels<br />

und ein Rheuma-Check angeboten sowie Kostproben der<br />

Aufbau-Trinknahrung aus dem Geschäftsbereich Ernährung<br />

bereitgestellt.<br />

Hintergrundinformationen zu aktuellen Krankheitsbildern<br />

organisierte <strong>Abbott</strong> in zwei Vorträgen: Am Samstag, den<br />

28. August, sprach Dr. med. Oliver Pech, Oberarzt für<br />

Innere Medizin der HSK Wiesbaden, im Rathaus über<br />

Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten bei Bauchschmerzen<br />

und chronischem Durchfall und Eva-Maria<br />

Hüfner, <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong>, referierte über die Bedeutung<br />

des Vitamin-B12-Status. Dabei war es wichtig, den interessierten<br />

Zuhörern die Sinnhaftigkeit der IGe-Leistungen<br />

(IGeL) für die „Aktives Vitamin B12“- und „Homocystein“-<br />

Testung zu verdeutlichen.<br />

Vitamin B12 wird über den Dünndarm aufgenommen und<br />

vorwiegend in der Leber gepeichert. Nur etwa 20 % des<br />

zirkulierenden Vitamins B12 sind biologisch aktiv (in Form<br />

von Holotranscobalamin). Holotranscobalamin ist ein<br />

Biomarker, der bereits in der Frühphase eines Vitamin-B12-<br />

Mangels auffällig ist. Die Frühsymptome sind häufig nur<br />

schwer erkennbar und ein unbehandelter Vitamin-B12-<br />

Mangel kann zu Schädigungen des Nervensystems oder<br />

sogar zu Anämie (Blutarmut) führen.<br />

Homocystein ist eine Aminosäure, die im Stoffwechsel des<br />

Menschen entsteht. Erhöhte Werte ergeben sich z. B. durch<br />

zu niedrige Vitamin-B12-, -B6- und Folsäure-Spiegel und<br />

können zur Schädigung der Blutgefäße führen. Die Innenwände<br />

der Arterien werden so geschädigt, dass sich<br />

fetthaltige Substanzen anlagern können. Es kann sich so<br />

genannte Plaque bilden, die sich über Jahre entwickelt und<br />

im schlimmsten Fall zum Totalverschluss der Gefäße<br />

(Herzinfarkt bei den Herzkranzgefäßen oder Schlaganfall bei<br />

den Gehirngefäßen) führen kann.<br />

Im Rahmen der besonderen Bedeutung der Vitaminspiegelbestimmung<br />

bot <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong> den interessierten<br />

Besuchern eine kostenlose Bluttestung (auf die Blutparameter<br />

„Aktives Vitamin B12“ und „Homocystein“) an. Eine<br />

kleine Auswertung der Ergebnisse findet sich im nebenstehenden<br />

Kasten.<br />

Ein weiteres Highlight der Gesundheitstage war die begehbare<br />

„Pipeline der Gesundheit“ vom Verband der forschenden<br />

Pharmaunternehmen (vfa). Sie befand sich direkt neben<br />

dem <strong>Abbott</strong>-Zelt und bot einen interessanten Überblick<br />

über den Stand der Forschung und die Zukunft der Pharmaunternehmen.<br />

Ob Vorsorge und Früherkennung, Krankheitsbewältigung<br />

oder Rehabilitation – die Hessischen<br />

Gesundheitstage informieren bereits seit 1992 alle zwei<br />

Jahre in Wiesbaden über Themen rund um die Gesundheit.<br />

Mitbegründet wurden die Hessischen Gesundheitstage von<br />

Dr. Heinz Kipper, dem ehemaligen Geschäftsführer von<br />

<strong>Abbott</strong> Deutschland.<br />

Bis zu 30.000 Menschen nutzten auch in diesem Jahr<br />

wieder die Möglichkeit, sich auf dem Schlossplatz<br />

und an den Thementagen im Rathaus umfassend zu<br />

informieren. <strong>Abbott</strong> als führendes Gesundheitsunternehmen<br />

unterstützt diese Informationsveranstaltungen<br />

aktiv.<br />

n<br />

Ergebnisse der Blutuntersuchungen<br />

(Homocystein und Aktives B12)<br />

71 Teilnehmer haben sich Blutproben abnehmen lassen (22<br />

Männer, 49 Frauen). Der Altersmittelwert betrug 66 Jahre<br />

(Bereich 35–89 Jahre). Dabei ergaben sich die folgenden<br />

Ergebnisse.<br />

Homocystein: Mittelwert 12,1 µmol/L (Bereich 6,6–25,8 µmol/L)<br />

Aktives B12: Mittelwert* 79,2 pmol/L (Bereich 10,3–128<br />

pmol/L)<br />

Bei Homocystein lagen immerhin 31 (44 %) der Werte<br />

oberhalb des von der DACH-Liga empfohlenen Grenzwertes<br />

von 12 µmol/L. 2 Werte waren größer als 20 µmol/L. Dies ist<br />

zumindest ein Hinweis auf das Vorliegen eines unabhängigen<br />

Risikofaktors.<br />

Bei Aktivem B12 lagen 12 (17 %) der Werte unterhalb von 50<br />

pmol/L und wiesen auf einen funktionellen<br />

Vitamin-B12-Mangel hin.<br />

Die Korrelationen sind nicht sehr stark, zeigen aber Trends auf:<br />

n Homocystein steigt an, wenn der Wert für das Aktive B12<br />

sinkt.<br />

n Homocystein steigt mit dem Alter der untersuchten<br />

Personen an.<br />

n Aktives B12 zeigt mit steigendem Alter keine Veränderung.<br />

Das untersuchte Kollektiv ist sicherlich nicht repräsentativ für<br />

die Gesamtbevölkerung und vor allem von der Fallzahl her zu<br />

klein. Man kann aber wohl davon ausgehen, dass die Teilnehmer<br />

eines Gesundheitstages sich eher bewusst und damit<br />

gesund ernähren. Dies kann die recht wenigen niedrigen<br />

Werte für das Aktive B12 erklären. Allerdings waren 44 % der<br />

Homocysteinwerte im niedrigpathologischen Bereich. Hier<br />

wären die korrespondierenden Werte für die Folsäure von<br />

Interesse gewesen, die jedoch nicht gemessen worden sind.<br />

Der Einfluss von Folsäure auf den Homocysteinspiegel ist<br />

wesentlich stärker als der Einfluss des Vitamins B12.<br />

* Proben oberhalb der Standardkurve (> 128 pmoll) wurden nicht verdünnt<br />

gemessen. Sie wurden als =128 in die Auswertung aufgenommen.


38 Labor aktuell<br />

Lesezeichen<br />

Hinweise auf aktuelle medizinische Fachliteratur<br />

Medizinische Virologie. Grundlagen,<br />

Diagnostik, Prävention und Therapie<br />

viraler Erkrankungen. H. W. Doerr und<br />

W. H. Gerlich (Hrsg.). 2., komplett überarbeitete<br />

und erweiterte Auflage. Thieme<br />

Verlag, Stuttgart, New York 2009, 736<br />

Seiten, 293 Abbildungen, 115 Tabellen,<br />

Preis: 199,95 €, ISBN 978-3-13-113962-7<br />

Das vorliegende Buch gliedert sich in drei Abschnitte:<br />

Allgemeine Virologie, Klinische Virologie und Spezielle<br />

Virologie. In der Allgemeinen Virologie werden u. a. die<br />

zellulären Vorgänge bei Virusinfektionen, Grundprinzipien<br />

der Labordiagnostik sowie die derzeitig eingesetzten<br />

Impfstoffe besprochen. Die Klinische Virologie ist organspezifisch<br />

gegliedert. Beschrieben werden der klinische Verlauf<br />

der jeweiligen Virusinfektion sowie Differentialdiagnose und<br />

Therapiehinweise. Die knapp gefasste und übersichtliche<br />

Abhandlung ermöglicht eine schnelle Information. In dem<br />

Kapitel Spezielle Virologie werden die pathogenetisch<br />

wichtigsten Viren hinsichtlich ihrer Biologie, Diagnostik, Klinik<br />

und Prophylaxe besprochen. Das vierfarbige Layout des<br />

Buches unterstützt die Gliederung des Buches und erleichtert<br />

das „Einlesen“ in die Abbildungen. Die Beiträge<br />

sind sehr gut lesbar geschrieben. Die Herausgeber richten<br />

sich mit ihrer „Medizinischen Virologie“ an Ärzte, im medizinischen<br />

Bereich tätige Naturwissenschaftler und Studenten,<br />

für die das Buch auch uneingeschränkt zu empfehlen ist. Es<br />

sollte in jedem mikrobiologischen Labor verfügbar sein.<br />

Akutes Nierenversagen bei Intensivpatienten.<br />

A. Jörres (Hrsg.). Deutscher<br />

Ärzte-Verlag Köln 2010, 183 Seiten,<br />

19 Abbildungen, 24 Tabellen, Preis:<br />

49,95 €, ISBN 978-3-7691-0477-6<br />

Der Schwerpunkt dieses Buches ist die<br />

Therapie. Nur die beiden ersten Kapitel<br />

beinhalten Ausführungen zur Diagnostik.<br />

In knapper Form werden Epidemiologie,<br />

klinische Relevanz, Pathophysiologie und Differenzialdiagnose<br />

des akuten Nierenversagens bei Intensivpatienten<br />

besprochen. Im Therapieteil gibt es einige Kapitel zu Fragen<br />

der Antikoagulation, des Stoffwechsels und der Medikamentendosierung,<br />

die auch für das Labor informativ sind.<br />

Für Ärzte, die sich in diese Thematik einarbeiten möchten,<br />

kann man das Buch mit seiner Beschränkung auf das<br />

Wesentliche und wegen der übersichtlichen Stoffdarbietung<br />

empfehlen.<br />

Performance of the <strong>Abbott</strong> RealTime High-Risk HPV<br />

Test in women with abnormal cervical cytology<br />

smears. Cuzik J., Ambroisine L., Cadman L., Austin J.,<br />

Ho L., Terry G. et al. J. Med. Virol. 2010; 82: 1186–91<br />

Der HPV-DNA-Nachweis ist sensitiver, aber weniger spezifisch<br />

als die Zytologie zum Nachweis hochgradiger zervikaler<br />

Läsionen. In der vorliegenden Untersuchung werden acht<br />

andere HPV-DNA-Bestimmungsverfahren mit dem <strong>Abbott</strong><br />

RealTime High-Risk HPV-Test verglichen. Die Bestimmungen<br />

wurden bei 856 Patientinnen, die wegen eines abnormalen<br />

Zytologiebefundes zur Kolposkopie einbestellt worden<br />

waren, durchgeführt. Der <strong>Abbott</strong>-Test erfasst 14 Hochrisiko-<br />

Genotypen zusammen und HPV 16 und HPV 18 getrennt.<br />

Gold-Standard war das Ergebnis der Histopathologie.<br />

29,8 % der Patientinnen hatten eine histologisch bestätigte<br />

hochgradige Pathologie (CIN 3+, CIN 2+). Die Sensitivität<br />

des <strong>Abbott</strong>-Tests betrug bezogen auf die Proben von CIN3+<br />

98,9 % und die Spezifität 31 % und von CIN 2+ 97,7 %<br />

bzw. 35 %. Der Vergleich der Ergebnisse des <strong>Abbott</strong>-Tests<br />

für alle erfassten HPV-Hochrisikotypen mit den acht anderen<br />

Verfahren ergab folgendes Ergebnis: vier Korrelationskoeffizienten<br />

zwischen 0,61 und 0,78, für die vier restlichen Methoden<br />

zwischen 0,30 und 0,49. Bei Erfassung von Typ 16<br />

lagen sie bei drei von vier Vergleichsmethoden zwischen<br />

0,87 und 0,92 und von Typ 18 zwischen 0,80 und 0,91.<br />

Comparison of a novel multiple marker assay vs the<br />

Risk of Malignancy Index for the prediction of epithelial<br />

ovarian cancer in patients with a pelvic mass.<br />

Moore R. G., Jabre-Raughley M., Brown A. K., Robison<br />

K. M., Miller M. C., Allard W. J. et al. Am. J.<br />

Obstet. Gynecol. 2010; 203: 228.e1–6<br />

Bei einer durch Tastbefund im kleinen Becken und mittels<br />

bildgebenden Verfahrens nachgewiesener Gewebemasse ist<br />

eine wichtige Frage, ob es sich um einen benignen oder<br />

einen malignen Prozess handelt. In dieser Arbeit werden<br />

zwei Verfahren, die als Entscheidungshilfen zur Beantwortung<br />

dieser Frage dienen, miteinander hinsichtlich ihrer<br />

diagnostischen Wertigkeit verglichen. Es sind dies der Risk<br />

of Malignancy Index (RMI) und der neu eingeführte Risk of<br />

Ovarian Malignancy Algorithm (ROMA). Der RMI berechnet<br />

sich aus Ultraschallbefunden, der Konzentration von CA125<br />

und dem Menopausen-Status. Der ROMA berechnet sich<br />

aus den Konzentrationen von CA125, von HE4 und dem<br />

Status der Menopause. HE4 ist ein vom HE4-Gen, das<br />

verstärkt im Ovarialkarzinom exprimiert ist, kodiertes Protein.<br />

Die HE-Bestimmung hat den Vorteil, dass sie weniger als die<br />

CA125-Bestimmung falsch erhöhte Werte bei benignen<br />

Prozessen ergibt. Dies erhöht die diagnostische Spezifität<br />

der Kombination von CA125 und HE4. Bei 457 Frauen,<br />

davon 123 mit Ovarialkarzinom, 22 mit einem Tumor<br />

niedriger Malignität und 312 mit benignem Tumor, wurden<br />

RMI und ROMA bestimmt. Bei einer vorgegebenen Spezifität<br />

von 75 % und Einbezug aller Daten der Ovarialkarzinome<br />

Stadium I–IV betrug die Sensitivität des ROMA 94,3 % und<br />

die des RMI 84,6 %. Bei Berechnung der Sensitivitäten für<br />

die Tumorstadien getrennt ergaben sich für ROMA und RMI<br />

folgende Werte: Stadium I/II: 85,3 %/64,7 % und Stadium III/<br />

IV 98,8 %/93,0 %. Nach diesen Ergebnissen hat der ROMA<br />

generell eine höhere Sensitivität als der RMI.<br />

n


Labor aktuell<br />

13. Weltkongress „Controversies in<br />

Obstetrics, Gynecology and Infertility“<br />

39<br />

Auf diesem international ausgerichteten Kongress, der<br />

vom 4. bis zum 7. November in Berlin stattfand, wurden<br />

verschiedene Themen zur Diskussion gestellt, zu denen es<br />

unter Medizinern und Wissenschaftlern keine einheitliche<br />

Meinung gibt.<br />

Einen recht breiten Raum nahmen die Tumormarker ein,<br />

deren klinische Relevanz sehr unterschiedlich beurteilt<br />

wird. Insbesondere der recht neue Tumormarker HE4<br />

(Human Epididymis Protein 4) für das Ovarialkarzinom<br />

stand dabei im Mittelpunkt und wurde in zwei Vortragsreihen<br />

besprochen*. Dass eine verbesserte Früherkennung<br />

notwendig ist, war allgemeiner Konsens. Etwa 70 % der<br />

Ovarialkarzinome werden erst in den Stadien III und IV<br />

entdeckt und ergeben dann eine eingeschränkte Überlebensrate<br />

von etwa 20 %, während im Stadium I entdeckte<br />

Ovarialkarzinome eine Überlebensrate von fast 90 %<br />

bedeuten. Aber nur etwa 25 % aller Ovarialkarzinome<br />

werden in diesem frühen Stadium entdeckt.<br />

Zu CA 125 wurden in den Vorträgen diese Fakten<br />

präsentiert:<br />

n CA 125 korreliert mit der Tumorlast bei Patienten in der<br />

Verlaufskontrolle mit ca. 90 % Richtigkeit.<br />

n Persistierend hohe CA-125-Werte nach Therapie zeigen<br />

in mehr als 90 % der Fälle die persistierende Erkrankung<br />

richtig an.<br />

n Ansteigende CA-125-Werte innerhalb des Normalbereichs<br />

haben eine Spezifität von 94 % für die Diagnose<br />

eines Rezidivs mit einer mittleren Leadtime von sechs<br />

Monaten.<br />

Neben dem viel eingesetzten Tumormarker CA 125 wurde<br />

auch ein recht neuer Tumormarker diskutiert, nämlich HE4<br />

(Human Epididymis Protein 4). HE4 ist ein sekretorisches<br />

Protein, das beim Ovarialkarzinom überexprimiert, mit nur<br />

minimaler Freisetzung durch das normale<br />

Ovarialgewebe. HE4 ist in allen Stadien des epithelialen<br />

Ovarialkarzinoms stark erhöht. Dies lässt darauf schließen,<br />

dass HE4 ein nützlicher Tumormarker zur frühen Erkennung<br />

eines Ovarialkarzinoms ist.<br />

Die neuesten Daten zu HE4 führten zu diesen<br />

Aussagen:<br />

n HE4 ist weniger sensitiv als CA 125 für die Erkennung<br />

eines Ovarialkarzinoms im Frühstadium.<br />

n HE4 hat eine höhere Spezifität als CA 125 in der<br />

Unterscheidung zwischen malignen und benignen<br />

unklaren Raumforderungen im Unterbauch.<br />

n Die Kombination HE4 mit CA 125 hat eine höhere<br />

Sensitivität als HE4 oder CA 125 für sich alleine.<br />

Zur besseren Risikoabschätzung wurde ein Algorithmus<br />

vorgestellt, welcher neben den Werten für CA 125 und<br />

HE4 auch den Menopausenstatus berücksichtigt.<br />

Es wurde auch hervorgehoben, dass bei der Planung von<br />

Studien und der Interpretation von Studiendaten die Wahl<br />

des Grenzwertes von Bedeutung ist. Feste Grenzwerte<br />

sind insofern problematisch, als Anstiege während einer<br />

Verlaufskontrolle unterhalb des Grenzwertes als „negativ“<br />

beurteilt werden, eine Progression somit übersehen<br />

werden kann. Die Kinetik des Tumormarkers ist in der<br />

Verlaufskontrolle von viel größerer Bedeutung als ein wie<br />

immer auch definierter Grenzwert. Die Werteveränderung –<br />

also die Kinetik – eines Tumormarkers zeigt den Verlauf der<br />

Krankheit besser an.<br />

* Symposium „Epithelial Ovarian Cancer 1: Can Survival<br />

be improved through Early Detection and Triage?“<br />

* Symposium „Epithelial Ovarian Cancer 2: The Place<br />

of Biomarkers and Imaging in the Management of Ovarian<br />

Cancer“ <br />

n<br />

Hämatologie und Onkologie auf großer<br />

Fahrt<br />

25.–27. März 2011, Universität Hamburg<br />

Informationen zum Symposium finden Sie auf der Homepage<br />

des IGLD e.V. unter: www.igld.de.<br />

Das Anmeldeformular für das Symposium und die Workshops<br />

ist auf den Webseiten hinterlegt.<br />

Das Symposium legt am 25. März den Schwerpunkt auf die<br />

Onkologie, am 26. März auf die Hämatologie. In einem<br />

umfassenden Rahmen soll die Trias Klinik, Diagnostik und<br />

aktuelle Therapie dargestellt werden.<br />

Die Teilnahme am Symposium und dem Get-Together am<br />

25.03. sind kostenfrei.<br />

Parallel zur Tagung der IGLD findet die Jahrestagung des<br />

GFID e.V. statt. Die Teilnahme an diesem Symposium ist<br />

ebenfalls kostenfrei.<br />

IMPRESSUM:<br />

HERAUSGEBER: <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG, D-65205 Wiesbaden, Postfach 1303,<br />

Max-Planck-Ring 2, Tel.: 0 61 22/58-0<br />

VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT, CHEFREDAKTEUR: Dr. Karl-Heinz Pick<br />

WISSENSCHAFTLICHER SCHRIFTLEITER: Prof. Dr. Dr. Hermann Wisser<br />

TEXTE UND GRAFIK: <strong>Abbott</strong>-Mitarbeiter, Gabriele Gfrerer<br />

Wissenschaftliche Verlagsabteilung<br />

<strong>Abbott</strong> GmbH, Wiesbaden<br />

ISNN: 0948-0013<br />

BEZUGSPREIS: 18 Euro pro Jahr<br />

PRODUKTION: PG – The Corporate Publishing Group GmbH,<br />

A-1060 Wien, Otto-Bauer-Gasse 6, Tel.: +43/1/405 46 40-763,<br />

Fax: +43/1/405 46 40-777, E-Mail: g.weitzenboeck@cpg.at<br />

FOTOS/GRAFIKEN: Alle Bilder und Grafiken stammen, wenn nicht anders angegeben,<br />

von den Autoren bzw. von <strong>Abbott</strong>, SXC etc.<br />

REDAKTIONSMANAGEMENT: Sabine Befard<br />

ART-DIRECTION & GRAFIK: Gabriele Gfrerer/PG – The Corporate Publishing Group<br />

Korrektur: Mag. Paul Zöchbauer<br />

DRUCK: Caruna, Kleinheubach<br />

<strong>Abbott</strong> GmbH Wiesbaden haftet nicht für unverlangt eingehende Manuskripte und<br />

Fotos. Nachrichten werden nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr veröffentlicht.<br />

Copyright aller Beiträge bei <strong>Abbott</strong> GmbH. Namentlich gezeichnete Beiträge müssen<br />

sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken.<br />

Für eingesandte Manuskripte und Bilder kann keine Haftung übernommen werden<br />

bzw. entfallen sämtliche Honoraransprüche.<br />

Die Redaktion behält sich vor, einlangende Leserbriefe bzw. Beiträge redaktionell zu<br />

bearbeiten bzw. zu kürzen. Rücksendungen nur gegen beiliegendes Rückporto.


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<strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG<br />

Diagnostika<br />

Max-Planck-Ring 2<br />

65205 Wiesbaden-Delkenheim<br />

www.abbottdiagnostics.de<br />

AXxxxx/de <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong> 2/2010 11/10/x

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