Südafrika <strong>Die</strong> Näherinnen von Nokaneng 20
Rosina Dikobe erinnert sich ungern an die Zeit vor acht Jahren. Sie hatte keine Arbeit und kein Geld für Essen und die Schulausbildung ihr Kinder. Aber Rosina hat sich dem Schicksal nicht ergeben. Mit anderen Frauen gründete sie eine Genossenschaft. <strong>Die</strong> Frauen aus Nokaneng, einem kleinen Dorf rund 100 Kilometer von Johannesburg entfernt, machten das zum Haupterwerb, was sie seit Jahren für ihre Familien taten – Kleidung nähen. Ihre „Retlamegila Sewing Primary Co-operative Limited“ gibt es seit 2003. „Am Anfang hatten wir viele Probleme – keine von uns wusste, wie eine Genossenschaft funktioniert und wie man ein Unternehmen führt“, erinnert sich Rosina. „Am Ende eines Monats war meistens weniger in der Kasse <strong>als</strong> am Anfang.“ <strong>Die</strong>se Probleme haben viele <strong>Genossenschaften</strong>, die nach dem Ende der Apartheid gegründet wurden. Viele haben sich wieder aufgelöst. Nicht jedoch die Retlamegila Co-operative: <strong>Die</strong> sieben resoluten Frauen eigneten sich das nötige Wissen in den Schulungen des DGRV an – von Grundlagen der Buchhaltung, der Kalkulation und des Managements bis zu möglichen Absatzmärkten. „Heute nähen wir die Schuluniformen für viele Schulen und nehmen Privataufträge an. Damit können wir unseren Lebensunterhalt bestreiten“, sagt Rosina mit sichtlichem Stolz. „Angst, dass ich meine Kinder nicht mehr zur Schule schicken kann, habe ich keine mehr.“ Vom Straßenkind zum Bäcker. Kgothso Moseke wuchs in einem Township in Pretoria auf. Arbeitslos, ohne Ausbildung und Hoffnung, drohte er in die Kriminalität abzurutschen. „Ich hatte immer Hunger. Schon beim Gedanken an Brot lief mir das Wasser im Mund zusammen“, erinnert er sich. Dann kam er in das Self-Help Skills Training Centre in Pretoria, wo Straßenkinder nicht nur ein Obdach finden, sondern auch einen Beruf erlernen können. „Mir stieg direkt der Duft von frischgebackenen Muffins in die Nase. Ich dachte: Backen, ja, das wollte ich auch können, dann müsste ich nie mehr hungern.“ Unterstützt vom DGRV hat das Zentrum eine Lehrbäckerei aufgebaut und die Lehrkräfte geschult. Mehl und Zutaten bezieht die Lehrbäckerei günstig über den vom DGRV initiierten, genossenschaftlichen Sammeleinkauf. „Wir lernen nicht nur, Brot und Scones zu backen, sondern auch, wie man kalkuliert und den Einkauf plant – <strong>als</strong>o alles, was wir brauchen, um uns selbständig zu machen“, erzählt Kgothso begeistert. „Es ist toll, jetzt selbst Brot herstellen zu können. Vielleicht eröffne ich mit einigen Freunden eine Bäckerei und wir gründen eine Genossenschaft.“ Mit solchen Projekten trägt der DGRV dazu bei, die wirtschaftliche Situation der schwarzen Bevölkerung in Südafrika zu verbessern, die zu großen Teilen auch mehr <strong>als</strong> fünfzehn Jahre nach dem Ende der Apartheid noch in Armut lebt. <strong>Die</strong> Bemühungen der Regierung und die wirtschaftlichen Erfolge haben noch nicht zu einer gerechteren Verteilung der Einkommen geführt. Der DGRV berät das Wirtschafts-, das Landwirtschafts- und das Finanzministerium bei der Verbesserung des gesetzlichen Rahmens für <strong>Genossenschaften</strong>; unter anderem bei der Neufassung des Genossenschafts- und des Genossenschaftsbankgesetzes, bei der Verbesserung des Registrierungsverfahrens von <strong>Genossenschaften</strong> und bei der Einführung einer genossenschaftlichen Prüfung. Daneben fördert der DGRV Bäckereien, vorwiegend Familienbetriebe und genossenschaftlich organisierte Gruppen. 21