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R E P O R T<br />
a<br />
c<br />
nicht-enzymatischen Abbau geschützt. Ein<br />
auf radioaktiv markierter siRNA beruhender<br />
Assay zeigt, daß selbst die Behandlung mit<br />
RNase A nicht zu einem Abbau der siRNAs<br />
führt. In Übereinstimmung damit zeigen rasterkraftmikroskopische<br />
Aufnahmen, daß die<br />
siRNA-Moleküle tatsächlich vollständig von<br />
PEI umschlossen und damit geschützt sind<br />
(Abb. 3a). Während dies für alle PEIs zuzutreffen<br />
scheint, wird nur bei bestimmten niedermolekularen<br />
PEIs eine hinreichend hohe<br />
siRNA-Transfektionseffizienz beobachtet,<br />
also zelluläre Aufnahme der Komplexe und<br />
intrazelluläre Freisetzung der siRNAs. Hierzu<br />
gehören u.a. das kommerziell erhältlich jetPEI<br />
(Biomol) sowie das kürzlich beschriebene, 5<br />
bis 10 kDa kleine PEI F25-LMW. In diesem<br />
Fall können die PEI/siRNA-Komplexe auch<br />
lyophilisiert und damit dauerhaft gelagert<br />
werden 7 . Obwohl die PEI-vermittelte siRNA-<br />
Transfektion nur transient ist, wurden stabile<br />
Gentargeting-Effekte für mindestens sieben<br />
Tage beobachtet.<br />
Vor allem erlaubt die PEI-Komplexierung<br />
von siRNAs jedoch deren Anwendung in vivo.<br />
In mehreren Studien wurde gezeigt, daß PEI/<br />
siRNA-Komplexe systemisch appliziert werden<br />
können und Gentargeting-Effekte zeigen.<br />
So konnte nach intravenöser Injektion von<br />
PEI-komplexierten siRNAs die Produktion<br />
von Influenza A-Viren in der Lunge infizierter<br />
Mäuse reduziert werden; in einer anderen<br />
Studie waren Mäuse nach Behandlung<br />
mit PEI-komplexierten Ebola-spezifischen<br />
b<br />
Abb. 3: Anwendung von PEI/siRNA-Komplexen als anti-tumoraler Wirkstoff in vivo. 5,6<br />
(a) Die rasterkraftmikroskopische Aufnahme zeigt homogene PEI/siRNA-Komplexe, in denen<br />
die siRNA vollständig geschützt ist. (b) Systemische Applikation von PEI-komplexierter (+) bzw.<br />
nackter (-) siRNA, die hier zur besseren Detektion 32 P-markiert ist, in Mäuse mit subkutanen<br />
Tumor-Xenotransplantaten. Es wird in verschiedenen Geweben und vor allem auch im Tumor<br />
intakte siRNA nachgewiesen. (c) Durch Behandlung (Pfeile) von tumortragenden Mäusen mit<br />
PEI-komplexierter, gegen den tumorrelevanten Wachstumsfaktor Pleiotrophin (PTN) gerichteter<br />
siRNA wird ein signifikanter anti-tumorigener Effekt beobachtet. (d) Dieser ist auf die spezifische<br />
Reduktion von PTN in den Tumoren zurückzuführen.<br />
d<br />
siRNAs gegen eine nachfolgende tödliche<br />
Infektion partiell geschützt. Viele Studien<br />
wurden in Mausmodellen mit subkutanen<br />
Tumorxenotransplantaten aus Zellinien verschiedener<br />
Tumorentitäten (u.a. Glioblastom,<br />
Ovarialkarzinom, Prostatakarzinom) durchgeführt.<br />
Sie beinhalteten die Inhibition der<br />
Expression verschiedener tumorrelevanter<br />
Gene wie der Rezeptoren HER-2 (c-erbB2/<br />
neu) und VEGF-R2, der Wachstumsfaktoren<br />
Pleiotrophin (PTN) und Vascular Epithelial<br />
Growth Factor (VEGF) sowie dem Fibroblast<br />
Growth Factor-Binding Protein (FGF-BP).<br />
Nach Applikation PEI-komplexierter spezifischer<br />
siRNAs wurden jeweils signifikante<br />
antitumorigene Effekte beobachtet (Abb. 3c),<br />
die auf die Reduktion des jeweiligen Genproduktes<br />
auf mRNA- und auf Proteinebene<br />
(Abb. 3d) zurückzuführen waren. Injektionen<br />
wurden alle im Sinne einer systemischen und<br />
klinisch relevanten Applikation intravenös,<br />
intraperitoneal oder subkutan, jedoch nicht<br />
intratumoral vorgenommen. Die Mengen<br />
waren mit 10 µg siRNA/Injektion deutlich<br />
geringer als in vielen Vergleichsstudien. Bioverteilungsstudien<br />
mit radioaktiv markierter<br />
siRNA belegten ferner, daß intakte siRNA-<br />
Moleküle tatsächlich in das Tumorgewebe<br />
aufgenommen werden (Abb. 3b). In einem<br />
orthotopen Glioblastom-Mausmodell wurde<br />
ferner die intrathekale Applikation von 2 µg<br />
PEI-komplexierter siRNA getestet und führte<br />
gleichfalls zu signifikanten antitumorigenen<br />
Effekten. In keinem Fall gab es Hinweise auf<br />
Toxizität oder unspezifische, beispielsweise<br />
immunstimulierende Effekte der Komplexe<br />
oder der applizierten siRNAs.<br />
Zur Erhöhung der Biokompatibilität und<br />
Gewebespezifität und/oder intrazellulären<br />
Freisetzung wurden in zahlreichen Studien<br />
derivatisierte PEIs beschrieben. Die Kopplung<br />
mit Polyethylenglykol (=PEGylierung)<br />
führt unter anderem zu verminderter unspezifischer<br />
Adsorption der Komplexe an<br />
Proteine und allgemein zu veränderten<br />
pharmakokinetischen Eigenschaften, die<br />
wiederum von der PEG-Kettenlänge und<br />
dem PEGylierungsgrad mit bestimmt werden.<br />
Ebenso wird durch PEGylierung die<br />
Komplexstabilität von PEI/siRNA-Komplexen<br />
beeinflußt, was zu vermindertem<br />
Schutz der siRNA, aber auch zu verbesserter<br />
intrazellulärer Freisetzung führen kann 8 . Die<br />
Kopplung mit gewebespezifischen Liganden<br />
wie Antikörpern, kleinen Peptiden oder<br />
Wachstumsfaktoren kann zur selektiveren<br />
Aufnahme solcher Komplexe in den jeweiligen<br />
Zielgeweben führen.<br />
Fazit<br />
Die Verwendung von siRNAs bietet eine<br />
leistungsfähige und sichere Methode zur<br />
Induktion von RNAi, und zahlreiche Studien<br />
beschreiben Formulierungen, die die<br />
in vivo-Applikation von siRNAs gestatten.<br />
Polyethylenimine stellen hier eine gute Möglichkeit<br />
dar, da sie den Schutz, die zelluläre<br />
Aufnahme und die intrazelluläre Freisetzung<br />
von siRNAs gewährleisten, eine geringe<br />
Toxizität zeigen und durch chemische Modifikationen<br />
weiter verfeinert werden können.<br />
Ziel sind damit doppelspezifische Präparate,<br />
die hohe Gewebeselektivität beim siRNA-<br />
Einschleusen mit hoher Zielgen-Spezifität der<br />
siRNA verbinden und so neue therapeutische<br />
Optionen eröffnen.<br />
Literatur<br />
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Korrespondenzadresse<br />
HD Dr. Achim Aigner<br />
Institut für Pharmakologie und Toxikologie<br />
Philipps-Universität Marburg<br />
Tel./Fax: +49-(0)6421-2862262/-2865600<br />
eMail: aigner@staff.uni-marburg.de<br />
10 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT