Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
Abbott Times - ABBOTT Diagnostics
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<strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
Das Firmenmagazin der <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG Diagnostika<br />
20. Jahrgang - Nr. 1/2010<br />
FOCUS<br />
Tumormarker bei<br />
Ovarialkarzinomen<br />
FORUM<br />
Vitamin D3: ein Vitamin<br />
gewinnt zunehmend an<br />
Bedeutung<br />
PRODUKT<br />
Urin NGAL –<br />
Neuer diagnostischer<br />
Ansatz bei der akuten<br />
Nierenschädigung<br />
Put science on your side.
2<br />
Editorial<br />
Das medizinische Labor …<br />
… ein Fabrikbetrieb mit Massenproduktion?<br />
Ein Forschungsbericht von einer Fallstudie aus dem<br />
Laborbereich eines Pharmaunternehmens (P. Streckeisen,<br />
Swiss Journal of Sociology 2008; 34: 115–24) hat mich zu<br />
diesem Editorial angeregt. In einem Teil des Laborbereichs,<br />
der in dieser Studie untersucht wurde, werden bestimmte<br />
Eigenschaften von Medikamenten, u. a. deren Wirkstoffkonzentration,<br />
ihre Stabilität in Abhängigkeit von der Lagerungszeit,<br />
Temperatur, Feuchtigkeit und die Freisetzung des<br />
Wirkstoffs in unterschiedlichen Medien, getestet. Diese<br />
Routineuntersuchungen fallen in großer Anzahl bis zur<br />
Marktzulassung eines Medikaments an, was eine weitgehende<br />
Automation der notwendigen Arbeitsabläufe zur<br />
Folge hatte. Die Spezialisierung der Tätigkeit geht so weit,<br />
dass es Labors gibt, die nur noch ein Testverfahren<br />
anwenden. Dieses Aufgabenprofil wird mit dem Begriff<br />
„high-throughput screening“ beschrieben. Die Automation<br />
hat die Analytik erleichtert, und die Ergebnisse können in<br />
kürzerer Zeit bereitgestellt werden. Die Befragung der<br />
LaborantInnen und deren kritische Antworten legen aber<br />
auch die Nachteile dieser Entwicklung offen. Die Automation<br />
hat die traditionelle Labortätigkeit stark reduziert. Dies<br />
hat zu einem Verlust der früheren Tätigkeitsvielfalt geführt<br />
und dadurch die Arbeit eintöniger gemacht. Dazu kommt<br />
eine zunehmende Regulierungsdichte mit Vorschriften, die<br />
strikt einzuhalten sind. So hat auch der Aufwand für<br />
Kontrollen und Dokumentation erheblich zugenommen.<br />
Die Unterstützung dieser Aufgaben durch entsprechende<br />
Software verstärkt diese Entwicklung zusätzlich. Auf der<br />
anderen Seite müssen die LaborantInnen mehr Verantwortung<br />
übernehmen, indem sie nicht nur die Analysen<br />
durchführen, sondern auch für die Auswertung, Kontrolle<br />
und Bewertung der Daten verantwortlich sind. Es wurde<br />
auch darauf hingewiesen, dass mit Automation und<br />
Informationstechnologie der Zeitdruck zugenommen hat.<br />
Von Ausbildern der LaborantInnen wurde vermerkt, dass<br />
für die aktuelle Labortätigkeit Fähigkeiten wie Organisation<br />
und Kenntnisse der Informationstechnologie gefragt sind.<br />
Sie räumten ein, dass die derzeitige Ausbildung den<br />
geänderten Anforderungen nicht gerecht wird. Die in dieser<br />
Studie mitgeteilten Erfahrungen und Entwicklungen zeigen,<br />
obschon sie aus einem ganz anderen Tätigkeitsfeld<br />
stammen, eine Reihe von Analogien zu der Situation im<br />
medizinischen Labor der Routinediagnostik. Dies möchte<br />
ich anhand von einigen Beispielen zeigen. Die Basisdiagnostik<br />
wird ebenfalls in Form des „high-throughput<br />
screening“ abgearbeitet, mit der Folge steigender Analysenzahlen.<br />
Dieses Vorgehen wurde ermöglicht durch die<br />
Einführung von „Multikanalanalysatoren“, die eine intralaboratorielle<br />
Zentralisierung der früheren Einzellaboratorien<br />
(Elektrolyt-, Eiweiß-, Enzym-, Substrat-, Hormonlabor u. a.)<br />
zu einer kompakten Einheit darstellen. Die früher generelle<br />
Einzelanforderung wurde weitgehend von der Blockanalyse<br />
mit weniger strenger Indikationsstellung abgelöst. Inwieweit<br />
der erst durch die Automation ermöglichte Informationsanstieg<br />
medizinisch sinnvoll ist, sollte kritisch hinterfragt<br />
werden. Sicher hat die Automation die reine analytische<br />
Tätigkeit auch im medizinischen Labor erleichtert, aber der<br />
Zeitdruck ist trotzdem angestiegen, da die Erwartungen an<br />
die Verkürzung der „response time“ und bei verkürzter<br />
Verweildauer die Zahl der behandelten Patienten und damit<br />
auch der Laboranforderungen immer weiter steigen. Neben<br />
Automation haben auch im medizinischen Labor zunehmende<br />
Regulierungsdichte, vermehrte Kontrollaufgaben<br />
und Dokumentationen Einzug gehalten – bei gleichzeitiger<br />
Verminderung der Tätigkeitsvielfalt. Andererseits führt die<br />
MTLA nicht nur Analysen durch, sondern übernimmt mit<br />
der technischen Validation und Plausibilitätskontrolle der<br />
Messwerte mehr Verantwortung. Die Frage, ob die derzeitige<br />
MTLA-Ausbildung den geänderten Anforderungen<br />
gerecht wird, lasse ich wegen mangelnder Information<br />
meinerseits offen. – Am Ende möchte ich noch auf den<br />
wichtigsten Punkt bei der „Industrialisierungsdiskussion“<br />
hinweisen, die Zentralisierungsmanie. Ein immer weitergehender<br />
Zusammenschluss von Laboratorien der medizinischen<br />
Routinediagnostik hat als logische Konsequenz,<br />
dass der noch als Frage formulierte Titel des Editorials<br />
irgendwann Realität wird (oder ist er es schon an einigen<br />
Stellen?), d. h. dass dann das medizinische Labor nur<br />
noch eine Fabrik mit Massenproduktion ist – mit Verlust der<br />
Wurzeln unseres Fachs, der Labormedizin. Ich darf aber<br />
daran erinnern, dass immer größer nicht immer besser ist,<br />
wie die aktuelle Pannenserie von Toyota belegt. <br />
Prof. Dr. Dr. Hermann Wisser, Stuttgart
Inhaltsverzeichnis<br />
3<br />
Magazin<br />
4 Naturheilmittel ohne Nebenwirkungen?<br />
Ayurveda-Medizin im Internet<br />
5 Vorteile der sensitiven TnI-Bestimmung<br />
Sartane und Fetopathien<br />
6 Überlebenszeit bei Fehlbildungen<br />
Einflüsse von Risikofaktoren in der Kindheit<br />
7 Pilze im Darm – gesundheitliches Risiko?<br />
Helicobacter-pylori-Schnelltest<br />
Focus<br />
8 Tumormarker bei Ovarialkarzinomen<br />
Forum<br />
16 Vitamin D3 – ein Vitamin gewinnt zunehmend an<br />
Bedeutung<br />
Praxisreport<br />
20 Die Umrüstung vom PRISM zum PRISM nEXT und<br />
der PRISM Director<br />
21 Konvertierung AxSYM zu ARCHITECT bei den<br />
infektiologischen Parametern<br />
22 Kostensenkung trotz Leistungssteigerung<br />
Kasuistik<br />
25 Akutsymptomatik nach Selbstbehandlung mit einem<br />
Kräuterpräparat<br />
4<br />
Liebe Leserinnen und Leser von <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong>!<br />
Eine wichtige Hilfe für die Mitarbeiter einer Zeitschrift<br />
sind die Kommentare der Leser. Sie können Ihre<br />
Kritik oder Verbesserungsvorschläge gerne per<br />
E-Mail an folgende Adresse übermitteln:<br />
literaturservice@abbott.com<br />
Unterstützen Sie bitte mit Ihren Kommentaren oder<br />
auch Literaturhinweisen unsere Intention, <strong>Abbott</strong><br />
<strong>Times</strong> immer besser zu machen!<br />
Wir möchten noch darauf hinweisen, dass auf<br />
unserer Website abbottdiagnostics.de unter<br />
„Services und Dienstleistungen“ sowohl die aktuelle<br />
als auch ältere Ausgaben der <strong>Abbott</strong> <strong>Times</strong><br />
zugänglich sind.<br />
Das Redaktionsteam<br />
Labor aktuell<br />
27 Ihre Bedürfnisse verstehen, Ihre Vorschläge anhören<br />
und umsetzen<br />
28 Syphilis – auch heutzutage noch ein Problem<br />
30 Neue Richtlinie der Bundesärztekammer zur<br />
Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer<br />
Untersuchungen<br />
31 Neuer diagnostischer Ansatz bei der akuten<br />
Nierenschädigung<br />
32 Mit dem neuen Septin-9-Bluttest wird Darmkrebs-<br />
Vorsorge automatisierbar<br />
34 Das Referenzinstitut für Bioanalytik – wir sichern Ihre<br />
Qualität!<br />
35 INSTAND e.V., Gesellschaft zur Förderung der<br />
Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien<br />
36 Kreisklinikum Siegen mit einer der modernsten<br />
Zentralen Patientenaufnahmen Deutschlands<br />
ausgestattet<br />
37 Lesezeichen:<br />
Hinweise auf aktuelle medizinische Fachliteratur<br />
38 100 Jahre Institut für Klinische Chemie Mannheim<br />
39 Erfolg in Deutschland – ARCHITECT-Modul Nr. 10.000<br />
in einem deutschen Labor<br />
16 39<br />
© SXC, <strong>Abbott</strong>
4 Magazin<br />
Naturheilmittel ohne Nebenwirkungen?<br />
Es ist in der Bevölkerung eine verbreitete Ansicht, dass<br />
Medikamente, die auf Naturprodukten basieren, sicherer<br />
sind als synthetisch hergestellte Präparate. Die folgende<br />
Zusammenfassung einer Übersichtsarbeit zeigt die<br />
Wirklichkeit (Arch. Pathol. Lab. Med. 2006; 130: 521–8).<br />
Auf Kräuter basierende Präparate können Laborwerte in<br />
unterschiedlicher Weise stören: 1. Verschiedene Komponenten<br />
von Kräutern können Immunoassays durch<br />
Kreuzreaktion mit den Fänger- oder Signalantikörpern<br />
stören, wobei polyklonale Antikörper störanfälliger sind als<br />
monoklonale. 2. Die Komponenten können direkt<br />
zytotoxisch wirken oder durch Enzyminduktion<br />
Störungen verursachen. 3. Störungen<br />
können auch durch Effekte absichtlich<br />
zugesetzter, aber nicht deklarierter<br />
Medikamente, durch umweltverursachte<br />
Kontaminationen oder<br />
Fehler bei der Pflanzenbestimmung<br />
bedingt sein. So werden<br />
verschiedene Digoxin-Immunoassays<br />
durch Präparate der<br />
traditionellen chinesischen<br />
Medizin (Chan Su, Dan Shen, Lu<br />
Shen Wan) gestört. Die Überdosierung<br />
von Chan Su kann außerdem<br />
kardiale Arrythmien, Kurzatmigkeit und Krampfanfälle<br />
auslösen. Komponenten des Johanniskrauts, das zur<br />
Behandlung von Depression und Angstzuständen angewandt<br />
wird, induzieren CYP3A4 und den P-Glykoprotein-<br />
Transporter. Dies hat eine Erhöhung der Clearence einer<br />
Reihe von Medikamenten und damit eine Wirkungsreduktion<br />
zur Folge, wie von Immunsuppressiva (Cyclosporin,<br />
Tacrolimus), HIV-Protease-Inhibitoren, HIV-Reverse-<br />
Transskriptase-Inhibitoren, antineoplastischen Pharmaka,<br />
Simvastatin, Digoxin u. a. Johanniskraut und Ginseng<br />
senken den antikoagulatorischen Effekt von<br />
Warfarin durch Steigerung der Clearence als<br />
Folge der Induktion von CYP2C9. Eine Reihe<br />
anderer Präparate wie Kava-Kava<br />
(seit 2003 in der EU verboten),<br />
Chaparral (benutzt als Antioxidans)<br />
und Germander (zur Gewichtsreduktion<br />
eingenommen) sind<br />
hepatotoxisch. Eine Konsequenz<br />
der vorgestellten Ergebnisse ist,<br />
dass man bei fehlenden Kontrolluntersuchungen<br />
durch staatliche<br />
Einrichtungen auf den Kauf und<br />
erst recht auf den Gebrauch solcher<br />
Präparate verzichtet.<br />
<br />
Ayurveda-Medizin im Internet<br />
© SXC (2)<br />
Von 673 Ayurveda-Produkten, die im Internet angeboten<br />
werden, wurden 230 nach dem Zufallsprinzip zum<br />
Kauf ausgewählt und davon 193 (84 %) von 37 verschiedenen<br />
Herstellern geliefert (JAMA 2008; 300: 915–23).<br />
In diesen Produkten wurden Blei, Quecksilber und Arsen<br />
mittels Röntgenfluoreszenz bestimmt. Die Nachweisgrenzen<br />
des Verfahrens betrugen für Blei 5 μg/g, für Quecksilber<br />
20 μg/g und für Arsen 10 μg/g. In 20,7 % der untersuchten<br />
Proben konnten Blei, Quecksilber und/oder<br />
Arsen nachgewiesen werden, am häufigsten Blei. Die<br />
Häufigkeit des Schwermetallnachweises unterschied sich<br />
bei den in Indien oder den USA hergestellten Produkten<br />
nicht. Man differenziert zwei Ayurveda-Präparate, einmal<br />
nur aus Kräutern bestehend und „rasa shastra“, eine<br />
Kombination aus Kräutern und Schwermetallen. In den<br />
„rasa shastra“-Produkten war die Häufigkeit des Schwermetallnachweises<br />
erwartungsgemäß mit 40,6 % signifikant<br />
höher. Außerdem waren die Spannweiten der<br />
Blei- und Quecksilberkonzentrationen in den „rasa<br />
shastra“-Präparaten mit 2,5 μg/g bis 25.950 μg/g bzw.<br />
13.050 μg/g bis 28.200 μg/g extrem. Waren die Produkte<br />
in den USA hergestellt, so enthielten sie kein Quecksilber<br />
und hatten niedrigere Bleikonzentrationen. Die Schwermetalle,<br />
die in reinen Kräuterpräparaten nachgewiesen<br />
wurden, sind möglicherweise Folge einer umweltbedingten<br />
Kontamination. Die Beurteilung der Toxizitätsgrenze<br />
einer täglich eingenommenen Menge an Schwermetall<br />
ist insofern schwierig, als die dazu publizierten Grenzwerte<br />
von drei verschiedenen Organisationen, wie folgende<br />
Daten zeigen, erheblich differieren: Blei: 0,5 μg/d,<br />
20 μg/d, 150 μg/d, Quecksilber: 20 μg/d, 20 μg/d, 50<br />
μg/d, Arsen: 10 μg/d, 50 μg/d, 150 μg/d. Unabhängig<br />
von der Unsicherheit der Toxizitätsgrenzen gibt es keinen<br />
medizinisch nachvollziehbaren Grund, Schwermetalle in<br />
dieser Form therapeutisch einzusetzen.
Magazin<br />
Vorteile der sensitiven TnI-Bestimmung<br />
5<br />
In einer Multicenter-Studie wurde eine<br />
sensitive Troponin-I-Bestimmung als<br />
Messgröße zur Frühdiagnose und<br />
Risikostratifizierung des akuten<br />
Herzinfarktes untersucht (N. Engl.<br />
J. Med. 2009; 361: 868–77).<br />
Bestimmt wurden: Troponin mit<br />
einem sensitiven TnI-Test und TNT-<br />
Test sowie Myoglobin, CK, CK-MB,<br />
CRP und Kreatinin bei der Aufnahmeuntersuchung<br />
sowie drei und<br />
sechs Stunden nach Einweisung<br />
bei 1818 Patienten mit Verdacht<br />
auf akuten Herzinfarkt.<br />
Bezogen auf die Erstuntersuchung<br />
ergaben die Bestimmungen des<br />
sensitiven TnI-Tests die höchste<br />
diagnostische Richtigkeit mit AUC<br />
0,96. Die anderen Bestimmungen<br />
hatten eine abnehmende Richtigkeit TnT<br />
AUC 0,85, Myoglobin AUC 0,82, CK-MB<br />
AUC 0,73 und CK AUC 0,70. Der sensitive<br />
TnI-Test hat bei der Eingangsuntersuchung eine<br />
diagnostische Sensitivität von 90,7 % und eine<br />
diagnostische Spezifität von 90,2 %.<br />
Für eine Einzelbestimmung des sensitiven TnI innerhalb<br />
von drei Stunden nach Brustschmerzbeginn betrug der<br />
negative Vorhersagewert 84,1 % und der positive<br />
Vorhersagewert 86,7 %. Die Herzinfarktrate der Patienten<br />
mit erhöhten TnI-Werten innerhalb von 6<br />
Stunden nach Auftritt von Brustschmerzen<br />
betrug 87,7 %, nach 6–12 Stunden 94,5 %<br />
und nach zwölf Stunden 100 %. Bei<br />
erhöhten TnI-Werten drei und sechs<br />
Stunden nach der Eingangsuntersuchung<br />
lag die Infarktrate ebenfalls<br />
bei 100 %.<br />
Ein Troponinwert höher als<br />
0,04 ng/ml war assoziiert mit<br />
einem erhöhten Risiko eines<br />
ungünstigen Ergebnisses<br />
nach 30 Tagen. Eine<br />
sensitive TnI-Bestimmung<br />
verbessert somit nach<br />
diesen Ergebnissen die<br />
Frühdiagnose des Herzinfarktes<br />
ohne Berücksichtigung<br />
des Zeitpunktes, an<br />
dem die Brustschmerzen<br />
auftreten.<br />
<br />
Sartane und Fetopathien<br />
Sartane (AT1-Rezeptorantagonisten)<br />
werden seit 15 Jahren zur Therapie von Hochdruck<br />
und Herzinsuffizienz eingesetzt. Lange<br />
bekannt ist deren fetopathische Wirkung. In der<br />
Firmeninformation wird in nicht zu übersehender<br />
Weise darauf hingewiesen, dass bei der Einnahme<br />
von Präparaten dieser Substanzgruppe<br />
im 1. Trimenon einer Schwangerschaft eine<br />
Umstellung auf eine alternative Therapie erforderlich<br />
ist und dass eine Therapie mit Sartanen<br />
im 2. und 3. Trimenon absolut kontraindiziert ist.<br />
Wie die Beschreibung von zwei Fällen der<br />
Universitätskinderklinik Köln belegt, wird dies<br />
bedauerlicherweise immer wieder übersehen<br />
(Dtsch. Ärztebl. 2010; 107: C-280-1).<br />
Folgende Symptomatik wurde registriert:<br />
Oligohydramnion, Niereninsuffizienz, Lungenhypoplasie,<br />
pulmonale Hypertonie, Fehlstellungen<br />
der Extremitäten und Verknöcherungsdefekte<br />
der Schädelkalotte. Eines der Neugeborenen<br />
verstarb am zweiten Lebenstag.<br />
Seit der Markteinführung der Sartane sind in der<br />
Literatur 64 Fälle von Fetopathien beschrieben.<br />
Nach Aussage der Autoren dürfte die Dunkelziffer<br />
ungeklärter sartanbedingter Fetopathien<br />
hoch sein.<br />
Letztere Aussage ist erschreckend. <br />
© SXC, Wikimedia/J. Heuser
6 Magazin<br />
Überlebenszeit bei Fehlbildungen<br />
Angeborene Fehlbildungen sind die wichtigste Ursache<br />
perinataler und kindlicher Mortalität insbesondere in<br />
unterentwickelten Ländern. Die 20-jährige Überlebenszeit<br />
von Kindern mit angeborenen Anomalien wurde in einer<br />
Population von drei Millionen mit einer Geburtenzahl von<br />
3500/Jahr (UK Northern Congenital Abnormality Survey –<br />
NorCAS) in der Zeit von 1985 bis 2003 untersucht (Lancet<br />
2010; 375: 649–56). Insgesamt erfasst die Studie 13.758<br />
Fälle, was einer Rate von 20,3 Fehlbildungen pro 1000<br />
Geburten entspricht. 0,9 % waren Fehlgeburten in der<br />
Spätschwangerschaft, 16,3 % Schwangerschaftsunterbrechungen,<br />
3,1% waren Totgeburten und 79,7 %<br />
Lebendgeburten. Von den 10.850 Lebendgeburten<br />
starben im Untersuchungszeitraum 1465 (13,5 %). Die<br />
20-Jahre-Überlebensraten betrugen 85,5 % der Studienteilnehmer<br />
mit mindestens einer angeborenen Anomalie,<br />
89,5 % bei Anomalien des kardiovaskulären Systems,<br />
79,1 % bei chromosomalen Fehlbildungen, 93,2 % bei<br />
Fehlbildungen des Urogenitalsystems, 83,2 % bei Anomalien<br />
des Verdauungstraktes, 97,6 % bei orofazialen<br />
Spalten, 66,2 % bei Fehlbildungen des Nervensystems<br />
und 64,3 % das respiratorische System betreffend. Der<br />
Durchschnittswert der 20-Jahre-Überlebensrate der<br />
Bevölkerung des UK beträgt 98,9 %. Während des<br />
Untersuchungszeitraums stieg die Überlebensrate, wie<br />
ihre Assoziation zum Geburtsdatum zeigt. Dies ist bedingt<br />
durch eine Verbesserung der Therapie, speziell der<br />
operativen Technik. Von Einfluss ist auch die Einführung<br />
der Pränataldiagnostik, wie der Anstieg der Schwangerschaftsunterbrechungen<br />
von 12,4 % (1985) auf 18,3 %<br />
(2003) zeigt. Die Ergebnisse dieser Studie sind hilfreich für<br />
Familien, genetische Berater und im Gesundheitsdienst<br />
Tätige bei nachgewiesenen Fehlbildungen und bei der<br />
Planung von Hilfen für den betroffenen Personenkreis. <br />
Einflüsse von Risikofaktoren in der Kindheit<br />
© DAK/Wigger, www.lebenshilfe-berlin.de<br />
Bekanntermaßen erhöht ein in der Jugendzeit beginnender<br />
Typ-2-Diabetes das Mortalitätsrisiko. Es besteht<br />
auch ein Zusammenhang zwischen in der Jugendzeit<br />
vorhandenen kardiovaskulären Risikofaktoren und einem<br />
früheren Todeseintritt im Erwachsenenalter. Über den<br />
zugrundeliegenden Mechanismus ist wenig bekannt. In<br />
dieser Studie wird der Frage nachgegangen, inwieweit<br />
BMI, gestörte Glukosetoleranz (2-Stunden-Wert nach<br />
Belastung mit 75 g Glukose), Hypertonus und Hypercholesterinämie<br />
von Kindern ohne Diabetes eine Aussage<br />
über den Todeseintritt vor dem 55. Lebensjahr ermöglichen<br />
(N. Engl. J. Med. 2010; 362: 485–93). Die Untersuchung<br />
wurde von 1966 bis 2003 an einer Stichprobe von<br />
4857 Kindern ohne Diabetes indianischer Abstammung im<br />
Alter zwischen fünf und unter 20 Jahren durchgeführt. Der<br />
Median der Untersuchungsdauer betrug 23,9 Jahre. Die<br />
Eingangsuntersuchungen ergaben folgende Prävalenzhäufigkeiten:<br />
erhöhter BMI (Fettsucht) 28,7 %, gestörte<br />
Glukosetoleranz 4,1 %, Hochdruck 12,5 % und erhöhte<br />
Konzentration von Cholesterin 3,4 %. Im Untersuchungszeitraum<br />
verstarben 559 (11,5 %) Personen, davon 166<br />
(3,4 %) aus endogenen und 393 (8,1 %) aus exogenen<br />
Gründen. Die Todesrate der Kinder mit BMI-Werten im<br />
höchsten Quartil war doppelt so hoch wie die jener mit<br />
BMI-Werten im niedrigsten Quartil. Der BMI war positiv<br />
assoziiert mit dem Risiko eines vorzeitigen Todes aus<br />
endogenen Gründen. Die Todesrate aus endogenen<br />
Gründen der Kinder mit Werten im höchsten Quartil der<br />
Glukoseintoleranz war 73 % höher als die Werte der Kinder<br />
im niedrigsten Quartil. Keine positive Assoziation wurde<br />
von vorzeitigem Tod mit der Cholesterinkonzentration<br />
sowie mit systolischem und diastolischem Blutdruck, dafür<br />
aber eine signifikante Assoziation mit einer Hypertonie in<br />
der Jugendzeit nachgewiesen.<br />
Die Autoren schließen daraus auf die Wichtigkeit einer<br />
Hochdrucktherapie und der Vermeidung von Fettsucht in<br />
der ersten Lebensphase.
Magazin<br />
Pilze im Darm – gesundheitliches Risiko?<br />
7<br />
Eine strittige Frage ist, ob ein Nachweis von Pilzen im<br />
Gastrointestinaltrakt in einem ursächlichen Zusammenhang<br />
mit Erkrankungen steht. Diese Frage wird in einer<br />
Übersichtsarbeit (Dtsch. Ärztebl. 2009; 106: 837–42)<br />
wie folgt diskutiert. Die Autoren verweisen<br />
darauf, dass 70 % aller gesunden Erwachsenen<br />
eine Pilzbesiedlung des<br />
Darmes haben, am häufigsten mit<br />
Candida-Spezies. Bei 96 % aller<br />
Neugeborenen sind am Ende des<br />
ersten Lebensjahres Candida<br />
nachweisbar. Sie werden den<br />
opportunistischen Kranheitserregern<br />
zugeordnet. Eingehend<br />
werden genetisch codierte<br />
Pathogenitätsfaktoren pathogener<br />
Hefen diskutiert. Dazu<br />
gehören Adhäsionsfaktoren und<br />
gewebedestruierende Aggressionsfaktoren,<br />
die für die Invasivität<br />
verantwortlich sind. Candida-Hefen<br />
können eine Reihe von Schutzmaßnahmen<br />
ergreifen, die eine Therapie erschweren.<br />
Ihre Assoziation mit Zelloberflächen<br />
stimuliert die Bildung von Biofilmen, die die Candida<br />
umhüllen und gegen Angriffe aus der Umwelt und des<br />
Immunsystems schützen. Eine weitere Abwehrreaktion ist<br />
die Aktivierung von Efflux-Pumpen in der Zellmembran<br />
von Candida, die in das Zellinnere eingedrungene Antimykotika<br />
wieder hinaustransportieren. Durch Verminderung<br />
der Synthese des Zellmembranbestandteils<br />
Ergosterol wird die Sensitivität<br />
von Candida gegenüber Antimykotika<br />
signifikant vermindert. Ein weiterer<br />
Abwehrmechanismus ist die Veränderung<br />
der Zelloberflächenstruktur in<br />
rascher Abfolge (phenotypic switching),<br />
was ihre Erkennung durch<br />
Zellen der Immunabwehr erschwert.<br />
Prädisponierende Faktoren für<br />
Pilzinfektionen von Patienten sind<br />
„sehr jung, sehr alt, sehr krank“. So<br />
sind Candida-bedingte Durchfälle auf<br />
Intensivstationen bei entsprechender<br />
Disposition häufig beschrieben. Die<br />
Bedeutung der Pilzinfektionen bei<br />
gastroenterologischen Erkrankungen ist<br />
aber weiterhin unklar.<br />
<br />
Kultur von Candida albicans<br />
Helicobacter-pylori-Schnelltest<br />
Zum Nachweis von Helicobacter-pylori (Hp)-Infektionen gibt<br />
es mehrere nicht invasive Verfahren. In vorliegender Studie<br />
wird die diagnostische Wertigkeit eines modifizierten<br />
Schnelltests zum Helicobacter-pylori-Antigen-Nachweis in<br />
Stuhlproben bestimmt und mit einem monoklonalen<br />
Immunoassay des gleichen Herstellers verglichen. Die<br />
Antikörper des Schnelltests und des Immunoassays sind<br />
gegen das gleiche Zellantigen gerichtet (J. Clin. Microbiol.<br />
2009 47: 3980–4). Neben den Stuhlproben wurden auch<br />
Biopsieproben histologisch, mittels Kultur und Urease-<br />
Schnelltest untersucht, um den Helicobacter-Status zu<br />
bestimmen. Bei 62 (34 %) von 185 Patienten konnte eine<br />
Hp-Infektion nachgewiesen und anschließend behandelt<br />
werden. Bei 58 der behandelten Patienten war eine<br />
Nachuntersuchung mittels 13 C-Harnstoff-Atemtest zur<br />
Erfolgskontrolle möglich. 14 (24 %) hatten ein positives<br />
Ergebnis. Insgesamt wurden 243 Schnelltests durchgeführt<br />
und die Ergebnisse wurden von zwei Personen getrennt<br />
abgelesen. Bei 29 positiven und stark positiven und 160<br />
negativen Ergebnissen war die Beurteilung übereinstimmend.<br />
In 16 bzw. 27 Fällen entschieden die beiden<br />
Untersucher auf „kein eindeutiges Ergebnis“, wobei davon<br />
in neun Fällen die Entscheidungen der beiden Untersucher<br />
gleich waren, sieben wurden von Untersucher II negativ<br />
und 18 von Untersucher I positiv bewertet. Von 243<br />
Untersuchungen mit dem Enzymimmunoassay waren drei<br />
Ergebnisse falsch negativ und fünf falsch positiv bezogen<br />
Molekulares Modell des Enzyms<br />
„Helicobacter-pylori-Urease“<br />
auf den mit den anderen Verfahren ermittelten Hp-Status.<br />
Dieser Test hat eine diagnostische Sensitivität von 94,7 %<br />
und eine diagnostische Spezifität von 97,6 %. Er ist in der<br />
Durchführung einfacher als der 13 C-Harnstoff-Atemtest bei<br />
gleicher diagnostischer Wertigkeit. Ein Nachteil des<br />
Schnelltests ist die Variabilität der Ablesungsergebnisse<br />
durch verschiedene Personen und die Häufigkeit nicht<br />
eindeutiger Ergebnisse.<br />
<br />
© Centers for Disease Control and Prevention‘s, Protein Data Base (PDB).
Tumormarker bei<br />
Ovarialkarzinomen<br />
Prof. Dr. med. Jalid Sehouli<br />
Stellv. Direktor und leitender Oberarzt<br />
Leiter des Europäischen<br />
Kompetenzzentrum Eierstockkrebs<br />
Frauenklinik Charité Campus Virchow<br />
Klinikum<br />
FOCUS
10 Focus<br />
Tumormarker bei Ovarialkarzinomen<br />
Unter allen genitalen Krebserkrankungen ist das Ovarialkarzinom die häufigste<br />
relative Todesursache bei Frauen in den Industriestaaten. In den letzten 20 bis 30<br />
Jahren blieb die Inzidenzrate für Ovarialtumore nahezu unverändert, bei gleichzeitiger<br />
Abnahme der Mortalität. Trotz Verbesserung der operativen und medikamentösen<br />
Therapie ist die Gesamtprognose insgesamt unbefriedigend. Die<br />
5-Jahres-Überlebensrate bei Patientinnen im frühen Stadium I beträgt bis zu 90 %,<br />
wohingegen diese im Spätstadium (III/IV) auf bis zu 10–25 % reduziert ist.<br />
Maligne Tumore des Ovars werden in über 70 % der<br />
Fälle erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, da<br />
sie zu Beginn der Erkrankung symptomarm sind und<br />
effektive Früherkennungsmethoden fehlen. Eine verbesserte<br />
Frühdiagnose kann potenziell das klinische Outcome<br />
erheblich verbessern.<br />
Im klinischen Alltag wird eine Vielzahl unterschiedlichster<br />
diagnostischer Verfahren präoperativ bei Patientinnen mit<br />
Verdacht auf ein Ovarialkarzinom eingesetzt. Da die<br />
Symptome häufig primär sehr uncharakteristisch und<br />
unspezifisch sind, werden in der klinischen Praxis je nach<br />
dem Leitsymptom und der Erfahrung des zuerst von der<br />
Patientin aufgesuchten Arztes unterschiedliche Diagnoseverfahren<br />
eingesetzt.<br />
Die einzelnen diagnostischen Methoden unterscheiden<br />
sich dabei teilweise erheblich in der Belastung der<br />
Patientinnen, dem logistischen Aufwand und in den<br />
Kosten. Trotz der breiten klinischen Anwendung der<br />
Diagnoseverfahren liegen in der Literatur nur wenige<br />
Studienergebnisse vor, die prospektiv die einzelnen<br />
Untersuchungsmethoden direkt miteinander verglichen<br />
haben. Die Aussagefähigkeit der Ergebnisse, die meist<br />
retrospektiv und monozentrisch erhoben wurden, ist<br />
aufgrund der Patientinnenselektion erheblich limitiert.<br />
Die infrastrukturellen Voraussetzungen, wie die Möglichkeit<br />
und Kompetenz zur Durchführung von multiviszeralen<br />
Operationen, haben somit erheblichen Einfluss auf die<br />
Wahl der präoperativen Untersuchungen. So liegt die<br />
Darmresektionsrate beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom<br />
bei etwa 40–50 %, so dass per se trotz negativer<br />
Befunde in der Koloskopie oder Magen-Darm-Passage<br />
darmchirurgische Eingriffe geplant werden müssen. In<br />
vielen Zentren wird daher konsequenterweise auf derartige<br />
routinemäßige präoperative Untersuchungen<br />
verzichtet.<br />
Verschiedene Verfahren werden neben der gynäkologischen<br />
Palpationsuntersuchung zur Diagnostik des<br />
Ovarialkarzinoms eingesetzt. Hierzu zählen:<br />
Bestimmung von serologischen Markern (z. B. CA 125)<br />
vaginale und abdominale Sonographie<br />
Computertomographie<br />
Magnetresonanztomographie<br />
Positronen-Emissions-Tomographie.<br />
Um zukünftig die Prognose der Patientinnen zu verbessern,<br />
ist eine frühzeitigere Diagnostik wünschenswert.<br />
Somit kommen dem Screening und effizienten Frühdia-<br />
Abb. 1: Dermoid in Gravidität
Focus<br />
11<br />
gnosemöglichkeiten sowie einer Diagnosesicherung mit<br />
verkürztem Intervall zwischen Diagnose und Therapie,<br />
verbunden mit einer effektiven Therapieplanung und<br />
Kontrolle, wie auch der engmaschigen Nachsorge eine<br />
besonderen Bedeutung zu.<br />
Eine Kombination aus gynäkologischem Ultraschall,<br />
vaginaler Sonographie und Bestimmung des Tumormarkers<br />
CA 125 haben bisher die besten Ergebnisse aufgezeigt,<br />
wobei dennoch die Anforderungen an ein validiertes<br />
und effektives Screening bisher nicht erfüllt wurden, zumal<br />
hohe CA-125-Werte in weniger als 50 % der Patientinnen<br />
mit einem frühen Stadium von Eierstockkrebs zu finden<br />
sind.<br />
Eine Vielzahl molekularer Mechanismen spielt in der<br />
Karzinogenese eine wichtige Rolle und konnte in den<br />
letzten Jahren mittels neuer Techniken identifiziert werden.<br />
Hierzu zählen Onkogene und Tumorsuppressorgene<br />
sowie Faktoren der Angiogenese und Metastasierung.<br />
Wenn malignes Gewebe wächst, kommt es zur Freisetzung<br />
von Stoffen, die entweder von den Tumorzellen<br />
selbst oder als Gegenreaktion des Organismus vom<br />
gesunden Gewebe sezerniert werden. Zurzeit wird<br />
versucht, durch Bestimmung solcher Tumormarker die<br />
Früherkennung zu verbessern.<br />
Verschiedene Studien haben versucht, ein effizientes<br />
Screening-Modell für Eierstockkrebs zu entwickeln.<br />
Allerdings wurden keine effizienten Tumormarker gefunden.<br />
Deshalb sind die Screening-Empfehlungen auf das<br />
Kollektiv der Patientinnen beschränkt, die ein hohes<br />
Risiko für diese Krankheit haben. Obwohl eine erbliche<br />
Komponente in der Pathogenese von Eierstockkrebs<br />
bekannt ist, zeigen nur etwa 5–10 % der Patientinnen mit<br />
Ovarialkarzinom einen nachweisbar genetischen Hintergrund.<br />
Der Tumormarker CA 125, ein hochmolekulares<br />
Glykoprotein, wird im klinischen Management häufig<br />
bestimmt. In 80 % der Fälle ist die Konzentration von<br />
CA 125 im Serum von Patientinnen mit Ovarialkarzinom<br />
erhöht. CA 125 kann aber auch bei nicht malignen<br />
Erkrankungen, wie bei Endometriose und Leberzirrhose,<br />
und bei Gesunden erhöht sein. Beim muzinösen Ovarialkarzinom<br />
kommt es nur in etwa 40 % der Fälle zu einem<br />
Markeranstieg. Außerdem ist dieser Tumormarker bei nur<br />
etwa 50 % der Patientinnen mit FIGO-Stadium I erhöht.<br />
Bei alleiniger Verwendung des CA 125 liegt die Sensitivität<br />
zwischen 38 % und 87 % und ist daher ohne klinischen<br />
Nutzen. Die Bestimmung von CA 125 während der<br />
systemischen Chemotherapie als Verlaufsparameter hat<br />
sich durchgesetzt und wird auch in nationalen und<br />
internationalen Leitlinien empfohlen. Anders ist die<br />
Sachlage als Prognosefaktor oder prädiktiver Marker. Zum<br />
Stellenwert einer präoperativen Erhöhung des CA 125 als<br />
Prognosefaktor liegen in der Literatur kontroverse Studienergebnisse<br />
vor, wobei unterschiedliche Cut-off-Werte<br />
verwendet wurden. Die präoperative CA-125-Bestimmung<br />
zur Abschätzung des Operationserfolges kann<br />
Abb. 2: Großes muzinöses Ovarialkystom bei einer<br />
55-jährigen Frau<br />
ebenfalls nicht empfohlen werden, da auch hier die<br />
Ergebnisse aus den meist retrospektiven und monozentrischen<br />
Fallserien nicht einheitlich sind. Es muss betont<br />
werden, dass beim Großteil der Patientinnen trotz fortgeschrittenem<br />
Tumorstadium und Nachweis einer diffusen<br />
und disseminierten Peritonealkarzinose in erfahrenen<br />
Zentren ein optimales und prognostisch relevantes<br />
Operationsergebnis erzielt werden kann.<br />
Das Glykoprotein CA 125 ist bei epithelialen Ovarialkarzinomen<br />
zwar häufig erhöht, seine alleinige Bestimmung<br />
als Screeningmethode ist jedoch völlig ungeeignet.<br />
Nach einer Studie von Jacobs et al. wiesen nur 340 von<br />
22.000 postmenopausalen Frauen einen erhöhten<br />
Tumormarker CA 125 auf, wovon 41 Patientinnen zusätzlich<br />
pathologische Auffälligkeiten im Sonogramm zeigten.<br />
Bei der anschließenden Operation wurden insgesamt<br />
lediglich 11 Ovarialkarzinome diagnostiziert. Die Spezifität<br />
lag somit zwar bei 99,9 %, der positive Vorhersagewert<br />
aber nur bei 26,8 %.<br />
In einer prospektiv-randomisierten Studie verglich dieselbe<br />
Arbeitsgruppe 10.958 postmenopausale Patientinnen,<br />
die dreimal jährlich eine Kontrolle des CA 125 und eine<br />
vaginale Sonographie erfahren hatten, mit einer Kontrollgruppe<br />
(n = 10.977). Bei insgesamt 468 Patientinnen mit<br />
erhöhten CA-125-Konzentrationen wurden 781 Ultraschalluntersuchungen<br />
durchgeführt. Bei 29 Patientinnen<br />
erfolgte aufgrund pathologischer sonographischer<br />
Befunde eine operative Abklärung. Bei 6 dieser Patientinnen<br />
konnte ein Ovarialkarzinom diagnostiziert werden,<br />
sodass der positive Vorhersagewert nur bei 20,7 % lag.<br />
Während des 7-Jahre-Nachbeobachtungsintervalls<br />
entwickelten 10 weitere Patientinnen der Screeninggruppe<br />
und 20 Patientinnen der Kontrollgruppe ein Ovarialoder<br />
Tubenkarzinom. Die Karzinompatientinnen der<br />
Screeninggruppe zeigten ein signifikant längeres
12 Focus<br />
medianes Überleben im Vergleich zur Kontrollgruppe<br />
(72,9 Monate vs. 41,8 Monate, p = 0,01). In beiden<br />
Gruppen aber wurden vor allem fortgeschrittene Ovarialoder<br />
Tubenkarzinome (FIGO III/IV) diagnostiziert. Ein<br />
effektives breites Screening für das Ovarialkarzinom ist<br />
somit bisher nicht möglich.<br />
Neuere Studien versuchen mittels molekularbiologischer<br />
Marker (z. B. mit BRCA-1- und -2-Mutation) das „Risikokollektiv“<br />
besser zu charakterisieren.<br />
Mittels Microarray-Technik wird versucht, „Genetische<br />
Fingerprints“ auf Gen- oder Proteinebene zu identifizieren,<br />
die potenziell die Möglichkeiten eines Screenings entscheidend<br />
verbessern werden. Dennoch stehen Ergebnisse<br />
aus prospektiven und multizentrischen Studien aus.<br />
Verschiedene Arbeitsgruppen untersuchen den Einsatz<br />
weiterer Serummarker, um die Diskrimination von benignen<br />
und malignen Ovarialtumoren präzisieren zu können.<br />
So wurden weitere Tumormarker wie CASA, Humanes<br />
Kallikrein 8, CYFRA 21–1 oder das mit dem Ovarialkarzinom<br />
assoziierte Antigen (OCA) beim Ovarialkarzinom<br />
identifiziert, ohne aber bislang einen Vorteil gegenüber<br />
CA 125 belegen zu können.<br />
Aktuelle wissenschaftliche Studien untersuchen neben<br />
CA 125 auch die folgenden Tumormarker:<br />
Cancer Antigen 72-4 (CA 72-4)<br />
Human Epididymis protein 4 (HE4)<br />
Soluble mesothelin related peptid (SMRP)<br />
Mesothelin (MES)<br />
Osteopontin (OPN)<br />
Claudin 3 (CLDN 3)<br />
Human Kallikrein 6 (hK6)<br />
CASA (Cancer associated serum antigen).<br />
Um zu definieren, welche Biomarker bei fehlender CA-<br />
125-Freisetzung exprimiert werden, untersuchten Rosen<br />
et al. 296 Frauen mit diagnostiziertem Ovarialkarzinom.<br />
Von allen einbezogenen Probandinnen exprimierten 22 %<br />
(n = 65) nur wenig bis kein CA 125. Dieses Kollektiv<br />
wurde im weiteren Verlauf der Studie auf zehn potenzielle<br />
Tumormarker getestet. Bei 100 % der Frauen konnten die<br />
Marker OPN, hK6, hK10 und CLDN3 identifiziert werden,<br />
wohingegen z. B. MES und HE4 bei nur 34 % bzw. 32 %<br />
der Probandinnen nachgewiesen werden konnten.<br />
In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen<br />
werden, dass insbesondere hK6, aber auch andere<br />
getestete Tumormarker (z. B. CLND3, hK10, OPN) in<br />
hohem Maße von gesundem Gewebe freigesetzt werden,<br />
dieses jedoch nur wenig bis gar kein MES und HE4<br />
exprimiert. So wird hK6 von benignen Zellen stärker<br />
sezerniert als von Tumorzellen mit fehlender CA-125-<br />
Freisetzung und ist demnach zur Beurteilung der Dignität<br />
weniger gut geeignet. Anders fiel das Ergebnis beispielsweise<br />
für HE4 aus, bei dem eine größere Freisetzung im<br />
malignen Gewebe beobachtet werden konnte.<br />
Abb. 3: Großes seröses Ovarialkarzinom bei einer<br />
60-jährigen Patientin<br />
Es scheint, dass HE4 eine hohe Sensitivität und Spezifität<br />
in der Diagnose von Ovarialkarzinomen, insbesondere<br />
während der Frühstadien, hat. Das HE4-kodierende Gen<br />
WFDC2 ist vor allem bei serösem und endometrioidem<br />
Eierstockkrebs exprimiert, aber auch in anderen Malignomen,<br />
wie z. B. Lungenkarzinomen. HE4 gehört zu einer<br />
Familie von Protease-Inhibitoren, die eine wichtige Rolle<br />
im Rahmen der „schützenden“ Immunität spielten.HE4<br />
wird vor allem in den Fortpflanzungsorganen und in den<br />
oberen Atemwegen exprimiert und kann im Serum der<br />
Patientinnen leicht nachgewiesen werden. Im Vergleich zu<br />
CA 125 ist HE4 bei den häufigsten gutartigen gynäkologischen<br />
Erkrankungen meist nicht erhöht. So zeigt sich<br />
bei der Endometriose, die sehr häufig differentialdiagnostische<br />
Schwierigkeiten bei der Abgrenzung eines malignen<br />
Ovarialtumors mit hohen CA-125-Werten verursacht,<br />
keine HE4-Erhöhung. Neuere Studien kombinieren HE4<br />
mit dem Biomarker CA 125, um die Sensitivität und<br />
Spezifität bei der Diagnose der Ovarialkarzinome zu<br />
erhöhen.
Focus<br />
13<br />
Sensitivität und Spezifität von Tumormarkern<br />
Bei der Suche nach Tumormarkern ist es wichtig, die<br />
Sensitivität und Spezifität von Biomarkern alleine und in<br />
Kombination mit anderen zu untersuchen.<br />
CASA (cancer associated serum antigen) gehört zur<br />
Gruppe der polymorphen epithelialen Muzine und wird<br />
insbesondere von epithelialen Tumoren, wie Ovarial- und<br />
Mammakarzinomen, ins Serum sezerniert.<br />
Wie aus Ergebnissen retrospektiver Studien bekannt,<br />
zeichnet sich der Tumormarker CASA durch eine sehr<br />
hohe Spezifität bezogen auf benigne ovarielle Prozesse<br />
aus.<br />
Verschiedene Arbeitsgruppen untersuchen die klinisch<br />
relevante Fragestellung, ob die präoperative Bestimmung<br />
von CASA eine sinnvolle diagnostische Ergänzung im<br />
Hinblick auf die Planung des primärtherapeutischen<br />
Vorgehens (OP-Technik) sein könnte. Bisher wurden zu<br />
dieser Thematik überwiegend retrospektive Untersuchungen<br />
durchgeführt.<br />
Aus diesem Grund wurde eine prospektive Studie konzipiert,<br />
die insgesamt 159 Patientinnen mit unklaren<br />
Unterbauchtumoren einschloss, von denen 29 Patientinnen<br />
ein Ovarialkarzinom aufwiesen.<br />
Die FIGO-Verteilung der Patientinnen war wie folgt: FIGO I<br />
= 7 (24,1 %), FIGO III = 19 (65,5 %) und FIGO IV = 3<br />
(10,3 %). Bei 75,9 % (n = 22) der Patientinnen erbrachte<br />
das histopathologische Gutachten die Diagnose eines<br />
serös-papillären Ovarialkarzinoms (Tabelle 1).<br />
Durch eine Kombination von CA 125 und CASA konnte<br />
die Spezifität nicht und die Sensitivität nur unwesentlich<br />
gesteigert werden, so dass nach unserer Untersuchung<br />
eine zusätzliche Bestimmung von CASA keine relevanten<br />
additiven Informationen für die Unterscheidung von<br />
benignen und malignen Ovarialtumoren liefern kann.<br />
Bisher publizierte Daten zeigen, dass HE4 als Einzelmarker<br />
die höchste Sensitivität besitzt, unabhängig von dem<br />
zu ermittelnden Tumorstadium. Dies ist von besonderem<br />
Interesse, da CA 125 meist bei Patientinnen mit fortgeschrittenen<br />
Ovarialkarzinomen exprimiert ist. Die diagnostische<br />
Wertigkeit bezogen auf die Stadien I und II liegt für<br />
HE4 deutlich höher (Sensitivität 82,7 %, Spezifität 86,3 %)<br />
als für CA 125 (Sensitivität 45,9 %, Spezifität 98,2 %).<br />
Eine Studie von Motagnana zeigte, dass Patientinnen in<br />
Frühstadien einen signifikant erhöhten HE4-Plasmaspiegel<br />
im Vergleich zum CA-125-Spiegel aufwiesen. Begründet<br />
wird dies mit der schnelleren Freisetzung von HE4, die<br />
möglicherweise auf unterschiedlich komplexe Freisetzungsmechanismen<br />
bei gleichem Molekulargewicht<br />
zurückführen ist. Auch in Bezug auf Ovarialkarzinome<br />
im Stadium II scheint HE4 eine höhere Sensitivität als<br />
CA 125 zu besitzen.<br />
Muzinöse Ovarialkarzinome haben eine deutlich schlechtere<br />
Prognose als seröse Ovarialtumore und zeigen ein<br />
anderes immunhistoklinisches und serologisches Tumormarkerprofil.<br />
In neuen Studien wird versucht, andere Therapiestrategien<br />
für muzinöse Tumore zu entwickeln. Bisher hat der<br />
histologische Typ des Tumors aber keinen Einfluss auf die<br />
Wahl der adjuvanten oder palliativen Systemtherapie.<br />
HE4 ist bei allen serösen Ovarialkarzinomen sowie in den<br />
endometrioiden Subtypen exprimiert, jedoch ist bei<br />
muzinösen Ovarialkarzinomen wie auch bei klarzelligen<br />
Ovarialkarzinomen die Expression von HE4 im Gewebe<br />
selten (Tabelle 2).<br />
Ähnliche Ergebnisse liefern Untersuchungen, die nicht nur<br />
die Wertigkeit für CA 125 und HE4, sondern auch die für<br />
weitere Biomarker ermittelten. Um die Sensitivätswerte<br />
einzelner Tumormarker besser vergleichen zu können,<br />
wurde die Spezifität vorab auf 90, 95 und/oder 98 %<br />
festgelegt.<br />
Als Einzelmarker eingesetzt erwies sich – bei einer<br />
Spezifität von 95 % – HE4 als der Tumormarker mit der<br />
besten Sensitivität (72,9 %). An zweiter Stelle steht der<br />
Biomarker SMRP mit einer Sensitivität von 53,7 %, gefolgt<br />
von CA 125 (43,3 %). Im Hinblick auf andere Spezifitäten<br />
(90 %, 98 %) erzielte wiederum HE4 die besten Sensitivitätswerte.<br />
Durch Kombination zweier Tumormarker kann<br />
potenziell eine Verbesserung der Wertigkeit erreicht<br />
werden. So ergab sich aus dem kombinierten Einsatz von<br />
CA 125 und HE4 eine Sensitivitätssteigerung für CA 125<br />
um 33,1 % und um 3,5 % für HE4. Auch bei anderen<br />
Tumormarkerkombinationen mit CA 125 kam es zu einer<br />
verbesserten Sensitivität, wobei die Ergebnisse von CA<br />
125 und HE4 nicht übertroffen werden konnten.<br />
Ferner konnte eine Steigerung der Sensitivität durch den<br />
Austausch des bisher in Tumormarkerkombinationen als<br />
Standard verwendeten Markers CA 125 durch HE4<br />
beobachtet werden. Während sich beispielweise für die<br />
Kombination von SMRP mit CA 125 eine Sensitivitätssteigerung<br />
für SMRP um 3,1 % zeigte, betrug diese dagegen<br />
17,9 % wenn SMRP mit HE4 kombiniert eingesetzt<br />
wurde. Ähnliche Ergebnisse ergaben sich aus dem<br />
Marker Sensitivität % 95 % KI Spezifität % 95 % KI Neg. prädiktiver<br />
Wert %<br />
95 % KI Pos. prädiktiver<br />
Wert %<br />
95 % KI<br />
CA 125 90 79–100 79 72–86 97 94–100 50 36–64<br />
CASA 38 20–56 86 80–92 86 79–92 39 21–57<br />
Tabelle 1: Sensitivität, Spezifität, negativer und positiver prädiktiver Wert von CA 125 und CASA
14 Focus<br />
Vergleich der Kombinationen von CA 72-4 mit CA 125<br />
bzw. HE4 und OPN mit CA 125 bzw. HE4.<br />
Der Vergleich aller getesteten Tumormarker und<br />
Tumormarkerkombinationen zeigt, dass sich der höchste<br />
Vorhersagewert für eine Zweifachkombination dann<br />
ergibt, wenn die Biomarker CA 125 und HE4 kombiniert<br />
eingesetzt werden. Dies spiegelt sich nicht nur in der<br />
Sensitivität und Spezifität wider, sondern auch in der<br />
Sicherheit, mit der Patientinnen mit Ovarialkarzinom einer<br />
Hoch- oder Niedrigrisikogruppe zugeordnet werden<br />
können.<br />
Huhtinen et al. verglichen die Expression von CA 125 und<br />
HE4 in Gewebe und Serum von Patientinnen mit Endometriose,<br />
Endometriumkarzinom, Ovarialkarzinom und<br />
einer Kontrollgruppe. Die Genexpression von WFDC2 und<br />
MUC16, die HE4- bzw. CA-125-Proteine kodieren, war<br />
bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom im Vergleich zu den<br />
Endometriose-Patientinnen signifikant erhöht.<br />
Die HE4-Konzentrationen im Serum lagen bei Patientinnen<br />
mit Endometriose und denen der Kontrollgruppe<br />
unterhalb des 70-pmol-Grenzwertes und wurden bei<br />
Eierstockkrebs- und Endometriumkrebspatienten statistisch<br />
signifikant überexprimiert.<br />
HE4 wurde ebenfalls übereexprimiert bei Patientinnen mit<br />
serösem und klarzelligem Eierstockkrebs. In dieser Studie<br />
war CA 125 nicht nur bei den Patientinnen mit Ovarialkarzinomen,<br />
sondern auch bei Patientinnen mit Endometriose<br />
signifikant erhöht. Die beste Sensitivität und Spezifität<br />
bei der Diagnose des Ovarialkarzinoms wurde durch die<br />
Kombination beider Biomarker erreicht.<br />
Die meisten Studien versuchen nun einen multimodalen<br />
Ansatz für Screening und Früherkennung von Eierstockkrebs-Patientinnen.<br />
Prinzipiell wird eine Kombination aus<br />
Symptom-Index, CA-125- und HE4-Konzentration<br />
untersucht.<br />
Derzeit verfügbare Modelle für Kliniker zur Risikobewertung<br />
von Malignomen bei Frauen, die einen Tumor im<br />
kleinen Becken haben, sind: Anamnese und körperliche<br />
Untersuchung, bildgebende Verfahren und Tumormarker,<br />
wie CA 125. In einer prospektiven Studie scheint bei präund<br />
postmenopausalen Frauen – einzeln oder zusammen<br />
betrachtet – eine solche Einteilung in Hoch- und Niedrigrisikogruppen<br />
mithilfe von CA 125 und HE4 sicher<br />
möglich zu sein. Von insgesamt 129 Frauen mit Ovarialkarzinom<br />
wurden lediglich 8 Patientinnen falsch in die<br />
Niedrigrisikogruppe eingeordnet. Dies entspricht einem<br />
Anteil von 6,2 %. Bezogen auf postmenopausale Frauen<br />
lag der Anteil an Falschzuordnungen bei 5,1 %, für<br />
prämenopausale Frauen bei 11,1 %.<br />
Tumormarker als prognostische Faktoren bei<br />
Ovarialkarzinomen<br />
Bis heute haben sich das FIGO-System und der postoperative<br />
Tumorrest als etablierte Prognosefaktoren für das<br />
Outcome von Patientinnen mit einem primären Ovarialkarzinom<br />
durchgesetzt. Derzeit wird das 5-Jahres-Überleben<br />
bei Patientinnen mit einem Tumorstadium FIGO I oder II<br />
mit 56–90 % angegeben, in unserer Studie konnten wir<br />
diese Zahlen belegen. Wurden beide Gruppen zusammengefasst,<br />
lag das Gesamtüberleben in 5 Jahren bei<br />
75 %. In den fortgeschrittenen Stadien FIGO III und IV<br />
wird das kumulierte 5-Jahres-Gesamtüberleben mit<br />
20–45 % beziffert (Annual FIGO Report 2008). In den<br />
Zentren liegt die 5-Jahres-Überlebensrate der Patientinnen<br />
mit FIGO IIIC und erreichter makroskopischer<br />
Tumorfreiheit bei über 70 %.<br />
In diversen klinisch-experimentellen Studien zum CA 125<br />
wurde die Korrelation der Höhe der präoperativen Tumormarkerkonzentration<br />
im Serum zum histopathologischen<br />
Typ, zu Grading und FIGO sowie zur Resektabilität des<br />
Primärtumors belegt.<br />
Cooper et al. hingegen konnten die prognostische<br />
Wertigkeit des CA 125 im Serum in allen FIGO-Stadien<br />
belegen. Dort zeigte sich, dass bei Patientinnen mit einem<br />
primären Ovarialkarzinom im Stadium FIGO I oder II<br />
geringere Serumkonzentrationen des Tumormarkers<br />
nachgewiesen wurden und das Überleben in dieser<br />
Gruppe höher war als bei Frauen mit einem höheren<br />
Staging.<br />
Hogdall et al. beschrieben die Abhängigkeit der Höhe<br />
des CA-125-Spiegels im Serum von der Wahrscheinlichkeit<br />
einer optimalen chirurgischen Tumorresektion für<br />
einen Cut-off-Wert von 10 und 35 U/ml, wobei die<br />
höchste Sensitivität bei einem Cut-off von 10 U/ml<br />
erreicht wurde.<br />
Kierkegaard et al. belegten die höchste Sensitivität des<br />
Serum-CA-125-Levels für das Auffinden eines Resttumors<br />
bei einem Grenzwert von 15 U/ml.<br />
Intensität der Immunofärbung<br />
Histologischer Subtyp Stark (% diffuse Färbung) Mittel (% diffuse Färbung) Schwach (% diffuse Färbung) Negativ<br />
(n=60)<br />
Serös 24 (100 %) 30 (90) 4 (75) 0<br />
Endometrioid 12 (100 %) 0 0<br />
Muzinös 0 1 0 9<br />
Klarzellig 2 (100) 1 (50) 0 3<br />
Modifiziert nach Drapkin et al. 2005<br />
Tabelle 2: Expression von HE4 in verschiedenen histologischen Subtypen
Focus<br />
15<br />
Ziel der Studie war, die Korrelation zwischen der Expression<br />
von verschiedenen Biomarkern und dem histologischem<br />
Subtyp sowie die prognostische Aussagekraft<br />
der Biomarker zu ermitteln. Es zeigte sich, dass die<br />
21 Biomarker in den verschiedenen histologischen Typen<br />
unterschiedlich exprimiert waren, dass aber keine statistische<br />
Signifikanz in der Expression dieser Tumormarker in<br />
verschiedenen FIGO-Stadien vorlag.<br />
Abb. 4: Bei der Vaginalsonographie einer 69-jährigen<br />
Patientin zeigten sich ein primäres Ovarialkarzinom und<br />
Aszites. (Power-Doppler-Modus)<br />
Zahlreiche Studien aber konnten den Zusammenhang mit<br />
dem Grading oder dem histologischen Typ des Tumors<br />
nicht belegen. Was die prognostische Relevanz betrifft,<br />
zeigte die CA-125-Serum-Konzentration im Hinblick auf<br />
das Gesamtüberleben bei Patientinnen mit einem rezidivierten<br />
Ovarialkarzinom die höchste Aussagefähigkeit bei<br />
einem Grenzwert von 35 U/ml.<br />
In der Gruppe der Frauen mit einem rezidivierten Ovarialkarzinom<br />
und einer Serum-CA-125-Konzentration von<br />
weniger als 35 U/ml bzw. 65 U/ml war das Überleben von<br />
längerer Dauer als bei Frauen mit höheren Serum-CA-<br />
125-Werten. Die Ergebnisse sind jedoch nicht statistisch<br />
signifikant. Auch die Studie von Gronlund et al. konnte<br />
keine prognostische Wertigkeit des Serum-CA-125-Levels<br />
mit einem Cut-off-Wert von 35 U/ml oder 65 U/ml für das<br />
Gesamtüberleben der Frauen mit einem rezidivierten<br />
Malignom des Ovars belegen.<br />
Allerdings erfolgte hier die Auswertung anhand der<br />
Serumproben vor einer Second-line-Chemotherapie. Petri<br />
et al. konnten in ihrer Studie das CA 125 im Serum mit<br />
einem Grenzwert von 65 U/ml als Prognosefaktor für das<br />
Überleben von Patientinnen mit einem frühen Malignom<br />
des Ovars bestätigen.<br />
Die Studie von Köbel et al. hatte 834 Patientinnen<br />
aus dem Register der Cheryl Brown Ovarian Outcomes<br />
Unit eingeschlossen. Einschluss-Kriterien waren: makroskopisch<br />
Tumorfreiheit nach primärer Operation und<br />
verfügbare Paraffinblöcke. Es wurde eine pathologische<br />
Untersuchung für alle Patientinnen durchgeführt. Eine<br />
endgültige Kohorte von etwa 500 Patientinnen wurde<br />
bewertet.<br />
Tumormarker wurden für alle Patientinnen dargestellt,<br />
wobei die Expression von 21 Biomarkern bestimmt<br />
wurde. In diesem Kollektiv sind seröse, klarzellige<br />
(26,4 %), endometroide (25 %) und muzinöse (6,2 %)<br />
Ovarialkarzinome eingeschlossen.<br />
In der Überlebens-Analyse war die Expression von Ki-67<br />
ein schlechter Prognosefaktor (risk ratio [RR] 1,7, 95 %<br />
confidence interval [CI] 1,2 %–2,4 %). Die high-grade<br />
serösen Karzinome zeigten eine höhere WT1-Expressionsrate<br />
und deshalb wurde die Expression von WT1 als<br />
Marker für eine ungünstige Prognose betrachtet (RR 1,7,<br />
95 % CI 1,2 %–2,3 %), aber als guter Prognosefaktor für<br />
diese high-grade serösen Karzinome (RR 0,5, 95 % CI<br />
0,3 %–0,8 %) gesehen.<br />
Die HE4-Expression zeigte keine signifikante Beeinflussung<br />
der Gesamtüberlebensrate. In den letzten Jahren<br />
wurde mit molekularen Screeningmethoden und anspruchsvoller<br />
Biostatistik eine Vielzahl neuer Marker<br />
identifiziert. HE4 gehört zu den Einzeltumormarkern mit<br />
der höchsten Sensitivität und Spezifität bei der Diagnose<br />
des Ovarialkarzinoms, und das unabhängig vom FIGO-<br />
Stadium.<br />
Weitere Studien sind notwendig, um den prädiktiven Wert<br />
von HE4 für den Chemotherapieerfolg oder das optimale<br />
Tumordebulking zu erfassen. Für die Frühdiagnostik und<br />
die notwendige Etablierung eines Screenings auf Ovarialkarzinome<br />
kann nur ein multimodales Setting erfolgreich<br />
sein. Hier sollte auch HE4 als Tumormarker integriert sein.<br />
Die finalen Ergebnisse aus der UKCTOCS-Studie werden<br />
für 2014 erwartet. In dieser Studie werden 202.638<br />
postmenopausalen Frauen einem tumormarkerbasierten<br />
Screening mit CA 125 zugeführt.<br />
Hierbei werden in der randomisierten Studie die vaginale<br />
Untersuchung, die Bestimmung von CA 125 und die<br />
transvaginale Sonographie (MMS – Multimodale Screening<br />
Arm) gegen TVUS jährlich (USS – Ultrasonography<br />
Screening) und eine Kontrollgruppe verglichen. Dabei<br />
konnten bei der Zwischenanalyse 58 Ovarialkarzinome<br />
bzw. Tubenkarzinome in den Screening-Armen diagnostiziert<br />
werden, wobei 40 % als Stadium I klassifiziert<br />
wurden.<br />
Literatur erhalten Sie über die beiden Autoren:<br />
Prof. Dr. med. Jalid Sehouli<br />
Leiter des Europäischen Kompetenzzentrums<br />
Eierstockkrebs<br />
Frauenklinik Charité Campus Virchow Klinikum<br />
Elena-Ioana Braicu<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
Frauenklinik Charité Campus Virchow Klinikum
16 Forum<br />
Vitamin D3 – ein Vitamin gewinnt<br />
zunehmend an Bedeutung<br />
Vitamine sind lebenswichtige Verbindungen, die der<br />
Organismus nicht selbst in ausreichendem Maß synthetisieren<br />
kann. Die übliche Bezeichnung des Vitamin D3 als<br />
Vitamin ist historisch bedingt, denn der menschliche<br />
Körper ist fähig, das Vitamin D3 unter dem Einfluß der UV-<br />
Strahlung selbst zu synthetisieren. Durch die UV-Strahlung<br />
aus dem Sonnenlicht entsteht durch photolytische<br />
Konversion von 7-Dehydrocholesterol das Prä-Vitamin<br />
D3, welches durch eine thermische Isomerisierung in<br />
Vitamin D3 (Cholecalciferol) umgewandelt wird. Anschließend<br />
entsteht in der Leber durch das Cytochromsystem<br />
mittels 25-Hydroxylierung das 25-OH-D3.<br />
Dieser Schritt wird, im Gegensatz zur sich in der Niere<br />
anschließenden 1-alpha-Hydroxylierung des 25-OH-D3,<br />
nicht durch Hormone oder Kalzium reguliert und korreliert<br />
somit mit der Vitamin-D3-Aufnahme bzw. -Synthese. Aus<br />
diesem Grund und wegen seiner hohen Konzentration ist<br />
25-OH-D3 im Vergleich zum aktiven 1,25-OH-D3 ein<br />
guter Indikator des Vitamin-D3-Status. Das eigentlich<br />
biologisch aktive 1,25-OH-D3 entsteht durch die 1-alpha-<br />
Hydroxylierung in der Niere (Abb. 1).<br />
Dieser Schritt unterliegt einer engen Regulierung durch<br />
Rückkopplungsschleifen, in der die Kalzium-, Phosphatund<br />
Parathormonkonzentration wichtige Komponenten<br />
darstellen.<br />
Diese unterschiedliche Regulation der 25-Hydroxylierung<br />
mit anschließender 1-alpha-Hydroxylierung konnte<br />
tierexperimentell beschrieben werden. So zeigte sich,<br />
dass bei Gabe von Vitamin D3 der 25-OH-D3-Spiegel<br />
parallel anstieg, der 1,25-OH-Spiegel aber konstant blieb.<br />
Für die Aufnahme des 25-OH-D3 ist das Transportprotein<br />
Megalin verantwortlich (Abb. 2).<br />
Aus der Niere gelangt das lipophile 1,25-OH-D3, an ein<br />
Transportprotein (DBP, vitamin D binding protein) gebunden,<br />
in die Zielorgane.<br />
Der 1-alpha-Hydroxylierungsschritt findet nicht nur in der<br />
Niere, sondern auch in vielen weiteren Körperzellen<br />
(Brustdrüsenzellen, Prostatazellen, Kolonzellen, ß-Zellen<br />
des Pankreas, Zellen des Immunsystems) statt. Das in<br />
diesen Zellen entstehende 1,25-OH-D3 entfaltet seine<br />
Wirkung wie Inhibierung der Zellproliferation, Förderung<br />
der Zelldifferenzierung und Immunregulation eher lokal auf<br />
autokrine und parakrine Weise (Tab. 1). Der Abbau des<br />
Hormons geschieht durch die 24-Hydroxylierung, die zu<br />
einer Seitenkettenverkürzung führt (Tab. 1).<br />
Das 1,25-OH-D3 entfaltet seine Wirkung, ähnlich den<br />
klassischen Steroidhormonen, über einen intrazellulären<br />
Rezeptor, welcher dann mit 1,25-OH-D3 besetzt an die<br />
DNA bindet und dort nach Interaktion mit verschiedenen<br />
Co-Faktoren die Gentranskriptionsrate modifiziert. Jedoch<br />
lassen sich auch nicht genomische, schnelle Effekte, wie<br />
bei den Steroidhormonen, nachweisen.<br />
Die wichtigste Aufgabe des Vitamin-D-Systems stellt die<br />
Regulation des Kalziumstoffwechsels dar. So bewirkt das<br />
1,25-OH-D3 in den Darmzellen die Induktion von Transportproteinen,<br />
welche die Kalziumaufnahme im Darm<br />
ermöglichen. Durch synergistische Wirkung des 1,25-OH-<br />
D3 an den Osteoblasten und Osteoklasten wird dieses<br />
7-Dehydrocholesterol<br />
Haut<br />
Prä-Vitamin D3<br />
Haut<br />
Vitamin D3<br />
Leber<br />
25-Hydroxyvitamin D3<br />
Niere<br />
1,25-Dihydroxyvitamin D3<br />
Abbau<br />
24-hydroxylierte<br />
Abbauprodukte<br />
Abb. 1: Synthese und Abbauweg des Vitamin D3 und seiner verschiedenen hydroxylierten Formen
Forum<br />
17<br />
enteral aufgenommene Kalzium in das Skelett eingebaut<br />
und so die Knochenmineralisation gefördert.<br />
Das Vitamin D wirkt aber auch noch an anderen Schaltstellen<br />
der Kalziumhomöostase wie in der Niere. Durch<br />
die enge Verknüpfung zwischen dem Vitamin-D-System<br />
mit dem Kalzium- bzw. Knochenstoffwechsel erklärt sich<br />
auch die ursächliche Verknüpfung zwischen Vitamin-D-<br />
Mangel und Rachitis beim Kind bzw. Osteomalazie beim<br />
Erwachsenen (Abb. 3).<br />
In den letzten Jahren häufen sich die Hinweise, dass das<br />
Vitamin-D-System im Stoffwechsel der verschiedensten<br />
Organzellen eine wichtige Rolle auf einer Reihe von<br />
Funktionsebenen, z. B. bei der Apoptose, spielt und dass<br />
ein Vitamin-D3-Mangel mit Erkrankungen wie Hypertonus,<br />
Diabetes mellitus, aber auch Krebserkrankungen (Prostatakarzinom,<br />
Mammakarzinom, Kolonkarzinom) assoziiert<br />
ist (Abb. 5, Abb. 6). Empfehlenswerte Übersichtsarbeiten<br />
zu dieser Thematik haben DUSSO und Mitarbeiter,<br />
GRANT und HOLICK sowie ADAMS und HEWISON<br />
verfasst.<br />
Die Bedeutung des Vitamin D für diese Erkrankungen<br />
steigt weiter unter dem Aspekt, dass ein Großteil der<br />
Bevölkerung in den Industriestaaten einen deutlichen<br />
25-OH-D3-Mangel aufweist. Für diese Faktoren werden<br />
neben der allgemeinen „Sonnenvermeidung“ zur Melanomprophylaxe<br />
und die zunehmende Berufstätigkeit<br />
innerhalb von geschlossenen Räumen auch diätetische<br />
Faktoren und die zunehmende Luftverschmutzung<br />
verantwortlich gemacht. Ein weiteres Themenfeld stellt die<br />
Vitamin-D3-Versorgung der zunehmend älteren Bevölkerung<br />
dar. In einer großen Studie an über 65-Jährigen<br />
konnte TRIVEDI und Mitarbeiter zeigen, dass durch die<br />
Abb. 3: Abhängigkeit des Vitamin D von der Sonne<br />
Abb. 2: Megalin-vermittelte Aufnahme in die Tubuluszelle<br />
aus dem Tubuluslumen zur 1-alpha-Hydroxylierung<br />
IDBP-3: intracellular vitamin D binding protein<br />
DBP: vitamin D binding protein<br />
zusätzliche Aufnahme von 300.000 IE Vitamin D3/Jahr die<br />
Frakturrate an Unterarm, Wirbelsäule und Schenkelhals<br />
um mehr als 33 % gesenkt werden konnte (Abb. 3).<br />
Dass das Vitamin-D-System nicht nur für die Knochenstruktur,<br />
sondern auch für die Muskelkraft eine wichtige<br />
Funktion hat, zeigt eine Meta-Analyse von BISCHOFF<br />
und Kollegen, die ergab, dass eine Substitution mit<br />
700 bis 1000 IU Vitamin D3 pro Tag zu einer Reduktion<br />
der Sturzhäufigkeit um 19 % führte und somit zur Prävention<br />
sturzbedingter Knochenbrüche beiträgt. Dies zeigt<br />
die Bedeutung einer suffizienten Vitamin-D3-Versorgung<br />
für die ältere Bevölkerung. In einer eigenen, noch unpublizierten<br />
Studie konnten wir zeigen, dass nahezu 80 %<br />
einer Stichprobe von 70 Patienten jenseits des 65.<br />
Lebensjahres 25-OH-D3-Konzentrationen von unter 30<br />
ng/mL aufwiesen. Ab einem Alter von 70 Jahren kann ein<br />
25-OH-D3-Serumspiegel von 30 bis 70 ng/mL als optimal<br />
angesehen werden. Unterhalb dieses Bereiches kann es<br />
zu einem latenten Abfall der Kalziumionenkonzentration<br />
im Serum kommen, welcher einen sekundären Hyperparathyreoidismus<br />
mit Begünstigung osteoporotischer<br />
Veränderungen auslöst (Abb. 4).<br />
Wie bereits oben beschrieben, ist die Messung des<br />
25-OH-D3-Serumspiegels das beste Maß zur Erkennung<br />
eines Vitamin-D3-Mangels. Als Bezugsmethode dient die<br />
LC-Tandem-Massenspektroskopie, an welche die HPLC<br />
Tabelle 1: Orte der 1-alpha-Hydroxylierung<br />
Ort der 1-alpha- Wirkung<br />
Hydroxylierung<br />
Niere<br />
Endokrine Wirkungen:<br />
Knochenstoffwechsel<br />
Intestinaler Kalziumtransport<br />
Renaler Kalziumtransport<br />
Blutdruckregulation<br />
Prostata, Kolon, Autokrine und parakrine Wirkungen:<br />
Brustdrüse, Immunzellen,<br />
Pankreas-<br />
Hemmung der Zellproliferation<br />
Förderung der Zelldifferenzierung<br />
zellen, Haut<br />
Immunregulation<br />
Quelle Grafik: Figure 3 from Adriana S. Dusso, Alex J. Brown, and Eduardo Slatopolsky. Vitamin D. Am. J. Physiol. Renal Physiol. 289: F8–F28, 2005
18 Forum<br />
und der Immunoassay kalibriert werden sollten. Eine<br />
Übersicht bezüglich der verschiedenen LC-Tandem-<br />
Massenspektrometrieapplikationen findet sich bei<br />
VOGESER. Aufgrund des höheren Probendurchsatzes<br />
und des geringeren personellen und apparativen Aufwandes<br />
ist der Immunoassay gegenüber den chromatografischen<br />
Verfahren im Vorteil. Hierbei müssen jedoch<br />
Nachteile wie die nicht quantitative Herauslösung des<br />
Analyten aus seinem Bindeprotein berücksichtigt werden,<br />
was für den Assayentwickler eine Herausforderung<br />
darstellt, denn 25-OH-D3 wird aufgrund seiner Hydrophobizität<br />
mit hoher Affinität an ein spezifisches Bindeprotein<br />
(vitamin D-bindig protein, DBP) gebunden.<br />
Abb. 4: Senioren profitieren von einem adäquaten<br />
25-OH-D3-Spiegel.<br />
Eine weitere Herausforderung für den Immunoassay stellt<br />
die gleich gute Quantifizierung sowohl des 25-OH-D3 als<br />
auch des 25-OH-D2 in einem Analysenansatz dar, wobei<br />
dieses als Vorstufe in Form von Vitamin D2 vor allem in<br />
den USA als Nahrungsergänzungsmittel dient. Vitamin D2<br />
stammt aus dem Ergosterol aus Pilzen, welche daraus<br />
das Ergocalciferol synthetisieren. Ergocholecalciferol<br />
(Vitamin D2) unterscheidet sich vom Cholecalciferol<br />
(Vitamin D3) lediglich durch den Besitz einer Doppelbindung<br />
sowie einer zusätzlichen Methylgruppe in der<br />
Seitenkette. Einen Methodenvergleich zum einen zwischen<br />
verschiedenen kommerziell erhältlichen Immunoassays<br />
und zum anderen zwischen diesen Immunoassays<br />
zu chromatographischen bzw. massenspektrometrischen<br />
Sonne<br />
Abb. 5:<br />
Allgemeine<br />
Bedeutung des<br />
Vitamin D3 für<br />
die verschiedenen<br />
Organsysteme.<br />
Quellenangabe:<br />
M. F. Holick,<br />
M. Jenkins.<br />
Schützendes<br />
Sonnenlicht.<br />
Haug-Verlag, MVS<br />
Medizinverlage<br />
Stuttgart, 2005<br />
Haut<br />
<br />
Mit Vitamin D<br />
angereicherte Milch/<br />
Orangensaft<br />
Ernährung<br />
Kardiovaskuläre Gesundheit<br />
Reguliert den Blutdruck und<br />
kann das Risiko für Hypertonie,<br />
Schlaganfall, Herzinfarkt und<br />
Herzinsuffizienz senken<br />
Vitamin D<br />
25 Vitamin D<br />
<br />
Leber<br />
<br />
Lachs<br />
Gesundheit von Zellen und<br />
Immunsystem<br />
Prostatazellen Brustzellen<br />
1,25 Vitamin D<br />
(aktives Vitamin D)<br />
Darmzellen Immunzellen<br />
Gesundheit der<br />
Bauchspeicheldrüse<br />
Verbessert die Insulinproduktion<br />
und kann<br />
Diabetes mellitus vorbeugen<br />
<br />
Niere<br />
<br />
1,25 Vitamin D<br />
(aktives Vitamin D<br />
<br />
Knochengesundheit<br />
Gesundheit des<br />
Kalziumstoffwechsels<br />
Muskelstoffwechsel
Forum<br />
19<br />
Abb. 6:<br />
Abhängigkeit<br />
des Blutdruckwertes<br />
vom Breitengrad und<br />
damit von der<br />
Sonnenexposition.<br />
Quellenangabe: M. F.<br />
Holick, M. Jenkins.<br />
Schützendes Sonnenlicht.<br />
Haug-Verlag,<br />
MVS Medizinverlage<br />
Stuttgart, 2005<br />
Blutdruck (mmHg)<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
•<br />
Singapur<br />
•<br />
New York<br />
40 o<br />
•<br />
Honolulu<br />
21 o<br />
•<br />
Zürich<br />
•<br />
47 o<br />
Miami •<br />
25 o Los Angeles<br />
•<br />
34 o<br />
Bangkok<br />
13 o •<br />
Athen<br />
37<br />
•<br />
Mexico City • •<br />
19 o Tokio Boston<br />
35 o 42 o<br />
•<br />
Bombay<br />
1 o 19 o<br />
•<br />
Austin<br />
30 o<br />
Mittlerer systolischer Blutdruck (mmHg)<br />
Mittlerer diastolischer Blutdruck (mmHg)<br />
•<br />
Anchorage<br />
61 o<br />
•<br />
London<br />
51 o •<br />
Edinburgh<br />
55 o<br />
0 15 30 45 60 75<br />
Breitengrad nördlich oder südlich des Äquators<br />
Methoden wurde von ROTH und Mitarbeitern im Jahre<br />
2008 publiziert, aus dem die o. g. Problematik der<br />
Unterschiede zwischen Verfahren mit und ohne Analytextraktion<br />
bei der 25-OH-D3-Messung deutlich wird. So<br />
bleibt diese Thematik der problematischen Messung von<br />
25-OH-D3 weiterhin aktuell, die HOLLIS bereits 2004 in<br />
einem Editorial im Journal of Endocrinology and Metabolism<br />
mit dem Titel „The determination of circulating<br />
25-hydroxyvitamin D: no easy task“ beschreibt.<br />
In den nächsten Jahren werden unsere Kenntnisse über<br />
die Rolle des Vitamin-D-Systems besonders auch außerhalb<br />
des Knochenstoffwechsels weiter wachsen, was<br />
sicher auch gerade bei dem verbreiteten Mangel an<br />
Vitamin D zu einer frequenteren Analysenanforderung<br />
führen wird.<br />
Literatur:<br />
Adams J. S. and Hewison M. Update in Vitamin D. J. Clin.<br />
Endocrinol. Metab. 2010; 95: 471–478<br />
Bischoff-Ferrari H. A., Dawson-Hughes B., Staehelin H. B.<br />
Fall Prevention with supplemental and active forms of<br />
vitamin D: a meta-analysis of randomised controlled trials.<br />
BMJ 2009; 339: b3692 doi: 10.1136/bmj.b3692<br />
Dusso A. S., Brown A. J., Slatopolsky E. Vitamin D.<br />
Am. J. Physiol. Renal Physiol. 2005; 289: F8–F28<br />
Grant W. B. and Holick M. F. Benefits and Requirements<br />
of Vitamin D for optimal Health: A Review. Alternative<br />
Medicine Reviews 2005; 10: 94–111<br />
Hollis B. W. Editorial: The determination of circulating 25-<br />
hydroxyvitamin D: no easy task. J. Clin. Endocrinol.<br />
Metab. 2004; 89: 3149–3151<br />
Trivedi D. P., Doll R., Khaw K. T. Effect of four monthly oral<br />
vitamin D3 (cholecalciferol) supplementation on fractures<br />
and mortality in men and women living in the comunity.<br />
Randomised double blind controlled trial. Br. Med. J.<br />
2003; 326: 469–472<br />
Roth H. J., Schmidt-Gayk H., Weber H., Niederau C.<br />
Accuracy and clinical implications of seven 25-hydroxyvitamin<br />
D methods compared with liquid chromatography-tandem<br />
mass spectrometry as a reference. Ann. Clin.<br />
Biochem. 2008; 45: 153–159<br />
Vogeser M. Quantification of circulating 25-hydroxyvitamin<br />
D by liquid chromatography-tandem mass spectrometry.<br />
J. Steroid Biochem. Mol. Biol. (2010), doi: 10.1016/j.<br />
sbmb.2010.02.025<br />
Adressen der Autoren:<br />
Professor Dr. Thomas Bertsch<br />
Chefarzt des Instituts für Klinische Chemie,<br />
Laboratoriumsmedizin und Transfusionsmedizin<br />
Klinikum Nürnberg<br />
Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1<br />
90419 Nürnberg<br />
thomas.bertsch@klinikum-nuernberg.de<br />
Professor Dr. Cornel C. Sieber<br />
Ordinarius für Innere Medizin-Geriatrie und Direktor des<br />
Instituts für Biomedizin des Alterns<br />
Universität Erlangen-Nürnberg<br />
Chefarzt der Medizinischen Klink 2 des Klinikums Nürnberg<br />
Prof.-Ernst-Nathan-Straße 1<br />
90419 Nürnberg <br />
© SXC, <strong>Abbott</strong>
20<br />
Praxisreport<br />
Die Umrüstung vom PRISM zum PRISM<br />
nEXT und der PRISM Director<br />
Erfahrungsbericht aus dem Institut für Transfusionsmedizin Plauen der<br />
DRK-Blutspendedienst Ost gemeinnützige GmbH<br />
Abb. 1: v.l.n.r.: Kerstin Frank, Tina Scholze, Grit Ginzel<br />
und Beatrix Labudda<br />
Das Institut für Transfusionsmedizin (ITM) Plauen ist<br />
eines der sechs Institute des DRK-Blutspendedienstes<br />
Ost. Bei der Herstellung der Blutprodukte wird dem<br />
aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie<br />
höchsten Sicherheits- und Qualitätsanforderungen<br />
entsprochen, sodass die Patienten optimal versorgt<br />
werden können.<br />
Im Labor des Instituts für Transfusionsmedizin Plauen<br />
werden die Proben der sächsischen Blutspenden und<br />
eine große Anzahl von Blutproben von Plasmazentren und<br />
anderer Blutspendedienste infektionsserologisch und<br />
molekularbiologisch untersucht.<br />
Bereits 1997 entschied sich das Labor des ITM Plauen<br />
aufgrund der Qualität der Teste und des hohen Automatisierungsgrades<br />
der PRISM-Geräte für deren Installation.<br />
Durch die Gewinnung von Kunden steigerte sich die<br />
Probenmenge in den letzten Jahren kontinuierlich und<br />
betrug im Jahr 2009 ca. 5000 Proben täglich. Die Testung<br />
auf vier Parameter (Anti-HCV, Anti-HIVCombo, HBsAg,<br />
Anti-HBc) erfolgte bis Juni 2009 mit drei PRISM-Geräten.<br />
Dieser hohe Probendurchsatz pro Gerät ist nur möglich,<br />
wenn die Geräte störungsarm laufen und die Bedienung<br />
durch qualifiziertes, hoch motiviertes Personal erfolgt. Die<br />
technische Schulung von zwei Labormitarbeitern zur<br />
Behebung kleinerer Gerätefehler und die Wartungen in<br />
zweimonatigem Intervall durch die Servicetechniker<br />
unterstützen den reibungslosen Ablauf der Routine.<br />
Mit der Anschaffung des vierten PRISM fiel 2009 auch die<br />
Entscheidung, alle Geräte auf das PRISM nEXT umzustellen<br />
und ein Refresh durchzuführen zu lassen.<br />
Das Hauptargument für das PRISM nEXT war vor allem<br />
der Austausch der Geräte-Hardware und die damit<br />
verbundene übersichtliche, bedienerfreundliche und auf<br />
Windows basierende Software. Beim Refresh wurde<br />
außerdem ein umfangreicher Austausch von Komponenten<br />
inklusive Überprüfungen vorgenommen, um die<br />
Geräte aus Servicesicht zu verjüngen.<br />
Die Umrüstung der drei bereits im Routinebetrieb integrierten<br />
PRISM war aufgrund sehr kurzer Standzeiten der<br />
PRISM eine Herausforderung für die Mitarbeiter des<br />
Labors und den technischen Service von <strong>Abbott</strong>. Nur<br />
durch gute Vorbereitung der Wochenendaktion und die<br />
professionelle und zügige Arbeit der beiden Servicetechniker<br />
konnten die Geräte am Montag wieder in die Routine<br />
gehen. Für alle Funktionschecks und die ersten Testläufe<br />
waren die Geräte bereits am Sonntagnachmittag wieder<br />
funktionsfähig, sodass die Gerätefreigabe für die Routine<br />
erfolgen konnte.<br />
Die MTAs haben sich sehr schnell und ohne Probleme mit<br />
der neuen Bedienführung vertraut gemacht. Sie schätzten<br />
bereits nach kürzester Zeit die Vorteile des PRISM nEXT,<br />
wie die einfachere Navigation durch das Programm, die<br />
bessere Übersichtlichkeit bei der Gerätevorbereitung und<br />
die Nutzung des Touch-Screens. Auch die Hilfefunktion im<br />
Programm erleichtert die Reaktion beim Auftreten von<br />
Fehlern im Testablauf. Einen „positiven Nebeneffekt“<br />
brachte die Erneuerung der Gerätehülle durch ein modernes<br />
Design.<br />
Zur Optimierung des Arbeitsablaufes im Labor wurde der<br />
PRISM Director im Labor integriert. Dieser sammelt und<br />
speichert die Probendaten aller vier PRISM-Geräte. Durch<br />
die Verwaltung der gesamten Daten an zentraler Stelle ist<br />
das Umladen von Proben auf ein anderes Gerät bei<br />
Gerätefehlern softwaregesteuert möglich. Somit ist das<br />
Handling von großen Probenmengen leichter und es<br />
entfallen zeitaufwändige manuelle Eingaben. Zusätzlich<br />
kann man den PRISM Director für Auswertungen der<br />
Qualitätskontrollen und zur Erkennung von Trends bei den<br />
Testergebnissen bzw. Chargenschwankungen nutzen.<br />
Zusammenfassend können wir sagen, dass die Umrüstung<br />
der Geräte zum PRISM nEXT und die Integration des<br />
PRISM Director eine sehr gute Entscheidung für die<br />
Optimierung und Erleichterung des Arbeitsablaufes in<br />
unserem Labor war. Insbesondere durch die ausgezeichnete<br />
Unterstützung des gesamten Serviceteams und der<br />
Labormitarbeiter war dies schnell und unproblematisch<br />
möglich.<br />
Autorin: Kerstin Frank<br />
Laborleiterin und stellv. Leiterin Qualitätskontrolle<br />
DRK-Blutspendedienst Ost<br />
gemeinnützige GmbH<br />
ITM Plauen
Praxisreport<br />
Konvertierung AxSYM zu ARCHITECT bei<br />
den infektiologischen Parametern<br />
Ein Erfahrungsbericht aus dem Institut für Transfusionsmedizin<br />
der Kliniken der Stadt Köln gGmbH<br />
21<br />
Das Institut für Transfusionsmedizin (ITM) versorgt<br />
alle Patienten der städtischen Kliniken sowie Problempatienten<br />
aus Krankenhäusern mit anderen Trägerschaften<br />
und Patienten niedergelassener Ärzte mit diagnostischen,<br />
präparativen und therapeutischen Leistungen. Im Blutspendedienst<br />
des ITM werden jährlich zirka 20.000 Blutspenden<br />
entnommen, aus denen die entsprechenden<br />
Blutkomponenten hergestellt werden.<br />
Die Herstellung unterliegt den gesetzlichen Anforderungen,<br />
die den nationalen und europäischen Richtlinien entsprechen.<br />
Neben dem Blutspendedienst verfügt das ITM unter<br />
anderem über ein akkreditiertes HLA-Labor, das gemäß §16<br />
Transplantationsgesetz arbeitet.<br />
In diesem werden transplantationsimmunologische und<br />
infektionsserologische Laboruntersuchungen im Rahmen<br />
der Vorbereitung zu einer Transplantation durchgeführt.<br />
Das HLA-Labor ist eines der zwölf regionalen DSO-Labore<br />
in Deutschland. Pro Jahr werden zirka 130 Organspender<br />
infektionsserologisch untersucht.<br />
Beide Abteilungen des ITM sind im Rahmen der anfallenden<br />
infektionsserologischen Laboruntersuchungen auf ein automatisiertes<br />
und sicheres Analyseverfahren angewiesen. Daher<br />
wurde schon 1996 im ITM eines der ersten infektionsserologischen<br />
Gerätesysteme, das AxSYM der Firma <strong>Abbott</strong>,<br />
eingeführt. AxSYM ist ein Immunoassay-System (MEIA), mit<br />
dem sehr erfolgreich die geforderten infektionsserologischen<br />
Parameter abgearbeitet wurden. Im Rahmen der Weiterentwicklung<br />
stellte uns <strong>Abbott</strong> im Jahre 2007 ein neues Immunoassay-System<br />
(CMIA), den ARCHITECT i2000SR, vor.<br />
Im Januar 2008 wurde der ARCHITECT i2000SR nach<br />
umfangreicher Validation im Routinebetrieb eingesetzt.<br />
Die vereinfachte und besser strukturierte Software erleichterte<br />
uns diesen Wechsel zusätzlich. Ein großer Vorteil<br />
des ARCHITECT i2000SR ist die automatisierte Abarbeitung<br />
der Syphilis TP. Der Nachweis von Antikörpern<br />
gegen T. pallidum wurde zu Zeiten des AxSYM mit einem<br />
manuellen T.-pallidum-Hämagglutinationstest durchgeführt.<br />
Oft kam es zu unspezifisch reaktiven Ergebnissen,<br />
die sich in weiterer Abklärung nicht bestätigten.<br />
Aufgrund der erhöhten Verfügbarkeit von Reagenzplätzen,<br />
Verbrauchsmaterial und Probenplätzen ist es nun möglich,<br />
den ARCHITECT i2000SR unbeaufsichtigt arbeiten zu lassen,<br />
ohne dass dies zur Verzögerung der Ergebnisstellung<br />
führt. Ein weiterer großer Vorteil ist sein klimatisiertes Reagenzien-Karussell,<br />
das die Reagenzien konstant auf zirka<br />
4° C kühlt. Dadurch ist es möglich, die Reagenzien 30<br />
Tage im Gerät verweilen zu lassen und ARCHITECT im<br />
Nachtdienst schneller und effektiver einzusetzen.<br />
Im Rahmen der Organspenderdiagnostik für die DSO ist es<br />
wichtig, so schnell wie möglich die infektionsserologischen<br />
Abb. 1: v.l.n.r.: Alexandra Raab, Monika Lassonczyk,<br />
Luzie Pochaba und Heike Fritsch. Bei Fragen können Sie<br />
uns gerne kontaktieren.<br />
Marker zu bestimmen, daher ist die kürzere Probendurchlaufzeit<br />
ein weiterer Pluspunkt für den ARCHITECT<br />
i2000SR. Der HIV-Ag/Ab-Combo-Test erlaubt nicht nur eine<br />
Aussage über das Vorliegen von Antikörpern gegen HIV,<br />
sondern auch den Nachweis von p24 Antigen und somit<br />
einer frühen Serokonversion beim potenziellen Spender.<br />
Als Back-up-Gerät wurde zunächst einer der beiden<br />
AxSYM genutzt. Schwierig gestaltete sich die Vorratshaltung<br />
an Reagenzien für die zwei unterschiedlichen<br />
Gerätesysteme. Da der AxSYM nur noch sehr selten zum<br />
Einsatz kam, verfielen die Reagenzien oft. Daher wurde ab<br />
Ende November 2009 der ARCHITECT i1000SR im ITM eingesetzt.<br />
Seit der Umstellung von AxSYM auf ARCHITECT<br />
konnte der Arbeitsablauf im Labor deutlich optimiert werden.<br />
So werden auf dem ARCHITECT i2000SR alle Routineparameter<br />
(HIV Ag/Ab Combo, Anti-HCV, HBsAg, Anti-HBcII<br />
und CMV-IgG) der Infektionsserologie abgearbeitet, während<br />
auf dem ARCHITECT i1000SR die Spezialparameter<br />
(Anti-HBe, Anti-HBc-IgM, Anti-HBs, Toxo IgG, Toxo IgM<br />
und CMV-IgM) laufen.<br />
Zusammenfassend haben wir mit den zwei Geräten aus<br />
der ARCHITECT-Familie die richtige Wahl getroffen, da<br />
eine deutliche Abnahme an unspezifisch reaktiv getesteten<br />
Spendern (unter anderem beim HBsAg) zu beobachten<br />
ist und das wiederum zu einer Kostenersparnis für<br />
unser Institut führte.<br />
Autorin: Leitende MTLA Alexandra Raab<br />
Chefärztin Dr. med. Ursula Bauerfeind<br />
Institut für Transfusionsmedizin der Kliniken<br />
der Stadt Köln gGmbH
22 Praxisreport<br />
Kostensenkung trotz Leistungssteigerung<br />
Controllerin Heidemarie Hille berichtet über ihre Erfahrungen<br />
aus einer Dekade medizinischer Ökonomie in einem der Laborbereiche<br />
der Universitätsmedizin Göttingen.<br />
Abb. 1: Klinikum Göttingen von der Parkseite<br />
Im Jahr 1995 wurde in der Universitätsmedizin Göttingen<br />
die Einführung des Pilot-Projektes „Ökonomie im Laborbereich“<br />
beschlossen. Der Hintergrund waren eskalierende<br />
Kosten durch gestiegene medizinische Anforderungen.<br />
Um zukunftsträchtige Strukturen schaffen zu können,<br />
sollte mithilfe eines Controllers eine Lösung gesucht<br />
werden.<br />
Zu Beginn der Arbeit war eine Ist-Aufnahme notwendig.<br />
Hierzu mussten die Ausgaben, Anforderungen und<br />
Leistungen des Vorjahres erfasst und eine Zuordnung zu<br />
vorhandenen Arbeitsgruppen erstellt werden. Auch die in<br />
jeder Arbeitsgruppe vorhandenen und genutzten Geräte<br />
wurden auf ihre Effizienz, Notwendigkeit, Kapazitätsauslastung<br />
und Kosteneffektivität überprüft. In die Prüfung<br />
miteingeschlossen waren auch die Verträge für die<br />
Wartung der Geräte und die Reagenzien-Liefervereinbarungen.<br />
Für die Erstellung dieser Ist-Analyse mussten Kennzahlen<br />
bestimmt werden. Die Vermittlung der Bedeutung dieser<br />
Kennzahlen an alle Beschäftigten war unter Berücksichtigung<br />
der Ängste (wie mögliche Stellenverluste oder<br />
Einschränkung bei der Forschungsausrichtung) sehr<br />
sensibel vorzunehmen.<br />
Eine strikte Trennung von Routineaufgaben, Forschungsuntersuchungen<br />
und Studienparametern war eine für die<br />
damalige Zeit unübliche Vorgehensweise. Hierdurch<br />
wurde aber eine Transparenz erreicht, die sich positiv<br />
vermitteln ließ. Bei der Vorstellung der Ist-Analyse konnten<br />
den Beschäftigten und Projektleitern mit viel Sensibilität<br />
und Detailinformationen die Notwendigkeit der Maßnahmen<br />
und die Erfolgsaussichten deutlich gemacht werden.<br />
Lösungswege zur Optimierung<br />
Zuerst wurden Kostenstellen für jeden Bereich eingerichtet.<br />
Des Weiteren sollte jede Arbeitsgruppe für das<br />
Folgejahr Planungen ihrer voraussichtlichen Labortätigkeiten<br />
erstellen, die dann in Budgetanträge umgerechnet<br />
wurden.<br />
Die Abteilungsleitung bewertete die Unterlagen nach ihrer<br />
wissenschaftlichen Relevanz; anschließend erfolgte eine<br />
detaillierte interne Budgetzuweisung. Dieses Vorgehen rief<br />
zwar zuerst große Skepsis hervor, die aber schon bald<br />
durch schnell sichtbare erste Erfolge ausgeräumt werden<br />
konnte.<br />
Im ersten Jahr wurde aus Kapazitätsgründen nur ein<br />
ausgesuchter Funktionsbereich in die Ökonomie überführt.<br />
Diese ökonomische Vorgehensweise bedeutete,<br />
dass die Stelle Controlling die Sachanforderungen aus<br />
jedem Bereich zentral bearbeitete. Hier wurde entschieden,<br />
welche Reagenzien von welchem Hersteller in<br />
welcher Menge auf Basis der durchzuführenden Analysen<br />
bestellt werden mussten. Ebenso führte das Controlling<br />
durch die Zusammenführung der Anforderungen aus allen
Praxisreport<br />
23<br />
Einzelbereichen zu Preisverhandlungen über das zu<br />
erwartende Gesamtvolumen, was bisher nicht möglich<br />
gewesen war.<br />
Allein diese Maßnahme und die Standardisierung der<br />
Abläufe bewirkten eine Reduzierung der Sachkosten um<br />
ca. 10 %. Die Nutzung der Geräte von allen wissenschaftlichen<br />
Arbeitsgruppen erhöhte die Geräteauslastung.<br />
Dadurch wurden Mittel für wichtige Neubeschaffungen frei.<br />
AUSGABEN<br />
ZUWEISUNG<br />
<br />
Nach einem Jahr erfolgten Vergleiche der bei Projektbeginn<br />
geschätzten Ausgaben, der gewünschten Mittel und<br />
der tatsächlich benötigten Mittel. Die Ergebnisse konnten<br />
dazu genutzt werden, eine weitere Sensibilisierung für die<br />
ökonomischen Maßnahmen und eine entsprechende<br />
Akzeptanz bei den Mitarbeitern zu erzeugen. Die noch<br />
immer unterschwellig vorhandenen Befürchtungen<br />
bezüglich Stellenkürzungen wurden weiter ausgeräumt.<br />
Die Differenz zwischen den bisher geschätzten Kosten<br />
und den tatsächlichen Ausgaben war für die meisten<br />
Betroffenen überraschend.<br />
1 2 3 4 5<br />
<br />
Abb. 2: Startsituation<br />
Ausgaben im Verhältnis zum Planbudget zu Projektbeginn<br />
400%<br />
350%<br />
300%<br />
250%<br />
Danach konnte im zweiten Jahr eine größere Reduktion<br />
der internen Budgetzuweisung erfolgen, ohne dass eine<br />
innere Barriere bei den Mitarbeitern aufgebaut wurde.<br />
Ganz im Gegenteil war nun jede Arbeitsgruppe bemüht,<br />
die Vorgaben einzuhalten.<br />
200%<br />
150%<br />
100%<br />
50%<br />
0%<br />
AG 1<br />
AG 2<br />
AG 3<br />
AG 4<br />
AG 5<br />
AG 6<br />
AG 7<br />
AG 8<br />
AG 9<br />
AG 10<br />
AG 11<br />
AG 12<br />
AG 13<br />
AG 14<br />
AG 15<br />
AG 16<br />
AG 17<br />
AG 18<br />
AG 19<br />
AG 20<br />
AG21<br />
AG22<br />
AG 23<br />
AG 24<br />
Die bis vor Einsetzen des operativen Controllings immer<br />
als Einzeleinheiten arbeitenden Laborbereiche haben<br />
durch die Zusammenführung eine ungeahnte Effektivität<br />
erreicht. So war es im Laufe der Jahre möglich, verschiedene<br />
neue Untersuchungsmethoden einzuführen. Die<br />
effektive Berechnung von neuen Sonderanalysen und die<br />
kontinuierlichen Verhandlungen mit der Finanzleitung des<br />
Hauses machten es möglich, hierfür im Laufe von wenigen<br />
Jahren insgesamt zwei Planstellen zu etablieren.<br />
Hierbei ging es um spezielle Laboruntersuchungen, die<br />
auch von externen Krankenhäusern und niedergelassenen<br />
Ärzten angefordert wurden. Aus den Erlösen wurde<br />
zunächst zeitlich befristet eine halbe MTA-Stelle finanziert.<br />
Dadurch konnte die Effektivität der Abteilung in diesem<br />
Bereich deutlich gesteigert werden.<br />
Das gleiche Vorgehen wurde bei der Errichtung eines<br />
weiteren neuen Laborzweiges angewandt. Durch effektives<br />
Finanz- und Stellenmanagement erhöhte sich<br />
innerhalb von wenigen Jahren die Planstellenzahl um zwei<br />
ganze Stellen.<br />
Ergebnisse eines effektiven Controllings<br />
Zu den Ergebnissen des Controllings ist festzuhalten,<br />
dass deutliche Synergieeffekte erzielt wurden.<br />
Die dadurch erreichte Effizienzsteigerung kompensierte<br />
den klinikweit verordneten Stellenabbau.<br />
Sowohl Krankenversorgung wie Forschung profitieren von<br />
einer solchen Arbeit. Zwar war für die Forschungslabore<br />
die Trennung von Krankenversorgung und Forschung<br />
problematisch, weil man immer vermutet hatte mit einer<br />
Abb. 3: Ist-Analyse der Arbeitsgruppen zu Projektbeginn<br />
Abweichung in % vom Planbudget (Startbereiche)<br />
25,00%<br />
20,00%<br />
15,00%<br />
10,00%<br />
5,00%<br />
0,00%<br />
-5,00%<br />
-10,00%<br />
-15,00%<br />
Vorjahr<br />
Projektstart<br />
+ 1. Jahr<br />
+ 2. Jahre<br />
+ 3. Jahre<br />
+ 4. Jahre<br />
+ 5. Jahre<br />
+ 6. Jahre<br />
+ 7. Jahre<br />
+ 8. Jahre<br />
+ 9. Jahre<br />
+ 10. Jahre<br />
Abb. 4: Abweichung der Startbereiche vom Planbudget<br />
Abweichung in % vom Plan (alle Bereiche)<br />
40,00%<br />
35,00%<br />
30,00%<br />
25,00%<br />
20,00%<br />
15,00%<br />
10,00%<br />
5,00%<br />
0,00%<br />
-5,00%<br />
-10,00%<br />
vor Projektbeginn<br />
Startjahr<br />
1. Jahr<br />
2. Jahr<br />
3. Jahr<br />
Einführung neue Parameter<br />
4. Jahr<br />
5. Jahr<br />
6. Jahr<br />
7. Jahr<br />
8. Jahr<br />
9. Jahr<br />
Abb. 5: Abweichung aller Bereiche vom Planbudget<br />
10. Jahr
24 Praxisreport<br />
35%<br />
30%<br />
Veränderung Mitarbeiter zum Projektbeginn<br />
grauen Querfinanzierung besser zu fahren. Das war und<br />
ist aber weder im Sinne der UMG noch war es wie gezeigt<br />
tatsächlich so.<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
Vorjahr<br />
Projektstart<br />
+ 1 Jahr<br />
+ 2 Jahre<br />
+ 3 Jahre<br />
+ 4Jahre<br />
+ 5 Jahre<br />
+6 Jahre<br />
+ 7 Jahre<br />
+ 8 Jahre<br />
+ 9 Jahre<br />
+ 10 Jahre<br />
Wichtig war vor allem die Tatsache, dass ökonomisches<br />
Wirtschaften nicht mit Stellenabbau gleichzusetzen ist.<br />
Wie oben beschrieben, erzielte das Controlling einen<br />
Stellenaufbau bei gleichzeitigem Erlösaufbau. Diese Art<br />
der Stellensicherung sollte in den Führungsebenen der<br />
Kliniken mehr Zuspruch finden. Outsourcen oder Ausgliederung<br />
in niedriger bezahlende Tochtergesellschaften<br />
ist dann möglicherweise nicht mehr notwendig.<br />
Abb. 6: Veränderung Mitarbeiter im Vergleich zum<br />
Projektbeginn im Startbereich<br />
20000<br />
18000<br />
16000<br />
14000<br />
A 12000<br />
n<br />
z<br />
10000<br />
a<br />
h<br />
l 8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
Steigerung neu eingeführter Parameter<br />
Jahr 1 Jahr 2 Jahr 3 Jahr 4 Jahr 5 Jahr 6 Jahr 7 Jahr 8<br />
Abb. 7: Einführung neuer Parameter, Erlössteigerungen<br />
über die Jahre<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
Kosten pro Leistung in Prozent vom Budget<br />
Nachdem für die Routinebereiche sowie für die Forschungslabore<br />
eine Finanz- und Stellenstruktur geschaffen<br />
worden war, wurden in der gleichen Art und Weise die<br />
Stationen und die Tagesklinik überprüft. Hier erzielte das<br />
Controlling ähnliche Erfolge.<br />
Als die neuen Strukturen zur Routine wurden, betreute<br />
das Controlling die Einführung von neuen Drittmittelprojekten.<br />
Damit war auch die Prüfung sämtlicher Projektverträge<br />
verbunden. Bevor Projekte angenommen wurden,<br />
unterlagen sie einer Finanzvorprüfung. Diese Vorbereitung<br />
hat nach kurzer Zeit zu einem wesentlich besseren<br />
Ergebnis der Projektbearbeitung geführt.<br />
Zu Beginn des Controllings waren noch 52 % aller<br />
Studien nicht zu Ende geführt worden. Durch die ergriffenen<br />
Maßnahmen verringerte sich dieser Ausfall schnell<br />
auf 25 %. Nach diesem Erfolg konnte die Vorprüfung der<br />
ökonomischen Seite von medizinischen Studien standardisiert<br />
werden.<br />
Im Rahmen der Vorprüfung werden Finanzprobleme von<br />
Anfang an detailliert angesprochen, geklärt und in die<br />
Vertragsverhandlungen eingebunden. Durch die Zusammenführung<br />
der angegebenen Punkte ist es gelungen, im<br />
gesamten Zeitraum allen Mitarbeitern, auch aus Drittmittelprojekten,<br />
Verlängerungsverträge anzubieten.<br />
10%<br />
0%<br />
Vorjahr<br />
Projektstart<br />
+ 1 Jahr<br />
+ 2 Jahre<br />
+ 3 Jahre<br />
+ 4 Jahre<br />
+ 5 Jahre<br />
+ 6 Jahre<br />
+ 7 Jahre<br />
Abb. 8: Nachweis der Kostensenkung trotz<br />
Leistungssteigerung<br />
Die Autorin:<br />
Heidemarie Hille<br />
Controllerin, jetzt<br />
Vorsitzende Personalrat<br />
der Universitätsmedizin<br />
der Georg-<br />
August-Universität<br />
Göttingen,<br />
heidemarie.hille@med.<br />
uni-goettingen.de<br />
+ 8 Jahre<br />
+ 9 Jahre<br />
+ 10 Jahre<br />
Zusammenfassung<br />
Die im Jahr 1995 als Pilotprojekt in der Universitätsmedizin<br />
Göttingen eingeführte Stelle eines dezentralen Controllings<br />
hat sich bewährt. Die Vorbereitung von Kostenstellen,<br />
Analyseberechnungen etc. war für die Abteilung von<br />
Nutzen. Diese dezentrale Organisationsstruktur, die später<br />
auch die Personalorganisation umfasste, hat es der<br />
Abteilung ermöglicht, die Wissenschaftler von administrativen<br />
und finanziellen Dingen zu entlasten und so wieder<br />
genügend Freiraum zu schaffen, um beständig neue<br />
Drittmittelprojekte aufzulegen und zu Ende zu führen.<br />
Der Effizienzgewinn konnte zum Ausbau der Dienstleistungen<br />
der Abteilung genutzt werden, ohne eine signifikante<br />
Kostensteigerung hervorzurufen. Die Gesamtkosten<br />
in den einzelnen Bereichen sind teilweise gleich geblieben,<br />
teilweise sogar gesunken. Das Ergebnis: Kostensenkung<br />
trotz Leistungssteigerung, aber kein Stellenabbau,<br />
sondern Fokussierung auf abteilungsspezifische ertragreiche<br />
Parameter und Erlössteigerung.
Kasuistik<br />
Akutsymptomatik nach Selbstbehandlung<br />
mit einem Kräuterpräparat<br />
25<br />
Beschreibung:<br />
Ein 23-Jähriger klagte nach seiner Rückkehr aus Indien<br />
über folgende, seit fünf Tagen bestehende Beschwerden:<br />
diffuse Bauchschmerzen, Erbrechen, Durchfall und<br />
anschließende Obstipation. Außerdem hatte der Patient<br />
eine Tachykardie von 110/min und eine Abwehrspannung<br />
des Abdomens. Die Laboruntersuchung ergab folgende<br />
pathologisch erhöhten Werte: Bilirubin 46 μmol/L, ALT<br />
129 IU/L. Die Bestimmung einer Reihe weiterer klinischchemischer<br />
Messgrößen, Blutbild und Hepatitisserologie<br />
sowie Leberbiopsie, Ultraschall des Abdomens und<br />
Röntgen von Abdomen und Thorax ergaben Normalbefunde<br />
(Ann. Clin. Biochem. 2001; 38: 408–10).<br />
Der qualitative Porphyrin-Screening-Test im Urin war<br />
positiv. Nachfolgende Bestimmungen führten zu folgenden<br />
Ergebnissen:<br />
Gesamtporphyrinkonzentration im Urin: 2017 nmol/L<br />
(normal: 320 nmol/L)<br />
Gesamtporphyrinkonzentration im Stuhl: 435 nmol/g<br />
(normal: < 200 nmol/g)<br />
Zinkprotoporphyrinkonzentration im Blut: 145 μmol/mol<br />
Hb (normal: < 70μmol/mol Hb)<br />
Bleikonzentration: 3,7 μmol/L (normal: < 0,5 μmol/L)<br />
und ergaben die Diagnose akute Blei-Intoxikation. Ein<br />
nachfolgendes Gespräch mit der Frau des Patienten<br />
erbrachte, dass ihr Mann bei dem vorausgegangenen<br />
Indienbesuch zur Behandlung einer vagen Beschwerdesymptomatik<br />
ein Ayurveda-Präparat eingenommen<br />
hatte. Schwermetalle, insbesondere Blei, sind relativ<br />
häufig in Ayurveda-Präparaten vorhanden.<br />
Kommentar:<br />
Akute Oberbauchschmerzen sprechen mehr für eine<br />
akute Blei-Exposition, Unterbauchschmerzen dagegen für<br />
eine chronische. Folgende Symptome können bei einer<br />
Blei-Intoxikation auftreten: Muskelschwäche, Müdigkeit,<br />
Verwirrtheit, kolikartige abdominale Beschwerden,<br />
Obstipation und manchmal Diarrhoe und Erbrechen. Blei<br />
stört die Hämsynthese durch Hemmung der -ALA-<br />
Dehydratase und damit die Kondensation von zwei<br />
Molekülen -Aminolävulinsäure im Zytosol zu Porphobilinogen.<br />
Die Folge davon ist eine erhöhte Urinausscheidung<br />
der -Aminolävulinsäure.<br />
Außerdem hemmt Blei die Ferrochelatase und damit den<br />
letzten Schritt der Hämsynthese, nämlich den Einbau des<br />
zweiwertigen Eisens an der Matrixoberfläche der inneren<br />
Mitochondrien-Membran in den Protoporphyrin-Ring.<br />
Die Folge davon ist der Einbau von eisenfreiem Protoporphyrin<br />
und bei Eisenmangel von Zinkprotoporphyrin in<br />
die Erythrozyten. Eine Hemmung der Koproporphyrin-<br />
Oxidase als Ursache einer erhöhten Porphyrinausscheidung<br />
wird kontrovers diskutiert (Clin. Chem. 1990; 36:<br />
1870, Environ. Health perspect. 2005; 113: 1669–74). <br />
Abb. 1: Johanniskraut<br />
© Dr. Willmar Schwabe
26 Labor aktuell<br />
28<br />
35<br />
27<br />
28<br />
30<br />
31<br />
32<br />
34<br />
35<br />
36<br />
Ihre Bedürfnisse verstehen, Ihre<br />
Vorschläge anhören und umsetzen<br />
Syphilis – auch heutzutage noch ein<br />
Problem<br />
Neue Richtlinie der Bundesärztekammer<br />
zur Qualitätssicherung<br />
laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen<br />
Neuer diagnostischer Ansatz bei<br />
der akuten Nierenschädigung<br />
Mit dem neuen Septin-9-Bluttest<br />
wird Darmkrebs-Vorsorge automatisierbar<br />
Das Referenzinstitut für Bioanalytik<br />
– wir sichern Ihre Qualität!<br />
INSTAND e.V., Gesellschaft zur<br />
Förderung der Qualitätssicherung in<br />
medizinischen Laboratorien<br />
Kreisklinikum Siegen mit einer der<br />
modernsten Zentralen Patientenaufnahmen<br />
Deutschlands ausgestattet<br />
31<br />
37 Lesezeichen:<br />
Hinweise auf aktuelle medizinische<br />
Fachliteratur<br />
38<br />
100 Jahre Institut für Klinische<br />
Chemie Mannheim<br />
39<br />
Erfolg in Deutschland –<br />
ARCHITECT-Modul Nr. 10.000 in<br />
einem deutschen Labor<br />
39<br />
© Archiv <strong>Abbott</strong>
Labor aktuell<br />
Ihre Bedürfnisse verstehen,<br />
Ihre Vorschläge anhören und umsetzen<br />
27<br />
Kontinuierliche Analyse zum Nutzen unserer Kunden durch die Verbesserung<br />
unserer Prozesse<br />
2008 hat <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong> eine Initiative zur Verbesserung<br />
der Kundenzufriedenheit gestartet, um sicherzustellen,<br />
dass wir Ihre Bedürfnisse und die Bedürfnisse<br />
Ihres Labors erkennen.<br />
Net Promotor Score (NPS)<br />
ist eine von Prof. Fred Reichheld* an der Harvard Universität<br />
entwickelte Befragungsmethode und stellt einen<br />
zuverlässigen Indikator für die Kundenzufriedenheit eines<br />
Unternehmens dar. Eine hohe Kundenzufriedenheit ist für<br />
Sie als unser Kunde und für uns als Anbieter von größter<br />
Bedeutung.<br />
Ziel ist es, durch fortlaufende Befragungen die Prozesse<br />
zwischen unseren Kunden und <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong><br />
detailliert zu analysieren. Hierauf aufbauend werden<br />
weitere Verbesserungen erarbeitet und implementiert. Im<br />
Namen von <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong> rufen Mitarbeiter einer<br />
Umfrage-Agentur unsere Kunden an, um zu erfahren, ob<br />
sie mit den verschiedenen Bereichen unseres Unternehmens<br />
zufrieden sind. Hierbei wird die Zufriedenheit mit der<br />
technischen Unterstützung, der Verkaufsberatung, der<br />
Qualität und der Zustellung unserer Produkte erfragt. Ihre<br />
Ideen, Verbesserungsvorschläge und Bedenken werden<br />
von Kompetenzteams analysiert und Entscheidungen<br />
hinsichtlich der Umsetzung von Optimierungen getroffen.<br />
Wir hören Ihnen zu.<br />
Wie funktioniert NPS? Das Konzept von NPS ist eine<br />
direkte, ehrliche Beantwortung der „Ultimativen Frage“:<br />
„Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong><br />
einem Kollegen oder Freund weiterempfehlen?“<br />
In den vergangenen 24 Monaten hat unser Unternehmen<br />
rund 2400 Kunden in Deutschland kontaktiert und<br />
Abb. 1: Das Konzept von NPS<br />
wertvolle Rückmeldungen bekommen, wie die Zusammenarbeit<br />
weiter verbessert werden kann. In vielen Fällen<br />
wird nach der Befragung das persönliche Gespräch mit<br />
dem Kunden gesucht, um seine Bedürfnisse noch besser<br />
zu verstehen. Gemeinsam werden Lösungen für unsere<br />
Kunden erarbeitet, wobei der Fokus nicht nur auf das<br />
Produkt von <strong>Abbott</strong> <strong>Diagnostics</strong> gerichtet ist. Vielmehr<br />
wird der gesamte Prozess von der Abnahme der Blutprobe<br />
bis zur Ergebnisfreigabe mit der Fragestellung „Welche<br />
weiteren Dienstleistungen und Produktlösungen werden<br />
benötigt?“ betrachtet. Unser Ziel ist es, den Gesamtablauf<br />
immer weiter zu optimieren und gemeinsam mit unseren<br />
Kunden neue Wege zu definieren, um so effektiv und<br />
effizient wie nur möglich zu arbeiten. Viele Vorschläge und<br />
Ideen unserer Kunden konnten bereits erfolgreich implementiert<br />
werden. Grundsätzlich werden die Rückmeldungen<br />
unserer Kunden in zwei Bereiche unterteilt:<br />
Länderspezifische Punkte<br />
Als Beispiele seien hier die Erweiterung der Erreichbarkeit<br />
unseres telefonischen Kompetenzcenters, die Ablaufgeschwindigkeit<br />
Ihrer Bestellung oder die standortgenaue<br />
Anlieferung der Ware beim Kunden genannt. Zur Umsetzung<br />
der Verbesserungsvorschläge werden teilweise interne<br />
und externe Strukturen geändert – häufig sind es aber auch<br />
nur „Kleinigkeiten“, durch die Abläufe in der Zusammenarbeit<br />
mit unseren Kunden beeinträchtigt werden und die uns<br />
nicht direkt bekannt waren oder sind. Allein auf den Gebieten<br />
Service, Verkauf, Lieferung und Qualität sind in Deutschland<br />
mehr als 50 Kundenvorschläge umgesetzt worden.<br />
Globale Punkte<br />
Als Beispiele seien hier Anforderungen an Kontrollen, die<br />
Zuverlässigkeit unserer Systeme und die Entwicklung<br />
neuer Teste genannt. Vorschläge also, die weltweit<br />
anzugehen sind. Hierzu wurde ein „Customer Care<br />
Council“ gebildet – eine Projektgruppe, die sich mit den<br />
Anforderungen/Ideen unserer Kunden befasst und aus<br />
<strong>Abbott</strong>-Mitarbeitern der unterschiedlichsten Bereiche<br />
zusammengesetzt ist.<br />
24 Monate nach der Implementierung von Net Promotor<br />
Score wissen wir, dass NPS eine Investition in unsere<br />
Kunden und in unser Unternehmen ist. Wir freuen uns auf<br />
viele weitere wertvolle Verbesserungsvorschläge und<br />
Ideen von Ihnen, unseren Kunden.<br />
Vielleicht erhalten Sie schon bald einen Anruf …<br />
Wir hören Ihnen zu!<br />
<br />
*Prof. Fred Reichheld – Die ultimative Frage<br />
Verlag: Hanser Wirtschaft
28<br />
Das Produkt<br />
Syphilis – auch heutzutage<br />
noch ein Problem<br />
Abb. 1:<br />
Elektronenmikroskopische<br />
Aufnahme von<br />
Treponema<br />
pallidum, dem<br />
Erreger der<br />
Syphilis, auf<br />
einer Kultur<br />
Der Erreger der Syphilis, Treponema pallidum, ist ein<br />
dünnes Schraubenbakterium und gehört zur Familie der<br />
Spirochaetaceae (Abbildung 1). Für den Menschen ist es<br />
obligat pathogen, kann aber mit Penicillin behandelt<br />
werden. Am häufigsten wird T. pallidum durch direkte<br />
sexuelle Kontakte mit einer infizierten Person übertragen.<br />
Ebenfalls sehr wichtig ist die intrauterine Übertragung von<br />
einer infizierten Mutter auf ihr Kind zwischen dem 5. und<br />
dem 9. Monat. Übertragungen durch Bluttransfusionen<br />
und kontaminierte Gegenstände (z. B. Nadeln) sind selten.<br />
Eine Schwangere mit einer unbehandelten Syphilis infiziert<br />
höchstwahrscheinlich das Ungeborene. Infiziert sich die<br />
Mutter während der Schwangerschaft, beträgt die<br />
Übertragungsrate bis zu 100 %. Während der Schwangerschaft<br />
kann es bei infizierten Müttern in 25–30 % der<br />
Fälle zu Missbildungen des Fetus kommen und 40–70 %<br />
der Ungeborenen sind mit Syphilis infiziert. Einige Neugeborene<br />
mit einer kongenitalen Syphilis haben schon bei<br />
der Geburt Symptome. Die meisten jedoch entwickeln<br />
erst zwei Wochen bis drei Monate nach der Geburt die<br />
entsprechenden Symptome, wie z. B.: Hautulcera,<br />
Exantheme, Fieber, geschwollene Leber/Niere, Gelbsucht,<br />
Anämie sowie verschiedene Deformationen.<br />
Der Krankheitsverlauf einer unbehandelten Syphilis lässt<br />
sich in vier Stadien einteilen. Die Inkubation dauert zwei<br />
bis drei Wochen und verläuft symptomlos. In der darauf<br />
folgenden Primärsyphilis (Lues I) zeigen sich erste Krankheitsmanifestationen<br />
am Ort des Eindringens (Ulcus<br />
durum, harter Schanker). Die sekundäre Syphilis (Lues II)<br />
zeigt systemische Manifestationen, z. B. durch Hautausschläge,<br />
Gelenk- und Muskelschmerzen. Bei unbehandelter<br />
und nicht spontan ausgeheilter Frühsyphilis können<br />
nach einer bis zu mehreren Jahren dauernden Phase<br />
ohne klinische Symptome (Lues latens) folgende Erscheinungen<br />
auftreten: kardiovaskuläre Veränderungen und<br />
tuberöse Hautveränderungen. Dies entspricht dann einer<br />
tertiären Syphilis (Lues III). Unter der Neurosyphilis werden<br />
die Manifestationen der Spätsyphilis (Lues IV) im zentralen<br />
Nervensystem verstanden. Die späte Syphilis zeigt sich<br />
nach mehreren Jahren durch neurologische Läsionen<br />
oder syphilitische Meningitis.<br />
In Deutschland findet man die höchste Syphilisinzidenz in<br />
den Städten. Syphilis ist die zweithäufigste meldepflichtige<br />
Geschlechtskrankheit. Seit dem Jahr 2004 stabilisieren<br />
sich die Meldezahlen bundesweit auf einem Niveau<br />
zwischen 3000 und 3500 Fällen pro Jahr. Männer sind<br />
+<br />
Inkubation<br />
Mit rekombinanten Treponemapallidum<br />
(TP)-Antigenen<br />
(TpN15, TpN17, TpN47)<br />
beschichtete Mikropartikel<br />
Patientenprobe mit<br />
Antikörpern gegen TP<br />
+<br />
Inkubation<br />
Waschschritt<br />
Waschschritt<br />
Akridinium-markiertes Konjugat<br />
(Anti-Human-IgG und Anti-Human-IgM)<br />
Abb. 2: Testprinzip des<br />
ARCHITECT Syphilis TP Assay<br />
Pre-Trigger/Trigger<br />
Chemilumineszenz-Reaktion
Das Produkt<br />
29<br />
S/CO, Index<br />
ARCHITECT Syphilis TP vs. TPPA<br />
22.0<br />
ARCHITECT Syphilis TP<br />
20.0<br />
TPPA<br />
18.0<br />
16.0<br />
14.0<br />
12.0<br />
10.0<br />
3.0<br />
2.5<br />
2.0<br />
1.5<br />
Grenzwert<br />
1.0<br />
0.5<br />
0.0<br />
0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
Zeit (Monate)<br />
Abb. 3: Der ARCHITECT Syphilis TP Assay<br />
zeigt den gleichen Verlauf wie der TPPA-Test<br />
an, nur mit höheren Signalen.<br />
deutlich häufiger betroffen als Frauen (7,3 Männer und 0,6<br />
Frauen pro 100.000 Einwohner). Hauptursachen dafür<br />
sind die Globalisierung der Prostitution sowie Koinfektionen<br />
mit dem Humanen Immunschwäche-Virus (HIV).<br />
Die Diagnose einer Syphilis ist ein komplexer Prozess, da<br />
die frühen Symptome denen von anderen Erkrankungen<br />
sehr ähnlich sind. Sexuell aktive Personen sollten bei<br />
aufgetretenem Exanthem und Wunden/Schmerzen im<br />
Genitalbereich einen Arzt aufsuchen. Jede Person, die<br />
aufgrund einer anderen sexuell übertragenen Infektion wie<br />
Gonorrhoe behandelt wird, sollte auch auf Syphilis<br />
getestet werden, um eine entsprechende Infektion<br />
auszuschließen.<br />
Drei Wege zur Diagnose einer Syphilis-Erkrankung<br />
Erkennung von Krankheitszeichen und Symptomen<br />
Untersuchung einer Blutprobe<br />
Direktnachweis des Erregers unter dem Mikroskop<br />
Der Arzt bedient sich gewöhnlich aller drei Methoden, um<br />
eine Syphilis und das entsprechende Stadium zu diagnostizieren.<br />
Die Serodiagnostik ermöglicht den Nachweis einer<br />
Infektion, auch wenn diese bis zu drei Monate nach<br />
Infektion zu einem falsch-negativen Ergebnis führen kann.<br />
Falsch-positive Ergebnisse sind ebenfalls möglich. Aus<br />
diesem Grund werden gewöhnlich zwei Tests eingesetzt.<br />
Die Interpretation der Testergebnisse bei Syphilis kann<br />
manchmal schwierig sein und eine Testwiederholung<br />
erforderlich machen, um eine Diagnose zu bestätigen.<br />
ARCHITECT Syphilis TP Assay<br />
Der ARCHITECT Syphilis TP Assay ist ein Chemilumineszenz-Mikropartikelimmunoassay<br />
(CMIA) zum qualitativen<br />
Nachweis von IgM- und IgG-Antikörpern gegen Treponema<br />
pallidum (TP) in Humanserum oder -plasma mit dem<br />
ARCHITECT iSystem (Abbildung 2). Der Test liefert<br />
vollautomatisch schnelle und zuverlässige Ergebnisse bei<br />
verschiedenen Laborkonstellationen und dient zur Diagnose<br />
einer Syphilis-Erkrankung. Einsetzbar ist der<br />
ARCHITECT Syphilis TP Assay für das Screening von<br />
Blutspendern, Schwangeren und Krankenhauspatienten.<br />
Die Sensitivität des Assays beträgt 100 % und die<br />
Spezifität bei zufällig ausgewählten Blutspendern und<br />
Klinikpatienten 99,91 %.<br />
Die Leistungsdaten des Architect Syphilis TP Assays sind<br />
exzellent und vergleichbar mit TPPA (Abbildung 3) und<br />
Murex ICE Syphilis, aber mit dem Vorteil der völligen<br />
Automation.<br />
Seit dem 1. April 2010 ist die Mutterschaftsvorsorge<br />
hinsichtlich der Testung auf Syphilis erweitert. Kumulativ<br />
bzw. alternativ kann der Antikörpernachweis dann auch<br />
mittels TPPA-Test und/oder Immunoassay durchgeführt<br />
werden.<br />
Für den ARCHITECT Syphilis TP Assay gelten laut KBV<br />
folgende Abrechnungsziffern:<br />
in der Mutterschaftsvorsorge unter der Ziffer: 01800<br />
(125 Punkte)<br />
in der Routine unter der Ziffer: 32566 (4,60 €). <br />
Produktname Beschreibung Bestellnummer<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Reagenzienpackung<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Reagenzienpackung<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Kalibrator<br />
ARCHITECT Syphilis<br />
TP Kontrollen<br />
1 x 100 Tests 8D06-27<br />
1 x 500 Tests 8D06-37<br />
1 Fläschchen (4 ml) 8D06-02<br />
2 Fläschen (positiv<br />
und negativ, 8 ml)<br />
8D06-11<br />
© CDC/Dr. David Cox
30 Labor aktuell<br />
Neue Richtlinie der Bundesärztekammer<br />
zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer<br />
Untersuchungen<br />
Seit 1. April 2010 ist die Anwendung der Regeln der<br />
neuen Richtlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung<br />
laboratoriumsmedizinischer Untersuchungen<br />
verpflichtend. Inzwischen zeigt sich, dass die Umsetzung<br />
des allgemeinen Teils A, aber auch des speziellen Teils B1<br />
für die interne und externe Qualitätssicherung von quantitativen<br />
Methoden in der Praxis einen tiefgreifenden Eingriff<br />
in die Laborroutine darstellt, der nicht immer problemlos<br />
zu bewerkstelligen ist.<br />
Die Implementierung des im Teil A der Richtlinie geforderten<br />
Qualitätsmanagement-Systems stellt gerade für bisher<br />
nicht akkreditierte Laboratorien eine große Herausforderung<br />
dar. Die Beschreibung aller für das Labor relevanten<br />
Prozesse und der Aufbau einer Dokumentenlenkung ist<br />
häufig begleitet von Änderungen in der EDV-Struktur<br />
(Hard- und Software) und verlangt den Labormitarbeitern,<br />
die ja zwischenzeitlich den laufenden Routinebetrieb<br />
abwickeln müssen, viel Geduld und Engagement ab.<br />
Auch der Teil B hat seine „Stolpersteine“. Besonders die<br />
Klassifizierung einer Methode – ist sie quantitativ und<br />
muss sie unter die Regelungen von Teil B1 eingeordnet<br />
werden? – ist nicht immer einfach. Ausgangspunkt für die<br />
Einordnung muss hier zuerst die vom Hersteller des<br />
Testverfahrens festgelegte Zweckbestimmung sein. In<br />
zweiter Linie ist dann die Art des Berichts bzw. ärztlichen<br />
Befundes für die Einordnung bestimmend, wobei gilt,<br />
dass ein Abweichen von der Zweckbestimmung dann<br />
unkritisch ist, wenn aus einem quantitativen Messergebnis<br />
ein qualitativer Bericht/Befund erzeugt wird. Als Beispiel<br />
sei hier Anti-HBs angeführt. Die Herstellerzweckbestimmung<br />
weist den Test als quantitatives Verfahren aus. Das<br />
Methode<br />
Kontrolle<br />
Zielwert<br />
Zielbereich<br />
Mittelwert Labor<br />
Laborinterne<br />
Fehlergrenze<br />
Kontrollperiode<br />
Wertelage<br />
Anzahl Werte unterhalb<br />
97,1 U/l<br />
Immunturbidimetrische Bestimmung<br />
der CK-MB<br />
Level I<br />
102 U/l<br />
81, 3 U/l–122 U/l<br />
97,9 U/l<br />
97,1 U/l–106,9 U/l<br />
3 Kontrollzyklen<br />
93,7 U/l–100,7 U/l<br />
19 von 60 Werten = 31,7 %<br />
Tabelle 1: Laborinterne Fehlergrenze für die CK-MB-<br />
Bestimmung<br />
Ergebnis der Testung wird in IU/ml dargestellt. Wird also<br />
das Testergebnis für einen Patienten mit 125 IU/ml<br />
weitergegeben, ist die Methode klar als quantitativ<br />
klassifiziert und die Regelungen für die interne Qualitätskontrolle<br />
sind dem Teil B1 zu entnehmen. Wird das<br />
Ergebnis im Bericht/Befund aber dargestellt als „ca. 125<br />
IU/ml oder Bereich 120 bis 130 IU/ml oder > 100 IU/ml“,<br />
unter Umständen noch ergänzt durch den Hinweis<br />
„Impfschutz liegt vor“, handelt es sich um eine qualitative<br />
Berichts-/Befunddarstellung, und damit sind die Vorgaben<br />
des Rili-BÄK-Teils B1, der ja für quantitative Methoden<br />
gilt, nicht anwendbar.<br />
Eine weitaus größere Herausforderung für die Bewertung<br />
der quantitativen Analytik stellt sich für die sogenannten<br />
Nicht-Tabelle-B1-Parameter. Hier müssen nach den<br />
Vorgaben laborinterne Fehlergrenzen ermittelt werden und<br />
die interne Qualitätssicherung erfolgt dann in der Kontrollperiode<br />
gegen diese selbst ermittelten Warngrenzen. Die<br />
neue Berechnungsformel zur Ermittlung der laborinternen<br />
Fehlergrenzen (delta max) beinhaltet als wichtiges Korrekturglied<br />
einen Erweiterungsfaktor (assoziiert mit der<br />
Standardabweichung) von 3, um ein „Zuengstellen“ der<br />
laborinternen Grenzen zu verhindern. Praktischerweise<br />
liegen jedoch die Schwierigkeiten in der Analytik häufig<br />
nicht bei der Unpräzision, sondern bei den Messunsicherheiten<br />
in der Festlegung der Kontrollzielwerte. Das<br />
Beispiel in Tabelle 1 soll dies verdeutlichen.<br />
Die Berechnung der mittleren quadratischen Messabweichung<br />
am Ende eines Kontrollzyklus zeigte in zwei Fällen<br />
eine Verletzung des QMMA und führte zur Sperrung der<br />
Methode. Das Verfahren konnte nur nach einer erneuten<br />
Ermittlung der laborinternen Fehlergrenze, die dann einen<br />
Mittelwert von 97,4 U/l und die LIF (Laborinterne Fehlergrenze)<br />
mit dem Bereich 95,9 bis 108,1 U/l darstellte,<br />
wieder für die Analyse von Patientenproben eingesetzt<br />
werden.<br />
Bei dieser Methodik ist eine Abweichung vom Zielwert<br />
des Kontrollhersteller von 4 U/l (3,9 %) analytisch und<br />
klinisch ebenso unkritisch wie der Gesamtfehler, trotzdem<br />
wird das Labor letztendlich gezwungen, viel Zeit und<br />
Arbeit in die permanente Korrektur der LIF zu investieren.<br />
Da dies eine Vielzahl von quantitativen Analysen betrifft, ist<br />
es sicher notwendig, die Berechnung und die Regelvorgabe<br />
erneut auf den Prüfstand zu stellen, um unnötige<br />
Mehrbelastung/Kosten für die Laboratorien und eventuell<br />
überzogene analytische Anforderungen an die verwendeten<br />
Methoden zu vermeiden.
Labor aktuell<br />
31<br />
Neuer diagnostischer Ansatz<br />
bei der akuten Nierenschädigung<br />
Sinkender Blutdruck<br />
oder verminderte Blutversorgung<br />
der Nieren<br />
Kardiopulmonarer<br />
Bypass (CPB)<br />
Abb. 1: Häufige Ursachen für AKI<br />
Nierenschädigende<br />
Substanzen<br />
Schwere<br />
Erkrankungen<br />
Dass die akute Nierenschädigung (AKI) eine häufige<br />
Komplikation bei Krankenhauspatienten ist, braucht<br />
eigentlich nicht mehr diskutiert zu werden. Als meist<br />
schnell fortschreitende, jedoch potenziell reversible<br />
Einschränkung der Nierenfunktion mit Akkumulation<br />
harnpflichtiger Stoffe im Blut ist die AKI eine wesentliche<br />
Einflussgröße auf Mortalität und Morbidität im Rahmen<br />
der Intensivmedizin. Zahlreiche Datenerhebungen zeigen<br />
eindeutig, dass die Inzidenz der akuten Nierenschädigung<br />
in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen hat,<br />
z. B. allein zwischen 1996 und 2003 um 50 % bzw. 60 %<br />
(Nierenschädigung mit bzw. ohne Dialysepflicht). Viele<br />
Menschen sterben nicht mit einer, sondern an einer<br />
akuten Nierenschädigung.<br />
Die Therapieoptionen zur Behandlung einer akuten<br />
Nierenschädigung sind zurzeit noch eher beschränkt, vor<br />
allem da durch die herkömmliche Diagnostik mittels<br />
Kreatinin eine Schädigung viel zu spät erkannt wird. Um<br />
aber die bestehenden Therapieansätze optimal nutzen zu<br />
können, ist die möglichst frühe Diagnose einer akuten<br />
Nierenschädigung umso wichtiger.<br />
In den letzten Jahren sind verschiedene Biomarker<br />
hinsichtlich ihres Stellenwerts für die Frühdiagnose einer<br />
akuten Nierenschädigung untersucht worden. Ein vielversprechender<br />
Marker, der seit Kurzem auch als diagnostischer<br />
Parameter für die klinische Routine verfügbar ist, ist<br />
das Protein Neutrophilen Gelatinase-assoziiertes Lipocalin<br />
(NGAL). Als bestuntersuchter Biomarker steht NGAL jetzt<br />
auch als vollautomatische Messmethode für das ARCHI-<br />
TECT-System zur Verfügung.<br />
NGAL (Neutrophil Gelatinase associated Lipocalin)<br />
NGAL ist ein Mitglied der Proteinfamilie der Lipocaline, die<br />
auf die Bindung und den Transport kleiner hydrophober<br />
Moleküle spezialisiert sind. Als wichtigste biologische<br />
Funktion von NGAL wird die Hemmung des Bakterienwachstums<br />
durch Eisenentzug angesehen. Doch auch für<br />
die Niere selbst ist NGAL von Bedeutung, da ihm nierenprotektive<br />
Wirkung zugeschrieben wird. In den Epithelzellen<br />
der Nierentubuli wird NGAL unter Stresseinwirkung<br />
vermehrt gebildet. Die NGAL-Freisetzung, messbar in Urin<br />
und Serum, erfolgt sehr schnell und korreliert eng mit dem<br />
Grad der Schädigung, sie zeigt einen bis zu 1000-fachen<br />
Anstieg verglichen mit der Freisetzung des intakten<br />
Organs. Das in der Niere gebildete NGAL wird zum<br />
Großteil in den Urin abgegeben (renaler Pool), während<br />
entfernte Organe wie Lunge und Leber, die bei einer<br />
Schädigung der Niere ebenfalls zur NGAL-Produktion<br />
veranlasst werden, ihre NGAL-Proteine dem Blutkreislauf<br />
zuführen.<br />
ARCHITECT Urin NGAL<br />
ARCHITECT Urin NGAL ist ein Chemilumineszenz-<br />
Mikropartikel-Immunoassay (CMIA) zur quantitativen<br />
Bestimmung von Neutrophilen Gelatinase-assoziiertem<br />
Lipocalin (NGAL) in Humanurin. Der NGAL-Test dient zur<br />
Methode<br />
Chemilumineszenz-Mikropartikel-Immunoassay<br />
(CMIA)<br />
Antikörper<br />
Maus, monoklonal (Mikropartikel<br />
und Konjugat)<br />
Zeit bis zum ersten Ergebnis 35 min<br />
Durchsatz<br />
Bis zu 100 Tests/h<br />
Verdünnung<br />
1:4, automatisch für Proben<br />
> 1500 ng/ml<br />
Kalibratoren 0, 10, 100, 500, 1000,<br />
1500 ng/ml<br />
Kontrollen 20, 200, 1200 ng/ml<br />
Standardisierung<br />
Kein international anerkannter<br />
Standard verfügbar; Verwendung<br />
von rekombinanten NGAL<br />
für Kalibratoren und Kontrollen<br />
Probenart<br />
Humaner Urin; vor Messung bei<br />
> 400 x g für 5 min zentrifugieren<br />
Lagerung<br />
bei -70°C oder kälter<br />
Reagenzstabilität<br />
30 Tage im Gerät<br />
Kalibrationsstabilität Mindestens 30 Tage<br />
Präzision<br />
< 10 % Gesamt-VK<br />
Analytische Sensitivität ≤ 10 ng/ml*<br />
Normalbereich<br />
132 ng/ml* (95. Perzentile;<br />
Probanden mit Kreatinin 0,7 bis<br />
< 1,5 mg/dl und einer Urinprotein/Urinkreatinin-Ratio<br />
< 200<br />
mg/g; N = 196)<br />
* Repräsentative Daten; die Ergebnisse einzelner Labors<br />
können von diesen Daten abweichen.
32 Labor aktuell<br />
In-vitro-Bestimmung von humanem NGAL im Urin als<br />
Marker einer akuten Nierenschädigung. ARCHITECT Urin<br />
NGAL ist der erste vollautomatisierte Test zur Früherkennung<br />
der akuten Nierenschädigung. Der Test ist schnell,<br />
das erste Ergebnis liegt nach 35 min vor. Der Durchsatz<br />
beträgt bis zu 100 Tests/h, so dass auch ein hohes<br />
Testaufkommen problemlos bewältigt werden kann.<br />
Durch das automatische Verdünnungsprotokoll ist auch<br />
die schnelle Bestimmung sehr hoher Proben (bis 6000 ng/<br />
ml) leicht möglich. Es kommen nur Fertigreagenzien zum<br />
Einsatz, es sind keinerlei Vorbehandlungen nötig.<br />
Die bislang vorliegenden Studien zeigen für die NGAL-<br />
Bestimmung sowohl eine hohe Sensitivität wie auch eine<br />
hohe Spezifität für die Früherkennung einer akuten<br />
Nierenschädigung. Durch die sehr schnelle und starke<br />
NGAL-Freisetzung ist schon 1–2 h nach Beginn der<br />
akuten Nierenschädigung deren zuverlässiger Nachweis<br />
möglich. Darüber hinaus steht dem Anwender durch die<br />
Integration von Immunologie und Klinischer Chemie das<br />
komplette Menu für die Nierendiagnostik zur Verfügung:<br />
NGAL, Cystatin C, Serumkreatinin. Zusätzlich bietet das<br />
ARCHITECT-System eine breite Produktpalette in der<br />
Immunologie und der Klinischen Chemie.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Früherkennung<br />
der akuten Nierenschädigung mittels neuer<br />
Biomarker notwendig ist, um<br />
Morbidität und Mortalität durch ein besseres Patientenmanagement<br />
zu senken<br />
neue Therapien zu entwickeln<br />
die hohen Kosten des derzeitigen unzulänglichen<br />
AKI-Managements zu senken.<br />
<br />
Mit dem neuen Septin-9-Bluttest wird<br />
Darmkrebs-Vorsorge automatisierbar<br />
Das Realtime-PCR-Angebot von <strong>Abbott</strong> Molecular wurde um einen neuen Test –<br />
erstmalig aus dem Bereich Onkologie – erweitert: Jetzt steht der weltweit erste<br />
molekulardiagnostische Test zum Darmkrebs-Nachweis in Blut zur Verfügung.<br />
Der <strong>Abbott</strong> RealTime mS9 Colorectal Cancer Assay basiert auf dem Nachweis von<br />
methylierter Septin-9-DNA im Blut. Klinische Fallstudien belegen, dass methylierte<br />
Septin-9-DNA als Biomarker für die sensitive und spezifische Detektion von<br />
kolorektalen Karzinomen einsetzbar ist (Devos et al., Clin. Chem. 2009).<br />
Jedes Jahr wird in Europa bei mehr als 400.000 Patienten<br />
ein kolorektales Karzinom diagnostiziert (Ferlay J. et<br />
al., Ann. Oncol. 2007). In Deutschland ist Darmkrebs die<br />
zweithäufigste Krebsneuerkrankung bei Männern und<br />
Frauen. Er entsteht aus Polypen, meist gutartigen Wucherungen<br />
der Darmschleimhaut. In seltenen Fällen können<br />
diese Polypen im Laufe von sechs bis zehn Jahren zu<br />
bösartigen, schwer heilbaren Tumoren entarten. In diesen<br />
Jahren sind Symptome selten. Dabei kann Darmkrebs<br />
meist geheilt werden, wenn er früh genug erkannt wird.<br />
Bei frühzeitiger Erkennung und Diagnose beträgt die<br />
Fünf-Jahre-Überlebensrate 90 % bei Patienten mit<br />
kolorektalen Karzinomen des Stadiums I (Levin B. et al.,<br />
CA Cancer J. Clin. 2008).<br />
Abb. 1: Eine einfache Blutentnahme beim Arzt genügt<br />
Leider nehmen bei Weitem noch nicht alle Personen über<br />
50 Jahren an der Darmkrebs-Vorsorge teil (Imperiale, T.F.<br />
Ann Intern. med. 2007). Der Aufwand und die unangenehmen<br />
Begleiterscheinungen derzeitiger Früherkennungsmethoden<br />
– darunter der Test auf okkultes Blut im
Labor aktuell<br />
33<br />
Abb. 2: Das <strong>Abbott</strong><br />
m2000-System für die<br />
RealTime-PCR<br />
Stuhl (FOBT) – sind häufi g die Ursache. Folglich werden<br />
die meisten Krebsfälle erst in fortgeschrittenen Stadien<br />
nachgewiesen, wenn bereits Symptome aufgetreten und<br />
die Überlebenschancen stark gesunken sind.<br />
Diese Situation kann durch einen neuen einfachen<br />
Bluttest für die Früherkennung von Darmkrebs deutlich<br />
verbessert werden.<br />
Der Test basiert auf dem Nachweis von methylierter<br />
Septin-9-DNA in Blutplasma. Die Methylierung der<br />
Promotor-Region des Septin-9-Gens, die auch als<br />
epigenetische Modifi kation bezeichnet wird, fi ndet man<br />
bei der Mehrheit der im Darm und Rektum ansässigen<br />
Tumore. Da Tumore DNA in den Blutstrom abgeben, ist<br />
der Nachweis von zirkulierender methylierter Septin-9-<br />
DNA ein verlässlicher Indikator für eine akute Darmkrebserkrankung<br />
(Lofton-Day C. et al., Clin. Chem. 2008;<br />
Grützmann R. et al., PloS ONE 2008).<br />
Mit dem m2000-System von <strong>Abbott</strong> Molecular ist dieser<br />
Septin-9-Nachweis automatisiert durchführbar und wird<br />
damit den Ansprüchen eines modernen molekulardiagnostischen<br />
Labors gerecht: Die DNA wird auf dem<br />
m2000sp automatisch extrahiert, einer Bisulfi t-Konvertierung<br />
unterzogen und erneut auf dem m2000sp automatisch<br />
gereinigt. Die anschließenden Schritte Amplifi kation,<br />
Stadium des<br />
kolorektalen<br />
Karzinoms<br />
Anzahl der<br />
getesteten<br />
Proben<br />
Anzahl der<br />
Detektionen<br />
Detektionsrate<br />
(%)<br />
I 25 13 52<br />
II 25 19 76<br />
III 25 19 76<br />
IV 8 8 100<br />
Detektion und Ergebnisvalidierung erfolgen auf dem<br />
<strong>Abbott</strong> m2000rt.<br />
Erste Studienergebnisse bescheinigen dem Test eine<br />
hohe Spezifi tät von 99 % und eine gute Sensitivität<br />
(Tab. 1). Eine umfassendere Datenbasis wird derzeit in<br />
einer multinationalen klinischen Studie an Tausenden von<br />
Patienten erstellt (PRESEPT Study).<br />
Der Test wurde so einfach und so patientenfreundlich wie<br />
möglich konzipiert: Beim Arzt wird eine Blutprobe entnommen<br />
und in ein molekulardiagnostisches Labor<br />
geschickt. Das ist alles.<br />
Sollte der Bluttest positiv sein, so ist in jedem Fall eine<br />
Darmspiegelung anzuschließen, um das Vorhandensein<br />
von Darmkrebs oder Vorstufen<br />
sicher ein- oder auszuschließen.<br />
Der Test ersetzt<br />
keine Darmspiegelung.<br />
Der Septin-9-Bluttest wurde<br />
mit dem Ziel entwickelt, die<br />
Bereitschaft zur Darmkrebs-<br />
Vorsorge in der Bevölkerung<br />
zu erhöhen.<br />
Mit der von <strong>Abbott</strong> Molecular<br />
angebotenen Automatisierung<br />
des Tests wird eine<br />
Standardisierung der<br />
Darmkrebs-Vorsorge und<br />
ein breiterer Zugang ermöglicht<br />
– ein wertvoller Beitrag<br />
zur früheren Erkennung<br />
von Darmkrebs. <br />
Nachweis des neuen<br />
Biomarkers Septin 9<br />
im Blut.<br />
Darmkrebs-<br />
VORSORGE<br />
... so einfach!<br />
Tab. 1: Detektionsraten des <strong>Abbott</strong> RealTime mS9<br />
Colorectal Cancer Assays. Die Gesamtsensitivität der<br />
Prüfpopulation lässt sich durch Kombination der Sensi tivitäten<br />
für alle Stadien berechnen: 71 %.<br />
Abb. 3: Darmkrebs-<br />
Vorsorge unbedingt ab<br />
50 Jahren
34 Labor aktuell<br />
Das Referenzinstitut für Bioanalytik –<br />
wir sichern Ihre Qualität!<br />
Medizinische Laboruntersuchungen haben in<br />
unserem Gesundheitssystem einen hohen Stellenwert.<br />
Dabei ist die Qualität des Untersuchungsergebnisses von<br />
vergleichbarer Relevanz wie die Beurteilung des Laborwertes<br />
selbst. Insbesondere die analytische Qualität steht<br />
dabei im Vordergrund. Deren strikte Kontrolle obliegt den<br />
von der Bundesärztekammer (BÄK) benannten unabhängigen<br />
Instituten.<br />
Voraussetzungen für die Benennung durch die BÄK ist die<br />
Akkreditierung nach DIN EN ISO 17020 und nach ILAC<br />
G13, welche die Kompetenz als Inspektionsstelle und als<br />
Anbieter von Ringversuchen, die Verfügbarkeit von<br />
akkreditierten Referenzlaboratorien und die Unabhängigkeit<br />
von Diagnostikaherstellern bescheinigt.<br />
Das Referenzinstitut für Bioanalytik (RfB) in Bonn, dessen<br />
Träger die Stiftung für Pathobiochemie und Molekulare<br />
Diagnostik der DGKL e.V. ist, ist eines von bisher zwei<br />
Instituten, das von der Bundesärztekammer mit der<br />
Durchführung der externen Qualitätskontrolle medizinischer<br />
Laboratorien in Deutschland beauftragt wurde.<br />
Gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer zur<br />
Qualitätssicherung laboratoriummedizinischer Untersuchungen<br />
führt das RfB für alle Bereiche der klinischchemischen<br />
Analytik externe Qualitätskontrollen durch.<br />
Diese umfassen Ringversuche für die Bestimmung von<br />
klassischen Analyten aus Serum, Urin, Liquor und Blut,<br />
wie z. B. Hormone, Arzneimittel, Tumormarker und<br />
hämatologische Messgrößen, aber auch eine große Zahl<br />
von Ringversuchen für spezielle Messgrößen, z. B. aus<br />
dem Bereich der Allergologie, der Bakteriologie, des<br />
Drogenscreenings, der Entzündungsmarker oder der<br />
HM4/09<br />
Freies T4<br />
Fluoreszenzmessung - Kit 4<br />
Split 1<br />
RfB<br />
Rheumadiagnostik, um nur einige von ca. 50 unterschiedlichen<br />
Ringversuchen zu nennen. Das Angebot an<br />
Ringversuchen wird dabei ständig erweitert und auf<br />
andere diagnostische Gebiete ausgedehnt. Da Kontrollproben<br />
im eigenen Labor präpariert werden können,<br />
besteht ferner die Möglichkeit, besonderes Probenmaterial<br />
für einen kleinen Kreis von interessierten Laboratorien<br />
anbieten zu können. Das RfB-Kontrollmaterial ist in der<br />
Regel den nativen Patientenproben sehr ähnlich. Dadurch<br />
können Einflüsse z. B. der Probenmatrix auf einzelne<br />
Messmethoden erkannt werden.<br />
Für eine große Anzahl von Messgrößen werden die<br />
Analytkonzentrationen mit definitiven Verfahren, den<br />
Referenzmethoden, in nach den internationalen Standards<br />
17025 und 15195 durch den Deutschen Kalibrierdienst<br />
akkreditierten Referenz- und Kalibrierlaboratorien an den<br />
Universitätsklinika in Bonn und Hannover bestimmt. Für<br />
die meisten dieser Messgrößen (z. B. Steroidhormone,<br />
Glucose, Cholesterin, Triglyceride, Kreatinin) erfolgt die<br />
Ermittlung der Referenzwerte mittels massenspektrometrischer<br />
Isotopenverdünnungsanalyse (IDMS).<br />
Basierend auf diesen verfahrensunabhängigen Zielwerten<br />
werden die Auswertungen in den Ringversuchen vorgenommen.<br />
Häufig können nur dadurch Fehler einer Messmethode,<br />
wie Unspezifität oder eine falsche Kalibration,<br />
aufgedeckt werden.<br />
Die innovative Darstellung der Ringversuchsauswertungen<br />
auf der Website (www.dgkl-rfb.de), die für jeden Interessierten<br />
zugänglich ist, erlaubt einen schnellen Zugriff auf<br />
aussagekräftige Darstellungen aller Ergebnisse und<br />
ermöglicht so die Einschätzung der Qualität der im<br />
eigenen Labor verwendeten Methode im Vergleich zu<br />
anderen Verfahren und gibt einen umfassenden Überblick<br />
über die Marktsituation (auch neuerer Analytik).<br />
Autoren:<br />
Dr. Rolf Kruse, Dr. Wolf-Jochen Geilenkeuser<br />
Referenzinstitut für Bioanalytik<br />
Im Mühlenbach 52 a, 53127 Bonn<br />
www.dgkl-rfb.de<br />
<br />
Teilnehmer ausgewählt 71<br />
Zielwert 17,8 13,7<br />
Grenzen 13,5 - 22,1 10,4 - 17,0<br />
Mittelwert 17,82 13,62<br />
Standardabweichung 0,832 0,807<br />
Variationskoeffizient 4,67 5,93<br />
Abb. 1: Um auch die eigene Qualität zu sichern bzw. das erworbene<br />
Wissen um die Qualitätssicherung weiterzugeben, ist das RfB in<br />
internationale Standardisierungsaktivitäten eingebunden, wird durch<br />
Mitglieder seines Wissenschaftlichen Beirats in zahlreichen nationalen<br />
und internationalen Gremien (IFCC, JCTLM, DIN, CEN, ISO, ZLG)<br />
vertreten und fördert Projekte zur Standardisierung und Qualitätssicherung<br />
von In-vitro-Untersuchungen.<br />
Zahlreiche Laboratorien sowie kooperierende Fachgesellschaften aus<br />
dem In- und Ausland schätzen die Kompetenzen der renommierten<br />
Fachexperten sowie den Service und die Schnelligkeit des RfB und<br />
nutzen nicht zuletzt deshalb regelmäßig das breite Angebot an unseren<br />
Ringversuchen.
Labor aktuell<br />
INSTAND e.V., Gesellschaft zur Förderung<br />
der Qualitätssicherung in medizinischen<br />
Laboratorien<br />
Abb. 1: INSTAND e.V., Ubierstr. 20, 40223 Düsseldorf, www.instand-ev.de<br />
INSTAND e.V. ist eine interdisziplinäre, gemeinnützige,<br />
wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft mit 300<br />
Mitgliedern.<br />
Das Ziel von INSTAND e.V. ist die Förderung der Forschung<br />
in der Qualitätssicherung und die Verbesserung<br />
der Patientenversorgung durch Verbesserung der analytischen<br />
Zuverlässigkeit und deren Bewertung. Die externe<br />
Qualitätssicherung im medizinischen Laboratorium ist der<br />
Schwerpunkt der Tätigkeit. Dieses Ziel wird erreicht durch<br />
eigene Forschung, durch Mitarbeit in Standardisierungsorganisationen<br />
(DIN, ISO, CEN), durch Zusammenarbeit<br />
mit verschiedenen wissenschaftlichen medizinischen<br />
Fachgesellschaften und durch Zusammenarbeit mit<br />
wissenschaftlichen Dachorganisationen<br />
(AWMF, WASPaLM), durch Mitarbeit in<br />
den zuständigen Gremien der Bundesärztekammer,<br />
der Physikalisch-<br />
Technischen Bundesanstalt und<br />
anderen.<br />
Logo der WHO<br />
Wegen der Fortbildungstätigkeit auf<br />
nationaler und internationaler Ebene<br />
sowie aufgrund der intensiven Bemühungen,<br />
den Aufbau der Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer<br />
Analysen auch in Entwicklungsländern<br />
zu fördern, ist INSTAND e.V. seit 1994 WHO Collaborating<br />
Centre for Quality Assurance and Standardization in Laboratory<br />
Medicine. Als wichtigste Aufgaben sind hier die<br />
Durchführung kostenloser Ringversuche in der Infektionsserologie<br />
für Entwicklungsländer und die Unterstützung<br />
der Entwicklungsländer bei der Einführung von Qualitätssicherungssystemen<br />
zu nennen.<br />
35<br />
In Deutschland beauftragte die Bundesärztekammer<br />
INSTAND e.V. als Referenzinstitution<br />
mit der Organisation und Bewertung von externen<br />
Ringversuchen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe<br />
unterhält INSTAND e.V. in Düsseldorf die Logistik<br />
für Ringversuche und Referenzlaboratorien<br />
zur Ermittlung von Zielwerten mit Referenzmessverfahren.<br />
Daneben bearbeiten die Laboratorien<br />
Forschungsprojekte, insbesondere in<br />
der Proteinanalytik mit Referenzmessverfahren<br />
(LC-MS/MS und LC-IDMS), deren Ergebnisse<br />
publiziert werden (z. B. Clin. Chem.).<br />
Auf der Basis der Zusammenarbeit mit der<br />
IFCC und der JCTLM wurden die Referenzlaboratorien<br />
von INSTAND e.V. durch die DKD<br />
akkreditiert.<br />
INSTAND e.V. veranstaltet seit 1968 Ringversuche<br />
im Rahmen der externen Qualitätssicherung<br />
auf dem Gebiet der Hämatologie und seit<br />
1970 in allen Bereichen der Laboratoriumsdiagnostik.<br />
Insgesamt werden etwa 200<br />
Ringversuche aus den einzelnen Bereichen der Laboratoriumsdiagnostik<br />
angeboten. In Ringstudien werden die<br />
methodologischen Probleme in medizinischen Laboratorien<br />
experimentell geprüft. Die meisten Ringversuche<br />
entstanden aus fachlichen Bedürfnissen, haben zum Teil<br />
rein wissenschaftlichen Charakter und werden auf freiwilliger<br />
Basis durchgeführt. Die Ringstudien werden finanziell<br />
von INSTAND e.V. unterstützt.<br />
INSTAND e.V. veranstaltet jährlich wissenschaftliche<br />
Tagungen (Konferenzen, Kolloquien, Symposien), deren<br />
Ergebnisse publiziert werden. Das nächste Symposium<br />
wird am 17. September 2010 in Düsseldorf stattfinden.<br />
INSTAND e.V. gibt seit 2009 im Portal<br />
der GMS eine wissenschaftliche<br />
Zeitschrift heraus: GMS – Zeitschrift zur<br />
Förderung der Qualitätssicherung in<br />
medizinischen Laboratorien. In der<br />
INSTAND-Schriftenreihe sind Monographien<br />
über Personalbedarf und Kosten, INSTAND-Logo<br />
Zielwertermittlungen, Methoden-,<br />
Reagenzien- und Geräteevaluation, über Qualitätssicherung,<br />
Spektrometrie, Blutzelldiagnostik, Liquordiagnostik,<br />
Größen und Einheiten und über GLM veröffentlicht.<br />
Autor:<br />
Prof. Dr. med. H. Reinauer<br />
INSTAND e.V.,<br />
Ubierstr. 20, 40223 Düsseldorf,<br />
www.instand-ev.de
36 Labor aktuell<br />
Kreisklinikum Siegen mit einer der<br />
modernsten Zentralen Patientenaufnahmen<br />
Deutschlands ausgestattet<br />
<strong>Abbott</strong> Point of Care rüstete die neue ZPA mit i-STAT aus<br />
Was das Kreisklinikum Siegen, Haus Hüttental, seit<br />
November 2009 vorzuweisen hat, ist in dieser Form in<br />
Deutschland selten zu finden: eine hochmoderne Zentrale<br />
Patientenaufnahme, die über direkt angegliederte Funktionsräume,<br />
eine Liegendanfahrt für den Rettungsdienst<br />
und fünf neue OPs in unmittelbarer Nähe verfügt. Mitten<br />
im Siegerland ist die Zukunft der Krankenhausarchitektur<br />
somit schon angebrochen. Insgesamt 15 Millionen Euro<br />
wurden in den Umbau und die Erweiterung investiert.<br />
4,6 Millionen Euro davon stellte das Land NRW über<br />
Fördermittel zur Verfügung. „Dem Kreisklinikum Siegen<br />
kann man zu dieser Pionierleistung nur gratulieren.<br />
Was dort hinsichtlich Ablauf- und Prozessoptimierung,<br />
Patientenorientierung und Modernisierung auf die Beine<br />
gestellt wurde, ist für Patienten und Mitarbeiter eine<br />
wirkliche Bereicherung“, meint Ludwig Rutten, Commercial<br />
Manager Central Europe von <strong>Abbott</strong> Point of Care.<br />
Das Kreisklinikum Siegen ist Lehrkrankenhaus der<br />
Universität Marburg.<br />
Im neuen dreigeschossigen Funktionsgebäude gibt es<br />
neben der Zentralen Patientenaufnahme einen Überwachungsbereich,<br />
die Radiologie mit einem 16-zeiligen CT,<br />
zwei 1,5-Tesla-MRTs und zwei neuen digitalen Direktradiographiegeräten<br />
sowie fünf OPs mit Nebenräumen, die<br />
Technikzentrale und Funktionsräume. Erreicht wird die<br />
neue Zentrale Patientenaufnahme per Liegendanfahrt von<br />
bis zu drei Rettungsfahrzeugen gleichzeitig. Da die alte<br />
Notaufnahme jedoch über kein eigenes Notfalllabor<br />
verfügte, hat sich der Chefarzt der Anästhesiologischen<br />
Klinik, Dr. Ulrich Nordmeyer, bei den neuen Räumlichkeiten<br />
für i-STAT von <strong>Abbott</strong> Point of Care entschieden.<br />
So können schon im Schockraum alle relevanten Notfall-<br />
Blutparameter von Notfallpatienten bestimmt und ein<br />
optimaler „clinical pathway“ geplant werden. „Mit i-STAT<br />
schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Mit dieser<br />
neuen Technologie können wir insbesondere polytraumatisierte<br />
Patienten mit schweren Blutungen und kardiologische<br />
Patienten mit Verdacht auf akuten Myokardinfarkt<br />
in kürzester Zeit labortechnisch in der Differentialdiagnostik<br />
verifizieren.<br />
Abb. 1: Haupteingang der Zentralen Patientenaufnahme<br />
Schon bei der Diagnostik trägt dieses Gerät dazu<br />
bei, dass in der gezielten Therapie kein Zeitverzug<br />
auftritt.<br />
Für die Implementierung der Point-of-Care-Diagnostik in<br />
der Zentralen Patientenaufnahme arbeiteten Gabriel<br />
Lagiewski, Implementierungsspezialist, und Kathrin<br />
Griegel, Account-Manager für i-STAT, mit allen relevanten<br />
Klinikabteilungen zusammen: Anästhesie, Klinik für Innere<br />
Medizin, Labor, EDV und Einkauf. So konnte sichergestellt<br />
werden, dass die am Patienten diagnostizierten Ergebnisse<br />
über die EDV-Anbindung der Geräte direkt im<br />
Labor-Informationssystem und damit in der elektronischen<br />
Patientendatei gespeichert werden. Im nächsten Schritt<br />
arbeitet Kathrin Griegel mit Dr. Ulrich Nordmeyer und dem<br />
Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Dr. Stefan Schanz,<br />
daran, auch im neuen Zentral-OP und auf der Intensivstation<br />
im Hauptgebäude i-STAT zu installieren. Dann wäre<br />
die patientennahe Diagnostik in allen zeitkritischen<br />
Abteilungen verfügbar.<br />
<br />
Abb. 2: Neue lichtdurchflutete,<br />
großzügige<br />
Eingangshalle<br />
Abb. 3: Einer der fünf<br />
OP-Bereiche in unmittelbarer<br />
Nähe der ZPA
Lesezeichen<br />
Hinweise auf aktuelle medizinische Fachliteratur<br />
Service mit System<br />
37<br />
Performance and clinical utility of a novel fully automated<br />
quantitative HCV-core antigen assay. Mede racke<br />
I., Wedemeyer H., Ciesek S., Steinmann E., Raupach<br />
R., Wursthorn K. et al. J. Virol. 2009; 46: 210–5.<br />
Eine HCV-Replikation wird meistens mit einer HCV-RNA-<br />
Bestimmung nachgewiesen. Die HCV-coreAg-Bestimmung<br />
wäre eine alternative Möglichkeit. Die vorliegende<br />
Studie beinhaltet Untersuchungen zur Klärung dieser<br />
Frage mit der neu eingeführten ARCHITECT-HCV-coreAg-<br />
Methode (<strong>Abbott</strong>), einem automatisierten Immunoassay. In<br />
118 Proben von 109 Patienten mit den Genotypen 1, 2<br />
und 3 wurden HCV-RNA (Cobas Taq-Man assay oder<br />
Amplicor-HCV-Monitor, Roche) und HCV-coreAg bestimmt.<br />
Der Pearson’sche Korrelationskoeffi zient betrug für<br />
die Vergleichsmessung 0,75. Die nach Genotypen getrennte<br />
Auswertung ergab praktisch identische Werte. Von<br />
den 118 HCV-RNA-positiven Werten waren sechs HCVcoreAg-negativ.<br />
Dies waren Proben von Patienten unter<br />
antiviraler Therapie mit niedriger Viruslast. Alle 75 Proben<br />
von zehn HCV-RNA-positiven Patienten einer Longitudinalstudie<br />
ohne Therapie waren auch HCV-coreAg-positiv. Die<br />
Untersuchung der Stabilität von HCV-RNA und HCVcoreAg<br />
in Plasma und Vollblut bei 4°, 20°, 37° C und 96 h<br />
Lagerungszeit ergab folgende Ergebnisse: HCV-coreAg<br />
war stabil in Plasma bei allen getesteten Temperaturen,<br />
HCV-RNA dagegen bei 37° C nicht. Lagerung in Vollblut<br />
ist weder für HCV-coreAg noch für HCV-RNA geeignet.<br />
HCV-coreAg blieb bei 1–5 Einfrier-/Auftau-Zyklen stabil.<br />
Nach den Versuchsergebnissen schlussfolgern die<br />
Autoren, dass die HCV-coreAg-Bestimmung zur Bestimmung<br />
der HCV-Infektiosität HCV-positiver Patienten und<br />
zum Monitoring der Viruslast nicht antiviral behandelter<br />
Patienten geeignet ist. Ob Therapiemonitoring möglich ist,<br />
muss durch weitere klinische Studien geklärt werden.<br />
Evaluation of the ARCHITECT Urin NGAL assay:<br />
Assay performance, specimen handling requirements<br />
and biological variability. Grenier F. C., Ali S.,<br />
Syed H., Workman R., Martens F. et al. Clin. Biochem.<br />
2010; doi: 10.1016/j.clinbiochem. 2009.12.008.<br />
In dieser Studie wurden die Zuverlässigkeitskriterien des<br />
ARCHITECT-Urin-NGAL-Tests, eines Chemilumineszenz-<br />
Sandwichimmunoassays, bestimmt. Die Impräsion wurde<br />
durch Messung von fünf selbst hergestellten Kontrollproben<br />
niedriger, mittlerer und hoher NGAL-Konzentration<br />
und unterschiedlicher Matrix durch zweimalige Messung<br />
pro Tag an 20 verschiedenen Tagen mit Variationskoeffi zienten<br />
zwischen 2,1 % und 5,3 % ermittelt. Die Untersuchung<br />
eines potenziellen Störeinfl usses durch im Urin<br />
vorhandene Substanzen ergab nach Aufstocken Wiederfi<br />
ndungen zwischen 94 % und 105 %. Die Chargenkonstanz<br />
wurde durch Messung von 109 Urinproben und<br />
jeweils vier verschiedenen Mikropartikel- und Konjugat-<br />
Chargen getestet. 95 Urinproben wurden bei 4° C 7, 15<br />
und 22 Tage gelagert. Die Spannweiten der prozentualen<br />
Differenzen gegenüber den Ausgangswerten betrugen am<br />
7. Tag -12 %/13 %, am 15. Tag -18,2 %/16,5 % und am<br />
22.Tag -19,7 %/18,6 %. Zur Langzeitverwahrung ist eine<br />
Temperatur von 70° C erforderlich. Der ARCHITECT Urin<br />
NGAL Assay ist ein einfaches, robustes, präzises und<br />
reproduzierbares Verfahren, mit dem große Untersuchungsserien<br />
durchgeführt werden können.<br />
Christoph Wagener, Oliver Müller:<br />
Molekulare Onkologie, 3. Auflage,<br />
Georg Thieme Verlag 2010<br />
Seit der letzten Aufl age von „Molekulare<br />
Onkologie“ sind mehr als zehn Jahre<br />
vergangen, in denen sich das Wissen<br />
um die molekularen Grundlagen von<br />
Tumorerkrankungen enorm erweitert hat.<br />
Auf mehr als 400 Seiten gibt das Werk<br />
eine sehr gut gelungene, aktuelle Übersicht über die<br />
Eigenschaften von Tumoren sowie molekulare Ursachen<br />
und Mechanismen der Kanzerogenese. Neben experimentellen<br />
und diagnostischen Methoden der molekularen<br />
Onkologie stehen die Bedeutung der transkriptionellen<br />
Regulation des Zellwachstums sowie die Rolle fundamentaler<br />
zellulärer Signalwege für die Entstehung und Progression<br />
von Krebserkrankungen auch im Mittelpunkt der<br />
3. Aufl age. Neben somatischen und hereditären genetischen<br />
Aberrationen, die für die molekulare Pathogenese<br />
von entscheidender Bedeutung sind, wird auch der<br />
Beitrag von epigenetischen Veränderungen zur Entstehung<br />
und Progression maligner Tumoren umfassend<br />
erläutert. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Mechanismen<br />
von Invasion und Metastasierung. Molekulare Alterationen<br />
in Tumorzellen als Grundlage für diagnostische Verfahren<br />
sowie für innovative zielgerichtete Therapien in der<br />
Onkologie sind durch einen Äskulapstab gekennzeichnet.<br />
Hierbei werden beispielhaft therapeutische Ansätze mit<br />
monoklonalen Antikörpern und Tyrosinkinase-Inhibitoren<br />
aufgeführt. Befunde, die in Tiermodellen erhoben wurden,<br />
sind ebenfalls hervorgehoben.<br />
Der Text ist klar geschrieben und wird durch 360 Abbildungen<br />
und 95 Tabellen unterstützt. Eine besonders<br />
anschauliche Vertiefung komplexer zellulärer Zusammenhänge,<br />
wie z. B. die Darstellung der Apoptose oder des<br />
WNT-Signalwegs, wird durch frei verfügbare Videos aus<br />
dem Videoportal www.onkoview.com erreicht.<br />
Das hervorragende Fachbuch richtet sich nicht nur an<br />
Studierende der Naturwissenschaften und der Medizin,<br />
sondern auch an Naturwissenschaftler und onkologisch<br />
tätige Ärzte/Ärztinnen. Darüber hinaus kann es all denen<br />
nachhaltig empfohlen werden, die sich für die molekularen<br />
Grundlagen von Pathogenese, Diagnostik und Therapie<br />
von Tumorerkrankungen interessieren. (von Prof. Dr. T. H.<br />
Brümmendorf, PD Dr. O. Galm)
38 Labor aktuell<br />
100 Jahre Institut für Klinische Chemie<br />
Mannheim<br />
Festsymposium am Mittwoch, den 29.09.2010<br />
Vor der Jahrestagung der DGKL 2010, Rosengarten Mannheim<br />
Franz Volhard (damaliger Ärztlicher Direktor der Städtischen<br />
Krankenanstalten Mannheim) am 30.11.1909 in<br />
seinem Antrag auf Einrichtung eines Laboratoriums an<br />
den Bürgermeister der Stadt Mannheim:<br />
„Auch bei unserem Neubau ist die Angliederung eines<br />
allen modernen Ansprüchen genügenden Laboratoriums<br />
vorgesehen, ohne welches eine moderne, den Fortschritten<br />
der Wissenschaft Rechnung tragende Krankenanstalt<br />
nicht mehr zu denken ist. Für die Leitung des Laboratoriums<br />
wird in Zukunft ein Laboratoriumsvorstand unabweisbar<br />
notwendig sein.“ 1910 Berufung von Ernst Josef<br />
Lesser als erster Vorstand des Labors.<br />
Festsymposium<br />
10:30–13:00 Uhr Festakt<br />
13:00–14:00 Uhr Buffet<br />
14:00–16:30 Uhr Wissenschaftlicher Teil<br />
Musikalische Begleitung: Orchester von Studierenden der<br />
Medizinischen Fakultät Mannheim. Für die Teilnahme am<br />
Symposium wird eine Anmeldung unter:<br />
http://www.conventus.de/ikc-festsymposium/ erbeten. <br />
7. Jahrestagung<br />
Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin<br />
Biomarker – Schlüssel zu Prävention und Früherkennung<br />
29. September bis 2. Oktober 2010 • Mannheim<br />
www.dgkl2010.de
Labor aktuell<br />
Erfolg in Deutschland – ARCHITECT-<br />
Modul Nr. 10.000 in einem deutschen Labor<br />
39<br />
© Fotos: Peter Pulkowski<br />
Abb. 1: Mitarbeiterin des Laborstandortes in Adorf beim<br />
Bestücken des Probencarriers für das ARCHITECTci4100-System<br />
Das erste ARCHITECT-Modul wurde 1999 ausgeliefert.<br />
Nur gut zehn Jahre später wurde das Modul Nr. 10.000<br />
ausgeliefert – eine wahre Erfolgsstory. Für ADD Deutschland<br />
ist dies in doppelter Hinsicht ein Erfolg, wurde doch<br />
das 10.000 Modul in einem hiesigen Laborverbund<br />
platziert.<br />
Im Dezember 2009 bekam ADD den Zuschlag, die<br />
Labormedizinische Partnerschaft in Thüringen/Sachsen<br />
(www.laborpartnerschaft.de) komplett mit ARCHITECT-<br />
Systemen auszustatten. Dieser Laborverbund hat Hauptlabore<br />
in Neukirchen, Dresden und Plauen und betreibt<br />
weitere Labore in umliegenden Krankenhäusern. Alle<br />
Labore außer denen in Plauen (mit angeschlossenem<br />
Krankenhaus in Reichenbach) waren für ADD Neugeschäft<br />
– hier wurden Systeme von Siemens und Beckman<br />
(Olympus) ersetzt. Ein großer Erfolg, der nun noch dadurch<br />
gekrönt wurde, dass in diesem Laborverbund das ARCHI-<br />
TECT-Modul Nr. 10.000 weltweit platziert wurde.<br />
„Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war, dass wir mit dem<br />
ARCHITECT eine Systemfamilie haben, die alle Volumenbereiche<br />
abdecken kann“, sagt Joachim Mandler, Marketing-Manager<br />
bei ADD Deutschland. „Weiterhin verfügen<br />
alle ARCHITECT-Systeme über einheitliche Bedienung und<br />
Software und liefern vergleichbare Ergebnisse“, betont<br />
Robert Müller, Business-Development-Manager Klinische<br />
Chemie und Hämatologie ADD Deutschland.<br />
In der Labormedizinischen Partnerschaft kommen ausschließlich<br />
integrierte ARCHITECT-Systeme zum Einsatz –<br />
also solche, bei denen die Bereiche der Klinischen Chemie<br />
und der Immunodiagnostik auf einer Plattform abgearbeitet<br />
werden. An den Standorten stehen alle Variationen<br />
Abb. 2: Urkundenübergabe zum 10.000 ARCHITECT-<br />
Modul. V.l.n.r.: Matthias Däschner (Geschäftsführer ADD<br />
Deutschland), Dr. Bernd Schottmann (Ärztl. Leitung<br />
Neukirchen, Dresden), Hans-Joachim Thiel (Gebietsleiter),<br />
Silke Hohmeier (Director Sales ADD Deutschland),<br />
Christine Dreher (Regional-Sales-Manager), Dr. Christian<br />
Scholz (Ärztl. Leitung Dresden), Dr. Michael Praus (Ärztl.<br />
Leitung Plauen) und Dr. Stephan Scholz (Ärztl. Leitung<br />
Neukirchen)<br />
dieser Integration: ARCHITECT ci16200 (hochvolumig),<br />
ARCHITECT ci8200 (mittelvolumig) und ARCHITECT<br />
ci4100 (niedrigvolumig). Am 6. Mai 2010 wurde die<br />
Platzierung des 10.000. ARCHITECT-Moduls in Neukirchen<br />
gefeiert. Das Foto dokumentiert die Übergabe der<br />
entsprechenden Urkunde.<br />
<br />
IMPRESSUM:<br />
HERAUSGEBER: <strong>Abbott</strong> GmbH & Co. KG, D-65205 Wiesbaden, Postfach 1303,<br />
Max-Planck-Ring 2, Tel.: 0 61 22/58-0<br />
VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT, CHEFREDAKTEUR: Dr. Karl-Heinz Pick<br />
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TEXTE UND GRAFIK: <strong>Abbott</strong>-Mitarbeiter, Gabriele Gfrerer<br />
Wissenschaftliche Verlagsabteilung<br />
<strong>Abbott</strong> GmbH, Wiesbaden<br />
ISNN: 0948-0013<br />
BEZUGSPREIS: 18 Euro pro Jahr<br />
PRODUKTION: PG – The Corporate Publishing Group GmbH,<br />
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FOTOS/GRAFIKEN: Alle Bilder und Grafiken stammen, wenn nicht anders angegeben,<br />
von den Autoren bzw. von <strong>Abbott</strong>, SXC etc.<br />
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DRUCK: Caruna, Kleinheubach<br />
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sich nicht mit der Meinung der Redaktion decken.<br />
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Die Redaktion behält sich vor, einlangende Leserbriefe bzw. Beiträge redaktionell zu<br />
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