Kooperation als Chance - Die Genossenschaften
Kooperation als Chance - Die Genossenschaften
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<strong>Kooperation</strong> <strong>als</strong> <strong>Chance</strong><br />
Mit <strong>Genossenschaften</strong> die Zukunft gestalten
2<br />
Erfolgsmodell seit über 140 Jahren: 1868 schlossen sich 18 Weinbauern in Mayschoß<br />
an der Ahr zum Mayschosser Winzerverein zusammen. Heute rangiert die<br />
weltweit älteste Winzergenossenschaft weit vorn unter den deutschen Top-Weingütern.
Grußwort des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung 4<br />
Vorwort des DGRV 6<br />
Selbsthilfe heißt initiativ werden 8<br />
Lateinamerika: Den ländlichen Raum erschließen 12<br />
Brasilien: Wie Roberio und Gilberto die Bank retteten 13<br />
Paraguay: Finanzdienstleistungen für Kleinunternehmer und Landwirte 14<br />
Netzwerke: Know-how-Transfer über Ländergrenzen 15<br />
Mittelamerika: <strong>Genossenschaften</strong> sind Motor der Entwicklung 16<br />
Weltweites Engagement des DGRV 18<br />
Südafrika: <strong>Die</strong> Näherinnen von Nokaneng 20<br />
Südostasien: Vertrauen aufbauen 22<br />
Laos: Unterstützung beim Neuanfang 23<br />
Kambodscha: Wenn <strong>Genossenschaften</strong> den Kinderschuhen entwachsen 24<br />
Vietnam: Von der Zwangskooperative zum <strong>Die</strong>nstleister 25<br />
Türkei: Zukunft durch <strong>Kooperation</strong> 26<br />
Bosnien-Herzegowina: Es ist gut, wenn <strong>Genossenschaften</strong> Käse machen 28<br />
Ukraine: Regulierung und ein starkes Verbundsystem ebnen den Weg 30<br />
Nicht nur im Ausland aktiv 31<br />
<strong>Genossenschaften</strong> in Deutschland 32<br />
Brücke zum Markt 33<br />
Inhalt<br />
3
Grußwort<br />
Grußwort des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel<br />
Zentrales Ziel unserer Entwicklungspolitik ist es, für die<br />
gesamtgesellschaftliche Aufgabe „Förderung einer nachhaltigen<br />
Entwicklung weltweit“ auch alle dafür notwendigen<br />
gesellschaftlichen Kräfte zu mobilisieren – sowohl<br />
bei uns im eigenen Land <strong>als</strong> auch in unseren Partnerländern.<br />
Denn wirkliche Veränderungen kommen immer aus<br />
der Mitte der Gesellschaft. Kein Staat kann die Herausforderungen<br />
der eigenen Entwicklung alleine bewältigen.<br />
<strong>Die</strong> nachhaltige Bekämpfung von Armut und Strukturdefiziten<br />
im Sinne der Millenniumserklärung der Vereinten Nationen,<br />
die Stärkung guter Regierungsführung, der Eigenverantwortung<br />
und Selbsthilfekräfte in Entwicklungsländern erfordern<br />
eine intensive Einbindung und Unterstützung aller in der Entwicklungsarbeit<br />
Tätigen, die Mobilisierung von Engagement<br />
möglichst vieler Bürgerinnen und Bürger, die Stärkung zivilgesellschaftlicher<br />
Initiativen – und auch eine enge <strong>Kooperation</strong><br />
mit der deutschen Privatwirtschaft. Denn ohne eine starke Zivilgesellschaft<br />
gibt es keine Freiheit. Ohne Freiheit gibt es keine<br />
starke Wirtschaft. Und ohne eine starke Wirtschaft gibt es<br />
keine Armutsreduzierung. Aber die steht im Mittelpunkt der<br />
Arbeit des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung (BMZ): Wir wollen Armut und ihre Ursachen<br />
nachhaltig bekämpfen und das Selbsthilfepotenzial<br />
der Menschen mobilisieren und stärken. Und weil es keine<br />
nachhaltige Entwicklung ohne eine breitenwirksame wirtschaftliche<br />
Entwicklung gibt, wollen wir die Wirtschaft deutlich<br />
stärker <strong>als</strong> bisher zur Erreichung dieser Ziele mit einbeziehen.<br />
Daher fördern wir gesellschaftlich verantwortungsvolle<br />
Unternehmensführung und Entwicklungspartnerschaften mit<br />
der Wirtschaft – und auch den Deutschen Genossenschaftsund<br />
Raiffeisenverband (DGRV).<br />
Mit ihrer über 160-jährigen Geschichte gehören die Genossenschaftsbanken,<br />
die landwirtschaftlichen <strong>Genossenschaften</strong> sowie<br />
die Handwerks- und Handelsgenossenschaften zum deutschen<br />
Wirtschaftsfundament. In Deutschland ist jeder vierte<br />
Bürger Mitglied einer Genossenschaft. Sie sind deshalb ein substanzieller<br />
Bestandteil unserer Wirtschaftsstruktur – eben<br />
„Wirtschaften aus der Mitte der Gesellschaft“ heraus.<br />
Das BMZ ist mit seinen gerade 50 Jahren zwar weitaus jünger,<br />
aber bereits seit den 60er-Jahren ein entwicklungspolitischer<br />
Partner und Förderer des Genossenschaftswesens weltweit: Es<br />
unterstützt die Vorhaben des Deutschen Genossenschafts- und<br />
Raiffeisenverbandes in den Partnerländern. Denn mit der Förderung<br />
der unternehmerisch ausgerichteten und genossenschaftlich<br />
organisierten Selbsthilfe trägt der DGRV zum Aufbau<br />
von nachhaltigen Wirtschaftsstrukturen, zur Sicherung des<br />
sozialen Friedens und zur Bekämpfung der weltweiten Armut<br />
bei – und damit zugleich zur Entstehung stabilerer Gesellschaftsstrukturen.<br />
4
Aufbauend auf diesem Erfolgsmodell haben sich die <strong>Genossenschaften</strong><br />
auf der Basis der Ideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen<br />
und Hermann Schulze-Delitzsch zu einem wichtigen deutschen<br />
Exportgut entwickelt – mit einer Besonderheit, die sie<br />
auch international interessant macht: <strong>Die</strong> Mitglieder sind zugleich<br />
Kapitaleigentümer und Kunde – <strong>Genossenschaften</strong> setzen<br />
<strong>als</strong>o auf partizipative Wirtschaftsstrukturen. Auch in der Finanzkrise<br />
erwies sich das <strong>als</strong> Vorteil, die <strong>Genossenschaften</strong> waren<br />
hier ein stabilisierender Faktor.<br />
Durch die Förderung von mitgliedergetragenen Bezugs-, Produktions-,<br />
Absatz- sowie von Spar- und Kreditgenossenschaften<br />
werden die Menschen in die Lage versetzt, ihr eigenes Einkommen<br />
zu erwirtschaften und damit ihr Schicksal selbst in die<br />
Hand zu nehmen. Das Sparen in <strong>Genossenschaften</strong> und die Vergabe<br />
von Krediten ist eine weltweite Erfolgsgeschichte – auch<br />
für die Entwicklungszusammenarbeit. Kein Wunder <strong>als</strong>o, dass<br />
die Vereinten Nationen 2012 zum Jahr der <strong>Genossenschaften</strong><br />
erklärt haben.<br />
Aus Sicht des BMZ sind hierbei insbesondere zwei Aspekte von<br />
Relevanz:<br />
• <strong>Die</strong> Förderung des Zugangs zu finanziellen Ressourcen durch<br />
Spar- und Kreditgenossenschaften sowie die Förderung des Zugangs<br />
zu realen Märkten<br />
Für uns ist hierbei wichtig: <strong>Genossenschaften</strong> sind Teil der Wirtschaft<br />
und der Zivilgesellschaft, sie handeln unternehmerisch<br />
und orientieren sich an marktbasierten Prinzipien. Mit seinem<br />
Mehrebenen-Ansatz zur Entwicklung genossenschaftlicher<br />
Strukturen setzt der DGRV diesen Anspruch vorbildlich um. Und<br />
durch die Stärkung lokaler Initiativen und die zielgruppennnahe<br />
Erbringung von <strong>Die</strong>nstleistungen trägt seine Arbeit ganz wesentlich<br />
zur Entwicklung eines Landes bei.<br />
Für das BMZ ist dies ein anschauliches Beispiel und eine konkrete<br />
Form der „Hilfe zur Selbsthilfe“ und verdeutlicht einmal mehr<br />
unser gemeinsames Ziel: Das Selbsthilfepotenzial der Menschen<br />
zu stärken und die weltweite Armut zu mindern. Für diese Arbeit<br />
wünsche ich dem DGRV weiterhin viel Kraft, Ausdauer und Erfolg<br />
– für seine aktuellen und seine zukünftigen Projekte.<br />
Ihr<br />
Dirk Niebel<br />
Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />
und Entwicklung<br />
• und die hiermit verbundene Stärkung der Selbsthilfekapazitäten<br />
der Zivilgesellschaft sowie Verbesserung der sozialen<br />
Strukturen.<br />
5
Vorwort<br />
Vorwort des DGRV<br />
Der DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband<br />
e.V. fördert in vielen Ländern den Aufbau und die<br />
Entwicklung genossenschaftlicher Systeme in enger Zusammenarbeit<br />
mit unseren nationalen Fachverbänden und<br />
der gesamten genossenschaftlichen Organisation. Damit<br />
leistet er einen Beitrag zur Entwicklung und Armutsreduzierung<br />
in den Partnerländern und stärkt das entwicklungspolitische<br />
Engagement der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Dem genossenschaftlichen Subsidiaritätsprinzip entsprechend<br />
wird der Ansatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“ verfolgt. Denn nur,<br />
wenn die Menschen selbst die Verantwortung übernehmen,<br />
können selbsttragende unternehmerisch ausgerichtete <strong>Kooperation</strong>en<br />
und Netzwerke eine nachhaltige Entwicklung auf lokaler,<br />
regionaler und nationaler Ebene sichern.<br />
<strong>Die</strong> Vereinten Nationen würdigen den Beitrag von <strong>Genossenschaften</strong><br />
zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und zur<br />
Sicherung der Lebensgrundlagen für einen großen Teil der Weltbevölkerung,<br />
indem sie 2012 zum Internationalen Jahr der <strong>Genossenschaften</strong><br />
erklärt haben. Als wichtiger Teil unserer Wirtschaft<br />
und unserer Gesellschaft sehen wir es in der Nachfolge<br />
unserer Genossenschaftspioniere <strong>als</strong> Verpflichtung an, gemeinsam<br />
mit unseren Partnern in den Projektländern die Herausforderungen<br />
der Globalisierung und der Sozi<strong>als</strong>trukturentwicklung<br />
anzugehen. Genossenschaftliche Selbsthilfeorganisationen sind<br />
ursprünglich aus Notsituationen und dem Bedürfnis heraus entstanden,<br />
gemeinschaftlich die wirtschaftliche Position des Einzelnen<br />
zu stärken. Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann<br />
Schulze-Delitzsch haben ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit<br />
ihrer Idee der genossenschaftlichen Selbsthilfe die Grundlage<br />
für unternehmerisch orientierte und dauerhaft bestehende <strong>Genossenschaften</strong><br />
gelegt.<br />
Seitdem ist die Bedeutung von wirtschaftlicher <strong>Kooperation</strong> stetig<br />
gewachsen und gewinnt angesichts der fortschreitenden<br />
Globalisierung in allen Weltregionen zusätzlich an Gewicht.<br />
Schon lange unterstützen die deutschen <strong>Genossenschaften</strong> genossenschaftliche<br />
Initiativen in anderen Ländern und kooperieren<br />
mit diesen. <strong>Die</strong> genossenschaftliche Unternehmensform ist<br />
heute so modern wie je und hat nichts von ihrer Anziehungskraft<br />
verloren. In Deutschland nutzen über 20 Millionen Mitglieder<br />
und ein Vielfaches an Kunden die <strong>Die</strong>nstleistungen von<br />
<strong>Genossenschaften</strong>. Unsere Herausforderung ist es, die genossenschaftlichen<br />
Strukturen den sich ständig wandelnden wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen anzupassen und ihre unternehmerische<br />
Nachhaltigkeit zu sichern.<br />
<strong>Kooperation</strong> muss den Menschen die Vorteile bringen, die sie<br />
alleine nicht erzielen könnten. <strong>Genossenschaften</strong> basieren auf<br />
den Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung.<br />
<strong>Die</strong> wirtschaftliche Förderung der Mitglieder muss<br />
aus eigener Kraft gelingen und darf nicht auf die Unterstützung<br />
durch Dritte oder den Staat angewiesen sein. Dessen Aufgabe<br />
ist es, die ordnungspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
zu schaffen und zu sichern, damit <strong>Genossenschaften</strong> zur<br />
Zukunftssicherung der Menschen in den einzelnen Ländern beitragen<br />
können.<br />
Uwe Fröhlich<br />
Präsident des Bundesverbandes<br />
der Deutschen Volksbanken<br />
und Raiffeisenbanken e.V.<br />
Manfred Nüssel<br />
Präsident des Deutschen<br />
Raiffeisenverbandes e.V.<br />
Wilfried Hollmann<br />
Präsident des Mittelstandsverbundes<br />
– ZGV e.V.<br />
Dr. Eckhard Ott<br />
Vorstandsvorsitzender des DGRV<br />
Dirk Lehnhoff<br />
Mitglied des Vorstands des DGRV<br />
6
<strong>Die</strong> in dieser Broschüre vorgestellten internationalen<br />
Projekte des DGRV werden von der Abteilung Interna tionale<br />
Beziehungen betreut. <strong>Die</strong>ses Team arbeitet in Bonn und<br />
in mehr <strong>als</strong> 20 Ländern für den Aufbau und die Stärkung<br />
genossenschaftlicher Strukturen. Es bringt Erfahrungen und<br />
Kenntnisse aus den verschiedenen Bereichen der Genossenschaftsförderung<br />
und aus unterschiedlichen Regionen mit.<br />
7
8<br />
Selbsthilfe heißt initiativ werden
Zu allen Zeiten haben Menschen kooperiert, um gemeinsame<br />
Ziele zu erreichen. Vorläufer der <strong>Genossenschaften</strong><br />
kennt man seit dem Altertum. Bereits im Mittelalter gab<br />
es Deichgenossenschaften, Bergarbeiter schlossen sich in<br />
Knappschaften zusammen und Bauern in Wald- oder Landnutzungsgenossenschaften.<br />
Bis heute finden sich in allen<br />
Weltregionen verschiedene Formen der <strong>Kooperation</strong>. In<br />
über 100 Ländern sind 800 Millionen Menschen Mitglied<br />
in <strong>Genossenschaften</strong>, die schätzungsweise 100 Millionen<br />
Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.<br />
Wie alles anfing<br />
<strong>Die</strong> Wurzeln des modernen Genossenschaftswesens liegen im<br />
vorletzten Jahrhundert in Deutschland. Nach den Sozialreformen<br />
(zum Beispiel Bauernbefreiung und Gewerbefreiheit) sind die<br />
Bauern und Handwerker Anfang des 19. Jahrhunderts zwar befreit,<br />
doch den meisten fehlen unternehmerische Kenntnisse und<br />
Kapital. Kredit bekommen sie nur bei privaten Geldverleihern –<br />
gegen Wucherzinsen. So geraten viele in neue Abhängigkeiten,<br />
verlieren Haus und Hof und damit ihre wirtschaftliche Existenz.<br />
„Ich kenne eine Gegend, wo es Bauern gibt, die nichts ihr<br />
Eigen nennen auf ihrem ganzen Grundstück; vom Bett bis zur<br />
Ofengabel gehört alles Mobiliar den Geldverleihern.“<br />
Der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck 1847 über die Armut der<br />
Bauern im Westerwald<br />
Missernten und der „Hungerwinter“ 1846/47 verschärfen die<br />
Lage zusätzlich. Um die Not zu lindern, gründet Bürgermeister<br />
Friedrich Wilhelm Raiffeisen im Westerwald den „Weyerbuscher<br />
Brodverein“. Aus diesem karitativen Hilfsverein heraus entwickelt<br />
Raiffeisen die Idee genossenschaftlicher Selbsthilfe. 1864<br />
initiiert er den „Heddesdorfer Darlehnskassenverein“. Hier können<br />
Bauern Sparkonten eröffnen und bekommen Kredit – eine<br />
frühe Form von „Mikrofinanzorganisation“.<br />
In Nordsachsen gründet der Richter Hermann Schulze-Delitzsch<br />
1849/50 eine Einkaufsgenossenschaft für Schuster und Tischler<br />
und den „Delitzscher Vorschussverein“. Auf Initiative von Schulze-Delitzsch<br />
bekommen <strong>Genossenschaften</strong> 1867 mit dem Preußischen<br />
Genossenschaftsgesetz erstm<strong>als</strong> eine rechtliche Basis.<br />
Auch das 1889 erlassene, heute noch gültige Genossenschaftsgesetz<br />
basiert auf seinen Gedanken und seiner Vorarbeit <strong>als</strong><br />
Reichstagsabgeordneter.<br />
<strong>Die</strong>se ersten „Vorschussvereine“ und „Darlehenskassen“ sind<br />
die Vorläufer der heutigen Volksbanken und Raiffeisenbanken<br />
und Vorbild für Genossenschaftsbanken in aller Welt. Auch in<br />
Landwirtschaft, Handel und Gewerbe waren Selbsthilfe, Selbstverantwortung<br />
und Solidarität der Ausgangspunkt der erfolgreichen<br />
Entwicklung von <strong>Genossenschaften</strong> <strong>als</strong> mitgliedergetragene<br />
Unternehmen.<br />
Seither haben sich <strong>Genossenschaften</strong> <strong>als</strong> anpassungsfähige Unternehmensform<br />
bewährt. Wichtige Faktoren dieser Erfolgsgeschichte<br />
sind ein verlässlicher rechtlicher Rahmen, die Vernetzung<br />
der <strong>Genossenschaften</strong>, die genossenschaftliche Aus- und<br />
Fortbildung und die bereits in den 1880er-Jahren eingeführte<br />
Prüfung der <strong>Genossenschaften</strong>. Bis heute dient diese dazu, die<br />
Mitglieder der Genossenschaft vor Vermögensschäden zu schützen<br />
und die Genossenschaftsorganisation zu stabilisieren.<br />
Unverändert aktuell<br />
<strong>Genossenschaften</strong> haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich<br />
in Deutschland dezentrale, regionale Wirtschaftsstrukturen, ein<br />
starker Mittelstand und eine effiziente Landwirtschaft entwickelt<br />
haben. Bis in die Gegenwart sind <strong>Genossenschaften</strong> ein wichtiger<br />
und stabiler Faktor unserer Wirtschaft und Zivilgesellschaft.<br />
<strong>Die</strong>s wird gerade in Krisen deutlich. <strong>Die</strong> Aktualität der Idee von<br />
unternehmerisch ausgerichteter, genossenschaftlich organisierter<br />
Selbsthilfe zeigt sich auch in den rund 600 neuen <strong>Genossenschaften</strong>,<br />
die allein in den letzten fünf Jahren gegründet wurden.<br />
Engagement für Entwicklung<br />
Seit seiner Gründung im Jahr 1972 engagiert sich der DGRV in<br />
der Entwicklungszusammenarbeit. Der Wissenstransfer von<br />
deutschen <strong>Genossenschaften</strong> in andere Länder und Regionen<br />
der Welt hat aber eine viel längere Tradition. Bereits vor über<br />
100 Jahren hat beispielsweise Japan das deutsche Genossenschaftsgesetz<br />
<strong>als</strong> Vorbild verwendet. Viele Länder sind diesem<br />
Beispiel gefolgt und haben einen rechtlichen Rahmen für <strong>Genossenschaften</strong><br />
geschaffen.<br />
Friedrich Wilhelm Raiffeisen Hermann Schulze-Delitzsch<br />
<strong>Die</strong> Pioniere des modernen Genossenschaftswesens<br />
9
In vielen Entwicklungsländern leisten <strong>Genossenschaften</strong><br />
heute das gleiche wie vor 150 Jahren in Deutschland: Sie eröffnen<br />
Wege aus der Armut aus eigener Kraft.<br />
Internationale Zusammenarbeit ist eine Verpflichtung, der sich<br />
die Genossenschaftsorganisation schon immer gestellt hat. Mit<br />
der Förderung von <strong>Genossenschaften</strong> und ihren Netzwerken<br />
trägt der DGRV zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung<br />
und damit zur Bekämpfung der Armut bei.<br />
<strong>Kooperation</strong> <strong>als</strong> <strong>Chance</strong><br />
Mit der Millenniumserklärung im Jahr 2000 haben sich die Mitgliedstaaten<br />
der Vereinten Nationen verbindliche Ziele gesetzt.<br />
An erster Stelle steht die Minderung der Armut. Auch Organisationen<br />
der Zivilgesellschaft und Unternehmen sind weltweit<br />
aufgerufen, darauf hinzuarbeiten.<br />
Es gibt erhebliche Erfolge bei der wirtschaftlichen und sozialen<br />
Entwicklung in einigen Ländern. Dennoch lebt ein großer Teil der<br />
Weltbevölkerung weiterhin in Armut. Schlechte politische und<br />
wirtschaftliche Rahmenbedingungen behindern die Entwicklung,<br />
zudem fehlt oft der Zugang zu regionalen Märkten, aber auch<br />
zum Weltmarkt. <strong>Die</strong> Folgen wirken sich besonders im ländlichen<br />
Raum negativ aus und führen zu Landflucht und Migration.<br />
„Gemeinsam handeln, mehr erreichen!“ <strong>Genossenschaften</strong><br />
aktivieren Entwicklungspotenziale: In über 30 Ländern<br />
berät der DGRV beim Aufbau genossenschaftlicher Systeme<br />
und Strukturen.<br />
Gerade Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen, andernorts<br />
ein Motor der Entwicklung, haben oft keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen,<br />
Märkten, Technologien und Know-how. Zudem<br />
mangelt es an Rechtssicherheit, an Transparenz des staatlichen<br />
Handelns und an einer Wirtschaftsordnung, die allen gleiche<br />
<strong>Chance</strong>n eröffnet, die sich unternehmerisch betätigen.<br />
Strukturbildende Fähigkeiten von kleinen und mittleren Unternehmen<br />
müssen gefördert und Möglichkeiten für selbstständige<br />
Unternehmer ausgebaut werden, um Arbeitsplätze und Einkommen<br />
zu schaffen.<br />
Sozi<strong>als</strong>trukturförderung<br />
<strong>Die</strong> internationale Arbeit des DGRV wird maßgeblich vom Bundesministerium<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
(BMZ) finanziert. <strong>Die</strong> Bundesregierung fördert die<br />
wirtschaftliche und soziale Entwicklung und trägt so zur weltweiten<br />
Armutsbekämpfung und Sicherheit bei.<br />
Ein wichtiges Instrument ist dabei die Sozi<strong>als</strong>trukturförderung.<br />
Sie will die Lebensbedingungen armer Bevölkerungsgruppen<br />
nachhaltig verbessern. Hierbei und bei der Wirtschaftsförderung<br />
kommt Selbsthilfeansätzen eine wichtige Rolle zu, denn nachhaltige<br />
Armutsbekämpfung kann letztlich nur Hilfe zur Selbsthilfe<br />
bedeuten. In diesem Rahmen bringt auch der DGRV seine Erfahrungen<br />
in die Entwicklungszusammenarbeit ein.<br />
<strong>Die</strong> Sozial- und Wirtschaftsstruktur eines Landes wird durch <strong>Genossenschaften</strong><br />
und deren Netzwerke positiv beeinflusst. <strong>Genossenschaften</strong><br />
im Finanzwesen, in Handel, Handwerk und in<br />
der Landwirtschaft sind in vielen Ländern das Rückgrat der wirtschaftlichen<br />
Aktivitäten. Sie tragen wesentlich zur Entwicklung<br />
eines Landes bei, weil sie auf lokaler Initiative und Wirtschaftskraft<br />
aufbauen und die Menschen gleichzeitig Träger und Nutznießer<br />
der wirtschaftlichen Aktivitäten sind. <strong>Genossenschaften</strong><br />
gehören zu den nachhaltigsten Unternehmen; sie verbinden die<br />
Vorteile dezentraler Aktivitäten mit den Stärken einer regionalen<br />
und nationalen Vernetzung.<br />
Mit dieser Zielrichtung fördert der DGRV in seinen Partnerländern<br />
den Aufbau von genossenschaftlichen Strukturen im<br />
Spar- und Kreditwesen, im Gewerbe und in der Landwirtschaft.<br />
Viele Menschen erhalten durch Spar- und Kreditgenossenschaften<br />
– vor allem in ländlichen Regionen – zum ersten Mal<br />
Zugang zu Finanzdienstleistungen. Neben Kleinkrediten bieten<br />
sie meist auch Sparmöglichkeiten, Zahlungsverkehr und Versicherungen,<br />
aber auch Geschäftsberatung und Fortbildung. So<br />
mobilisieren genossenschaftliche Mikrofinanzinstitutionen die<br />
Potenziale der Menschen vor Ort und fördern damit ganz konkret<br />
die Entwicklung.<br />
In ländlichen Regionen eröffnen <strong>Genossenschaften</strong> ihren Mitgliedern<br />
Zugang zu regionalen und überregionalen Märkten<br />
und damit zu besserem Einkommen. Auch im Handwerk und im<br />
Handel ermöglichen <strong>Genossenschaften</strong> Zugang zu Beschaffungs-<br />
und Absatzmärkten. Deshalb und auch aufgrund ihrer<br />
Eigentümerstruktur, der Partizipation der Mitglieder und der Einbindung<br />
in Netzwerke weisen <strong>Genossenschaften</strong> eine hohe<br />
Nachhaltigkeit und großes Entwicklungspotenzial auf.<br />
10
Mehrebenen-Ansatz beim Aufbau genossenschaftlicher Systeme<br />
Zentralregierung, Gebietsregierungen, Ministerien, Zentralbank/Aufsichtsbehörde<br />
• Rechtsrahmen für <strong>Genossenschaften</strong>, KKMU, ländliches Finanzwesen<br />
• Regulierung, Verordnungen, Aufsicht, Lizenzierung, Normen, Standards<br />
• Refinanzierungsprogramme, Unterstützung / Koordination<br />
Nationale Verbände<br />
(mit diversen <strong>Die</strong>nstleistungen, z.B. Beratung, Prüfung)<br />
Service<br />
Regionale Verbände<br />
(mit diversen <strong>Die</strong>nstleistungen, z.B. Beratung, Prüfung)<br />
Service<br />
Lokale <strong>Genossenschaften</strong><br />
(Spar- und Kreditgenossenschaften, ländliche und gewerbliche Waren- und <strong>Die</strong>nstleistungsgenossenschaften)<br />
Service<br />
Anteile<br />
Anteile<br />
Nationale genossenschaftliche Zentralen<br />
Mitglieder/Kunden der lokalen <strong>Genossenschaften</strong> (KKMU, Landwirte, Bevölkerung),<br />
genossenschaftlich organisierte Selbsthilfegruppen<br />
Service<br />
Regionale genossenschaftliche Zentralen<br />
(z.B. Bank)<br />
Service<br />
Anteile<br />
Anteile<br />
Anteile<br />
Beziehungen gemäß Subsidiaritätsprinzip<br />
Der Mehrebenen-Ansatz des DGRV<br />
Jede Genossenschaft muss leistungsfähig sein, um den Förderauftrag<br />
ihrer Mitglieder erfüllen zu können. Dazu müssen bestimmte<br />
Voraussetzungen gegeben sein.<br />
• In der einzelnen Genossenschaft – <strong>als</strong>o auf Mikroebene –<br />
sind eine konsequente wirtschaftliche Ausrichtung, eine adäquate<br />
interne Organisation und gut ausgebildete Führungskräfte<br />
und Mitarbeiter erforderlich.<br />
• Zudem muss die Genossenschaft Teil eines subsidiär aufgebauten<br />
Verbundnetzwerks auf Mesoebene sein, denn so profitiert<br />
sie von den Leistungen spezialisierter Zentralunternehmen<br />
und Verbände – etwa bei Ausbildung und Prüfung.<br />
• Auf der Makro-Ebene muss der Staat den richtigen rechtlichen<br />
und regulatorischen Rahmen für genossenschaftliches<br />
Handeln schaffen.<br />
In seinen Projekten setzt der DGRV mit Beratung und <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
auf allen drei Ebenen an, meist im Rahmen mehrjähriger<br />
Programme. Daneben reagiert der DGRV auch flexibel und kurzfristig<br />
auf Anfragen aus Ländern oder von Organisationen. Bei<br />
seiner Arbeit kann der DGRV auf das umfangreiche Know-how<br />
der gesamten deutschen Genossenschaftsorganisation zurückgreifen.<br />
„Das Genossenschaftsmodell bietet eine Formel, mit der<br />
Innovation und Dezentralisierung gefördert werden, ohne<br />
Werte wie Gemeinschaft, Konsens und gemeinsame Verantwortung<br />
zu opfern. <strong>Die</strong>se Formel ist sehr anpassungsfähig<br />
und kann praktisch auf alle sozialen und wirtschaftlichen Bereiche<br />
übertragen werden.“<br />
Kofi Annan (UN-Gener<strong>als</strong>ekretär von 1997 bis 2006, Friedensnobelpreisträger)<br />
11
Lateinamerika<br />
Selbsthilfe Den ländlichen heißt Raum initiativ erschließen werden<br />
12
Brasilien<br />
Wie Roberio und Gilberto<br />
die Bank retteten<br />
Kundenorientierung, kompetente Mitarbeiter und die Unterstützung<br />
durch den DGRV – das ist die Erfolgsgeschichte<br />
einer Genossenschaftsbank im Osten Brasiliens.<br />
Es ist 7.30 Uhr in Senhor de Bonfim, einer entlegenen Kleinstadt<br />
im Bundesstaat Bahia, <strong>als</strong> Roberio, Präsident der Genossenschaft<br />
„Sicoob“, die kleine Bank im Stadtzentrum aufschließt.<br />
<strong>Die</strong> Sonne brennt, schon jetzt sind es 35 Grad im Schatten. <strong>Die</strong><br />
Kundschaft steht bereits Schlange. Scherzende Marktfrauen,<br />
Männer in fleckigen, ärmellosen Hemden, sonnenverbrannte<br />
Gesichter; es riecht nach Tabak, Schweiß und Aracajé, dem traditionellen<br />
Gebäck aus frittiertem Bohnenmehl.<br />
<strong>Die</strong> Geschäfte liefen nicht immer so gut für Roberios kleine<br />
Bank. Vor wenigen Jahren stand sie finanziell am Abgrund, die<br />
Schließung war bereits vorbereitet. Dann kam Roberio nach einem<br />
Seminar des DGRV auf das Thema Mikrokredite. Es war<br />
vielleicht die letzte <strong>Chance</strong> für seine sorgengeplagte Genossenschaft.<br />
Er überzeugte einige Gründungsmitglieder, etwas Geld<br />
nachzuschießen und heuerte Gilberto an, einen jungen Kreditberater,<br />
der schon Erfahrungen mit Mikrokrediten hatte.<br />
Mikrokredite bringen die Wende<br />
Zusammen entwarfen sie ein Angebot für informelle Kleinstunternehmer<br />
mit wenigen oder keinen Sicherheiten. <strong>Die</strong>se Kunden,<br />
die bei anderen Banken kaum über die Schwelle gelassen<br />
wurden, organisierten sie in kleinen Solidargruppen, getreu<br />
dem Prinzip „Einer für alle, alle für einen“. Kreditwürdigkeitsprüfung<br />
und die Zahlungsbeitreibung wurden damit vereinfacht<br />
und machten das Geschäft auch für kleinere Volumina rentabel.<br />
Das war der Wendepunkt für die Sicoob Bonfim. Ein Jahr später<br />
erreichte sie die „schwarze Null“ und ist seitdem profitabel.<br />
Das Portfolio besteht heute zu 75 Prozent aus Mikrokrediten.<br />
Roberio ist zufrieden: „Mikrofinanz hat uns gerettet.“<br />
<strong>Die</strong> Mitglieder sind dankbar. „Bei keiner anderen Bank konnte<br />
ich Kredit bekommen“, erzählt Käsehändlerin Marcia, die seit<br />
zwei Jahren die Angebote der Genossenschaft in Anspruch<br />
nimmt. Ihr Leben hat sich deutlich verbessert: „Ich konnte einen<br />
Kühlschrank und einen zweiten Marktstand für Frischmilchprodukte<br />
und Eis kaufen. Wir konnten das Haus renovieren und<br />
unsere Tochter zur Uni schicken.“<br />
Kreditantrag per Smartphone<br />
<strong>Die</strong> Kopfschmerzen gingen damit aber für Roberio und Gilberto<br />
erst richtig los. Man hat mittlerweile Kapazitätsprobleme, das<br />
Archiv platzt aus allen Nähten. Bei den Herausforderungen kann<br />
die Bank auf die Unterstützung des DGRV-Büros Salvador zählen.<br />
Beispiel Bürokratie: Fast 40 Seiten umfasst eine durchschnittliche<br />
Mikrokreditakte, maximal fünf wären notwendig.<br />
<strong>Die</strong> Überzeugungsarbeit bei Bankenaufsicht und Bankzentrale<br />
in Brasilia übernimmt der DGRV-Berater.<br />
Um Kunden in weit entfernten ländlichen Gebieten kostendeckend<br />
zu erreichen, hat der DGRV eine Software entwickelt, mit<br />
der die Kreditanträge via Smartphone vor Ort bearbeitet und entschieden<br />
werden können. Und da vielen Mitgliedern grundlegende<br />
betriebswirtschaftliche Kenntnisse fehlen, bereitet der DGRV<br />
ein kombiniertes Ausbildungs- und Finanzierungsprogramm mit<br />
der staatlichen Förderagentur SEBRAE vor. Drei Schritte in Richtung<br />
einer besseren Kreditversorgung der Bevölkerung.<br />
Um 18 Uhr schließt Roberio seine Bank zu, müde, aber lächelnd.<br />
Es war ein guter Tag.<br />
13
Paraguay<br />
Finanzdienstleistungen für Kleinunternehmer<br />
und Landwirte<br />
Paraguay ist von einer großen Kluft zwischen Arm und<br />
Reich geprägt. 35 Prozent der 6,7 Millionen Einwohner<br />
leben in Armut. <strong>Die</strong> Wirtschaft des Binnenlandes ist agrarisch<br />
ausgerichtet, die landwirtschaftliche Nutzfläche<br />
jedoch ist ungleich verteilt. Der fehlende Zugang zu<br />
Märkten und eine prekäre Lebenssituation auf dem Land<br />
führen zu Migration in die Städte.<br />
<strong>Genossenschaften</strong> haben in Paraguay eine lange Tradition. Rund<br />
600 gibt es, die hauptsächlich in der Landwirtschaft und im<br />
Spar- und Kreditsektor tätig sind. Über eine Million Mitglieder,<br />
zumeist kleine und kleinste Unternehmer und Bauern kooperieren<br />
in Paraguay, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern.<br />
Um die Lage der Mitglieder verbessern zu können, müssen <strong>Genossenschaften</strong><br />
wirtschaftlich erfolgreich sein, in genossenschaftliche<br />
Strukturen eingebettet sein und angemessene Rahmenbedingungen<br />
vorfinden. DGRV-Fachleute beraten daher auf<br />
allen Ebenen – von den Basisgenossenschaften über die Verbände<br />
und Zentralen wie beispielsweise die Zentralgenossenschaft<br />
der Spar- und Kreditgenossenschaften CENCOPAN (Central de<br />
Cooperativas del Área Nacional) und den Verband der landwirtschaftlichen<br />
<strong>Genossenschaften</strong> FECOPROD (Federación de Cooperativas<br />
de Producción) bis zum genossenschaftlichen Aufsichtsinstitut<br />
INCOOP (Instituto Nacional de Cooperativismo),<br />
zur Zentralbank und zu Regierungsstellen.<br />
können. Mit Geschäftsführern werden Vermarktungsstrategien<br />
für landwirtschaftliche <strong>Genossenschaften</strong> erarbeitet.<br />
Auch die Ausbildung von Mitarbeitern ist eine wesentliche Voraussetzung<br />
für den Erfolg einer Genossenschaft. Daher führt<br />
der DGRV gemeinsam mit der Universidad del Cono Sur de las<br />
Américas (UCSA) in der Hauptstadt Asunción Schulungen zu<br />
genossenschaftlicher Betriebsführung an. Über 600 Führungskräfte<br />
und Mitarbeiter haben bislang an diesen „Diplomados“<br />
teilgenommen. Sie kehren gestärkt in ihre <strong>Genossenschaften</strong><br />
zurück.<br />
Rückzahlungsquote: 97 Prozent. <strong>Die</strong> Spar- und Kreditgenossenschaft<br />
Medalla Milagrosa hat 2010 ein Mikrofinanzzentrum<br />
eingerichtet, in dem gewerbliche und handwerkliche<br />
Kunden beraten werden. Sie ist Mitglied in einem Mikrofinanznetzwerk<br />
aus 12 Spar- und Kreditgenossenschaften.<br />
Das DGRV-Mikrofinanzteam berät beim Konzept und schult<br />
die Mitarbeiter der Genossenschaft, besonders bei der Kreditevaluierung.<br />
Darüber hinaus werden den Kreditnehmern<br />
Kurse zu betriebswirtschaftlichen Fragen angeboten. Bislang<br />
wurden bereits Mikrokredite von mehr <strong>als</strong> 10 Millionen<br />
US-Dollar vergeben – mit einer Rückzahlungsquote von über<br />
97 Prozent!<br />
Umfangreiche Arbeitsfelder<br />
Der DGRV berät <strong>Genossenschaften</strong> im Landwirtschafts- und Finanzsektor<br />
etwa bei der Modernisierung und Professionalisierung<br />
der Regulierung, der Prüfungssysteme, des Rechnungswesens,<br />
der Finanzdienste und der Unternehmensführung von <strong>Genossenschaften</strong><br />
und ihrer Verbundunternehmen.<br />
So sind seit Anfang 2011 die 20 größten Spar- und Kreditgenossenschaften<br />
verpflichtet, mit einem vom DGRV entwickelten<br />
System zum Finanzmonitoring zu arbeiten. Mitarbeiter von<br />
landwirtschaftlichen <strong>Genossenschaften</strong> lernen den Umgang mit<br />
Kontrollsystemen, um Schwachstellen frühzeitig erkennen zu<br />
14
Netzwerke<br />
Know-how-Transfer über<br />
Ländergrenzen<br />
In ganz Lateinamerika wachsen Spar- und Kreditgenossenschaften,<br />
steigen ihre Mitgliederzahlen. Dennoch haben<br />
große Teile der Bevölkerung noch keinen Zugang<br />
zum formellen Finanzsektor – oder nur unter hohen Kosten,<br />
etwa durch Zinswucher, und mit eingeschränkten<br />
Leistungen.<br />
<strong>Genossenschaften</strong> haben hier eine wichtige Funktion. Sie bieten<br />
geeignete und bezahlbare Produkte für ihre Mitglieder und Kunden.<br />
Ihr dezentraler Aufbau erlaubt es ihnen, die Menschen auch<br />
in abgelegenen Regionen zu erreichen, wo Banken nicht mehr<br />
präsent sind. Gerade Klein- und Kleinstunternehmer und Bauern<br />
können über <strong>Genossenschaften</strong> Investitionen finanzieren.<br />
Kolumbien: Das erste „plástico“ im Leben. Es ist ein erklärtes<br />
Ziel der kolumbianischen Regierung, das formelle Finanzsystem<br />
auszuweiten. Der DGRV kooperiert seit 2006 mit<br />
der Zentralgenossenschaft VISIONAMOS in Medellín mit rund<br />
300.000 Mitgliedern. VISIONAMOS hat die Zulassung, ein<br />
Zahlungssystem für Spar- und Kreditgenossenschaften zu betreiben.<br />
Das System erreicht gerade jene Menschen, die bislang keinen<br />
Zugang zum Finanzsektor hatten. Viele Kunden halten mit<br />
einer Debitkarte von VISIONAMOS zum ersten Mal in ihrem<br />
Leben ein solches „plástico“ in den Händen – und dies weit<br />
günstiger <strong>als</strong> zu den sonst üblichen Gebühren. Niemand muss<br />
mehr größere Bargeldbeträge mitführen, um Strom- oder Telefonrechnungen<br />
zu begleichen. Bargeldlos ist nicht nur sicherer,<br />
sondern es spart auch viel Zeit – Zeit, in der die Menschen<br />
jetzt ihrer Arbeit nachgehen können.<br />
DGRV-Fachleute beraten auch die Spar- und Kreditgenossenschaften,<br />
die sich am Kartengeschäft von VISIONAMOS beteiligen.<br />
Dabei werden in Ecuador und Chile entwickelte Instrumente<br />
eingesetzt – ein Beispiel für Know-how-Transfer im<br />
länderübergreifenden DGRV-Netzwerk.<br />
Der DGRV arbeitet in Lateinamerika zunehmend länderübergreifend,<br />
etwa beim Wissensaustausch zwischen den <strong>Genossenschaften</strong>.<br />
Ob Management-Informationssystem, ob Tools für interne<br />
Kontrollsysteme oder externe Prüfung, ob Scores für Mikrokredit-<br />
und Konsumkreditrisiken oder Leitfaden zur Corporate<br />
Social Responsibility (CSR) – von den Entwicklungen in einem<br />
Land profitieren die <strong>Genossenschaften</strong> und ihre Mitglieder in<br />
den Nachbarländern. <strong>Die</strong>se praktische Solidarität ist eine Stärke<br />
des Genossenschaftsmodells.<br />
Auch Fachtagungen gehören dazu. So veranstalten DGRV und<br />
CEMLA, eine regionale Notenbankvereinigung mit Sitz in Mexiko-Stadt,<br />
jedes Jahr eine Konferenz zu Regulierung und Aufsicht<br />
von <strong>Genossenschaften</strong>. <strong>Die</strong> Teilnehmer kommen aus <strong>Genossenschaften</strong>,<br />
Finanzaufsichtsbehörden und Zentralbanken in ganz<br />
Lateinamerika.<br />
Immer wichtiger für die Wirtschaft der lateinamerikanischen<br />
Länder werden internationale Rechnungslegungsgrundsätze.<br />
Der DGRV unterstützt die Lobbyarbeit der Verbände zu einer<br />
„genossenschaftsgerechten” Umsetzung dieser Rechnungslegungsgrundsätze<br />
und die Erarbeitung von Leitfäden zu den<br />
Grundsätzen.<br />
Süd-Süd-<strong>Kooperation</strong><br />
Ein wichtiges Element des DGRV-Ansatzes ist die verstärkte<br />
Süd-Süd-<strong>Kooperation</strong> und der regionale Austausch.<br />
So werden zum Beispiel Fachbesuchsreisen in<br />
benachbarte Länder organisiert und länderübergreifende<br />
Seminare veranstaltet, um gegenseitig von den Erfahrungen<br />
zu lernen. Gerade in Lateinamerika gibt es<br />
wegen der gemeinsamen Sprache viele Beispiele für solchen<br />
fruchtbaren Austausch: Regelmäßig treffen sich<br />
beispielsweise die Geschäftsführer von Spar- und Kreditgenossenschaften<br />
aus verschiedenen Ländern.<br />
Was an Expertise in den Projektländern aufgebaut wurde,<br />
wird auch von anderen Ländern nachgefragt. In Mosambik<br />
beraten beispielsweise bereits Genossenschaftsexperten<br />
aus Brasilien beim Aufbau von <strong>Genossenschaften</strong><br />
und ihren Strukturen. <strong>Die</strong>se Dreieckskooperation<br />
wird jetzt vertraglich zwischen der Deutschen Gesellschaft<br />
für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), dem<br />
DGRV, den brasilianischen und mosambikanischen Partnern<br />
und der brasilianischen Entwicklungsorganisation<br />
ABC institutionalisiert.<br />
15
Mittelamerika<br />
Mexiko, El Salvador und Nicaragua –<br />
16<br />
<br />
Traditionelle Papierherstellung einer Kleinunternehmerin in Mexiko.
<strong>Genossenschaften</strong> sind Motor der Entwicklung<br />
Nur ein Viertel der Bevölkerung in Mexiko und El Salvador<br />
hat Zugang zu Bankdienstleistungen. Das ist auch im Vergleich<br />
mit anderen Ländern der Region gering – nur Nicaragua<br />
steht mit fünf Prozent noch schlechter da. Vom Projektbüro<br />
in Mexiko-Stadt aus berät und unterstützt der<br />
DGRV <strong>Genossenschaften</strong> in Mexiko, El Salvador und seit<br />
kurzem auch in Nicaragua.<br />
Der Finanzsektor in Mexiko wird weitgehend von wenigen großen<br />
Banken beherrscht. Sie selektieren ihre Firmen- und Privatkunden<br />
nach Solvenz. Deren Geschäft ist hochrentabel – doch<br />
es verwehrt den meisten Menschen, vor allem kleinen Unternehmen,<br />
den Zugang zum Finanzsystem. Besonders gravierend<br />
ist die Lage in der Landwirtschaft: Nur vier Prozent der Betriebe<br />
haben Zugang zu Finanzdienstleistungen. Agrarkredite machen<br />
gerade 1,4 Prozent des Kreditvolumens in Mexiko aus, und nur<br />
in jeder vierten Gemeinde gibt es überhaupt eine Bankfiliale.<br />
El Salvador: Neue Zweigstellen auf dem Land. <strong>Die</strong> 32<br />
Mitgliedsgenossenschaften von FEDECACES mit ihren 60<br />
Zweigstellen bieten inzwischen für die über 250.000 Mitglieder<br />
und Kunden im ländlichen Raum Kredite, Sparkonten,<br />
Zahlungsverkehr und Versicherungen an. Seit 2008 wurden 16<br />
neue Zweigstellen in Gebieten eröffnet, in denen es bislang<br />
keine Bankfiliale gab.<br />
Spar- und Kreditgenossenschaften hatten während des langen<br />
Bürgerkrieges in El Salvador einen schweren Stand, galten<br />
sie doch der Oligarchie <strong>als</strong> Störfaktor bei ihren eigenen<br />
Geschäften. Doch längst ist ihre Bedeutung für die Entwicklung<br />
des Landes unumstritten. Der DGRV kooperiert mit der<br />
FEDECACES-Gruppe, um beim Aufbau eines professionellen<br />
Verbands- und Verbundsystems zu unterstützen. Neben Beratung<br />
der Mitgliedsgenossenschaften führt FEDECACES den<br />
Liquiditätsausgleich über eine Zentralkasse durch, darüber<br />
hinaus auch Prüfungen, Schulungen und Mikroversicherungen.<br />
Der DGRV berät FEDECACES auch bei der strategischen<br />
Planung und bei der Ausbildung und Professionalisierung der<br />
Mitarbeiter.<br />
In Mexiko, aber auch in El Salvador und Nicaragua sind Sparund<br />
Kreditgenossenschaften für die arme Bevölkerung oft der<br />
einzige Zugang zu Finanzdienstleistungen. <strong>Die</strong> <strong>Genossenschaften</strong><br />
sind im Gegensatz zu den großen Banken lokal und regional<br />
verankert und ihren Mitgliedern verpflichtet. Zudem sind Landwirtschaft<br />
und Kleingewerbe traditionell die Grundlage ihrer<br />
Geschäftstätigkeit.<br />
<strong>Chance</strong> für Gewerbe und Landwirtschaft<br />
<strong>Genossenschaften</strong> eröffnen kleinen Handwerkern, Gewerbetreibenden<br />
und Landwirten die <strong>Chance</strong>, wirtschaftlich aktiv zu<br />
werden und ihre Lage selbst zu verbessern. Dazu müssen die<br />
<strong>Genossenschaften</strong> allerdings nachhaltig wirtschaften – professionell,<br />
mit effizienten Kontrollregeln und solider Geschäftsführung.<br />
<strong>Die</strong> Beratung dazu hat deshalb für den DGRV einen hohen<br />
Stellenwert.<br />
Daneben berät der DGRV bei der Modernisierung des Genossenschaftssystems<br />
und schult Personal und Mitglieder der <strong>Genossenschaften</strong><br />
bzw. deren Verbände und Zentralen. Außerdem<br />
veranstaltet er Seminare zu Prüfungen, Geldwäscheprävention<br />
oder Bankenaufsicht und unterstützt die <strong>Genossenschaften</strong> mit<br />
EDV-Instrumenten wie dem DGRV-Frühwarnsystem „Alerta<br />
Temprana“. Darüber hinaus beraten die DGRV-Experten in Mexiko<br />
bei der Umsetzung des Gesetzes zur Regulierung der Aktivitäten<br />
von Spar- und Kreditgenossenschaften.<br />
Risiken kontrollieren<br />
Für die Stabilität und das Wachstum von Spar- und Kreditgenossenschaften<br />
ist ein leistungsfähiges Risikomanagement<br />
unentbehrlich. Frühwarnsysteme sind dabei<br />
der erste Baustein. Mit ihnen werden negative Entwicklungen<br />
frühzeitig erkannt, so dass gezielt gegengesteuert<br />
werden kann. Frühwarnsysteme werden nicht nur<br />
von den <strong>Genossenschaften</strong> selbst, sondern auch von genossenschaftlichen<br />
Verbänden, Einlagensicherungsfonds,<br />
Entwicklungsbanken, Ministerien oder Aufsichtsbehörden<br />
angewendet.<br />
Der DGRV hat für Lateinamerika ALERTA TEMPRANA<br />
entwickelt. Mit diesem IT-gestützten Frühwarnsystem<br />
lassen sich Kennzahlen aus den Daten des Rechnungswesens<br />
und weiteren Daten der Genossenschaft auswerten<br />
und interpretieren. ALERTA TEMPRANA kann an<br />
spezielle Bedürfnisse angepasst und <strong>als</strong> Management-<br />
Informationssystem genutzt werden. Darüber hinaus<br />
kann es in andere Sprachen übersetzt werden.<br />
17
Weltweites...<br />
Engagement des DGRV<br />
Mittel- und<br />
Osteuropa<br />
Bosnien-Herzegowina<br />
Bulgarien<br />
Montenegro<br />
Russland<br />
Ukraine<br />
Asien<br />
China<br />
Indien<br />
Indonesien<br />
Kambodscha<br />
Kirgisistan<br />
Laos<br />
Philippinen<br />
Thailand<br />
Türkei<br />
Vietnam<br />
Lateinamerika<br />
Bolivien<br />
Brasilien<br />
Chile<br />
Costa Rica<br />
Ecuador<br />
El Salvador<br />
Honduras<br />
Kolumbien<br />
Mexiko<br />
Nicaragua<br />
Panama<br />
Paraguay<br />
Uruguay<br />
Afrika<br />
Botswana<br />
Lesotho<br />
Mosambik<br />
Südafrika<br />
Swaziland<br />
18
Wir wollen, dass<br />
• breite Bevölkerungsschichten an<br />
der wirtschaftlichen und sozialen<br />
Entwicklung in ihrem Land teilhaben,<br />
• Ursachen und Folgen von Armut<br />
und Strukturverwerfungen dauerhaft<br />
beseitigt werden,<br />
• Selbsthilfe und Eigenverantwortung<br />
gestärkt werden,<br />
• Strukturen für eine nachhaltige<br />
Entwicklung geschaffen werden.<br />
Wir fördern<br />
• <strong>Genossenschaften</strong> und genossenschaftliche<br />
Verbundstrukturen in Finanzwesen, Landwirtschaft,<br />
Handwerk, Handel und Gewerbe,<br />
• zentrale Einrichtungen wie Zentral kassen,<br />
• professionelle Aus- und Weiterbildung,<br />
• den Aufbau des genossenschaftlichen Prüfungswesens<br />
in Zusammenarbeit mit nationalen<br />
Bankenaufsichten und Zentralbanken sowie<br />
• angepasste Rahmenbedingungen für <strong>Genossenschaften</strong>,<br />
zum Beispiel Bankenaufsicht<br />
sowie Banken- und Genossenschaftsgesetze.<br />
Wir orientieren uns an<br />
• den Bedürfnissen der Menschen<br />
und des Partnerlandes,<br />
• der unternehmerisch<br />
ausgerichteten Selbsthilfe und<br />
• den entwicklungspolitischen<br />
Leit linien und Konzepten der<br />
Bundesregierung und internationaler<br />
Institutionen.<br />
Wir beraten bei<br />
• Aufbau, Organisation und Management<br />
von <strong>Genossenschaften</strong>,<br />
• Risikomanagement, Frühwarnsystemen,<br />
Managementinformationssystemen,<br />
• Mikrofinanz,<br />
• Genossenschafts- und Bankenrecht,<br />
Bankenaufsicht,<br />
• Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher<br />
Produkte, Wertschöpfungsketten,<br />
• <strong>Kooperation</strong> in Gewerbe, Handwerk und Handel,<br />
• genossenschaftlichen Prüfungssystemen,<br />
Einlagensicherung,<br />
• Aus- und Weiterbildung.<br />
Wir bringen dabei ein<br />
• unsere langjährige Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit,<br />
• unsere Kompetenz, die im Erfolg der deutschen<br />
<strong>Genossenschaften</strong> und ihrer Geschichte wurzelt,<br />
• unsere weltweite Vernetzung in genossen schaftlichen<br />
Strukturen,<br />
• unseren Zugang zu <strong>Genossenschaften</strong> in<br />
unseren Partnerländern.<br />
Unsere Zielgruppen<br />
• Mitglieder und Kunden von <strong>Genossenschaften</strong><br />
• <strong>Genossenschaften</strong> und genossenschaftliche<br />
Zentraleinrichtungen<br />
• Politische Entscheidungsträger<br />
• Fachministerien<br />
• Zentralbanken und Bankenaufsicht<br />
Unsere Leistungen<br />
• Beratung durch Lang- und Kurzzeitexperten<br />
• Seminare und Lehrmaterialien<br />
• Gutachten und Expertisen<br />
• Zusammenarbeit mit Zentralbanken und Bankenaufsicht<br />
• Fachprogramme und Praktika im In- und Ausland<br />
• Partnerschaften und <strong>Kooperation</strong>en<br />
• Süd-Süd-<strong>Kooperation</strong>en<br />
19
Südafrika<br />
<strong>Die</strong> Näherinnen von Nokaneng<br />
20
Rosina Dikobe erinnert sich ungern an die Zeit vor acht<br />
Jahren. Sie hatte keine Arbeit und kein Geld für Essen und<br />
die Schulausbildung ihr Kinder. Aber Rosina hat sich dem<br />
Schicksal nicht ergeben. Mit anderen Frauen gründete sie<br />
eine Genossenschaft.<br />
<strong>Die</strong> Frauen aus Nokaneng, einem kleinen Dorf rund 100 Kilometer<br />
von Johannesburg entfernt, machten das zum Haupterwerb,<br />
was sie seit Jahren für ihre Familien taten – Kleidung nähen. Ihre<br />
„Retlamegila Sewing Primary Co-operative Limited“ gibt es seit<br />
2003. „Am Anfang hatten wir viele Probleme – keine von uns<br />
wusste, wie eine Genossenschaft funktioniert und wie man ein<br />
Unternehmen führt“, erinnert sich Rosina. „Am Ende eines Monats<br />
war meistens weniger in der Kasse <strong>als</strong> am Anfang.“<br />
<strong>Die</strong>se Probleme haben viele <strong>Genossenschaften</strong>, die nach dem<br />
Ende der Apartheid gegründet wurden. Viele haben sich wieder<br />
aufgelöst. Nicht jedoch die Retlamegila Co-operative: <strong>Die</strong> sieben<br />
resoluten Frauen eigneten sich das nötige Wissen in den<br />
Schulungen des DGRV an – von Grundlagen der Buchhaltung,<br />
der Kalkulation und des Managements bis zu möglichen Absatzmärkten.<br />
„Heute nähen wir die Schuluniformen für viele Schulen<br />
und nehmen Privataufträge an. Damit können wir unseren<br />
Lebensunterhalt bestreiten“, sagt Rosina mit sichtlichem Stolz.<br />
„Angst, dass ich meine Kinder nicht mehr zur Schule schicken<br />
kann, habe ich keine mehr.“<br />
Vom Straßenkind zum Bäcker. Kgothso Moseke wuchs in<br />
einem Township in Pretoria auf. Arbeitslos, ohne Ausbildung<br />
und Hoffnung, drohte er in die Kriminalität abzurutschen.<br />
„Ich hatte immer Hunger. Schon beim Gedanken an Brot lief<br />
mir das Wasser im Mund zusammen“, erinnert er sich. Dann<br />
kam er in das Self-Help Skills Training Centre in Pretoria, wo<br />
Straßenkinder nicht nur ein Obdach finden, sondern auch<br />
einen Beruf erlernen können. „Mir stieg direkt der Duft von<br />
frischgebackenen Muffins in die Nase. Ich dachte: Backen,<br />
ja, das wollte ich auch können, dann müsste ich nie mehr<br />
hungern.“<br />
Unterstützt vom DGRV hat das Zentrum eine Lehrbäckerei<br />
aufgebaut und die Lehrkräfte geschult. Mehl und Zutaten bezieht<br />
die Lehrbäckerei günstig über den vom DGRV initiierten,<br />
genossenschaftlichen Sammeleinkauf. „Wir lernen nicht nur,<br />
Brot und Scones zu backen, sondern auch, wie man kalkuliert<br />
und den Einkauf plant – <strong>als</strong>o alles, was wir brauchen, um uns<br />
selbständig zu machen“, erzählt Kgothso begeistert. „Es ist<br />
toll, jetzt selbst Brot herstellen zu können. Vielleicht eröffne<br />
ich mit einigen Freunden eine Bäckerei und wir gründen eine<br />
Genossenschaft.“<br />
Mit solchen Projekten trägt der DGRV dazu bei, die wirtschaftliche<br />
Situation der schwarzen Bevölkerung in Südafrika zu verbessern,<br />
die zu großen Teilen auch mehr <strong>als</strong> fünfzehn Jahre nach<br />
dem Ende der Apartheid noch in Armut lebt. <strong>Die</strong> Bemühungen<br />
der Regierung und die wirtschaftlichen Erfolge haben noch nicht<br />
zu einer gerechteren Verteilung der Einkommen geführt. Der<br />
DGRV berät das Wirtschafts-, das Landwirtschafts- und das Finanzministerium<br />
bei der Verbesserung des gesetzlichen Rahmens<br />
für <strong>Genossenschaften</strong>; unter anderem bei der Neufassung<br />
des Genossenschafts- und des Genossenschaftsbankgesetzes,<br />
bei der Verbesserung des Registrierungsverfahrens von <strong>Genossenschaften</strong><br />
und bei der Einführung einer genossenschaftlichen<br />
Prüfung. Daneben fördert der DGRV Bäckereien, vorwiegend Familienbetriebe<br />
und genossenschaftlich organisierte Gruppen.<br />
21
Südostasien<br />
Vertrauen aufbauen<br />
22<br />
<br />
„Konferenzraum“ einer Dorfbank in Laos. <strong>Die</strong>se „Village Banks“ werden vom DGRV beraten.
Genossenschaftliche Selbsthilfe weist vielen Menschen<br />
einen Weg aus der Armut. Doch in den südostasiatischen<br />
Ländern Laos, Kambodscha und Vietnam ist der Begriff<br />
„Genossenschaft“ historisch belastet.<br />
In allen drei Ländern waren <strong>Genossenschaften</strong> Instrumente<br />
staatlicher Machtpolitik: in Kambodscha war es die Terrorherrschaft<br />
der Roten Khmer, in Laos und in Vietnam die Zeit der rigiden<br />
Planwirtschaft und Zwangsmitgliedschaften in sogenannten<br />
<strong>Genossenschaften</strong>. All das wirkt in der Bevölkerung und in<br />
der Politik bis heute nach.<br />
Auch in Südostasien unterstützt der DGRV den Aufbau einer genossenschaftlichen<br />
Struktur, <strong>als</strong>o neben Gruppen und Primärgenossenschaften<br />
auch zentrale Zusammenschlüsse wie Verbände,<br />
Zen tralgenossenschaften und Zentralkassen. Flankierend<br />
dazu werden auch angepasste Rahmenbedingungen für genossenschaftliche<br />
Unternehmen gefördert und dazu beispielsweise<br />
Politiker und Behörden beraten. Immer wieder gilt es dabei,<br />
Misstrauen und Skepsis bei den Gesprächspartnern abzubauen<br />
und darüber aufzuklären, dass <strong>Genossenschaften</strong> <strong>als</strong> marktorientierte<br />
Unternehmen allen Bevölkerungsschichten Teilhabe<br />
an der boomenden Wirtschaft dieser Länder ermöglichen.<br />
Laos<br />
Unterstützung beim Neuanfang<br />
Auch in Laos gibt es einen Wirtschaftsboom. Getragen wird er<br />
durch ausländische Investitionen und durch die Rückkehr vieler<br />
Menschen, die vor der „Revolution“ ins Ausland geflüchtet waren.<br />
<strong>Genossenschaften</strong> mit ihrer engen lokalen Verwurzelung können<br />
die Wettbewerbsposition der ländlichen Bevölkerung verbessern<br />
und sie so vom Wirtschaftsaufschwung profitieren lassen.<br />
Mit dem schrittweisen Übergang zur Marktwirtschaft wurden<br />
die „alten“ <strong>Genossenschaften</strong> aus der Anfangszeit der Demokratischen<br />
Volksrepublik Laos abgeschafft. Der DGRV fördert<br />
daher den Neuaufbau genossenschaftlicher Organisationen in<br />
der Landwirtschaft und im Finanzsektor. Auch bei der Formulierung<br />
der allgemeinen Genossenschaftsverordnung, die seit<br />
2010 in Kraft ist, war der DGRV beteiligt.<br />
Spar- und Kreditgenossenschaften und Mikrofinanzinstitute unterstehen<br />
seit 2008 der Regulierung durch die laotische Zentralbank.<br />
Das gilt auch für eine der größten Spar- und Kreditgenossenschaften<br />
des Landes, die sich an der Peripherie der Hauptstadt<br />
Vientiane befindet. Sie wird vom DGRV mit Schulungen<br />
und Organisationsberatung unterstützt.<br />
Beratung für Dorfbanken<br />
Landesweit fördert der DGRV „Village Banks“ – kleine mitgliedergetragene<br />
Spar- und Kreditgruppen. Sie kurbeln vielerorts<br />
die lokale Wirtschaft an und verbessern die Lage der Beteiligten.<br />
Doch in den von Laien geführten Gruppen droht die Gefahr von<br />
Missmanagement und damit der Verlust der Spareinlagen. Um<br />
die Village Banks besser zu beraten und zu betreuen, hat der<br />
DGRV 2010 im Süden des Landes ein Service-Center aufgebaut<br />
und lokale Mitarbeiter ausgebildet. Das Service-Center, das<br />
künftig auch Aufgaben einer zentralen Finanzinstitution wahrnehmen<br />
soll, ist der erste Schritt zu einem landesweit im Genossenschaftssektor<br />
operierenden Netzwerk zur Unterstützung der<br />
Basisorganisationen.<br />
Ähnliche Basisarbeit leistet der DGRV in der Landwirtschaft, in<br />
der über 75 Prozent der laotischen Bevölkerung ihr Auskommen<br />
finden. Gerade bei den wichtigen Exportgütern Kaffee und Teakholz<br />
steigt die Nachfrage nach Beratung durch den DGRV: Nicht<br />
nur die Bauern wollen stärker an diesen Wirtschaftszweigen<br />
partizipieren; auch deutsche Entwicklungsprogramme setzen<br />
auf das genossenschaftliche Modell.<br />
Reisbauern von Sanasomboun schließen sich zusammen<br />
August 2011, Sanasomboun-Distrikt im Süden von Laos:<br />
60 Reisbauern schließen sich zur „Sanasomboun Cooperative<br />
for Development“ zusammen. Sie ist die erste landwirtschaftliche<br />
Genossenschaft in Laos. Zunächst wird sie bei der Vermarktung<br />
der Reisernte im Oktober aktiv. Später sollen weitere<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen für die Mitglieder entwickelt werden – unterstützt<br />
vom DGRV. Schon bei der Gründung und bei der Registrierung<br />
hat der DGRV die Reisbauern beraten.<br />
23
Kambodscha<br />
Wenn <strong>Genossenschaften</strong><br />
den Kinderschuhen entwachsen<br />
Seit den ersten demokratischen Wahlen 1993 in Kambodscha<br />
wurden zwar staatliche Institutionen und die durch<br />
jahrzehntelange Konflikte zerstörte Infrastruktur wieder<br />
aufgebaut. Auch die soziale und wirtschaftliche Lage der<br />
Bevölkerung bessert sich allmählich. Doch vor allem auf<br />
dem Land herrscht nach wie vor oft Armut.<br />
Da das kambodschanische Genossenschaftswesen noch in den<br />
Kinderschuhen steckt, unterstützt der DGRV über Pilotprojekte<br />
den Neuaufbau genossenschaftlicher Strukturen. Landesweit<br />
sind bis jetzt nur etwa 200 Primärgenossenschaften registriert.<br />
Das Potenzial ist allerdings gerade im Agrarbereich deutlich größer:<br />
2006 zählte eine Studie des Landwirtschaftsministeriums<br />
über 13.000 lose Farmergruppen.<br />
Aufklärung auf mehreren Ebenen<br />
Um dieses Potenzial zu aktivieren, kooperiert der DGRV mit<br />
Nichtregierungsorganisationen, Partnergenossenschaften und<br />
staatlichen Stellen. Dabei kombiniert er die Förderung einzelner<br />
Primärgenossenschaften und die Beratung zuständiger Regierungsinstitutionen.<br />
In regelmäßigen Fachveranstaltungen wird<br />
das Verständnis für genossenschaftlich organisierte Selbsthilfe<br />
und marktorientierte <strong>Genossenschaften</strong> geweckt bzw. gestärkt.<br />
Bestandteil der Beratungen des DGRV für die Basisgruppen ist<br />
die Information über bestehende rechtliche Grundlagen zu genossenschaftlichen<br />
Aktivitäten. Hier vor allem das königliche<br />
Dekret aus dem Jahr 2001, aufgrund dessen Agrargenossenschaften<br />
<strong>als</strong> anerkannte Unternehmensform registriert werden<br />
können. Gemeinsam mit Nichtregierungsorganisationen und<br />
unterstützt durch die Behörden wurden erste <strong>Genossenschaften</strong><br />
aufgebaut, die <strong>als</strong> Referenz und Multiplikatoren dienen.<br />
<strong>Die</strong>se Genossenschaft hat Pfeffer. <strong>Die</strong> Provinz Kampong<br />
Cham ist das Land, in der der sprichwörtliche Pfeffer wächst.<br />
Über 6.000 Tonnen feinster Qualitäten werden hier jährlich<br />
geerntet. Ein erfolgversprechendes Potenzial für <strong>Genossenschaften</strong>!<br />
Beraten durch den DGRV hat sich 2010 in Memot<br />
eine Pfeffergenossenschaft registrieren lassen. Sie soll den<br />
Mitgliedern Zugang zum Exportmarkt eröffnen. Das stärkt<br />
nicht nur die Marktposition der einzelnen Mitglieder sondern<br />
zeigt auch modellhaft, wie Bauern ihre Erzeugnisse über die<br />
Genossenschaft direkt und profitabel an Großhändler verkaufen<br />
können.<br />
Förderung genossenschaftlicher Netzwerke<br />
Mit der lokalen Partnerorganisation Buddhism for Development<br />
(BFD) werden derzeit 44 landwirtschaftliche <strong>Genossenschaften</strong><br />
in fünf Provinzen betreut und ihre Mitglieder geschult.<br />
Aus diesen regionalen Netzwerken sollen feste genossenschaftliche<br />
Verbund- und Verbandsstrukturen erwachsen. Bisher<br />
gibt es in Kambodscha noch keinen offiziell registrierten<br />
Genossenschaftsverband. Allerdings erkennen viele <strong>Genossenschaften</strong><br />
die Notwendigkeit zur zentralen Vernetzung. Der<br />
DGRV unterstützt durch Beratung und internationalen Erfahrungsaustausch<br />
die Weiterentwicklung dieser Strukturen.<br />
Unumgänglich für die weitere Entwicklung des Sektors ist ein<br />
modernes Genossenschaftsgesetz. <strong>Die</strong>s haben auch die relevanten<br />
Behörden erkannt. Seit 2010 berät der DGRV das Landwirtschaftsministerium<br />
bei der Formulierung eines modernen Gesetzes.<br />
Mit Unterstützung durch internationale Rechtsexperten von<br />
der ILO ist nun ein Gesetzentwurf erarbeitet worden. Der weitere<br />
Prozess wird vom DGRV beraten und unterstützt.<br />
Das zunehmende Interesse und Vertrauen der Bevölkerung<br />
zeigt, dass die genossenschaftliche Selbsthilfe ein geeignetes<br />
Konzept zur Armutsbekämpfung ist.<br />
24<br />
Samrith Hun (links) kann auf eine gute Ernte hoffen. Sie hat bei ihrer Genossenschaft<br />
bestes Saatgut gekauft. Der Kauf wird mit Daumenabdruck besiegelt.
Vietnam<br />
Von der Zwangskooperative<br />
zum <strong>Die</strong>nstleister<br />
In Vietnam hat der Wandel zur Marktwirtschaft seit den<br />
80er Jahren auch die <strong>Genossenschaften</strong> vor radikale Veränderungen<br />
gestellt. Sie mussten sich von Zwangskooperativen<br />
zu privaten, flexiblen Gesellschaften wandeln.<br />
Doch bis heute besteht ein verbreitetes Misstrauen gegen<br />
<strong>Genossenschaften</strong>, das aus der Zeit von Planwirtschaft und<br />
anschließenden drastischen Zwangsauflösungen von <strong>Genossenschaften</strong><br />
stammt. Der DGRV unterstützt ein besseres Verständnis<br />
von <strong>Genossenschaften</strong>. Sie sollen <strong>als</strong> gleichwertige Unternehmen<br />
im Wirtschaftssystem anerkannt werden.<br />
Ein erster Meilenstein war dabei die Reform des Genossenschaftsgesetzes<br />
2003, an der der DGRV mitgewirkt hat. Offiziell<br />
haben die <strong>Genossenschaften</strong> seitdem den Status einer autonomen<br />
wirtschaftlichen Rechtsform mit allen Rechten und Pflichten.<br />
Der DGRV begleitet die Transformation des vietnamesischen<br />
Genossenschaftssektors mit Beratung, strategischen Konsultationen<br />
und fachlicher Unterstützung. Dabei kooperiert er mit<br />
der Vietnam Cooperative Alliance (VCA). Unterstützt vom<br />
DGRV wandelt sich dieser Dachverband immer mehr von einer<br />
Organisation unter Regierungseinfluss zu einem leistungsfähigen<br />
<strong>Die</strong>nstleistungsverband mit dezentralen Strukturen, der<br />
von den Mitgliedern getragen wird und sich an deren Bedürfnissen<br />
orientiert.<br />
<strong>Die</strong> Themen der Foren, Workshops und Schulungen des DGRV<br />
reichen von Betriebswirtschaft und Organisationsentwicklung<br />
über Geschäftsstrategie, Management und Marketing bis zu<br />
Bankwesen, Agrarproduktion und genossenschaftlicher Prüfung.<br />
Regelmäßig werden Politiker, Provinz- und Staatsbehörden<br />
in die Veranstaltungen eingebunden, um bei ihnen für eine<br />
möglichst breite Zustimmung zu den genossenschaftlichen Aktivitäten<br />
zu werben. Nicht zuletzt deshalb werden genossenschaftliche<br />
Organisationen zunehmend von den Verwaltungsbehörden<br />
<strong>als</strong> gleichwertige Gesprächspartner akzeptiert und können<br />
ihre Interessen wirkungsvoll vorbringen.<br />
Dennoch bleiben Probleme. Oft mangelt es an Kapital für moderne<br />
Agrartechnik, dem Management fehlen Qualifikation und<br />
unternehmerische Kreativität, genossenschaftliche Prinzipien<br />
werden vernachlässigt und Behörden setzen den Rechtsrahmen<br />
nicht um.<br />
Doch die Aufbauarbeit des DGRV in Vietnam trägt sichtbare<br />
Früchte: <strong>Die</strong> Kreditgenossenschaften, in Vietnam auch Volkskreditkassen<br />
genannt, verbuchen wachsende Kredit- und Sparvolumina<br />
mit niedrigen Ausfallraten. Dank Workshops zu Marketing<br />
und Qualitätsmanagement lernen Agrargenossenschaften,<br />
nachfrage- und marktorientiert zu produzieren. So können sie<br />
zum Beispiel Obst leichter bei Großhändlern absetzen, planbare<br />
Erträge erzielen und ihren Mitgliedern mehr <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
wie Bewässerungsanlagen oder günstigen Strom bieten.<br />
<strong>Die</strong>se Erfolge erhöhen die Nachfrage nach den Beratungen durch<br />
den DGRV und seine Partner. Auch andere Entwicklungsorganisationen<br />
zeigen zunehmend Interesse an <strong>Kooperation</strong>en.<br />
Training-on-the-Job für Mitarbeiter<br />
Der DGRV berät VCA-Verbände in fast 20 Provinzen, vor allem in<br />
den Wirtschafts- und Verkehrszentren des Mekongs, des Roten<br />
Flusses und in den nördlichen Gebirgsprovinzen. Über diesen<br />
Weg erreicht der DGRV auch lokale Agrar-, Finanz- und <strong>Die</strong>nstleistungsgenossenschaften<br />
und schult Mitarbeiter der Provinzverbände<br />
durch Trainings-on-the-Job.<br />
25
Türkei<br />
Zukunft durch <strong>Kooperation</strong><br />
26
<strong>Die</strong> türkische Wirtschaft ist über die letzten zehn Jahre<br />
hinweg dynamisch gewachsen. Doch nicht alle Teile des<br />
Landes haben davon in gleichem Maße profitieren können;<br />
vor allem strukturschwache Gebiete im Osten sind<br />
weiterhin von kleinstrukturierten landwirtschaftlichen<br />
Betrieben geprägt. Neue Arbeitsplätze in anderen Sektoren<br />
entstehen nur langsam. Viele der meist kleinen bäuerlichen<br />
Familienbetriebe erwirtschaften nur geringe Erträge.<br />
Hier können organisierte <strong>Kooperation</strong> und die Vermittlung<br />
von modernem Know-how für Produktion und<br />
Vermarktung Wege in die Zukunft weisen.<br />
Seit 2004 arbeitet der DGRV auf Initiative der türkischen Regierung<br />
mit <strong>Genossenschaften</strong> und deren Organisationen sowie den<br />
verschiedenen für <strong>Genossenschaften</strong> zuständigen staatlichen Institutionen<br />
zusammen. Als einziger internationaler Partner hat der<br />
DGRV an der nationalen Genossenschaftsstrategie mitgearbeitet.<br />
Vom DGRV-Büro in Ankara aus berät ein Team aus deutschen und<br />
türkischen Fachleuten die Partner in Pilotregionen: Kastamonu<br />
am Schwarzen Meer, in den Provinzen Nevsehir, Karaman und<br />
Aksaray in Zentralanatolien sowie in Erzurum in Ostanatolien. Im<br />
Zentrum der Aktivitäten steht der Aufbau verlässlicher und effizienter<br />
genossenschaftlicher Strukturen, denn nur so lassen sich die<br />
landwirtschaftlichen <strong>Genossenschaften</strong> nachhaltig stärken. Vielerorts<br />
fehlt noch eine leistungsfähige regionale Genossenschaftsunion.<br />
Daher kooperiert der DGRV eng mit den Landwirtschaftsdirektoraten<br />
in den Provinzen, um über diesen Weg die lokalen<br />
<strong>Genossenschaften</strong> zu erreichen. Eine Ausnahme ist die Provinz<br />
Kastamonu: Hier arbeitet der DGRV bereits seit 2005 intensiv direkt<br />
mit der Regionalunion der Dorfentwicklungsgenossenschaften<br />
zusammen. Mit Erfolg: <strong>Die</strong>se hat mittlerweile Vorbildfunktion<br />
für <strong>Genossenschaften</strong> in anderen Regionen!<br />
Schulungen für die Dorfgenossenschaften<br />
Das Hauptgewicht der Arbeit liegt auf der lokalen Ebene. In Schulungen<br />
und Trainings für Mitglieder und Vorstände von Dorfgenossenschaften<br />
geht es z. B. um die Funktion, Organisation und<br />
das Management von <strong>Genossenschaften</strong>. Zudem wird landwirtschaftliches<br />
Fachwissen vermittelt, etwa über Viehhaltung und<br />
Forstwirtschaft. Auch die Mitarbeiter von Regionalgenossenschaften<br />
und anderen landwirtschaftlichen Institutionen nutzen<br />
die Fortbildungsangebote des Projekts. Zudem werden Multiplikatoren<br />
ausgebildet, die vor Ort <strong>als</strong> Berater und Betreuer für die<br />
Landwirte bereit stehen. Als Trainer werden häufig Mitarbeiter<br />
von Partnerorganisationen eingesetzt, die der DGRV zuvor onthe-job<br />
ausgebildet hat. In den Schulungen werden genossenschaftliche<br />
Prinzipien und Solidarität auch praktisch demonstriert:<br />
Jeder muss sich in die <strong>Kooperation</strong> einbringen – und sei es nur,<br />
dass die Bauern auf eigene Kosten zur Schulung anreisen.<br />
Der DGRV verkörpert glaubhaft das, was er vermittelt: das Konzept<br />
der unternehmerischen Genossenschaft, eingebunden in ein<br />
Verbundsystem von genossenschaftlichen Unternehmen und Verbänden.<br />
<strong>Die</strong>s und die Verlässlichkeit des DGRV kommen bei den<br />
Partnern vor Ort gut an. Zudem profitieren sie von den weltweiten<br />
Erfahrungen des DGRV beim Aufbau genossenschaftlicher Systeme.<br />
<strong>Die</strong> Arbeit des DGRV ist Teil der offiziellen Entwicklungszusammenarbeit<br />
zwischen Deutschland und der Türkei und wird<br />
vom BMZ voll finanziert.<br />
<strong>Die</strong> Schulungen für Landfrauen haben regen Zulauf.<br />
27
Bosnien-Herzegowina<br />
Es ist gut, wenn <strong>Genossenschaften</strong> Käse machen<br />
28<br />
Der Hartkäse? Oder doch besser der Weichkäse? Der Käse stellt sich dem Urteil kritischer Verbraucherinnen.
Friedlich grasen schwarzbunte und braune Kühe auf Gebirgswiesen,<br />
eine leichte Brise trägt den Duft der blühenden<br />
Wiesen und Kräuter durch die Bergdörfer. Wie bunte<br />
Tupfer in der Landschaft leuchten die rotbraunen Ziegeldächer<br />
kleiner Gehöfte im Sonnenlicht.<br />
Es ist ein reizvolles Bild, doch der Schein trügt. Bei näherem<br />
Hinsehen erkennt man die Zeichen der Armut, in der die Menschen<br />
in den abgelegenen Gebieten leben. <strong>Die</strong> Dörfer und Höfe<br />
sind oft nur über staubige Schotterstraßen zu erreichen, die sich<br />
in engen Serpentinen durch die Berge winden. Im Winter sind<br />
die Dörfer oft tagelang wegen der Schneemassen von der Außenwelt<br />
abgeschlossen. <strong>Die</strong> Menschen hier leiden noch immer<br />
unter den Folgen des Zusammenbruches des jugoslawischen<br />
Staates, des Bürgerkriegs und der wirtschaftlichen Probleme, die<br />
er gebracht hat.<br />
Mit dem Aufbau kleiner genossenschaftlicher Käsereien fördert<br />
der DGRV seit einigen Jahren die Entwicklung in diesen strukturschwachen<br />
Regionen in Bosnien-Herzegowina und Montenegro.<br />
<strong>Die</strong>se „Pilotgenossenschaften“ sollen zeigen, wie die Menschen<br />
im ländlichen Raum ihre Lebensverhältnisse mit genossenschaftlich<br />
organisierten Kleinunternehmen verbessern können.<br />
Endlich ein sicheres Einkommen<br />
In Bosnien-Herzegowina nutzen inzwischen schon rund 750<br />
kleinbäuerliche Betriebe – vorwiegend in armen Gebirgsregionen<br />
– die Möglichkeit, die Milch, die sie auf ihren meist sehr<br />
kleinen Hofstellen erzeugt haben, in gemeinsamen, kleinen Hofkäsereien<br />
zu verarbeiten. Viele Milchbauern – sehr oft Frauen –<br />
könnten ihre Milch sonst kaum vermarkten. Nun erhalten sie<br />
pünktlich das Geld für ihre Milch. Rund 3.000 Menschen verfügen<br />
damit erstm<strong>als</strong> über ein dauerhaft sicheres Einkommen in<br />
ihren Familien.<br />
Das Potenzial ist groß: Viele Kleinst- und Kleinbetriebe erzeugen<br />
Milch, nicht nur von Kühen, sondern auch von Schafen und Ziegen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Genossenschaften</strong> bieten ihnen nun die reelle <strong>Chance</strong>,<br />
die Milchproduktion und damit ihr Einkommen zu steigern.<br />
Doch es ist ein langer Weg, die Menschen davon zu überzeugen,<br />
dass <strong>Genossenschaften</strong> Selbsthilfeunternehmen von ihnen und<br />
für sie sind. Denn im früheren Jugoslawien waren <strong>Genossenschaften</strong><br />
Instrumente der staatlichen Planwirtschaft, und die<br />
Bauern sind misstrauisch.<br />
Leckeres Käsesortiment<br />
<strong>Die</strong> schmackhaften, heimischen Käsesorten – Hart-, Weich- und<br />
Schnittkäse – erobern unter den verschiedenen Markennamen<br />
der <strong>Genossenschaften</strong> mehr und mehr die Gunst der Verbraucher.<br />
Um ihre Marktposition zu stärken, haben die bosnischen<br />
Käsereigenossenschaften eine zentrale Handelsgenossenschaft<br />
gegründet, die bei der Vermarktung unterstützt. Sie hat sich einen<br />
exzellenten Ruf <strong>als</strong> verlässlicher Lieferant eines attraktiven<br />
Sortiments an Qualitätskäse erarbeitet und beliefert neben dem<br />
Handel auch Großverbraucher wie Krankenhäuser.<br />
Schon jetzt ist das Ergebnis der Genossenschaftsarbeit positiv:<br />
Produktion, Qualität und Märkte wurden gesichert, und in die<br />
Kassen der <strong>Genossenschaften</strong> und ihrer Mitglieder fließt mehr<br />
Geld.<br />
29
Ukraine<br />
Regulierung und ein starkes Verbundsystem ebnen den Weg<br />
Der Aufbau von Spar- und Kreditgenossenschaften in der<br />
Ukraine trägt Früchte: Das Angebot an Finanzdienstleistungen<br />
im ländlichen Raum hat sich erheblich verbessert.<br />
Ansehen und Sicherheit der genossenschaftlichen Kreditinstitute<br />
sind gestiegen – nicht zuletzt, weil staatliche<br />
Regulierung und Aufsicht effizienter geworden sind. Zudem<br />
haben die <strong>Genossenschaften</strong> eigene Institutionen<br />
geschaffen, um die Stabilität des Genossenschaftssystems<br />
zu sichern und den Service zu verbessern.<br />
Grundlage dafür ist das Konzept des ukrainischen Parlaments<br />
für den genossenschaftlichen Finanzsektor, das international<br />
anerkannte Regulierungen und Standards übernommen hat.<br />
Zwar sind längst nicht alle Kreditgenossenschaften in das neue<br />
System integriert, aber es hat Beispielwirkung und ist über die<br />
Grenzen der Ukraine hinaus bekannt geworden. Der DGRV unterstützt<br />
das Genossenschaftssystem im Auftrag der bundeseigenen<br />
Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />
(GIZ) seit 2004.<br />
<strong>Die</strong> Beratung des DGRV und die Arbeit seiner Partner zielen<br />
darauf, die Gesetzeslage und die staatliche Regulierung und<br />
Finanzaufsicht für Kreditgenossenschaften zu verbessern. Parallel<br />
dazu werden Verbundeinrichtungen aufgebaut und unterstützt,<br />
ohne die sich die <strong>Genossenschaften</strong> nicht nachhaltig<br />
entwickeln können.<br />
Der nationale Dachverband VAKS ist Ansprechpartner für die<br />
Regionalverbände und die Kreditgenossenschaften. Er vertritt<br />
deren Interessen und berät in administrativen, wirtschaftlichen<br />
und juristischen Fragen. Er koordiniert die Verbundorganisationen<br />
und steuert die Informationspolitik.<br />
Das zentrale Finanzinstitut UOKS übernimmt den Liquiditätsausgleich<br />
und die Refinanzierung für die Mitgliedsgenossenschaften.<br />
Stabilität und Solidität der Kreditgenossenschaften werden<br />
durch die Einlagensicherung PZV und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
geschützt. Dabei entsprechen die Prüfungsmethodik<br />
und die Prüfungsmanuale internationalen Grundsätzen und<br />
basieren auf den Erfahrungen der deutschen genossenschaftlichen<br />
Prüfung. Auch die Aufsichtsbehörden nutzen inzwischen<br />
diese Arbeitsunterlagen.<br />
Ein wichtiger Faktor für den Erfolg von <strong>Genossenschaften</strong> ist die<br />
Qualifikation der Genossenschaftsmitarbeiter. Dazu entwickeln<br />
die Genossenschaftsverbände mit Unterstützung durch den<br />
DGRV ein eigenes Bildungsangebot.<br />
Vom expandierenden und verlässlichen Genossenschaftssystem<br />
profitieren insbesondere kleine und mittlere Unternehmen und<br />
die Bevölkerung auf dem Land: Kreditgenossenschaften finanzieren<br />
neben privaten Anschaffungen gerade auch kleine und<br />
mittlere Investitionen in Landwirtschaft und Gewerbe, Verarbeitung<br />
und Handel. Und sie schaffen Zugang zu Finanzierungsprogrammen<br />
des Staates – etwa für Wohnungsbau und Maßnahmen<br />
zur energetischen Gebäudesanierung.<br />
Kreditgenossenschaftliches Verbundsystem in der Ukraine<br />
Ländliche<br />
Wirtschaft<br />
und<br />
Bevölkerung<br />
Anteile<br />
Mikrofinanzservice<br />
K R E D I T G E N O S S E N S C H A F T E N<br />
Regionale Sekundärstrukturen:<br />
Regionalverbände<br />
• Interessenvertretung<br />
• Bindeglied zu<br />
nationalen Strukturen<br />
Nationale Sekundärstrukturen:<br />
Nationaler Verband VAKS<br />
Zentrales Finanzinstitut UOKS<br />
Sicherungseinrichtung PZV<br />
WP Gesellschaft<br />
Aus- und Weiterbildung<br />
Rahmenbedingungen<br />
Parlament:<br />
• Gesetz über<br />
Kreditgenossenschaften<br />
• Andere relevante Gesetze<br />
Aufsichtsbehörde:<br />
• Normen zur Regulierung<br />
und Aufsicht<br />
• Regulierungs- und<br />
Aufsichtstätigkeit<br />
30
Deutschland<br />
Nicht nur im Ausland aktiv<br />
Der DGRV engagiert sich nicht nur in seinen Partnerländern,<br />
sondern flankiert die internationale Arbeit auch<br />
durch entsprechende Maßnahmen in Deutschland. Dabei<br />
kann der DGRV – wie bei den Aktivitäten im Ausland – auf<br />
Unterstützung aus dem gesamten genossenschaftlichen<br />
Verbund zurückgreifen.<br />
Fachprogramme und Fachpraktika<br />
Friedrich-Wilhelm Raiffeisen und Herman Schulze-Delitzsch, die<br />
die ersten modernen <strong>Genossenschaften</strong> ins Leben gerufen haben,<br />
sind weltweit bekannt – ebenso wie die lange Tradition<br />
und der Erfolg der <strong>Genossenschaften</strong> in Deutschland und anderen<br />
Ländern. Das ist Anreiz für viele Partner, nach Deutschland<br />
zu kommen, um das Genossenschaftssystem näher kennen zu<br />
lernen. <strong>Die</strong> Fachbesuche und -praktika mit unterschiedlichen<br />
thematischen und regionalen Schwerpunkten zeigen den Gästen<br />
konkret und anschaulich die lokale und regionale Bedeutung<br />
der <strong>Genossenschaften</strong> und ihre Wirkungen auf unsere Wirtschaft<br />
und Gesellschaft. So geben die Fachprogramme wichtige<br />
Impulse zur Weiterentwicklung der Genossenschaftssysteme in<br />
den Partnerländern.<br />
Ausstellung „<strong>Chance</strong> für Millionen“<br />
<strong>Die</strong> Wanderausstellung „<strong>Chance</strong> für Millionen“ zeigt seit ihrer<br />
Eröffnung in der WGZ Bank in Düsseldorf im Oktober 2010 anhand<br />
konkreter Beispiele die internationale Projektarbeit des<br />
DGRV. <strong>Die</strong> Ausstellung ist in <strong>Genossenschaften</strong> und Institutionen<br />
im genossenschaftlichen Verbund unterwegs, um Mitglieder<br />
und Kunden über die Entwicklungsarbeit des DGRV zu informieren.<br />
Damit trägt der DGRV auch auf diesem Weg zur entwicklungspolitischen<br />
Bildungsarbeit in Deutschland bei.<br />
International Cooperative Dialogue<br />
In enger Zusammenarbeit zwischen dem DRGV und der Akademie<br />
Deutscher <strong>Genossenschaften</strong> (ADG) findet seit einigen Jahren<br />
auf Schloss Montabaur die Veranstaltungsreihe „International<br />
Cooperative Dialogue“ (ICD) statt. Für Fachleute aus aller<br />
Welt bietet sich hier eine Plattform, auf der sie sich über genossenschaftsrelevante<br />
Themen austauschen und neue Anregungen<br />
für Ihre Arbeit bekommen, aber auch – etwa durch Exkursionen<br />
– einen Einblick in die praktische Arbeit unserer <strong>Genossenschaften</strong><br />
erhalten. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise und der Bedeutung<br />
sicherer und stabiler Finanzsysteme widmete sich der<br />
Auftaktdialog im Februar 2008 dem Thema „Sound Financial<br />
Systems: Regulation and Supervision – Structures, Processes<br />
and Instruments“.<br />
Besonders für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland<br />
und vielen Ländern der Welt spielen <strong>Genossenschaften</strong> eine bedeutende<br />
Rolle. Der zweite ICD im Oktober 2009 stand daher<br />
unter dem Leitthema „Development and Finance of MSME –<br />
Challenges in Times of Crisis”.<br />
Gut ausgebildetes Personal auf allen Ebenen ist einer der wichtigsten<br />
Erfolgsfaktoren von <strong>Genossenschaften</strong>. So befasste sich<br />
der dritte ICD im Herbst 2011 mit dem Themenkomplex „Human<br />
Resource Development & Training – Key Success Factors of the<br />
Cooperative Business Model“.<br />
31
<strong>Genossenschaften</strong> in Deutschland<br />
Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband<br />
Bundesverband<br />
der Deutschen<br />
Volksbanken und<br />
Raiffeisenbanken (BVR)<br />
Deutscher<br />
Raiffeisenverband (DRV)<br />
Der Mittelstandsverbund<br />
– ZGV<br />
Zentralverband<br />
deutscher Konsumgenossenschaften<br />
(ZdK)<br />
6 regionale Prüfungsverbände (Baden-Württemberg, Bayern, Genossenschaftsverband,<br />
Mitteldeutschland, Rheinland-Westfalen, Weser-Ems)<br />
6 Fachprüfungsverbände (PSD, Sparda, FPV, EDEKA, Rewe, Verkehr)<br />
1.138 Kreditgenossenschaften<br />
2.604 ländliche<br />
<strong>Genossenschaften</strong><br />
1.622 gewerbliche<br />
<strong>Genossenschaften</strong><br />
219 Konsumgenossenschaften<br />
(Volksbanken,<br />
Raiffeisenbanken,<br />
Sparda, PSD u.a)<br />
(Bezug- und Absatz,<br />
Milch, Obst u. Gemüse,<br />
Wein, Fleisch, Agrar u.a.)<br />
(Handel, Handwerk,<br />
fr. Berufe, Verkehr,<br />
Produktivgen. u.a.)<br />
500.000 Mitglieder<br />
15.000 Mitarbeiter<br />
16,7 Mio. Mitglieder<br />
160.000 Mitarbeiter<br />
1,7 Mio. Mitglieder<br />
100.000 Mitarbeiter<br />
300.000 Mitglieder<br />
483.000 Mitarbeiter<br />
2 Zentralbanken<br />
(DZ BANK, WGZ)<br />
8 Spezial-Verbundunternehmen<br />
(Bausparkasse Schwabisch<br />
Hall, Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank,<br />
R+V Versicherung u.a.)<br />
6 Hauptgenossenschaften<br />
(daneben gibt es<br />
Molkereizentralen,<br />
Vieh- und Fleischzentralen<br />
u.a.)<br />
7 Zentralunternehmen<br />
(BÄKO, EDEKA, Rewe,<br />
ZEDACH, u. a.)<br />
1 Zentralgenossenschaft<br />
(Zentralkonsum eG)<br />
Stand: 31. 12. 2010<br />
32
Brücke zum Markt – starke Glieder in der landwirtschaftlichen<br />
Wertschöpfungskette<br />
Seit ihrer Entstehung haben die <strong>Genossenschaften</strong> ein<br />
Ziel: die wirtschaftliche Förderung ihrer Mitglieder. <strong>Die</strong>s<br />
wurde bereits 1889 im deutschen Genossenschaftsgesetz<br />
festgeschrieben und findet sich in ähnlicher Form in den<br />
Rechtsgrundlagen für <strong>Genossenschaften</strong> vieler Länder.<br />
<strong>Genossenschaften</strong> im Re<strong>als</strong>ektor setzen diesen Auftrag ihrer Mitglieder<br />
täglich um, indem sie deren Stellung in einer oder in mehreren<br />
Wertschöpfungsketten stärken: Sie sind Glieder der Kette.<br />
Sie bieten ihren Eigentümern <strong>Die</strong>nstleistungen an, die diese für<br />
ihre wirtschaftliche Tätigkeit benötigen; dies ist ihr Existenzzweck.<br />
Landwirten bieten <strong>Genossenschaften</strong> zum Beispiel die Lieferung<br />
von Produktionsmitteln sowie die Annahme, Aufbereitung, Lagerung,<br />
Verarbeitung von Produkten bis hin zur Vermarktung an<br />
Endverbraucher. Dazu gibt es unterschiedliche, spezialisierte <strong>Genossenschaften</strong>:<br />
örtliche Bezugs- und Absatzgenossenschaften,<br />
wo Landwirte etwa Saatgut, Düngemittel, Futtermittel und Agrartechnik<br />
beziehen und ihr Getreide verkaufen. Ihre Finanzgeschäfte<br />
wickeln sie mit der Genossenschaftsbank ab und liefern<br />
ihre Milch an die Molkereigenossenschaft. So agieren <strong>Genossenschaften</strong><br />
an vielen Stellen der jeweiligen Wertschöpfungskette<br />
im Interesse der Landwirte und steigern deren Anteil an<br />
der Wertschöpfung. Hierzulande gibt es wenige Landwirte, die<br />
nicht von den Leistungen einer Genossenschaft profitieren.<br />
Je mehr Stufen einer Wertschöpfungskette den Landwirten<br />
selbst gehören, desto größer ist der Nutzen für sie. Schon kurz<br />
nach Gründung der ersten landwirtschaftlichen Warengenossenschaften<br />
entstanden daher Warenzentralen zum zentralen<br />
Einkauf, zur Verarbeitung, Produktion und Vermarktung.<br />
33
DGRV – Deutscher Genossenschaftsund<br />
Raiffeisenverband e. V.<br />
Abteilung Internationale Beziehungen<br />
Adenauerallee 121<br />
D-53113 Bonn<br />
Tel. 0228 / 8861-352<br />
Fax 0228 / 8861-356<br />
international@dgrv.de<br />
Text:<br />
DGRV, Abteilung Internationale Beziehungen<br />
Media Company,<br />
Agentur für Kommunikation GmbH<br />
Gestaltung:<br />
MediaCompany<br />
Fotos:<br />
Alle Bilder wurden im Rahmen<br />
der DGRV-Projektarbeit aufgenommen<br />
bzw. zur Verfügung gestellt.<br />
Mehr zum entwicklungspolitischen<br />
Engagement des DGRV finden Sie unter:<br />
www.dgrv.de/international<br />
Nachdruck und Vervielfältigung – auch<br />
auszugsweise – nur mit Quellenangabe und<br />
nach vorheriger Genehmigung durch den<br />
Herausgeber gestattet.<br />
Stand: Oktober 2011<br />
III
Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V.<br />
Pariser Platz 3 | D-10117 Berlin | www.dgrv.de