09.11.2013 Aufrufe

PDF Download - Laborwelt

PDF Download - Laborwelt

PDF Download - Laborwelt

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

R E P O R T<br />

Zur Induktion der RNAi können siRNAs entweder<br />

als DNA-basierte Expressionssysteme<br />

(shRNAs) oder direkt als RNA-Oligonukleotide<br />

(siRNAs) in die Zelle gebracht werden.<br />

in vivo-siRNA-Drug Delivery<br />

Tab. 1: Applikationsformen von siRNAs zur<br />

Induktion von RNAi in vivo<br />

Applikationsform<br />

Nackte siRNA<br />

Liposomen<br />

Lipoplexe<br />

Kationische Lipide<br />

Virosomen + kationische Lipide<br />

Polyamine<br />

Chemische Modifikationen<br />

Chemische Modifikationen +<br />

Lipid-Einkapselung<br />

Elektropulsation<br />

Histidin-Lysin-Komplexe<br />

Atelocollagen-Komplexierung<br />

Inaktivierte HVJ-Suspension<br />

Kopplung an Protamin-Antikörper-<br />

Fusionsprotein<br />

Kopplung an Cholesterin<br />

Nanoplexe<br />

Polyethylenimin-Komplexe<br />

niger Sekunden in die Schwanzvene injiziert<br />

werden, entsprächen rund drei Litern einer<br />

intravenösen Bolus-Injektion im Menschen.<br />

Alternative Strategien zur Applikation<br />

nackter siRNAs sind häufig auf die lokale<br />

Anwendung oder zumindest eine Applikation<br />

nahe dem Zielgewebe oder Zielorgan begrenzt.<br />

So wurden etwa intravenöse, intraperitoneale,<br />

subretinale, intrathecale, intranasale,<br />

intratracheale, intradermale, intratumorale,<br />

intraoculare oder intraventrikulare Applikationen<br />

beschrieben. Beachtet werden sollte<br />

auch, daß zahlreiche Studien relativ große<br />

Mengen siRNA (im Bereich zehn bis hundert<br />

mg/kg Körpergewicht) verwenden, was die<br />

Gefahr unspezifischer Nebenreaktionen wie<br />

einer intrazellulären Immunantwort erhöhen<br />

kann. Alternative Ansätze für die Applikation<br />

von siRNAs basieren auf ihrer Verpackung<br />

in verschiedenen, teilweise modifizierten<br />

Liposomen oder kationischen Lipiden zur<br />

systemischen oder lokalen Anwendung.<br />

Mit gegen apoB gerichteten siRNAs in sogenannten<br />

SNALPs (stable nucleic acid lipid<br />

particles) wurde kürzlich die erste Studie in<br />

Primaten veröffentlicht. Schließlich sind eine<br />

Reihe anderer Strategien, wie beispielsweise<br />

chemische Modifikationen von siRNA-Molekülen,<br />

Elektropulsation, Virosomen, die Verwendung<br />

von Polyaminen, anderer basischer<br />

Komplexe oder Atelocollagen zur Komplexierung,<br />

sowie die Kopplung an bestimmte<br />

Protein-Präparationen oder niedermolekulare<br />

Verbindungen beschrieben worden (vgl. Tab.<br />

1). Obwohl die Entwicklung von auf siRNAs<br />

basierenden Therapeutika erst vor wenigen<br />

Jahren begonnen wurde, haben erste Phase<br />

I-Studien bereits begonnen oder sind bereits<br />

abgeschlossen. Acuity Pharmaceuticals (Philadelphia,<br />

USA) testeten erfolgreich eine gegen<br />

VEGF gerichtete siRNA bei der feuchten Form<br />

der Altersblindheit (Altersabhängige Maculadegeneration<br />

AMD), von der in Deutschland<br />

etwa 490.000 Personen betroffen sind; auch Alnylam<br />

(Respiratory Syncytial Virus, RSV) und<br />

die von Merck Inc. Ende Oktober akquirierte<br />

Sirna (AMD) haben Phase I-Studien initiiert.<br />

Polyethylenimin-Komplexierung<br />

Polyethylenimine (PEIs) sind synthetische<br />

Polymere, die linear oder verzweigt in einem<br />

breiten Molekulargewichtsbereich von 1000 kDa vorliegen können. Aufgrund<br />

einer protonierbaren Stickstoffgruppe in<br />

jeder dritten Position besitzen sie eine hohe,<br />

vom pH-Wert abhängige, aber bereits unter<br />

physiologischen Bedingungen kationische<br />

Ladungsdichte. Daher sind sie in der Lage,<br />

negativ geladene DNAs nicht-kovalent zu<br />

komplexieren. Da die so gebildeten kompakten<br />

kolloidalen Partikel von Zellen über verschiedene<br />

Endozytosewege aufgenommen werden<br />

können, wurde PEI zunächst als in vitro-DNA-<br />

Transfektionsreagenz eingeführt 3,4 . Dem Mischungsverhältnis<br />

zwischen Stickstoffatomen<br />

Abb. 2: Einschleusen von siRNA-Molekülen<br />

durch Polyethylenimin (PEI)-Komplexierung.<br />

Negativ geladene siRNAs (rot) und positiv geladenes<br />

PEI (blau) bilden einen nicht-kovalenten<br />

Komplex, der über Endozytose in die Zelle<br />

aufgenommen und dort – vermutlich aufgrund<br />

des „Protonenschwamm-Effektes“ – aus dem<br />

Endosom wieder freigesetzt wird. Die siRNA<br />

kann nach Zerfall des Komplexes in RISC eingebaut<br />

werden und RNAi induzieren.<br />

Vorteile der direkten Applikation von siRNAs<br />

bestehen darin, daß sie chemisch relativ<br />

leicht synthetisiert werden können und ein<br />

geringes Gefahrenpotential aufweisen, da<br />

ihre Einschleusung nicht auf virale Systeme<br />

angewiesen ist und sie nicht in das Genom integriert<br />

werden können. Es müssen allerdings<br />

folgende Bedingungen erfüllt sein: Schutz der<br />

sehr instabilen siRNA gegen Abbau durch<br />

(Serum-) Nukleasen, effiziente zelluläre Aufnahme,<br />

keine intrazelluläre Immunstimulation<br />

und effiziente intrazelluläre siRNA-Freisetzung<br />

sowie in vivo geringe Toxizität und<br />

keine schnelle Elimination durch Leber oder<br />

Niere. In der Zellkultur stehen zahlreiche<br />

Transfektionsreagenzien zur Verfügung. Weit<br />

schwieriger ist die Applikation von siRNAs<br />

zu therapeutischen Zwecken in vivo.<br />

Hierzu ist in den vergangenen Jahren eine<br />

größere Zahl an Studien publiziert worden,<br />

die verschiedene Strategien zur systemischen<br />

oder lokalen Applikation beschreiben. Unterscheidungsparameter<br />

sind unter anderem der<br />

Applikationsort beziehungsweise die Applikationsart,<br />

siRNA-Modifikationen und der<br />

Einsatz verschiedener Carriersysteme.<br />

So können zur systemischen Applikation<br />

chemisch unmodifizierte siRNAs verwendet<br />

werden, deren Injektion häufig ohne weiteres<br />

Reagenz durch die sogenannte hydrodynamische<br />

Transfektion erfolgt. Während diese<br />

Methode in einigen Fällen zur effizienten<br />

Induktion von RNAi in Leber, aber auch in<br />

Lunge, Milz, Pankreas und Niere führte, ist sie<br />

für die Therapie am Menschen ungeeignet: die<br />

mehr als 1 ml, die einer Maus innerhalb wedes<br />

PEI und Phosphoratomen der DNA (sog.<br />

N/P-Verhältnis) sowie der Kettenlänge und<br />

dem Verzweigungsgrad des PEI kommen<br />

dabei im Hinblick auf Größe und Ladung des<br />

Komplexes sowie der Transfektionseffizienz<br />

entscheidende Bedeutung zu.<br />

Vermutlich kommt es nach Endozytose<br />

intrazellulär in den Endosomen/Lysosomen<br />

durch die Protonenakzeptorfunktion des PEI<br />

an den noch nicht protonierten Stickstoffatomen<br />

zu einem „Protonenschwammeffekt“,<br />

der zum Abpuffern des sauren pH-Wertes in<br />

diesen Kompartimenten sowie zum osmotisch<br />

bedingten Platzen der Endosomen/Lysosomen<br />

unter intrazellulärer Freisetzung der<br />

Komplexe führt.<br />

In neueren Studien wurden Polyethylenimin-basierte<br />

Systeme für das Einschleusen<br />

kleiner RNA-Moleküle wie siRNAs etabliert 5-7<br />

(Abb. 2). Während chemisch nicht-modifizierte<br />

siNRAs vergleichsweise rasch degradiert<br />

werden und im Serum nur eine Halbwertszeit<br />

von wenigen Minuten besitzen, sind sie nach<br />

PEI-Komplexierung über Stunden hinweg<br />

fast vollständig gegen enzymatischen oder<br />

Kennziffer 14 LW 06 · www.biocom.de<br />

<br />

8 | 7. Jahrgang | Nr. 6/2006 LABORWELT

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!