LUFTWAFFEN - Netteverlag
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60 JAHRE DLWR<br />
„Die Luftwaffe in der Moderne - eine historische Zeitreise“<br />
Festvortrag „60 Jahre Deutscher Luftwaffenring e.V.“ durch den Präsidenten der IDLw e.V.,<br />
GenMaj a.D. Winfried Gräber, am 29. September 2012 im Technik-Museum Hugo Junkers in Dessau<br />
Herr Bundesvorsitzender, lieber Herr<br />
Oberst Professor Horst Schuh, meine<br />
sehr verehrten Damen und Herren !<br />
„ Aufruf ! Kameraden der Luftwaffe !<br />
Überall im Bundesgebiet sind in letzter Zeit<br />
Zusammenschlüsse ehemaliger Angehöriger<br />
der Luftwaffe und des Luftwaffengefolges<br />
entstanden. Treibende Kraft waren in erster<br />
Linie kameradschaftliche Motive. Aber auch<br />
die derzeitige politische Lage hat diese Zusammenschlüsse<br />
gefördert, da die Gefahr<br />
besteht, dass über Form und Inhalt eines<br />
künftigen Luftwaffenbeitrages zur Europa-<br />
Armee entschieden wird, ohne dass gewählte<br />
und autorisierte Vertreter derjenigen gehört<br />
werden, die es in erster Linie angeht. Wir<br />
fühlen uns unserem Volk gegenüber verantwortlich,<br />
dass wir unser demokratisches<br />
Recht wahren, Subjekt und nicht Objekt der<br />
Handlung zu sein. Einzelgruppen werden<br />
dabei nichts erreichen, daher ist für uns ein<br />
Zusammenschluss innerhalb der Luftwaffe<br />
erforderlich.“<br />
Diesem Aufruf folgte am Pfingstsonntag<br />
1952 auf der Wasserkuppe in der Rhön<br />
die Gründung Ihres Verbandes; am 3.<br />
und 4. Oktober 1953 in Detmold der<br />
Zusammenschluss von 12 bestehenden<br />
Luftwaffen-Vereinigungen. Zu Ihrem 60-<br />
jährigen Bestehen gratuliere ich Ihnen<br />
und freue mich, dass Ihr Verband Mitglied<br />
in der im Oktober 2010 neu gegründeten<br />
„Interessengemeinschaft Deutsche<br />
Luftwaffe e.V.“, mit Hauptsitz in Berlin,<br />
geworden ist. Als Gründungspräsident<br />
dieser jungen Vereinigung bin ich gerne<br />
nach Dessau gekommen, um mit Ihnen<br />
diese feierlichen Stunden zu verbringen,<br />
und ich bin dankbar, dass ich zu Ihnen<br />
sprechen kann. Bei der Gründung Ihres<br />
14<br />
Verbandes 1952 war ich selbst 5 Jahre<br />
alt. Zwei für Deutschland verlorene Weltkriege<br />
lagen hinter uns, die Schuld des<br />
Holocaust lag auf unserem Volk.<br />
Konrad Adenauer, der 1. Bundeskanzler<br />
der Bundesrepublik Deutschland, setzte<br />
die Forderung der NATO-Staaten nach<br />
einem aktiven Verteidigungsbeitrag<br />
Deutschlands im Deutschen Bundestag<br />
durch. Das Amt Blank entwickelte ab<br />
1950, also fast zeitgleich zur Gründung<br />
Ihres Verbandes, die Aufstellung der<br />
Bundeswehr mit drei Teilstreitkräften,<br />
Heer, Luftwaffe und Marine, wobei die<br />
deutschen Luftstreitkräfte zunächst mehr<br />
als „Heeresluftwaffe“ gesehen wurden.<br />
Die Himmeroder „ Denkschrift des militärischen<br />
Experten-Ausschusses über<br />
die Aufstellung eines deutschen Kontingents<br />
im Rahmen einer übernationalen<br />
Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas“<br />
- so der offizielle Titel der „Geheimen<br />
Bundessache“, gilt heute als erster<br />
Schritt zur Wiederbewaffnung Deutschlands.<br />
In dieser Denkschrift wurde auch<br />
Umfang und Größe der Bundeswehr mit<br />
einer Gesamtstärke von ca. 500.000 Soldaten<br />
gefordert und später mit 495.000<br />
auch umgesetzt. Besonders dem amerikanischen<br />
Einfluss, und hier dem US-<br />
General Lauris Norstad, der Oberbefehlshaber<br />
der alliierten Luftstreitkräfte in<br />
Mitteleuropa war, war es zu verdanken,<br />
dass die Deutsche Luftwaffe von Anfang<br />
an eigenständig war; seit Sommer<br />
1955 begann die Ausplanung der Strukturen<br />
und Verbände; die Luftwaffe sollte<br />
76.000 Soldaten umfassen und über<br />
1.328 Kampfflugzeuge verfügen. Die Geburtsstunde<br />
unserer Luftwaffe war der 9.<br />
Januar 1956; Theodor Blank, der erste<br />
Bundesminister für Verteidigung -wie es<br />
damals noch hieß, stellte die Luftwaffe<br />
in Nörvenich in Dienst; am 20. Januar<br />
1956 sprach Bundeskanzler Adenauer<br />
an gleicher Stelle zu den Luftwaffenangehörigen.<br />
Die Erfahrungen der „alten<br />
Adler“, die über zehn Jahre selbst nicht<br />
mehr geflogen waren, war gefragt; oder,<br />
wie es Bundeskanzler Adenauer einmal<br />
ausdrückte, “Hätten wir 20-jährige, die<br />
persönlich nicht im Kriege waren, zu<br />
Generalen machen sollen?“ Deutschland<br />
war zwischenzeitlich Mitglied in der<br />
„Westeuropäischen Union“ und am 05.<br />
Mai 1955 schließlich NATO-Mitglied geworden.<br />
Die Aufstellung der Bundeswehr<br />
und die Wiederbewaffnung Deutschlands<br />
war nicht nur politisch umstritten,<br />
auch in deutschen Familien wurde kontrovers<br />
diskutiert, zumal Kriegsteilnahme,<br />
Gefangenschaft und Besatzungszeit<br />
noch frisch und spürbar waren. Ich habe<br />
dies in meiner eigenen Familie erfahren;<br />
mein Vater, der als Hauptmann Kriegsteilnehmer<br />
und in Gefangenschaft war,<br />
war -obwohl er nun Finanzbeamter war,<br />
gegen die Aufstellung der Bundeswehr.<br />
Von seinen fünf Söhnen habe nur ich<br />
mich widersetzt und bin aus Überzeugung<br />
Soldat geworden.<br />
Die Büste von Hugo Junkers<br />
Der Aufbau unserer Luftwaffe ging zügig<br />
voran. Die erste Luftwaffenstruktur von<br />
1958 kannte 5 Kommandobereiche; - die<br />
Luftwaffengruppe Nord in Münster - die<br />
Luftwaffengruppe Süd in Karlsruhe -das<br />
Kommando der Schulen in Fürstenfeldbruck<br />
- das Allgemeine Luftwaffenamt<br />
und - das Materialamt, beide in Köln.<br />
Der Aufbau der Luftwaffe war von Anbeginn<br />
in besonderem Maße von den<br />
vorherrschenden Rahmenbedingungen<br />
der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik<br />
und der engen Verknüpfung mit alliierten<br />
Luftwaffen geprägt. Die wirtschaftliche<br />
Lage war schwierig, eine eigene,<br />
deutsche Luftfahrtindustrie fehlte völlig.<br />
Aber auch die kritische Stimmung und<br />
Grundhaltung der eigenen Gesellschaft<br />
zu den Streitkräften und der Mangel an<br />
geeignetem und ausgebildetem Personal,<br />
insbesondere bei den so dringend benötigten<br />
Ausbildern, machte die Luftwaffe<br />
abhängig von der Ausstattung und Unterstützung<br />
durch Alliierte, insbesonde-