PDF Download - Laborwelt
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B L I T Z L I C H T<br />
shRNA-Bibliotheken<br />
<br />
Large Scale-RNAi-Screening<br />
für Mensch und Maus<br />
Dr. Andreas Hewelt, RZPD GmbH, Berlin<br />
Seit der Entdeckung der RNA-Interferenz (RNAi) hat dieser Mechanismus zum gezielten<br />
Ausschalten von Genen weite Verbreitung in loss-of-function-Experimenten zur Analyse von<br />
Genfunktionen gefunden. Zur Herstellung einer genomweiten RNAi-Ressource für Mensch<br />
und Maus hat sich 2005 das internationale RNAi Consortium (TRC) gegründet. Mitglieder<br />
des TRC rekrutieren sich aus renommierten Instituten, wie dem Broad Institute, MIT, der<br />
Harvard Medical School, dem Whitehead Institute for Biomedical Research und anderen.<br />
Auch große Life-Science-Firmen haben sich dem RNAi Consortium angeschlossen. Dazu<br />
zählen Sigma-Aldrich, Novartis, Eli Lilly und Bristol-Myers Squibb.<br />
Ziel ist die Entwicklung von RNAi-Ressourcen,<br />
speziell shRNA-Bibliotheken, für den<br />
gezielten Knock-down von Genen in Mensch<br />
und Maus. Diese Ressourcen werden der<br />
wissenschaftlichen Gemeinschaft weltweit zur<br />
Analyse von Genfunktionen und Krankheiten<br />
zur Verfügung gestellt. Die TRC shRNA libraries<br />
werden shRNAs zum Knock-down von je<br />
15.000 Genen aus Mensch und Maus bereitstellen.<br />
Analysen dieser Größenordnungen<br />
erfordern eine leicht erneuerbare Ressource.<br />
Dazu werden genspezifische shRNAs in die<br />
Expressionskassette des lentiviralen Vektor<br />
pLKO.1-puro kloniert, der einfach in E. coli<br />
propagiert werden kann. Die Expressionskassette<br />
enthält im wesentlichen den humanen<br />
U6-Promotor, der die Transkription der sh-<br />
RNA kontrolliert, und PAC (Puromycinresistenz)<br />
unter der Kontrolle des PGK-Promotors<br />
als Selektionsmarker (s. Abb.). Für jedes Gen<br />
werden durchschnittlich fünf verschiedene<br />
shRNA-Klone konstruiert, die verschiedene<br />
Bereiche der kodierenden Sequenz und der<br />
3‘-UTR des Gens abdecken. Da es unwahrscheinlich<br />
ist, daß shRNAs mit verschiedenen<br />
Sequenzen die gleichen off-target-Effekte<br />
hervorrufen, führt das Screening von verschiedenen<br />
shRNAs, die gegen dasselbe Gen<br />
gerichtet sind, zu spezifischeren Ergebnissen.<br />
Im Gegensatz zu extern applizierten siRNAs<br />
werden die shRNAs der TRC-Klone in einer<br />
Expressionskassette in die Zielzelle transfiziert.<br />
Die fortlaufende Synthese der shRNA<br />
innerhalb der Zielzelle ermöglicht die Analyse<br />
von Effekten, die eine langfristige Regulierung<br />
der Genexpression erfordern.<br />
Für einen stabilen Gen-Knock-down können<br />
genspezifische shRNA-Expressionkassetten<br />
über replikationsinaktive lentivirale<br />
Transduktionspartikel in das Genom der<br />
Zielzelle integriert werden. Dazu wird die<br />
Expressionkassette mit einem Drei-Plasmid-<br />
Verpackungssystem in lentivirale Transduktionspartikel<br />
verpackt. Die Wahrscheinlichkeit,<br />
durch Rekombination replikationsfähige<br />
Viruspartikel zu erhalten, wird durch die<br />
Verteilung der Gene gag, pol, rev und das<br />
Gen, das für VSV-G kodiert, auf verschiedene<br />
Plasmide minimiert. Lentivirale Vektoren<br />
haben den Vorteil, daß sie Viren mit breitem<br />
Tropismus und einem hohen Titer generieren.<br />
Durch die Pseudotypisierung mit VSV-G ist<br />
nahezu jeder Zelltyp für die so produzierten<br />
Lentiviren zugänglich. Mit lentiviralen Transduktionspartikeln<br />
der TRC libraries können<br />
auch Zellen erfolgreich transduziert werden,<br />
die allgemein als schwer transfizierbar gelten,<br />
etwa primäre Zellen und langsamwachsende<br />
oder teilungsinaktive Zellen 1 .<br />
Lentivirale Vektoren haben ein hohes<br />
Rekombinationspotential, möglicherweise<br />
bedingt durch die repetitiven Sequenzen in<br />
den LTRs. Zur Untersuchung der Stabilität<br />
des pLKO.1-puro-Vektors wurden mehrfach<br />
shRNA-Klone kopiert. Restriktionsanalysen<br />
der isolierten Plasmide ergaben keine Anzeichen<br />
für Rekombination.<br />
Die TRC shRNA libraries haben ihr Potential<br />
in Hochdurchsatz-RNAi-Screens<br />
bereits demonstriert. Moffat et al. haben die<br />
Produktion der lentiviralen Transduktionspartikel<br />
semi-automatisiert und die erhaltenen<br />
Virusüberstände direkt zur Transduktion<br />
von A549-Lungenkrebszellen in<br />
Mikrotiterplatten eingesetzt. Dabei waren<br />
87% der Transduktionsversuche mit unverändertem<br />
Virusüberstand erfolgreich.<br />
Auch die Verwendung von Pools lentiviraler<br />
Transduktionspartikel wurde erfolgreich<br />
getestet. Die shRNA libraries des RNAi<br />
Consortiums sind als MISSION TM shRNA<br />
libraries als 'ready-to-transfect'-DNA und<br />
lentivirale Transduktionspartikel exklusiv<br />
beim RZPD Deutsches Ressourcenzentrum<br />
für Genomforschung (www.rzpd.de) und<br />
Sigma Aldrich verfügbar.<br />
Literatur<br />
[1] Moffat, J. et al. Cell 2006, 124, 1283-1298<br />
[2] Root, D. et al. Nat. Methods 2006: 3, 715-719<br />
[3] The RNAi Consortium (TRC) www.broad.mit.edu/genome_bio/trc/<br />
[4] Sigma Aldrich www.sigmaaldrich.com<br />
[5] RZPD www.rzpd.de<br />
Korrespondenzadresse<br />
Abb.: Expressionskassette des lentiviralen Vektors pLKO.1-puro. pLKO.1-puro ist ein lentiviraler<br />
Vektor der dritten Generation. Die Expressionskassette enthält lentivirale Signale zur Verpackung<br />
in Viruspartikel und Elemente zur Expression der shRNA.<br />
RSV/5’ LTR=Rous Sarcoma Virus Promotor, HIV 5’ LTR, Psi=lentivirales Verpackungssignal für die virale RNA, RRE=Rev-responsive Element, hU6=humaner U6-Promotor,<br />
cPPT=zentraler Polypurin-Trakt, hPGK=humaner PGK-Promotor, PAC=Puromycinresistenzgen, SIN/3’ LTR=HIV 3’ LTR mit einer selbstinaktivierenden U3-Deletion (nach<br />
Moffat et al., 2006)<br />
Dr. Andreas Hewelt<br />
RZPD Deutsches Resourcenzentrum für<br />
Genomforschung GmbH<br />
Heubnerweg 6<br />
D-14959 Berlin<br />
eMail: hewelt@rzpd.de<br />
26 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT